Book Title: Dignaga Sein Werk Und Seine Entwicklung
Author(s): Erich Frauwallner
Publisher: Erich Frauwallner

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Page 15
________________ sich aber auch eingehend mit den logischen und erkenntnistheoretischen Lehren aller bedeutenden philosophischen Schulen seiner Zeit und setzte sich in mehreren Werken mit ihnen auseinander. Den Abschluß und die Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Tätigkeit bildet sein erstes großes Werk, das Nyayamukham. Soweit ist also die Entwicklung Dignaga's klar. Wie haben wir uns aber den weiteren Verlauf zu denken? Hier stehen wir vor der Schwierigkeit, daß uns aus seiner späteren Zeit nur mehr ein Werk erhalten ist, nämlich sein großes abschließendes Werk, der Pramāņasamuccayaḥ. Es ist uns also nur der Endpunkt der Entwicklung erhalten. Die Zwischenstufen sind verloren. Und dabei handelt es sich nach dem, was wir vorhin über den großen Unterschied zwischen Nyayamukham und Pramāņasamuccayah gesagt haben, wahrscheinlich um eine längere Entwicklung. Unter diesen Umständen bleibt uns nur eine Möglichkeit. Wir müssen zunächst feststellen, wie sich der Pramāṇasamuccayaḥ vom Nyāyamukham unterscheidet, was in ihm Neues hinzugekommen ist, und dann nach Anhaltspunkten suchen, die uns verstehen lassen, wie es zu diesem Neuen gekommen ist. Wie wir bereits gesagt haben, ist der Pramanasamuccayah ein Werk ganz anderer Art, als das Nyayamukham. In ihm handelt es sich nicht um Beweis und Widerlegung, das heißt, um Dialektik. Sein Gegenstand sind vielmehr die Mittel richtiger Erkenntnis, Wahrnehmung und Schlußfolgerung, also die Erkenntnislehre. Das bedeutet, daß zwischen diesen beiden Werken bei Dignāga eine vollkommene Verschiebung des Interesses eingetreten ist, und wir stehen vor der Frage, was dazu geführt hat. Der neue Interessenkreis an sich, die Gegenstände, ja selbst ihre Anordnung, sind dabei keineswegs vollkommen neu. Wir finden sie in weitem Maße bereits vom Samkhya vorweggenommen26). Das hatte bereits eine Erkenntnislehre entwickelt, bei der die Frage nach den Mitteln richtiger Erkenntnis im Mittelpunkt stand. Auch bei ihm war der Beweis als sprachliche Formulierung der Schlußfolgerung mit dieser verbun 2) Vgl. darüber meine Abhandlung „Zur Erkenntnislehre des klassischen Samkhya-Systems" im 2. Band dieser Zeitschrift, S. 84 ff. 96

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