Book Title: Dignaga Sein Werk Und Seine Entwicklung
Author(s): Erich Frauwallner
Publisher: Erich Frauwallner

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Page 47
________________ Auch das Hastavālaprakaraṇam ist ein kurzes Werk, das aus wenigen Versen und einem Kommentar dazu besteht. In ihm versucht Dignāga, die Unwirklichkeit der Erscheinungswelt nachzuweisen, und zwar verläuft seine Darlegung folgendermaßen: Wenn man aus der Ferne bei schlechtem Licht einen Strick seiner allgemeinen Form nach sieht, so läßt man sich täuschen und hält ihn für eine Schlange. Sieht man ihn dann genauer in allen Einzel. heiten, so erkennt man, daß dies ein Irrtum war. Ähnlich verhält es sich aber auch mit dem Strick selber. Wenn man ihn nämlich in seine Teile zerlegt, verschwindet die Vorstellung Strick und man erkennt, daß sie ein Irrtum war. Und dasselbe gilt für alle Dinge des täglichen Lebens, soweit sich das Bereich der beschränkten Erkenntnis (samurtijñānam) erstreckt. Sie beruhen auf Teilen, und wenn man sie in diese Teile zerlegt, verschwindet die ursprüngliche Vorstellung. Sie existieren also nur der Benennung nach (prajñaptisat) 84). Auch trifft es nicht zu, daß den Dingen als letzte Ursache unteilbare Atome zugrunde liegen, denn solche sind weder wahrnehmbar noch vorstellbar, also unwirklich. Wollte man dennoch Atome annehmen, so müßten diese, ebenso wie alle andern Dinge, nach den verschiedenen Seiten verschiedene Teile haben (digbhāgabhedah), wären also wieder nicht teillos. Daher ist die ganze Dreiwelt nur ein Trug. Auch läßt sich die Annahme nicht aufrechterhalten, daß zwar die Dinge irrig sind, daß jedoch die Erkenntnis, welche sie erfaßt, wirklich ist. Denn wenn die Dinge unwirklich sind, entspricht ihnen die Erkenntnis nicht, ist also selbst irrig. Und sie kann nicht wirklich sein, weil unwirkliche Dinge ebensowenig eine wirkliche Erkenntnis hervorbringen können, wie ein unwirklicher Same einen wirklichen Keim. Wer aber in dieser Weise erkennt, daß die Dreiwelt nur der Benennung nach existiert, der wird bald von den Befleckungen der Leidenschaften frei, so wie der, welcher die scheinbare Schlange als Strick erkennt, von der Furcht vor der Schlange befreit wird. Im gewöhnlichen Leben gelten natürlich weiterhin die gebräuchlichen Vorstellungen. Um aber 8) Tib. btags pa = Chin, kia (che) cho = prajñaptih. 12%

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