Book Title: Dignaga Sein Werk Und Seine Entwicklung
Author(s): Erich Frauwallner
Publisher: Erich Frauwallner
Catalog link: https://jainqq.org/explore/269344/1

JAIN EDUCATION INTERNATIONAL FOR PRIVATE AND PERSONAL USE ONLY
Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ DIGNĀGA, SEIN WERK UND SEINE ENTWICKLUNG Von Erich Frauwallner Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Eingehende Forschung zeigt, daß der Ruhm Dignāga's 'als Begründer der logisch-erkenntnistheoretischen Schule des Buddhismus voll berechtigt ist. Er hat in der Tat, was vor ihm an Ansätzen vor. handen war, die Dialektik Vasubandhu's, die Erkenntnislehre des Sāmkhya, die Anregungen, die ihm die Sprachphilosophie der Grammatiker bot, zu einem großen Gebäude zusammengefaßt, von dem die ganze spätere Schule abhängt. Trotzdem bleibt uns das Werden seiner Gedankenwelt vorläufig noch verborgen. Die Dinge liegen auch ziemlich schwierig. Es ist nur ein Teil seiner Werke erhalten und diese fast ausschließlich in chinesischen und tibetischen Übersetzungen, welche dem Verständnis vielfach die größten Schwierigkeiten bereiten. Ihre volle Erschließung wird also noch viel Arbeit und Mühe kosten. Immerhin lassen sich die großen Linien der Entwicklung Dignāga’s auch jetzt schon erkennen. Und sie aufzuzeigen, soll die Aufgabe der folgenden Arbeit sein. Unter den Werken Dignāga's bilden die wichtigste Gruppe seine Arbeiten zur Logik und Erkenntnistheorie, und mit ihnen wollen wir daher beginnen. Davon dienen folgende Werke der Darstellung seiner eigenen Lehrel): 1. Sein Hauptwerk, der Pramāṇasamuccayaḥ (in Yi-tsing's Liste No. 82); erhalten in tibetischer Übersetzung, No. 4203 u. 4204); 1) Bei den chinesischen Übersetzungen gebe ich die Nummer der Tripitaka. Ausgabe von J. Takakusu und K. Watanabe, Tokyo 1924—29, an; bei den tibetischen Übersetzungen die Nummer des Complete Catalogue of the Tibetan Buddhist Canons (Bkah-hgyur and Bstan-hgyur), ed. by H. Ui, M. Suzuki, · Y. Kamakura, T. Tada, Sendai 1934. 2) Für Yi-tsing's Liste vgl. Anhang 1. Page #3 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 2. das Nyāyamukham (bei Yi-tsing No. 6; erhalten in chinesischer Übersetzung, No. 1628 und 1629); 3. das Hetumukham (bei Yi-tsing No. 4; nicht erhalten); 4. das Hetvābhāsamukham (bei Yi-tsing No. 5; nicht erhalten); 5. der Hetucakradamaruḥ (bei Yi-tsing nicht genannt; erhalten in tibetischer Übersetzung, No. 4209). Außerdem hat er eine Anzahl von polemischen Werken und Kommentaren verfaßt. Wir wissen von folgenden%): 1. eine Sāmkhyaparīkşa“); 2. eine Vaišeșikaparīkņā”); 3. eine Nyāyaparikṣā); 4. ein Kommentar zu Vasubandhu's Vādavidhānam oder Vādavidhiḥ?). Für die Reihenfolge der Entstehung dieser Werke ergeben sich aus Äußerungen Dignāga's wenig Anhaltspunkte, vor allem bei den Werken, in denen er seine eigene Lehre darstellt. Nur am Anfang des Pramāṇasamuccayaḥ sagt er, daß er in ihm zusammenfaßt, was er in seinen bisherigen Werken verstreut vorgebracht hat, und nennt dabei ausdrücklich das Nyāyamukham). Im wesentlichen aber sind wir auf Schlüsse aus den Werken selber angewiesen. ) Diese Werke sind alle verloren und in Yi-tsing's Liste nicht erwähnt. 4) Erwähnt in Pramānasamuccayavrttih VI, f. 179 b 1; Nyāyamukham T 1628, p. 1 c 27= T 1629, p. 7 a 24 f. (in der Übersetzung von G. Tucci, S. 22,34). 5) Erwähnt in Pramānasamuccayavrttih VI, f. 96 a 2= 179 b 1. 6) Erwähnt in Pramānasamuccayavrttih VI, f. 96 a 1=179 a 6; Nyāyamukham T 1628, p. 6 a 3 = T 1629, p. 11 a 16 (Tucci, S. 72,114). ?) Erwähnt in Nyāyamukham T 1628, p. 6 a 2=T 1629, p. Il a 15 (Tucci, S. 72,9p). "Die chinesischen Übersetzungen schreiben zwar louen che, doch glaube ich, daß damit dasselbe Werk gemeint ist, das Uddyotakara in seinem Nyāyavārttikam (Kashi S. S. No. 33, S. 117, ) unter dem Namen Vädavidh. ānatīkā zitiert. (Vgl. meine Abhandlung „Zu den Fragmenten buddhistischer Logiker im Nyāyavārttikam“, „Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes" Bd. 40/1933, S. 293 ff.). 8) Pramāṇasamuccayavrttiḥ I, f. 13 b 4 = 97 a 3. 84 Page #4 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Hier bietet uns nun zunächst der Hetucakradamaruh einen wertvollen Anhaltspunkt"). In diesem Werk hat Dignāga, wie schon der Name sagt, das Rad der Gründe (hetucakrah) behandelt, das heißt, er hat in ihm alle Fälle, welche bei der Schlußfolgerung im Verhältnis von Grund und Folge möglich sind, in übersichtlicher Form zusammengestellt. Er verfährt dabei in folgender Weise. Nach überkommener buddhistischer Lehre muß, damit eine Schlußfolgerung richtig ist, der Grund drei Bedingungen erfüllen: er muß im Gegenstand des Schlusses vorhanden sein, er darf nur dort, wo sich die Folge findet, oder, wie man es auszudrücken pflegte, im Gleichartigen (sapakşah) vorkommen, und er muß dort, wo die Folge fehlt, also im Ungleichartigen (vipakşah), ebenfalls fehlen. Dieser Lehre gibt Dignāga folgende Form. Was die erste dieser Bedingungen betrifft, so kann der Grund im Gegenstand des Schlusses vollständig vorhanden sein, vollständig fehlen oder teilweise vorhanden sein und teilweise fehlen. Im ersten Fall ist er richtig, in den andern beiden ist er nicht erwiesen (asiddhah). Die gleichen drei Möglichkeiten lassen sich aber auch im Verhältnis des Grundes zum Gleichartigen und Ungleichartigen unterscheiden. Er kann im Gleichartigen und Ungleichartigen ebenfalls vollständig vorhanden sein, vollständig fehlen oder teilweise vorhanden sein und fehlen. Diese verschiedenen Möglichkeiten lassen sich überdies miteinander verbinden. Der Grund, der im Gleichartigen vollständig vorhanden ist, kann im Ungleichartigen vollständig vorhanden sein, vollständig fehlen und teilweise vorhanden sein und fehlen, und ebenso der Grund, der im Gleichartigen vollständig fehlt oder teilweise vor. handen ist und teilweise fehlt. Es ergeben sich somit insgesamt neun Möglichkeiten. Diese neun Möglichkeiten ordnet nun Dignāga in der genannten Reihenfolge in drei Reihen in der Form einer Tafel an, die er das Rad der Gründe nennt. Davon ist der mittlere Grund in der ersten und letzten Reihe richtig, der erste und letzte Grund in der mittleren Reihe widersprechend (viruddhah), alle übrigen sind nicht zwingend (anaikāntikah). Von allen neun Möglichkeiten gibt Dignāga schließlich noch einen Musterfall, wobei der Gegenstand *) Vgl. Anhang 7.. 85 Page #5 -------------------------------------------------------------------------- ________________ des Schlusses immer der Ton ist. Und zwar zählt er zunächst für alle neun Fälle die Gründe, dann das zu Beweisende auf, erwähnt, welche von den Gründen richtig und falsch sind, und nennt endlich nach damaligem Brauch für jeden Fall ein Beispiel und ein Gegenbeispiel (sādharmyeņa drstāntah und vaidhar myeņa drstāntah). Diese Lehre vom Rad der Gründe wird nun aber von Dignāga nicht bloß im Hetucakradamaruh vorgetragen, sondern kehrt bei ihm mehrfach wieder. So ist zusammen mit dem Hetucakradamaruh eine kurze Versreihe erhalten, die denselben Gegenstand behandelt10). Und auch in den logischen Hauptwerken Dignāga's, im Nyāyamukham und im Pramāṇasamuccayaḥ, findet sich die Lehre vom Rad der Gründe wieder, teilweise sogar im selben Wortlaut. Es sind uns also aus der Feder Dignāga's vier Darstellungen des gleichen Gegenstandes erhalten, und damit erhebt sich die Frage, wie sich die vier zueinander verhalten. · Zur Beantwortung dieser Frage gehe ich zunächst von einer Einzel. beobachtung aus. Im Hetucakradamaruh sind bei der Aufführung der neun Musterfälle die neun Gründe und die neun zu beweisenden Eigenschaften in je einem Merkvers zusammengefaßt. Diese Verse kehren in den übrigen Darstellungen des Rades der Gründe wieder, während alles Übrige stärkere Abweichungen zeigt. Im Hetucakra. damaruḥ lauten sie folgendermaßen: / gzal bya byas dan mi rtag dan / | byas dan mñan bya rtsol byun dan / I mi rtag rtsol byun lus can min / /. . . . . . . . . . / 6. | rtag dan mi rtag rtsol byun dan / | rtag dan rtag dan rtag pa dan / | rtsol byun min dan mi rtag rtag / | rtag pa la ni sgrub pa bkod / 7. In der Versreihe, welche sich an den Hetucakradamaruh anschließt, erscheinen sie in folgender Gestalt: . 10), Vgl. Anhang 7 B. 86 Page #6 -------------------------------------------------------------------------- ________________ | rtag dan mi rtag rtsol byun dan / / bar du rtag pa rnam gsum dan / I rtsol byun min dan mi rtag rtag / | dgu po de ni bsgrub bya'i chos / 1. | gźal bya byas dan mi rtag dan / | byas dan mñan bya rtsol las byun / I mi rtag rtsol byun reg bya min / | dgu po 'di ni rtags rnams yin / 2. Wieder etwas verändert kehren sie im Nyāyamukham wieder. Außerdem ist hier ein dritter Vers angefügt, der kurz angibt, welche von den neun Gründen richtig und welche falsch sind, und um welche Fehler es sich dabei handelt. Sie lauten also hier . chang ou chang k'in ioung, heng. tchou kien lao sing, fei k’in ts’ien pou pien, iou chouo leang teng li. 5. chouo leang tso ou chang, tso sing ouen ioung fa, ou chang ioung ou tch’ou, i chang sing teng kiou. 6. iu t'oung iou ki eul, tsai i ou cheu in, fan ts'eu ming siang ouei, chouo iu kiai pou ting. 7. Das Sanskritoriginal dieser drei Verse hat Vācaspatimiśra in seiner Tātparyaţikā erhalten'1). Denn es spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß er an dieser Stelle aus dem Nyāyamukham schöpft, da er die Verse unmittelbar hintereinander anführt und nur das Nyāya. mukham alle drei enthält. Sie haben bei ihm folgenden Wortlaut: nityānityaprayatnotthamadhyamatrikaśāśvatāḥ / ayatnānityanityāś ca prameyatvādisādhanāh // 5. prameyakrtakānityakrtaśrāvanayatnajāḥ / anițyayatna jāsparśā nityatvādişu te nava // 6. tatra yah san sajātiye dvedhā cāsams tadatyaye i sa hetur viparīto 'smād viruddho 'nyas tv aniścitaḥ // 7. Schließlich enthält das 3. Kapitel des Pramāņsamuccayaḥ die letz-. ten beiden von den drei Versen des Nyāyamukham, und zwar in folgender Form: 11) Tātparvatīkā (Kashi S. S. No. 24), S. 289, 19ff. I Page #7 -------------------------------------------------------------------------- ________________ | gzal bya byas dan mi rtag dan / | byas dan mñan run rtsol las byun / , mi rtag rtsol byun reg bya min /. . | rtag sogs rnams la de dgu'o / 21., | der gań mthun phyogs la yod dan / | rnam gñis de med la med pa / | de rtags de las bzlog pa ni / I'gal ba gźan ni ma nes ñid / 22. Die Überlieferung dieser Verse ist einer exakten Untersuchung nicht günstig. Es liegen fast nur Übersetzungen vor. Von diesen ist die chinesische Übersetzung unscharf und die tibetischen sind nicht einwandfrei überliefert. Besonders der Text des Hetucakraďamaruh ist verdorben. Eine für unsere Untersuchung wichtige Zeile fehlt. Außerdem gehören die Worte rtag pa la ni sgrub pa bkod offenbar an das Ende des sechsten Verses, so daß die Lücke an das Ende des siebenten Verses rückt-). Immerhin läßt sich auch so zu einem verläßlichen Ergebnis kommen. Vergleichen wir nämlich die vier Versionen, so zeigt sich zu nächst, daß Nyāyamukham und Pramāṇasamuccayaḥ zusammen. gehen. Der zweite Vers des Nyāyamukham stimmt mit dem ersten Vers im Pramāṇasamuccayaḥ wortwörtlich überein, während in den andern beiden Versionen der Schluß des Verses anders lautet. Außerdem findet sich der dritte Vers, den das Nyāyamukham hinzufügt auch im Pramāṇasamuccayah. Beide Werke gehören somit näher zusammen. Und dabei ist das Nyāyamukham, wie wir bereits gesagt haben, nach Dignāga’s eigener Angabe das ältere Werk. Die beiden kleineren Werke wieder stehen dem Nyāyamukham näher. Das zeigt sich eindeutig schon darin, daß dieses mit ihnen beide Verse gemeinsam hat, während im Pramāṇasamuccayaḥ einer weggelassen ist. Somit rücken sie vom Pramānasamuccayah weg vor das Nyāyamukham. Andererseits zeigt von den kleineren Werken 12) Die Übersetzung Durgacharan Chatterji's nyastā nityādayah sādhyāh ist unmöglich, wenn auch sgrub pa gelegentlich für sädhyāh steht. Die naheliegendste Wiedergabe wäre etwa nyastā nityeşu sādhanāh (vgl. Nyāyamukham v.6). 88 Page #8 -------------------------------------------------------------------------- ________________ selber die kürzere Versreihe größere Verwandtschaft mit dem Nyāyamukham. Die Reihenfolge der Verse ist in diesen beiden Werken die gleiche, während der Hetucakradamaruḥ die umgekehrte Reihenfolge aufweist. Als letzten der neun Gründe führt der Hetucakradamaruh lus can min (amūrtah) an13), während die andern beiden Werke dafür reg bya min (asparśaḥ) lesen. Ferner ist bei beiden, wenn wir der Überlieferung bei Vācaspati trauen dürfen, in der Aufzählung der zu beweisenden Eigenschaften im zweiten Pāda des Verses das dreifache rtag pa des Hetucakradamaruh durch bar du rtag pa rnam gsum dan (madhyamatrikaśāśvatāh) ersetzt. Der Hetucakradamaruh, der dem Nyāyamukham fernersteht, ist also offenbar älter als die kürzere Versreihe. Somit ergibt sich für die vier Darstellungen des Rades der Gründe bei Dignāga folgende zeitliche Reihenfolge: Hetucakradamaruh, kürzere Versreihe, Nyāyamukham, Pramāṇasamuccayaḥ. Für diese Reihenfolge sprechen überdies auch noch andere Beobachtungen. Vor allem läßt sich ein fortschreitendes Streben nach Vereinfachung und strafferer Zusammenfassung feststellen. Der · Hetucakradamaruḥ bringt zu den in ihm angeführten neun Muster fällen auch Beispiele und Gegenbeispiele (v. 10–11). In den übrigen Versionen fehlen sie. Im Hetucakradamsaruḥ ist eine Tafel beigefügt, in der die neun Musterfälle in der Form des Rades der Gründe eingetragen sind. Auch die kürzere Versreihe setzt diese Tafel voraus. Im Nyāyamukham und im Pramāņsamuccayaḥ ist sie weggefallen. Es wird nur kurz angegeben, wie sie anzulegen ist14). Der Hetucakradamaruh hatte bei den neun Musterfällen anschließend an die Aufzählung der Gründe und der zu beweisenden Eigenschaften in zwei weiteren Versen (v. 8—9) ausgeführt, welche von den angeführten Gründen richtig, widersprechend oder nicht zwingend sind, und hatte ihren Platz im Rad der Gründe angegeben. Die kürzere 18) Die Richtigkeit der Überlieferung wird in diesem Fall durch die bei. gefügte Tafel der neun Gründe bestätigt. 16) Pramāṇasamuccayavrttiḥ III, f. 51 a 7. Im Nyāyamukham ist – meiner Meinung nach - diese Angabe ebenso wie in Pramāṇasamuccayavrtti) III, f. 132 b 5 bei der Übersetzung ausgefallen. 89 Page #9 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Versreihe sagt das Gleiche in einem einzigen Vers (v.:5d-6c). Im Nyāyamukham ist an dessen Stelle der Vers getreten, von dem wir oben gesagt haben, daß er als dritter zu den beiden von uns wiedergegebenen Versen hinzugefügt wurde, und der dann auch in den Pramāṇasamuccayaḥ übernommen wurde. Der Platz im Rad der Gründe ist in ihm nicht mehr angegeben. Das wird hier wie im Pramāṇasamuccayaḥ mit einer kurzen Bemerkung im Kommentar abgetan15). Dafür wird gesagt, wie sich in diesen Fällen Grund und Folge zueinander verhalten, etwas, das in der kürzeren Versreihe in drei eigenen Versen (v. 3—5c) ausgesprochen war. Also auch hier fortschreitende Kürze und Zusammenballung des Stoffes. Zu erwähnen ist ferner, daß der Hetucakradamaruḥ und die kürzere Versreihe in der Aufzählung der falschen Gründe den zu allgemeinen (sādhāraṇaḥ) und den zu engen (asādhāraṇaḥ) Grund nennen. Das ist im Nyāyamukham und im Pramāṇasamuccayaḥ nicht der Fall. Dignāga geht vielmehr hier, wie es in den späteren Werkerr sein Brauch ist, auf diese Einzelprobleme gesondert sein6). So sehen wir auch beim Vorhandensein des Grundes im Gegenstand des Schlusses (pakşadharmatā), daß der Hetucakradamaruh eine oberflächliche äußerliche Einteilung gibt (v.2–3), während im Nyāyamukham und Pramāṇasamuccayaḥ an ihre Stelle eine besondere Behandlung des Gegenstandes getreten ist17). Ich glaube also, daß wir die Reihenfolge Hetucakrađamaruḥ, kür. zere Versreihe, Nyāyamukham, Pramāṇasamuccayaḥ als gesichert betrachten können. Zu erklären wäre nur noch die Rolle der kürzeren Versreihe. Meiner Ansicht nach handelt es sich dabei um kein selbständiges Werk, denn es fehlen Anfang und Schluß, sondern um eine Umarbeitung eines Teiles des Hetucakradamaruḥ, nämlich der Verse 6–9. Die Verse 6—7 sind in der kürzeren Versreihe leicht geänderts und zwar, wie wir gesehen haben (oben S. 89), so, daß 15) Nyāyamukham T 1628, p. 2 b 8 und 10 =T 1629, p. 7c 4 f. und 7 (bei Tucci, S. 30); Pramāṇasamuccayavrttiḥ III, f. 50 b 5 und 6 = 133 a 2 und 3. 16) Nyāyamukham T 1628, p. 2 b 14—26 = T 1629, p. 7c 11-22 (Tucci, S. 32 bis 35); Pramānasamuccayavrtti) III, f. 51 b 5 -- 52 a 3 = 134 a 4 -- 134 b 2. 17) Nyāyamukham T 1628, p. 1b 17—23 = T 1629, p. 6 c 15–21 (Tucci, S. 14); Pramānasamuccayavrttih III, f. 47 a 5 - 47 bl=129 a 7-129 b 2. 90 Page #10 -------------------------------------------------------------------------- ________________ sie dem Nyāyamukham näherstehen. Dann sind drei Verse eingefügt (v. 3—50), welche angeben, wie sich in den neun Musterfällen Grund und Folge zueinander verhalten, etwas, das im Hetucakradamaruh unterlassen war. Darauf folgen wieder die nächsten Verse des Hetucakradamaruḥ (v. 8—9), ebenfalls leicht geändert und in einen Vers zusammengezogen. Die kürzere Versreihe sollte also offenbar diesen Abschnitt des Hetucakradamaruḥ ersetzen, während Anfang und Schluß unverändert blieben. Übrigens können wir von der kürzeren Versreihe im folgenden ganz absehen, da sie für den weiteren Gang unserer Untersuchung ohne Bedeutung ist. Wesentlich für alles Weitere ist nur die Reihenfolge Hetucakrađamaruh, Nyāyamukham, Pramāṇasamuccayaḥ, und daß wir den Hetucakrađamaruḥ als das, älteste von den drei Werken anzusehen haben. Was läßt sich nun aus dieser Reihenfolge ablesen? Das ist die nächste Frage, die sich erhebt. Um sie zu beantworten, müssen wir zunächst das Nyāyamukham genauer ins Auge fassen und uns über die Beschaffenheit dieses Werkes Klarheit schaffen. Das Nyāyamukham gliedert seinen Stoff in Beweis (sādhanam) und Widerlegung (dūṣaṇam), ist also ein dialektisches Werk. In seinem ersten Teil behandelt es den Beweis. Dieser besteht aus drei Gliedern, Behauptung (paksah), Begründung (hetuh) und Beispiel (drstāntah). Jedes dieser Glieder wird samt seinen Fehlern (ābhāsāh) eingehend behandelt. Anhangsweise werden kurz die beiden Erkenntnismittel Wahrnehmung (pratyakşam) und Schlußfolgerung (anumānam) besprochen. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Widerlegung und den Fehlern der Widerlegung. Vor allem geht er breit auf die falschen Einwände (jātayah) ein, von denen er eine große Zahl ausführlich erörtert. Schon diese Behandlung des Stoffes unterscheidet das Nyāyamukham scharf vom zweiten großen Werk Dignāga’s, dem Pramāņasamuccayah. Der Pramāṇasamuccayaḥ gliedert den Stoff nach Mitteln richtiger Erkenntnis (pramāṇāni), ist also ein erkenntnistheoretisches Werk. Er unterscheidet zwei Mittel richtiger Erkenntnis, Wahrnehmung und Schlußfolgerung. Davon bespricht er zuerst die Wahrnehmung. Dann teilt er die Schlußfolgerung in Schlußfolge Page #11 -------------------------------------------------------------------------- ________________ rung für sich selbst und für andere ein, wobei unter Schlußfolgerung für andere der Beweis zu verstehen ist. Es ist dies die Erkenntnislehre, wie sie den Hauptgegenstand der späteren logisch-erkenntnistheoretischen Schule des Buddhismus bildet, und die gleiche Einteilung gilt für alle Hauptwerke der Schule. Während sich aber das Nyayamukham so in Gegensatz zum Pramāṇasamuccayaḥ stellt, zeigt es auf der anderen Seite weitestgehende Übereinstimmung mit den Werken von Dignaga's bedeutendstem Vorläufer Vasubandhu, vor allem mit dessen Vādavidhiḥ18). Ja, Inhalt und Gliederung des Stoffes decken sich so weit, daß man das Nyayamukham geradezu eine Neubearbeitung des Vādavidhiḥ nennen könnte. Und das ist bezeichnend. Denn nach allem, was wir wissen, war diese Gliederung des Stoffes das Werk Vasubandhu's und wurde von ihm in seinen Werken zum erstenmal durchgeführt. Schon das würde genügen, um auch ohne das ausdrückliche Zeugnis Dignaga's erkennen zu lassen, daß das Nyāyamukham älter ist als der Pramāņasamuccayaḥ. Der Pramaņasamuccayaḥ, der der späteren Schule die Bahn weist, steht am Ende seines Schaffens, wäh-. rend das Nyayamukham, das sich noch eng an seinen Vorgänger Vasubandhu anschließt, den Beginn seiner Tätigkeit als Logiker bezeichnet. Worin besteht nun aber die eigene Leistung Dignaga's im Nyāyamukham? Was hat er hier über Vasubandhu hinaus geschaffen? Den Kreis der behandelten Gegenstände hat er nicht erweitert. Sie finden sich alle bereits in der gleichen Reihenfolge bei Vasubandhu. Im zweiten Teil geht auch die Behandlung nicht wesentlich über Vasubandhu hinaus. Die Besprechung der falschen Einwände (jātayaḥ) ist tatsächlich nicht mehr als eine Neubearbeitung des entsprechenden Abschnittes des Vādavidhiḥ. Anders steht es jedoch mit dem ersten Teil. Hier ist die eigene Leistung Dignaga's beträchtlich. Zunächst zeigt sich eine Durcharbeitung und gedankliche Durchdringung des Stoffes, die weit über alles hinausgeht, was wir in dieser Hinsicht von Vasubandhu kennen. Die einzelnen Be 18) Vgl. darüber meine Abhandlung „Vasubandhu's Vādavidhih" im 1. Band dieser Zeitschrift, S. 104-146. 92 Page #12 -------------------------------------------------------------------------- ________________ griffe werden genau bestimmt19), verschiedene Bedeutungen eines Wortes werden scharf unterschieden2), und eine Fülle von Einzelfragen und Einwänden wird beantwortet. Vor allem aber hat Dignāga in einem Punkt über Vasubandhu hinaus etwas bedeutendes Neues geschaffen, und zwar mit der Lehre vom Rad der Gründe. Damit verhält es sich folgendermaßen: In der älteren indischen Dialektik war die Beweisführung auf einen bloßen Analagieschluß gegründet. Man verwies auf ein Beispiel, bei dem der Grund mit der Folge verbunden erscheint, und folgerte dementsprechend auch im gegebenen Fall aus dem Vorhandensein des Grundes das Vorhandensein der Folge. Das Gleiche konnte auch mit Hilfe eines Gegenbeispiels geschehen. Man zeigte an einem solchen Beispiel, daß im Zusammenhang mit dem Fehlen des Grundes auch die Folge fehle, und schloß daraus, daß im Gegensatz dazu beim Vorhandensein des Grundes die Folge vorhanden sein müsse. Die Mangelhaftig. keit dieses Verfahrens scheint uns auf der Hand zu liegen. Trotzdem war z. B. die Schule des Nyāya bis zur Zeit Dignāga's nicht über diesen Stand hinausgekommen. Der erste Schritt, der darüber hinaus führte, erfolgte von seiten des Buddhismus, und zwar noch vor Vasubandhu21). Hier stellte man zuerst die Lehre von den drei Merkmalen des Grundes auf, daß er nämlich im Gegenstand des Schlusses gegeben sein müsse, und daß er in allem Gleichartigen vorhanden sein, in allem Ungleichartigen aber fehlen müsse. Damit war ein wichtiger Schritt zur Bestimmung des Verhältnisses von Grund und Folge getan. Aber von voller Klarheit war man noch weit entfernt. Man hatte noch nicht erkannt, daß nur das Fehlen der Folge den Schluß auf das Fehlen des Grundes ermöglicht und nicht umgekehrt, und schloß noch immer aus dem Fehlen des Grundes auf das Fehlen der Folge. Über diesen Stand der Dinge ist auch ) Zum Beispiel sapakşah und vipaksah (T 1628, p. 1 c 29 ff. = T 1629, p. 7 a 27 ff.; Tucci, S. 22 f.). 2) Zum Beispiel paksah (T 1628, p. 1 b 8 ff.= T 1629, p. 6 c 7 ff.; Tucci, S. 12 f.). 21) Das erste Zeugnis enthält das sogenannte Tarkaśāstram (Jou che louen, T 1633). Vgl. G. Tucci, Buddhist Logic before Dinnaga, Journal of the Royal Asiatic Society 1929, S. 483. 93 Page #13 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Vasubandhu nicht hinausgekommen. Auch bei ihm finden wir gelegentlich noch den Schluß vom Fehlen des Grundes auf das Fehlen der Folge22). Ja, teilweise macht seine Darstellung fast den Eindruck eines Rückschrittes. Er spricht zwar im Vādavidhānam vom Fehlen im Ungleichartigen23), arbeitet also mit der Lehre von den drei Merkmalen des Grundes. Im Vadavidhih dagegen spricht er nur von einer festen Verbindung zwischen Grund und Folge24). Von einer klaren Abgrenzung des Bereiches von Grund und Folge ist bei ihm jedenfalls keine Rede. Von hier aus gesehen wird daher die Leistung Dignaga's in ihrer Bedeutung klar. Durch seine eindeutige Abgrenzung der beiden Bereiche und die dadurch erfolgte endgültige Feststellung des Verhältnisses von Grund und Folge war erst die Voraussetzung für die Aufstellung sicherer Schlußfolgerungen gegeben. Und was das bedeutete, lernt man ermessen, wenn man die Worte seines älteren Zeitgenossen, des berühmten Grammatikers Bhartṛhari liest, der die Schlußfolgerung als Mittel richtiger Erkenntnis glatt verwirft, weil jeder Schluß von einem geschickten Gegner wieder umgestoßen werden könne25). Damit wird uns aber auch verständlich, was wir vorhin über die Reihenfolge der logischen Werke Dignaga's festgestellt haben, und unser Ergebnis findet auf diese Weise seine Bestätigung. Wir haben gesagt, daß der Hetucakraḍamaruḥ, die Darstellung des Rades der Gründe, das älteste unter jenen Werken ist. Nun sehen wir, daß eben diese Lehre vom Rad der Gründe seine erste wichtige Entdekkung auf dem Gebiet der Logik darstellt. Er hat also diese erste Entdeckung zunächst in einem eigenen Werk behandelt und später in den anderen Werken nur wiederholt. Und wir verstehen daher auch, warum die Behandlung des Gegenstandes in jenem Werk am ausführlichsten ist. Natürlich mußte er seine neue Lehre zunächst entsprechend ausführlich darlegen. Später, als sie bereits bekannt 22) Vgl. z. B. Vādavidhiḥ frg. 14. 28) Vādavidhānam frg. 7. 24) Vadavidhiḥ frg. 4. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum Dignaga den Vādavidhiḥ, im Gegensatz zum Vädavidhānam, so scharf bekämpft (vgl. Pramāṇasamuccayavṛttiḥ yu I v. 13). 25) Vakyapadiyam I v. 34. 94 Page #14 -------------------------------------------------------------------------- ________________ war und Anerkennung gefunden hatte, durfte er sich mit einer knapperen Wiedergabe begnügen. Somit ist der Hetucakrađamaruḥ das älteste logische Werk Dignāga's, in dem er seine erste Entdeckung auf diesem Gebiet niedergelegt hat. Im Nyāyamukham hat er dann die buddhistische Dialektik, wie sie sein bedeutendster Vorläufer, Vasubandhu, gestaltet hatte, vom Standpunkt dieser neuen Erkenntnis aus umgearbeitet und neu geformt. Allerdings, darauf allein beschränkt sich seine Leistung im Nyāyamukham nicht. Die Durchdringung und Ausgestaltung des überkommenen Stoffes, von der wir oben gesprochen haben, setzt eindringende Arbeit voraus. Dabei ist, außerdem folgendes zu beachten. Dignāga hat nicht nur die buddhistische Logik neu geschaffen, er hat sich auch mit den gegnerischen Schulen eingehend auseinandergesetzt. Das zeigt besonders deutlich der Pramāṇasamuccayah. Hier folgt in jedem Abschnitt auf die Darstellung der eigenen Lehre eine Auseinandersetzung mit den wichtigsten gegnerischen Lehren, und zwar der Reihe nach mit Vasubandhu's Vädavidhih, dem Nyāya, dem Vaišeşika, dem Sāmkhya und gelegentlich auch der Mīmāmsā. Nun wissen wir, daß Dignāga der Auseinandersetzung mit den gegnerischen Schulen auch eigene Werke gewidmet hat, die er selbst erwähnt, und wir haben diese Werke anfangs bereits aufgezählt. Drei von diesen Werken, nämlich die Nyāyaparīkņā, die Sāmkhyaparīkņā und den Kommentar zum Vādavidhānam (oder Vādavidhih), nennt er aber schon im Nyāyamukham. Seine Auseinandersetzung mit den gegnerischen Lehren fällt also bereits in die Frühzeit seiner Tätigkeit als Logiker und geht Hand in Hand mit der Umarbeitung der Lehren Vasubandhu's. Somit erhalten wir für den Beginn der Tätigkeit Dignāga’s auf logischem Gebiet folgendes Bild. Den Ausgangspunkt bildete für ihn die Beschäftigung mit der buddhistischen Dialektik und Logik, wie sie in den Werken Vasubandhu's niedergelegt war. Sein erster Schritt über Vasubandhu hinaus war die Aufstellung der Lehre vom Rad der Gründe. Diese stellte er in einem eigenen Werk, dem Hetucakradamaruh, dar. Anschließend daran ging er an eine durchgreifende Umarbeitung der Lehren Vasubandhu's. Gleichzeitig beschäftigte er 95 Page #15 -------------------------------------------------------------------------- ________________ sich aber auch eingehend mit den logischen und erkenntnistheoretischen Lehren aller bedeutenden philosophischen Schulen seiner Zeit und setzte sich in mehreren Werken mit ihnen auseinander. Den Abschluß und die Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Tätigkeit bildet sein erstes großes Werk, das Nyayamukham. Soweit ist also die Entwicklung Dignaga's klar. Wie haben wir uns aber den weiteren Verlauf zu denken? Hier stehen wir vor der Schwierigkeit, daß uns aus seiner späteren Zeit nur mehr ein Werk erhalten ist, nämlich sein großes abschließendes Werk, der Pramāņasamuccayaḥ. Es ist uns also nur der Endpunkt der Entwicklung erhalten. Die Zwischenstufen sind verloren. Und dabei handelt es sich nach dem, was wir vorhin über den großen Unterschied zwischen Nyayamukham und Pramāņasamuccayah gesagt haben, wahrscheinlich um eine längere Entwicklung. Unter diesen Umständen bleibt uns nur eine Möglichkeit. Wir müssen zunächst feststellen, wie sich der Pramāṇasamuccayaḥ vom Nyāyamukham unterscheidet, was in ihm Neues hinzugekommen ist, und dann nach Anhaltspunkten suchen, die uns verstehen lassen, wie es zu diesem Neuen gekommen ist. Wie wir bereits gesagt haben, ist der Pramanasamuccayah ein Werk ganz anderer Art, als das Nyayamukham. In ihm handelt es sich nicht um Beweis und Widerlegung, das heißt, um Dialektik. Sein Gegenstand sind vielmehr die Mittel richtiger Erkenntnis, Wahrnehmung und Schlußfolgerung, also die Erkenntnislehre. Das bedeutet, daß zwischen diesen beiden Werken bei Dignāga eine vollkommene Verschiebung des Interesses eingetreten ist, und wir stehen vor der Frage, was dazu geführt hat. Der neue Interessenkreis an sich, die Gegenstände, ja selbst ihre Anordnung, sind dabei keineswegs vollkommen neu. Wir finden sie in weitem Maße bereits vom Samkhya vorweggenommen26). Das hatte bereits eine Erkenntnislehre entwickelt, bei der die Frage nach den Mitteln richtiger Erkenntnis im Mittelpunkt stand. Auch bei ihm war der Beweis als sprachliche Formulierung der Schlußfolgerung mit dieser verbun 2) Vgl. darüber meine Abhandlung „Zur Erkenntnislehre des klassischen Samkhya-Systems" im 2. Band dieser Zeitschrift, S. 84 ff. 96 Page #16 -------------------------------------------------------------------------- ________________ den, ähnlich wie es bei Dignāga im Pramāṇasamuccayaḥ der Fall ist. Was aber hat Dignāga's Gedanken in diese Richtung gelenkt? Um darüber Aufschluß zu gewinnen, müssen wir Aufbau und Inhalt des Pramāṇasamuccayah näher betrachten. Was zunächst den Aufbau betrifft, so besteht das Werk aus sechs Kapiteln, die folgenden Inhalt haben: 1. Wahrnehmung (pratyakşam), 2. Schlußfolgerung für sich selbst (svārthānumānam), 3. Schlußfolgerung für andere (parārthānumānam), 4. Beispiel (drstāntah), 5. Sonderung von anderem (anyāpohah), 6. falsche Einwände (jātayah). Äußerlich gesehen ist also der Pramāņsamuccayaḥ vom Nyāyamukham vollkommen verschieden. Betrachten wir jedoch den Inhalt genauer, so erscheint der Unterschied nicht so groß. Wie Dignāga selbst am Anfang des Werkes sagt und wie er es ja auch im Namen zum Ausdruck gebracht hat, ist der Pramāṇasamuccayaḥ nämlich keine vollkommene Neuschöpfung, sondern eine systematische Zusammenstellung dessen, was er in anderen Werken verstreut bereits gesagt hatte. Es handelt sich also um einen Bau, der zum größten Teil mit altem Material aufgeführt ist, und dieses Material ist nicht zuletzt dem Nyāyamukham entnommen. Zunächst aber wollen wir eines vorwegnehmen. Wie wir schon zu erwähnen Gelegenheit hatten, enthält ein großer Teil des Pramāņasamuccayah Polemik. Dignāga hat nämlich in jedem Abschnitt an die Darstellung seiner eigenen Lehre eine Widerlegung der entsprechenden gegnerischen Lehren gefügt. Diese Polemik ist offenbar aus den bereits erwähnten polemischen Werken geschöpft, und diese Vermutung liegt um so näher, als Dignāga diese Werke selbst am Ende des Pramāṇasamuccayaḥ erwähnt. Da diese Werke aber nicht erhalten sind, läßt sich nichts Genaueres sagen. Und da die Polemik überdies für die Feststellung der Entwicklung seiner Lehre am wenigsten ausgibt, wollen wir im folgenden von diesen Abschnitten absehen. Für die Beurteilung des Übrigen ist zunächst folgendes wichtig. Wie wir eben bemerkt haben, hat Dignāga im Pramāṇasamuccayaḥ den Beweis nach dem Vorgang des Sāmkhya als sprachliche Formulierung der Schlußfolgerung an diese angeschlossen und ihm den 97 Page #17 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Namen Schlußfolgerung für andere (parārthānu mānam) gegeben. Tatsächlich enthält auch das 3. Kapitel, das Kapitel über die Schluß. folgerung für andere, die Lehre vom Beweis, und der Stoff dafür ist im wesentlichen aus dem Nyāyamukham genommen?). Eine Änderung hat Dignāga nur insofern vorgenommen: Da die Lehre vom Beweis für ein Kapitel zu umfangreich war, hat er im 3. Kapitel nur die ersten beiden Glieder des Beweises, die Behauptung und die Begründung behandelt. Der Vergleich macht den Inhalt des nächsten, des 4. Kapitels aus. Aber nicht nur die Lehre vom Beweis ist auf diese Weise aus dem Nyāyamukham in den Pramāṇasamuccayaḥ übergegangen. Das Gleiche gilt für die Widerlegung, die bereits im Nyāyamukham im wesentlichen aus der Lehre von den falschen Einwänden bestand. Sie bildet den Inhalt des 6. Kapitels. Und nicht nur das stammt aus dem Nyāyamukham. Dignāga hatte, als er das Nyāyamukham schrieb, den gesamten Stoff bereits nach den verschiedensten Richtungen hin durchdacht und zahlreiche neue Anregungen in sich aufgenommen. Infolgedessen enthält das Nyā. yamukham im Keim schon manches, das erst später zur vollen Ausgestaltung und Geltung kommen sollte. So ist daher auch das, was das Kapitel über die sinnliche Wahrnehmung im Pramāṇasam. uccayaḥ, also Kapitel 1, enthält, zum großen Teil bereits im Nyāya.. mukham vorgebildet und daraus entnommen. Wesentlich Neues bringt nur das 2. Kapitel über die Schlußfolgerung für sich selbst Und vollkommen neu ist schließlich das Kapitel 5 über die Sonderung von anderem. Diese Kapitel beruhen also auf Werken, welche Dignāga zwischen dem Nyāyamukham und dem Pramāṇasamuccayaḥ schrieb und enthalten das, was er in dieser Zeit an neuen Gedanken geschaffen hat. Was ist nun dieses Neue? Zur Beantwortung dieser Frage beginnen wir am besten mit dem 5. Kapitel. Im 4. Kapitel hatte Dignāga die Lehre von der Schlußfolgerung für andere und damit die Lehre von der Schlußfolgerung überhaupt abgeschlossen. Nun wirft er die Frage auf, ob nicht, wie viele Schulen behaupteten, auch die Mitteilung (sabdah) ein Mittel richtiger Erkenntnis sei, und verneint sie, da nach seiner Meinung 27) Auf kleinere Änderungen und Ergänzungen gehe ich hier nicht ein. Page #18 -------------------------------------------------------------------------- ________________ die Mitteilung unter die Schlußfolgerung fällt. Damit ist aber der Anstoß gegeben, nach dem Gegenstand der Worte zu fragen, das führt zum Problem der Vorstellung und zur Lösung dieses Problems entwickelt Dignāga seine eigentümliche Lehre von der Sonderung von anderem (anyāpohah), welche fast das ganze Kapitel füllt28). Das Neue, was das 5. Kapitel enthält, ist also Dignāga's Lehre von der Vorstellung in der Form der Lehre von der Sonderung von anderem. Und damit verengt sich unsere frühere Fragestellung zunächst auf die Frage, was ihn zur Entwicklung dieser Lehre von der Vorstellung geführt hat. Naheliegend wäre es, an seine Lehre von der Wahrnehmung zu denken. Er hat ja die vielbesprochene und vielbekämpfte Definition aufgestellt, welche das Wesentliche der Wahrnehmung darin findet, daß sie frei von Vorstellungen ist29). Man könnte also meinen, daß Dignāga im Anschluß daran seine Lehre von der Vorstellung geschaffen hat. Aber dieser Gedanke findet in den Texten keine Stütze. Zunächst bringt schon Dignāga's Definition, von dieser Seite her gesehen, nichts Neues. Denn schon der Sāņkhya-Lehrer Vindhyavāsī hatte die alte Definition der Schule, daß die Wahrnehmung Tätigkeit des Gehörs usw. (śrotrādivsttih) sei, in dem Sinn erweitert, daß er hinzufügte, von Vorstellung freie Tätigkeit des Gehörs (śrotrādivsttir avikalpikā), hatte also im wesentlichen bereits dasselbe gesagt wie Dignāga, und andere Fragmente aus der Zeit des klassischen Sāmkhya bestätigen, daß dem damaligen System dieser Gedanke vertraut war30). Was aber das Wichtigste ist, Dignāga selbst geht im Kapitel über die Wahrnehmung gar nicht näher auf die Lehre von der Vorstellung ein. Er zählt kurz fünf Arten von 2) Die Entstehung und Entwicklung der Lehre von der Sonderung von anderem bei Dignāga stellt eine große Zahl interessanter, aber auch schwieriger Probleme, und erfordert eine gesonderte Behandlung. Im vorliegenden Rahmen kann nur das Wichtigste in großen Zügen angedeutet werden. 20) pratyakşam kalpanāpodham (Nyāyamukham v. 15 = Pramānasamuccayah I v. 3). 30) Vgl. meine Abhandlung „Zur Erkenntnislehre des klassischen Samkhya Systems“, S. 113 f. 99 Page #19 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Vorstellungen auf31). Das ist alles. Die Sonderung von anderem wird hier überhaupt nicht erwähnt. Und tatsächlich hat sie in seinem System einen ganz anderen Platz. Wie wir bereits gesagt haben, beginnt Dignāga das 5. Kapitel des Pramāṇasamuccayaḥ damit, daß er erklärt, die Mitteilung (sabdah) sei nichts anderes als Schlußfolgerung. Wie er das versteht, ergibt sich z. B. kurz und klar aus folgenden Sätzen (Pråmāṇasamuccayavșttiḥ V, fol. 83 a 1–4=fol. 166 b 3—6) 32): don gźan bsal bas sgra'i ran gi don brjod pa na ji ltar snar bśad pa'i ñes par thal bar med 'gyur ro že na / gan gi phyir / sgra gzan don la ma mthon phyir / / ran don cha sas la mthon phyir / / sgra yi 'brel pa bla ba dan / . /‘khrul pa ñid ni yod ma yin / 35. / sgra'i don brjod pa la ni rjes su “gro ba dan Idog pa yan thabs yin te / de dag kyan 'dra ba dan mi 'dra ba dag la 'jug pa dan mi ‘jug pa yin no // de la ‘dra ba la gdon mi za bar thams cad la “jug par brjod pa ni ma yin gyi 'ga' zig la yin te / don mtha' yas pa'i brjod pa mi srid pa'i phyir ro // mi ‘dra ba la ni mtha' yas pa yod kyan ma mthon ba tsam gyi phyir 'jug pa med par bstan par nus pa yin' no // de ñid kyi phyir ran dan 'brel pa can dag las gžan la ma mthon ba'i phyir de rnam par bcad pa'i rjes su dpag pa ni ran gi don rjod par byed pa yin no zes brjod par bya'o // Das dürfte in Sanskrit etwa folgendermaßen gelautet haben33): katham punaḥ śabdasyārthāntarāpohena svārthābhidhāne pūrvados. āprasangah? yasmād *1) Pramāṇasamuccayavrttiḥ I, f. 14 a 4 ff. = 97 b 4 f. 32) Ich verfahre bei der Wiedergabe des tibetischen Textes eklektisch, folge aber überwiegend der zweiten Version. 28) Die Wiedergabe ist mit Hilfe der in Simhasūri's Nyāyāgamānusāriņi eingestreuten Worte möglich (The Dvadasharanayachakram of Sri Mallavadi Kshama. sramana with the Nyayagamananusarini Commentary by Sri Simhasurigani Vadi Kshamasramana, ed. by Acharya Vijaya Labdhi Suri, Part III, Chhani 1957, S. 872 ff.). 100 Page #20 -------------------------------------------------------------------------- ________________ adrster anyaśabdārthe svārthasyāmse 'pi darśanāt / śruteh sambandhasaukāryam na cāsti vyabhicāritā // 35. śabdasyānvayavyatirekāv arthābhidhāne dvāram, tau ca tulyātulyayor vrttyavrttī. tatra tulye nāvaśyam sarvatra vittir ākhyeyā, kvacit, ānantye 'rthasyākhyānāsambhavāt. atulye tu saty apy änantye sakyam adarśanamätreņāvítter ākhyānam. ata eva svasambandhibhyo ’nyatrādarśanāt tadvyavacchedānumānam svārthābhidhānam ity ucyate. Danach besteht für Dignāga zwischen Wort und Gegenstand dasselbe Verhältnis wie zwischen Grund und Folge. Um den Gegenstand erkennen zu lassen, muß das Wort mit ihm verbunden sein. Dabei ist das Wesentliche, daß diese Verbindung nur für einen bestimmten Bereich gilt; außerhalb desselben aber nicht besteht. Hat man die Verbindung in dieser Form erkannt, so kann man durch das Wort den Gegenstand erkennen. Da es aber nach buddhistischer Lehre nichts gibt, das nach der Art der Gemeinsamkeit (sāmānyam) des Vaišeșika sich über den ganzen fraglichen Bereich erstrecken würde, lehrt Dignāga als Grundlage der Verbindung die Sonderung von anderem. · Dignāga's Lehre von der Sonderung von anderem ist also geschaffen, um ein Problem aus dem Gebiet der Schlußfolgerung zu lösen. Dem entspricht auch der Gedankenkreis, in dem sich seine Darstellung sonst bewegt. Überwiegend handelt es sich um das Verhältnis verschiedener Bereiche zueinander, um die Gleichordnung verschiedener Wörter und Begriffe (sāmānādhikaranyam), um das Verhältnis von Bestimmendem und Bestimmtem (visesyaviseşakabhāvah). Und was das Wichtigste ist, es erscheinen darunter Gedanken, die sich ganz ähnlich in seiner Darstellung der Schlußfolgerung für sich selbst im 2. Kapitel finden. Er stellt z. B. folgende Frage: Jeder Gegenstand liegt im Bereich zahlreicher Begriffe; wieso kommt es, daß ein Wort ihn nicht in seiner Gesamtheit erkennen läßt, sondern im Hinblick auf einen dieser Bereiche? Und umgekehrt: Das Wort als solches gehört ebenfalls mehreren Bereichen an; wieso läßt es nur durch einen davon seinen Gegenstand er. kennen? Darauf antwortet er: 101 Page #21 -------------------------------------------------------------------------- ________________ brjod par bya ba man poʻi yan / / sgra las thams cad rtogs ma yin/ I ran dan brel pa rjes mthun las / / 'di ni don la rnam gcod byed / 13: | du ma chos can sgra la yan / gan gis don ni mi spon ba / / de ñid kyis ni rtogs byed kyi / | sgra dan yon tan sogs kyis min / 14. Das lautete in Sanskrit etwa34): bahutve 'py abhidheyasya na sabdāt sarvathā gatih / svasambandhānurūpyāt tu vyavacchedārthakāry asau // 13. anekadharmā śabdo 'pi yenārtham nātivartate / pratyāyayati tenaiva na sabdaguņatvādibhiḥ // 14. Das hat seine genaue Entsprechung im 2. Kapitel, nur ist es hier vom Grund und seinem Verhältńis zur Folge gesagt. don gyi chos rnams du ma ni / thams cad rtags las rtogs ma yin/ / gan žig rjes 'brel gżan las ni / | ldog pa rtogs par byed pa yin// 13. / de ltar yan lag gan no bos / / rtags can las ni mi 'da' ba / | de ñid kyis chos du ma yan / | rtogs par byed kyi gzan gyis min / 14. Dem dürfte in Sanskrit etwa entsprechen35): bahutve 'py arthadharmāņām na lingāt sarvathā gatih / yenānubaddham tasyānyavyavacchedena gamakam // 13. tathāngam yena rūpeṇa linginai nātivartate / Vi tenaivānekadharmāpi gamayati na cetaraiḥ // 17. Auch andere Gedanken kehren in ähnlicher Form wieder. Man vergleiche z. B. folgende Verse. Im 5. Kapitel lautet Vers 36: 34) Der erste Vers ist überliefert, der zweite nach Simhasūri versuchsweise hergestellt. 36) Beide Verse nach Simhasūri. 102 Page #22 -------------------------------------------------------------------------- ________________ vrkșatvapārthivadravyasajjñeyāḥ prātilomyatah / catustridvyekasamdehe nimittam niscaye ’nyathā // 36. Damit vergleiche man im 2. Kapitel Vers 14: guņatvagandhasaurabhyatadviseşair anukramāt / adravyādivyavaccheda ekavrddhyotpalādiņu // 14. Alles das nötigt zu dem Schluß: Die Lehre vom Begriff als Sonderung von anderem, wie sie Dignāga im 5. Kapitel des Pramāṇasam. uccayaḥ vorträgt, wurzelt in seiner Auffassung der Schlußfolgerung und ist von ihr aus entwickelt. Während aber die Lehre vom Begriff als Gegenstand des Wortes erst im Pramāṇasamuccayaḥ erscheint, können wir sie im Zusammenhang mit der Lehre von der Schlußfolgerung weiter zurück. verfolgen. Was uns faßbar wird, sind zwar nur geringe Spuren, aber sie sprechen deutlich. Die beiden oben angeführten Verse aus dem 2. Kapitel des Pramāṇasamuccayaḥ, Vers 13 und 17, stehen nämlich schon im Nyāyamukham als Vers 17 und 1836). Allerdings, ... was wir hier finden, beschränkt sich auf die zwei Verse. Die darin ausgesprochenen Gedanken werden nicht weiter ausgeführt. Es macht beinahe den Eindruck, wie wenn Dignāga damit Gedankengänge andeuten wollte, die noch nicht voll ausgereift waren und auf die er daher nicht weiter eingehen wollte. Das würde dann bedeuten, daß die volle Ausgestaltung dieser Gedanken in die Zeit zwischen der Vollendung des Nyāyamukham und der Abfassung des Praniāṇasamuccayaḥ fiel. Und tatsächlich lassen sich dafür Anhaltspunkte finden. Yi-tsing nennt in seiner Liste der Werke Dignāga's ein Hetumukham, das für uns verloren ist. Doch sind wenigstens zwei Fragmente erhalten, welche ausdrücklich diesem Werk zugeschrieben werden37). Diese Fragmente handeln beide von der Vorstellung als Gegenstand des Wortes und der Schlußfolgerung im Sinne der Sonderung von anderen. Das ist gewiß kein Zufall. Aus demselben Werk stammt vermutlich auch der öfter zitierte Satz, 38) T 1628, p.-3 c 10–13 = T 1629, p. 9 a 4 7 (Tucci, S. 53). Hier stehen die beiden Verse beisammen, wie es ihre inhaltliche Zusammengehörigkeit fordert. 37) Siehe Anhang 8. 103 Page #23 -------------------------------------------------------------------------- ________________ der ausdrücklich besagt, daß sich die gesamte Schlußfolgerung im Bereich der Vorstellung bewegt38): sarva evāyam anumānānumeyavyavahāro buddhyārúdhenaiva dharmadharmibhedena na bahih sadasattvam apeksate. Wir kommen also zu 'dem Ergebnis, daß Dignāga seine Lehre von der Vorstellung im Zusammenhang mit der Lehre von der Schlußfolgerung geschaffen hat. Er begann damit bereits zur Zeit, als er das Nyāyamukham schrieb, baute sie im Hetumukham weiter aus und übernahm sie schließlich von dort in den Pramāṇasamuccayah. Mit den gewonnenen Ergebnissen können wir nun aber bereits den Versuch wagen, die Gedanken, welche in den verschiedenen Texten ihren Niederschlag gefunden haben, im Sinne einer Entwicklung zu deuten und einzuordnen, und den Weg zu zeichnen, der Dignāga vom Nyāyamukham zum Pramāṇasamuccayah führte. Schon bei Dignāga's erster Entdeckung auf dem Gebiet der Logik, bei der Aufstellung des Rades der Gründe, hatte es sich um die Abgrenzung verschiedener Bereiche und die Festlegung ihres Verhältnisses zueinander gehandelt. Dabei mag für die Richtung seiner Gedanken von Einfluß gewesen sein, daß bei dem Musterbeispiel, von dem er ausging, beim Schluß vom Verursachtsein auf die Ver. gänglichkeit des Tones, der Verbindung zwischen Grund und Folge kein ursächliches Verhältnis zugrunde liegt, sondern die Beziehung eines engeren Begriffes zu einem weiteren39). Als er nun während seiner Arbeit am Nyāyamukham anschließend an die Lehre vom Beweis sich mit den Mitteln richtiger Erkenntnis beschäftigte und die Schlußfolgerung untersuchte, mußte er bald erkennen, daß auch hier bei der Verbindung zwischen Grund und Folge das Verhältnis eines engeren zu einem weiteren Begriff vorliegt. Bezeichnend ist jedenfalls, daß die beiden oben angeführten Verse, die schon im 88) Dharmakirti, Pramānavārttikavrttih f. 421 b 4 f. (Ācārya-Dharmakirteh Pramāņavārttikam, svopajñavrttyā Karnakagomiviracitayā tattikayā ca sahitam, Rāhula-Samkrtyāyanena sampūritam sampaditañ ca, Ilāhābād, o. J., S. 24); Pramānayiniscayah II, f. 280 a 5 f.; Umbeka, Tātparyaţikā (Madras University S. S. No. 13), S. 231, 234; Vācaspatimiśra, Tātparyaţikā (Kashi S. S. No. 24), S. 57, 124, und S. 189, 11. usw. *) Was Dharmakirti im Gegensatz zum kāryahetuḥ svabhāvahetuh nennt. 104 Page #24 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Nyāyamukham stehen, die Frage engerer und weiterer Begriffe bei Grund und Folge behandeln. Das drängte zur Erkenntnis, daß sich die Schlußfolgerung überhaupt nur im Bereich der Begriffe bewegt. Diese Erkenntnis führte zunächst weiter zur grundsätzlichen Gegenüberstellung von Wahrnehmung und Schlußfolgerung auf Grund der Verschiedenheit ihrer Objekte. Das nur dem Bewußtsein zugängliche (svasamvedyam), durch Worte unausdrückbare (anirdeśyam) Wesen der Dinge ist der Gegenstand der Wahrnehmung40), die Vorstellung ist der Gegenstand der Schlußfolgerung. Oder wie Dignāga es im Anschluß an überkommene Bezeichnungen ausdrückt, die Wahrnehmung erfaßt das eigene Merkmal der Dinge (svalaksaņam), die Schlußfolgerung das gemeinsame Merkmal (sāmānyalaksaņam). Nun verstehen wir auch, was es bedeutet, daß Dignāga in seiner Definition der Wahrnehmung diese als frei von Vorstellungen bezeichnete. Er wollte damit nicht eine neue Erkenntnis vom Wesen der Wahrnehmung zum Ausdruck bringen, sondern er wollte hervorheben, was sie von der Schlußfolgerung unterscheidet, und sie dieser gegenüberstellen. Eine weitere Erkenntnis, welche aus dieser Unterscheidung von Wahrnehmung und Schlußfolgerung auf Grund der Verschiedenheit ihrer Objekte folgte, war die Einsicht, daß es nur zweierlei Mittel richtiger Erkenntnis geben könne und nicht mehr, weil es nur zweierlei Objekte gibt, denen sie entsprechen. Damit war eine Gedankenreihe zu Ende gedacht und soweit nahm Dignāga auch seine neuen Erkenntnisse noch in das Nyāyamukham auf. Aber es drängte ihn zu einem weiteren Ausbau der Lehre von der Vorstellung. Das Bisherige befriedigte ihn nicht und daher hatte er sich auch gerade darüber im Nyāyamukham mit einigen kurzen Andeutungen begnügt. Vor allem war die Frage offen, was die Grundlage der Vorstellung bildet, wenn man den überkommenen buddhistischen Anschauungen gemäß eine wirkliche Entsprechung in der Außenwelt leugnete. Die weiteren Bemühungen Dignāga's in dieser Richtung scheinen nun ihren Niederschlag im Hetumukham gefunden zu haben. Sie führten einerseits zur eigenartigen Lehre von der Sonderung von anderem als Gegenstand der Vorstellung, °) Nyāyamukham v. 16 = Pramānasamuccayah I v.5. 105 Page #25 -------------------------------------------------------------------------- ________________ und weiter zur Ausdehnung dieser Lehre auf den Bereich der Sprache, indem er jede sprachliche Mitteilung als Schlußfolgerung und die Sonderung von anderem als ihren Gegenstand erklärte. Andererseits drängte die eingehende Beschäftigung mit der Schlußfolgerung und ihrem Gegenstand immer deutlicher zur Erkenntnis der Wesensverwandtschaft von Schlußfolgerung und Beweis, und so entschloß sich Dignāga, nach dem Vorbild des Sāmkhya, den Be. weis als sprachliche Formulierung der Schlußfolgerung unter dem Namen der Schlußfolgerung für andere an diese anzuschließen. So trat der Beweis und die alte Dialektik überhaupt in die zweite Reihe. In den Vordergrund rückte die Lehre von den Mitteln richtiger Erkenntnis, Wahrnehmung und Schlußfolgerung. Damit war aber nicht nur der Stoff, sondern auch der Rahmen für eine neue Darstellung aller gewonnenen Erkenntnisse gegeben. Und diese Darstellung gab Dignāga in seinem letzten großen Werk, dem Pramāņasamuccayaḥ, in dem er nicht nur abschließend alles zusammenfaßte, was er selbst erarbeitet hatte, sondern auch den festen Grundstein für das Gebäude der späteren buddhistischen Erkenntnistheorie und Logik legte. Mit dieser Skizze der Entwicklung Dignāga’s haben wir einen ersten Abschluß erreicht. Denn wie wir oben gesagt haben, ist der Pramāṇasamuccayaḥ das letzte logische Werk Dignāga's, das uns erhalten ist und von dem wir überhaupt wissen. Unsere anfangs gestellte Aufgabe ist damit aber erst zum Teil gelöst. Wir haben uns nämlich bisher nur mit den logisch-erkenntnistheoretischen Schriften Dignāga's beschäftigt. Daneben ist aber auch noch eine Anzahl anderer Werke erhalten. Wenn wir also ein vollständiges Bild von seinem Schaffen und seiner Persönlichkeit gewinnen wollen, müssen wir auch diese Werke heranziehen und einzuordnen suchen. Hierbei stehen wir allerdings vor neuen Schwierigkeiten. Es handelt sich hier um einzelne Werke, die sich nicht wie die logischen Schriften deutlich zu einer Gruppe zusammenschließen. Verschiedentlich begegnen wir in ihnen widersprechenden Lehren. In einzelnen Fällen ist auch die Verfasserschaft umstritten. Und zu alledem kommen die Schwierigkeiten, die der Zustand der Überliefe 106 Page #26 -------------------------------------------------------------------------- ________________ rung mit sich bringt. Auch hier sind wir nämlich überwiegend auf chinesische und tibetische Übersetzungen angewiesen. Und dazu liegt bei einzelnen Werken nur ein Verstext vor ohne Kommentar, so daß sie fast unverständlich bleiben. Immerhin läßt sich auch hier das Wichtigste fassen. Denn gerade in einem entscheidenden Falle kommt uns Hilfe von außen. Eines der Werke, welche Dignāga einstimmig zugeschrieben werden, ist die Traikālyaparikṣā41). Sie ist in tibetischer Übersetzung erhalten42) und erscheint auch in der Liste Yi-tsing's (No. 1). Da die tibetische Übersetzung nur aus Versen besteht und SanskritZitate so gut wie vollständig fehlen, ist sie schwer verständlich. Aber hier kommt Hilfe von anderer Seite. Es zeigt sich nämlich, daß das ganze Werk mit Ausnahme weniger Verse einem Abschnitt aus dem Prakīrṇam des berühmten Grammatikers Bhartịhari nachgebildet ist, nämlich Sambandhasamuddeśaḥ v. 53–85. Dabei ist die Übereinstimmung fast wörtlich. Es sind nur geringe Änderungen, die Dignāga vorgenommen hat. Auf diese Weise gewinnen wir eine wichtige Hilfe für das Verständnis seiner Traikālyaparīkņā. Allerdings taucht dafür eine andere schwerwiegende Frage auf: Wie kam Dignāga dazu, ein fremdes Werk in dieser Weise nachzubilden? Und wie war das überhaupt möglich, da doch seine Anschauungen, wie sie uns sonst bekannt sind, von denen Bhartphari's stark ver. schieden sind? Um der Lösung dieser Frage näherzukommen, wollen wir zuerst den von Dignāga nachgebildeten Abschnitt aus Bhartrhari's Prakīrṇam betrachten und dann sehen, welche Änderungen Dignāga vorgenommen hat43). Bhartphari's Lehre ist ein kunstvolles, aus verschiedenartigen Bestandteilen errichtetes Gebäude. Es fußt auf einer alten VedāntaLehre, mit der er seine Sprachphilosophie verbindet. Unverkennbar 4) Unter diesem Namen wird das Werk von Jayaratha in seinem Tantr. alokavivekah IX (Kashmir Series of Texts and Studies No. 29), S. 18, n, zitiert. Die tibetische Überlieferung gibt Trikālapariksā. 2) No. 4207. **) Vgl. Anhang 4.. 107 Page #27 -------------------------------------------------------------------------- ________________ ist ein Sāņkhya-Einschlag. Wieweit zahlreiche Berührungen mit : buddhistischen Anschauungen auf direkte Entlehnung zurückzu führen sind oder wieweit diese Anschauungen schon dem älteren Vedānta angehören, läßt sich nicht entscheiden, solange dieser nicht genauer bekannt ist. Das sind jedoch Probleme, die weit von unserer gegenwärtigen Fragestellung wegführen. Ich beschränke mich daher im folgenden darauf, zuerst die wichtigsten Lehren Bhartphari's wiederzugeben, soweit sie zum Verständnis des Abschnittes nötig sind, den Dignāga nachgebildet hat. Dann lege ich kurz den Gedankengang dieses Abschnittes dar. Nach Bhartyhari gibt es nur ein wahres Sein, das Brahma, das seinem Wesen nach Wort (sabdah) ist. Es ist ewig und unveränder. lich. Aus ihm entwickelt sich die Welt (vivartate). Diese Welt ist aber nur ein Werk der Vorstellung (parikalpah) und ist unwirklich wie ein Traum. Daß sie in Erscheinung tritt, ist durch die zahlreichen Kräfte (saktayah) bedingt, die dem Brahma innewohnen. Auf ihnen beruhen die verschiedenen Erscheinungsformen (ākārāḥ usw.), aus denen sich die Erscheinungswelt zusammensetzt. Daß diese Erscheinungsformen als etwas Getrenntes, mit einer bestimmten, von anderen verschiedenen Beschaffenheit auftreten, ist dadurch möglich, daß in ihnen, im Gegensatz zu dem einen Brahma, eine Vielheit vereinigt ist (samsrstah). Die Vielheit ermöglicht die Mannigfaltigkeit der Erscheinungswelt und vor allem die Gegensätzlichkeit von Einheit und Vielheit, Sein und Nichtsein, Gleich. heit und Verschiedenheit usw. Daß verschiedene Dinge als gleichartig erscheinen, beruht dabei auf dem gleichen Sinn (sattā), das ihnen zugrunde liegt. Auf einer eigenen Kraft des Brahma, der Zeit (kālah), beruht ferner das zeitliche Nacheinander in der Erschei. nungswelt, ihr Werden, Bestehen und Vergehen, das bei wirklichen Dingen nicht möglich wäre. Das Brahma, aus dem sich die Erschei. nungswelt entwickelt, ist selbst frei von aller Mannigfaltigkeit. Ihm kommen keine beschränkenden Bestimmungen zu. Und doch ist die ganze Erscheinungswelt in ihm enthalten. Das Brahma ist also weder seiend noch nichtseiend, weder eines noch vieles, weder vermischt noch getrennt. Und doch kann man von ihm als Träger der 108 Page #28 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Erscheinungswelt sagen, daß es ist und nicht ist, eines und vieles, vermischt und getrennt ist usw. Diese Allgestaltigkeit (sārvārthyam) hebt jedoch seine Einheit ebensowenig auf, wie die Vielheit der Erkenntnisbilder die Einheit des Erkennens. Soweit die allgemeinen Anschauungen Bhartụhari's. Und nun wollen wir uns dem Abschnitt zuwenden, den Dignāga seiner Traikālyaparīkņā zugrunde gelegt hat. Für Dignāga war dabei das Zeitproblem das Wichtigste. Trotzdem stammt dieser Abschnitt nicht aus dem Kapitel, in dem Bhartrhari das Zeitproblem behandelt, dem Kālasamuddeśaḥ (IX), sondern aus einem andern Zusammenhang. Bhartphari pflegt nämlich im Laufe seiner Darstellung auf wichtige Fragen wiederholt in verschiedenen Zusammenhängen zurückzukommen, und das ist auch beim Zeitproblem der Fall. So ist unser Abschnitt aus dem Sambandhasamuddeśaḥ (III) genommen, dem Kapitel über die Verbindung zwischen Wort und Gegenstand. Dieses Kapitel beginnt, seinem Namen entsprechend, mit der Erörterung der Frage, worin die Verbindung zwischen Wort und Gegenstand besteht, und zwar besteht sie nach Bhartshari's Ansicht in einer Eignung des Wortes (yogyatā), seinen Gegenstand auszudrücken, und ist dadurch möglich, daß das Wort das Bild des Gegen. standes hervorruft, daß also Wort und Gegenstand von Natur aus fest verbunden sind (v. 1 ff.) 44). Dann geht die Darstellung auf an.. dere Gegenstände über. Zunächst zeigt Bhartrhari, daß das Sein, das in der Form der Einzeldinge erscheint und das die Worte in erster Linie ausdrücken, ein übertragenes Sein ist (aupacāriki sattā), da bei einem wirklichen Sein unmöglich wäre, daß es nicht ist (nāsti), entsteht (jāyate) oder ist (asti) (v. 39 ff.). Und nun folgt unser Abschnitt, der sich in ähnlichen Bahnen bewegt (v. 52 ff.). Der Gedankengang ist dabei folgender: Wie sich bei einer krankhaften Veränderung der Sinnesorgane Erkenntnisbilder einstellen, denen man irrtümlich ein Sein zuschreibt, so verhält es sich auch mit der Erkenntnis, welche durch “) Man vergesse dabei nicht die idealistische Grundanschauung Bhartshari's, nach der die Dinge bloß Bilder in der Erkenntnis sind. : : 109 Page #29 -------------------------------------------------------------------------- ________________ die Worte hervorgerufen wird (v. 53). Die Worte stützen sich dabei auf ein Erkenntnisbild, welches nur einen Teil des wahren Seins spiegelt und drücken dieses in fremder Form aus, während es seiner eigenen Form, nach unerkannt bleibt (v. 54). Diese Beschaffenheit der Erkenntnis und der Worte gilt im gewöhnlichen Leben in gleicher Weise für alle, für Wissende sowohl wie auch für die gewöhnlichen Menschen (v. 55). Es gibt aber darüber hinaus eine höhere reine Erkenntnis, die Erkenntnis eines Allwissenden, die ohne Hilfe der Sinnesorgane alle Erscheinungsformen erkennt, die im höchsten Sein vereinigt sind, und schließlich eine reinste Erkenntnis, in der alle einzelnen Erscheinungsformen verschwunden sind (v. 56). Dieser reinen Erkenntnis gegenüber bedeutet das Spie.. geln äußerer Erscheinungsformen in der gewöhnlichen Erkenntnis eine Trübung oder Befleckung, die sich aus der Vermischung mit den Objekten ergibt (v. 57). Und ebenso wie die Erkenntnis durch diese Trübung eine Entstellung ihres wahren Wesens erfährt, verliert auch das wahre Sein, sofern es als Objekt erscheint, sein eigenes Wesen (v. 58). Nachdem so die Erscheinungswelt charakterisiert ist, wie sie sich im gewöhnlichen Leben in Sprache und Erkenntnis darstellt, geht Bhartphari zur Erörterung von Sein und Nichtsein über, durch . welche das Werden und Vergehen in den drei Zeiten bedingt ist. Sein und Nichtsein im gewöhnlichen Sinne richten sich beide nach der Auffassung und dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens, da Erkenntnis, Wort und Gegenstand, die ihnen zugrunde liegen, sämtlich, wie eben gezeigt, irrig sind (v. 59). Denn Sein und Nichtsein in diesem Sinne gehören dem Reich der Vielheit an, wo jedes Wesen in seiner Art durch den Gegensatz zu Andersartigen bedingt ist. Daher setzen auch Sein und Nichtsein' sich gegenseitig voraus (v. 59 a). Bei dem einen wahren Wesen, von dem Sein und Nichtsein als Vorstellungen nicht verschieden sind, gäbe es kein Werden und Vergehen, weil ein wirkliches Nichtsein nicht zum Sein werden kann und ein wirkliches Sein nicht zum Nichtsein (v. 60). Denn auf ein Nichtsein kann wegen seiner Unfaßbarkeit eine Ursache nicht einwirken. Und bei einem Sein, das zwar faßbar ist, aber bereits 110 Page #30 -------------------------------------------------------------------------- ________________ besteht, kann die Ursache nichts weiter hervorbringen (v. 61). Rechnet man also mit einem wirklichen Wesen, so ist man zur Annahme genötigt, daß alles ein Nichtsein oder ein Sein ist. Ein von dem Einen verschiedener anderer Zustand ist in Wirklichkeit nicht möglich (v. 62). Daher lassen auch die Sāmkhya, welche ein wirkliches Sein annehmen, ein Nichtsein nicht gelten, während die Mādhyamika, welche ein Nichtsein lehren, kein wahres Sein gelten lassen (v. 63). Daher ist alles von Natur aus eine Einheit ohne Zweiheit (v. 64). Nur im Bereich der Vorstellungen gibt es die verschiedenen Abgrenzungen, welche die Vielheit bedingen (v. 64). Mit der Zweiheit, welche im Sein und Nichtsein besteht und welche daher dem Bereich der Vorstellungen angehört, steht es somit ebenso wie mit den vier Formen des Nichtseins, welche die Vaišeşika annehmen (v. 65) 45). In der anschließenden Erörterung stellt Bhartshari das Nichtsein in den Vordergrund und zeigt zunächst, daß die Annahme eines realen Nichtseins auf die verschiedensten Schwierigkeiten stößt. Ist das Nichtsein real, so kann es weder im Verhältnis zu einem Sein noch zu einem andern Nichtsein in einem Widerspruch stehen oder nicht, vorhanden sein oder nicht, ein Nacheinander bilden oder nicht (v. 66-66 a). Ferner ist unter dieser Voraussetzung eine Verschiedenheit des Nichtseins in den drei Zeiten unmöglich. Damit wird aber auch das Sein in den drei Zeiten unmöglich gemacht (v. 67). Auch wäre es unmöglich, daß etwas unter dem Einfluß eines andern sein Wesen aufgibt, das heißt, vergeht. Und ebenso wäre es unmöglich, daß etwas durch ein anderes oder durch sich selbst sein Wesen empfängt (v. 68). Wäre das Nichtsein mit dem Sein wesensgleich, so wäre das ein Widerspruch. Wäre es verschieden, so wäre eine Einwirkung nicht möglich. Schaltet man aber beide Möglichkeiten aus, dann hört jedes Geschehen auf (v. 69). Daher lehren die Anhänger des Vedānta, daß alles Vorstellung ist und daß nur dein Wirklichkeit zukommt, was den Vorstellungen von Subjekt und Objekt, von Seher, Gesehenem und Sehen zugrunde liegt (v. 70). Die Worte dagegen, die Allgemeines und Besonderes ausdrücken, 45) Nach Helarāja. 111 Page #31 -------------------------------------------------------------------------- ________________ beziehen sich nur auf die unwirklichen Vorstellungen (v. 71). Zu bedenken ist auch, daß das Vorhandensein eines Nichtseins nicht das entsprechende Sein unmöglich macht, und daß bei seinem Vergehen nicht dieses Sein entsteht, wie es doch zu erwarten stünde, wenn das Nichtsein etwas Wirkliches wäre (v. 72) 46). So macht das Vorhandensein einer bunten Kuh nicht das einer schwärzlichen unmöglich, und ihr Verschwinden hat nicht das Vorhandensein der andern zur Folge (v. 73). Und diese Erwägungen, welche das Verhältnis des Nichtseins zum Sein betreffen, lassen sich in gleicher Weise auch im Hinblick auf sein Verhältnis zu seinem eigenen Nichtsein aufstellen (v. 74). Nachdem so die Schwierigkeiten besprochen sind, die sich ergeben, wenn man das Nichtsein als etwas Reales betrachtet, geht Bhartịhari auf die Schwierigkeiten über, die der Annahme entgegenstehen, daß das Nichtsein ein bloßes Nichtvorhandensein ist. Wenn etwas unwirklich ist und daher außerhalb des Bereiches aller Worte liegt, kann eine Bestimmung, welche sich auf wirkliche Dinge bezieht, von ihm nicht ausgesagt werden (v. 75). Außerdem findet bei etwas Unwirklichem eine Ursache für ihr Wirken keinen Ansatzpunkt. Dennoch sehen wir beim Eintreten einer Ursache etwas in Erscheinung treten, das früher nicht vorhanden war (v. 76). Wenn man ferner nach dessen früherem Zustand fragt, so setzt schon der Ausdruck „früherer Zustand“ eine Grundlage voraus. Denn ohne eine wirkliche Grundlage sind diese Worte nicht möglich (v. 77). Ebensowenig kann eine Grundlage fehlen, wenn man davon spricht, daß etwas später sein wird oder nicht sein wird. Ein bloßes Nichtvorhandensein gibt aber keine solche Grundlage ab (v. 78). Wir stehen somit vor der merkwürdigen Tatsache, daß unvermittelt, teillos und ohne Nacheinander Dinge, die früher nicht vorhanden waren, in Erscheinung treten (v. 79). Daher hat es das gewöhnliche Leben nur mit Dingen zu tun, welche ein Werk der Vorstellung sind, behandelt sie aber, wie wenn 46) Das bezieht sich nach Helarāja auf die Annahme einer eigenen Kategorie Nichtsein durch das Vai esika, und zwar ist hier das gegenseitige Nichtsein (anyonyābhāvah) gemeint. 112 Page #32 -------------------------------------------------------------------------- ________________ sie wirklich wären (v. 80). Demgegenüber sehen die Anhänger des Vedānta darin nur eine Kraft (saktih) des wahren Seins. Auch das zeitliche Nacheinander ist nach ihrer Lehre im wahren Sein begründet (v. 81). Daher sind Nacheinander und Gleichzeitigkeit, Sein und Nichtsein in Wirklichkeit wesensgleich (v. 82). Wenn man im yewöhnlichen Leben von einer Verschiedenheit der Zeit spricht, so folgt aus dieser bloßen Ausdrucksweise noch keine wirkliche Verschiedenheit (v. 83). In solchen Fällen schafft sich die Vorstellung eine Grundlage und fußt nicht auf dem bloßen Nichtsein. Und dieser Tätigkeit der Vorstellung sind keine Schranken gesetzt, auch wenn keine wirklichen Dinge vorliegen (v. 84). Zusammenfassend läßt sich sagen, daß das eine ewige Wesen, das Sein und Nichtsein in sich vereinigt, durch die Verschiedenheit seiner Kräfte in vielfacher Gestalt als Gegenstand der Worte erscheint (v. 85). Mit einem letzten Vers stellt Bhartphari die Beziehung zur grammatischen Lehre her. Dann schließt dieser Abschnitt und mit ihm das ganze Kapitel. Wenden wir uns nun zum Werk Dignāga's und vergleichen wir es mit dem besprochenen Abschnitt. Bhartshari's, so sehen wir zunächst 'rein äußerlich folgendes. Als Einleitung hat Dignāga einen Vers vorausgeschickt, der ganz allgemein das Geschehen auf den drei Zeitstufen als widerspruchsvoll und die drei Zeiten, so wie sie erscheinen, für unwirklich erklärt. Dann folgt der besprochene Abschnitt aus dem Prakīrņam BhartȚhari's mit geringen Änderungen. Weggelassen sind nur wenige Verse (vv. 63, 70—71, 83—84). Als Abschluß sind zwei Verse angefügt, die ebenfalls Bhartphari nachgebildet sind. Doch stammen die betreffenden Verse Bhartrhari's, die häufig zitiert werden, aus einem andern Werk, nicht aus dem Prakīrṇam+). Was die Übereinstimmung im einzelnen betrifft, so ist ein genauer Vergleich der Verse Dignāga's mit ihrem Vorbild dadurch erschwert, daß die tibetische Übersetzung das Sanskrit nur mangelhaft wider 1) Sie werden von Bharthari selbst in seiner Vșttih zum 1. Kapitel des Vākyapadiyam zitiert (S, 8, ). Vermutlich stammen sie aus seiner Sabdadhā. tusamiksā. 113 Page #33 -------------------------------------------------------------------------- ________________ gibt. Außerdem ist sie ausgesprochen schlecht und grobe Fehler sind nicht selten48). Doch ist in den meisten Fällen die sachliche Übereinstimmung vollständig. Und wenn wir nicht eine bloße sprachliche Umstilisierung annehmen wollen, für die'übrigens die wenigen Zitate nicht sprechen49), so müssen wir sagen, daß Dignāga diese Verse einfach übernommen hat. Änderungen zeigen sich nur wenige50). Die Verse 2 und 3 sind leicht umgeformt. Dabei ist uddeśa jā durch brtag pas skye ba‘i und āhānyarūpeņa svarūpeṇānirupitam durch spyi yi no bo dan ran gi no bos stogs par byed ersetzt. In Vers 13 ist tha sñad kyis hinzugefügt. In Vers 14 steht an Stelle von dvaividhyam gsum dmigs pa, womit traikālyam gemeint sein dürfte. In Vers 29 sagt Dignāga an Stelle von bhāvašaktim manyante nus par 'dod sems pa51). In Vers 32 schließlich ist mātrābhiḥ durch skra sad kyis und in Vers 33. amalam brahma durch vijñānam er. setzt. Die Änderungen sind also geringfügig. Wirklich wesentlich ist nur, daß Dignāga an die Stelle von Bhartphari's Brahma das Erkennen (vijñānam oder cittam) der Buddhisten gesetzt hat. Damit erhebt sich aber neuerlich und in verstärktem Maße die vorhin gestellte Frage: Wie kam Dignāga dazu, fremde Verse auf solche Weise zu übernehmen, ja ein ganzes Werk aus solchen Versen zusammenzustellen, die er nur in wenigen Einzelheiten änderte? · An sich ist eine solche Übernahme fremder Verse in Indien nicht unerhört. Man widerlegt den Gegner, indem man seine Aussage im eigenen Sinn berichtigt. Ein Beispiel aus wenig späterer Zeit bietet der Jaina Philosoph Mallavādi, der im 8. Kapitel seines Nayacakram 48) So ist Vers 22 tadabhāve 'pi durch de tshe dños po yan (tadà bhāve 'pi), Vers 28 mukhyena durch sgo nas (mukhena) übersetzt, usw. O) Ausdrücklich zitiert wird Vers 24 cd von Jayaratha, Tantrālokavivekaḥ IX, S. 18, ; aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Traikālyapariksă und nicht aus dem Prakirnam genommen sind die Zitate bei Prajñākaragupta, Pramāņavārttikālamkārah S. 622,, und im Anhang zu Manorathanandi's Pramānavārttikavrttih S. 522, 71: 50) Ich berücksichtige nur Verschiedenheiten, von denen anzunehmen ist, daß sie nicht den Übersetzern zur Last fallen. 51) In der nächsten Zeile ist aber bezeichnenderweise bhāvaḥ beibehalten. 114 Page #34 -------------------------------------------------------------------------- ________________ den bekämpften Versen Dignāga's immer wieder Umformungen in seinem Sinn gegenüberstellt52). Auch die große Zahl der unverändert übernommenen Verse ließe sich erklären. Vermutlich hat Dignāga wie bei den meisten seiner Werke auch zu den Versen der Traikālyaparīkņā einen Kommentar geschrieben, der nur für uns verloren ist. Und in einem solchen Kommentar konnte leicht der eigene Standpunkt gegenüber Bhartụhari ausführlich dargelegt und begründet werden. Die Hauptschwierigkeit liegt jedoch in folgen. dem. Eine Widerlegung des Gegners durch Umformung seiner eigenen Aussage ist nur denkbar, wenn man selber die Anschauungen vertritt, die in der Umformung ausgesprochen sind. Die Verse der Traikālyaparīksā entsprechen aber auch in ihrer Umformung keineswegs dem, was wir aus den logischen Werken als Lehre Dignāga's kennen. Und zwar sind es vor allem zwei Punkte, die einen grundlegenden Unterschied bedeuten. Dignāga hat in der Traikālyaparīkșa an die Stelle des Brahma Bhartphari's buddhistischer Lehre entsprechend das Erkennen gesetzt. Aber dieses Erkennen ist wie das Brahma ewig und unveränderlich (rnam par mi 'gyur) und läßt den Trug der Erscheinungswelt aus sich hervor. gehen53). In den logischen Werken verwendet er dagegen nicht einmal das Grunderkennen (ālayavijñānam) der Yogācāra, geschweige denn, daß von einem brahmaähnlichen Erkennen die Rede wäre. Ferner haben wir gesehen, daß in den logischen Werken Dignāga's die Unterscheidung zwischen Wahrnehmung und Vorstellung eine entscheidende Rolle spielt, und daß ihn der Ausbau der Lehre von der Vorstellung ganz besonders beschäftigte. Bhartặhari dagegen, für den jede Erkenntnis von Worten begleitet ist, kennt einen sol. chen Unterschied nicht. Für ihn stehen Wahrnehmung und Vorstellung sowohl der Erkenntnis wie auch dem Objekt nach voll. kommen auf gleicher Stufe. Alle Äußerungen in diesem Sinn hat aber Dignāga unverändert in die Traikālyaparīkņā übernommen. Somit zeigt sich zwischen Traikālyaparikşā und den logischen Schriften Dignāga's in entscheidenden Punkten ein schroffer Gegen **) Bei Jaina 'ist dergleichen besonders häufig. 58) Selbst der Ausdruck vivartale (rnam par jug) ist beibehalten. 115 Page #35 -------------------------------------------------------------------------- ________________ satz. Und dieser Gegensatz fordert gebieterisch eine Erklärung. Diese Erklärung bringt ein weiteres Werk Dignāga's, sein Prajñāpāramitāpiņdārthasamgrahah. Bei diesem handelt es sich um ein Werk, wie sie vor allem durch die ältere Yogācāra-Schule gebräuch. lich geworden waren. Die allmählich unübersehbar gewordene Menge der älteren Mahāyāna-Literatur, vor allem der Mahāyāna. Sūtren mit der verwirrenden Mannigfaltigkeit ihrer Lehren, hatte dazu genötigt, diese Lehren in übersichtlicher, systematischer Form zusammenzufassen, und sowohl Maitreyanātha wie auch Asanga haben solche Zusammenfassungen geschrieben. So stellt z. B. Maitreyanātha in seinem Abhisamayālamkāraḥ den Inhalt der Pañcaviņśatisāhasrikā Prajñāpāramitā in knappster Form straff geordnet dar und sein Mahāyānasūtrālamkāraḥ will die wesentlichen Lehren der Bodhisattvabhūmiḥ wiedergeben. Ein Werk derselben Art ist nun auch Dignāga's Prajñāpāramitāpiņdārthasamgrahaḥ, und zwar schließt er sich an die Aştasāhasrikā Prajñāpāramitā an. Sein Inhalt ist kurz folgender54): Zunächst erklärt Dignāga, was unter Prajñāpāramitā zu verstehen ist (v.1). Dann zählt er die acht Gegenstände auf, welche den Inhalt der Astasāhasrikā Prajñāpāramitā ausmachen (v. 2). Es sind dies 1. die Grundlage (āśrayah), d. h. der Buddha als erster Verkünder der Lehre, 2. die Eignung (adhikārah), da sich die Verkün. digung der Lehre der Aufnahmsfähigkeit der Hörer anpaßt, 3. die Betätigung (karma), nämlich das Eindringen in die Lehre, 4. die Betrachtung (bhāvanā), d. h. die wiederholte Vergegenwärtigung der Lehre, welche dazu dienen soll, die 10 Vorstellungen, die den Geist von der Wahrheit ablenken (viksepavikalpāh), zu beseitigen, 5. die Einteilung (prabhedah) der Lehre von der Leerheit aller Dinge in 16 Abarten nach den 16 Abarten der Leerheit (sünyatā), 6. die Merkmale (lingam), an denen die Werke des Versuchers Māra zu erkennen sind, und ebenso die Merkmale des Bodhisattva. der von keinem Rückfall mehr bedroht ist, 7. das Unheil (āpat), das in Werken besteht, welche der Lehre Schwierigkeiten bereiten, oder darin, daß man die Lehre zurückweist und sie für verderb 54) Vgl. Anhang 2. 116 Page #36 -------------------------------------------------------------------------- ________________ lich hält, und schließlich 8. die Vorzüge (anuśamsah) der Lehre, vor allem der Segen, den ihr Hören und ihre Weiterverbreitung bringt. Die nächsten Verse geben an, welche Bedeutung die einleitende Erzählung hat (v. 3 f.). Sie wird aber ausdrücklich als nebensächlich bezeichnet. Wirklich wichtig sind nur die genannten Gegenstände. Diese erhöhen sich auf 32, wenn man die 16 Arten der Leerheit berücksichtigt, sowie die 10 Zerstreuungen des Geistes, welche durch die Betrachtung beseitigt werden (v.5—7). Eine ausführliche Darstellung der 32 Gegenstände gibt Dignāga allerdings nicht. Er beschränkt sich auf eine kurze Aufzählung und Erklärung der 16 Arten der Leerheit (v. 8—18) und eine etwas eingehendere Besprechung der 10 Zerstreuungen und ihrer Bekämpfung (v. 19—54). Dann schließt er mit einigen allgemeinen Bemerkungen v. 55—58). Schon der Entdecker und Herausgeber des Textes, G. Tucci, hat bemerkt, daß Dignāga in diesem Werk von Maitreyanātha abhängt. Die Aufzählung der 16 Arten der Leerheit stimmt fast genau mit der Aufzählung in Maitreyanātha's Madhyāntavibhāgaḥ I v. 17—20 überein55) und die 10 Zerstreuungen, welche zu vermeiden sind, werden in der gleichen Weise im Mahāyānasūtrālaņkāraḥ XI v. 77 aufgezählt. Vor allem aber fußt Dignāga durchwegs auf den Anschauungen Maitreyanātha's, welche sich von denen Asanga's wesentlich unterscheiden 56). Stellen wir zusammen, was sich seinen Andeutungen entnehmen läßt und für unsere Zwecke von Bedeutung ist, so erhalten wir folgendes Bild: Die höchste Wesenheit ist das zweiheitlose Wissen (advayam jñānum), d. h. die Erkenntnis, welche von den Vorstellungen von Subjekt und Objekt frei ist (v.1). Sie ist der Keim (gotram) des Buddhatums und besteht als solcher aus Mitleid und Einsicht (v.11). Daher kann sie auch einfach als der Vollendete (tathāgatah) bezeichnet werden (v. 1). Die Erkenntnis ist von Natur aus rein (prakrtivyavadānikam), (v. 37), aber durch die Kraft des Nicht - Die starken Unterschiede in der Erklärung der 16 Arten der Leerheit bei Madhyamika und Yogācāra hat bereits E. Obermiller nachdrücklich betont; vgl. Indian Historical Quarterly 9/1933, S. 1023. 58) Ich verweise dafür auf meine Darstellung in „Die Philosophie des Buddhis. mus“, Texte der indischen Philosophie II, Akademie-Verlag, Berlin 1956. 117 Page #37 -------------------------------------------------------------------------- ________________ wissens (avidyā) wird ihr wahres Wesen verdeckt und sie erscheint in anderer Gestalt (v. 38 f.). Es spiegelt sich also in ihr etwas Nichtwirkliches (v.42) und dadurch entsteht der Trug der Erscheinungswelt, indem man das Erscheinungsbild in der Erkenntnis (ākārah) als äußeren Gegenstand auffaßt (v. 26). Die ganze Erscheinungswelt ist somit bloße Vorstellung. Ihre Irrigkeit gilt insbesondere auch für die Sprache und ihre Gegenstände. Da die Gegenstände nur nach außen verlegte Erkenntnisbilder darstellen, aber nicht wirklich sind, entsprechen sie nicht dem, was die Worte ausdrücken, und die Worte entsprechen nicht den Gegenständen. Und es besteht daher auch keine wirkliche Verbindung zwischen beiden (v. 48 ff.). Damit ist uns aber bereits die Möglichkeit an die Hand gegeben, das Problem zu lösen, vor welches uns die Traikālyaparikṣā gestellt hat. Diese Anschauungen sind es nämlich gerade, welche wir bei Dignāga voraussetzen müssen, wenn wir seine Umarbeitung der Verse Bhartặhari's begreifen wollen. Von kleineren Übereinstimmungen abgesehen, finden wir hier die Annahme einer Erkenntnis, welche dem Brahma Bhartrhari's ähnelt. Und die gesamte Erscheinungswelt wird als Schöpfung der Erkenntnis betrachtet, ohne daß zwischen Wahrnehmung und Vorstellung ein Unterschied gemacht würde (vgl. v. 27). Alles wird also klar, sobald wir annehmen, daß Dignāga zur Zeit, als er die Traikālyaparīkņā schrieb, sich zur Schule Maitreyanātha's bekannte und ihre Anschauungen vertrat. Denn wenn auch ein Werk wie der Prajñāpāramitāpiņdārthasamgrahaḥ allenfalls von einem fremden Standpunkt aus geschrieben werden konnte, die Umarbeitung der Verse BhartȚhari's in der Traikālyaparīkņā ist nur vom eigenen Standpunkt des Verfassers aus vorstellbar. Dieser Annahme steht nun weiter nichts im Wege. Denn die Richtung. Maitreyanātha's bestand in der Yogācāra-Schule neben der Richtung Asanga’s noch über Dignāga hinaus und hatte z. B. noch in dem jüngeren Zeitgenossen Dignāga's Sthiramati von Valabhi einen namhaften Vertreter57). Und daß Dignāga im Laufe seines 57) Vgl. meinen Aufsatz „Amalavijñānam und Alayavijñānam“ in ,,Beiträge zur indischen Philologie und Altertumskunde, Walther Schubring zum 70. Geburtstag dargebracht von der deutschen Indologie", Hamburg 1951. 118 Page #38 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Lebens seine Anschauungen änderte, ist ohne weiteres denkbar. Wir müssen uns nur fragen, in welchem Verhältnis die Werke, welche diesen Standpunkt vertreten, zu seinen logischen Schriften stehen, ob sie früher oder später anzusetzen sind. Hier ist nun, meiner Ansicht nach, nur eine Antwort möglich. Wie wir gesehen haben, nimmt die Ausgestaltung der Lehre von der Vorstellung im Schaffen Dignāga's während der Abfassung der logischen Schriften eine maßgebende Stelle ein und sein letztes und reifstes Werk, der Pramāṇasamuccayaḥ, zeigt sie in ihrer vollendetsten Form. Es scheint mir ganz undenkbar, daß er diese mühsam erarbeitete Lehre später wieder aufgegeben haben sollte, um zu einem überwundenen Standpunkt zurückzukehren. Die Anschauungen, wie er sie im Prajñāpāramitāpiņdārthasamgrahaḥ vertritt, müssen also einer früheren Zeit angehören. Dafür spricht auch folgendes. Im Prajñāpāramitāpiņdārthasamgrahaḥ zeigt sich Dignāga vollkommen in fremden Anschauungen befangen. Es ist daher nur natürlich, dieses Werk in seine Jugend zu verlegen, als seine eigene Gedankenwelt noch nicht entwickelt war. Auch anderes weist in diese Richtung. Zum Prajñāpāramitāpiņdārthasaņgrahaḥ schrieb ein Freund Dignāga's, Triratnadāsa, einen Kommentar58), während er selbst dessen Guņāparyantastotram erklärte59). Auch das entspricht eher dem Verhältnis zwischen jungen Anfängern60). Den Kommentar zum Gųņāparyantastotram hat wohl der junge Dignāga geschrieben, nicht der Meister des Pramāṇasamuccayaḥ. Es spricht also alles dafür, daß der Prajñāpāramitāpiņdārtha. samgrahaḥ älter ist als die logischen Schriften Dignāga's und daß er in die Anfänge seiner schriftstellerischen Tätigkeit gehört. Das heißt allerdings, daß die Entwicklung Dignāga's von der extremen Yogācāra-Lehre der Richtung Maitreyanātha's ausging und allmäh 58) Prajñāpāramitāpindārthasamgrahavivaranam T 1517 = No. 3810. 59) Gunāparyantastotratīkā No. 1156 und 4560. 00) So wenig verläßlich Tāranātha's Nachrichten im allgemeinen auch sind, so mag doch erwähnt werden, daß auch nach seiner Darstellung die Abfassung dieser Werke in die Jugend Triratnadāsa's fällt (Tāranāthae de doctrinae Buddhicae in India propagatione narratio, ed. A. Schiefner, Petropoli 1868, S. 109 f.; Ubersetzung S. 140 f.). :: 119 Page #39 -------------------------------------------------------------------------- ________________ lich zu einer Annäherung an Anschauungen der Sautrāntika-Schule führte. Und das widerspricht der herkömmlichen Vorstellung. Aber in der Wissenschaft entscheidet nicht eine fragwürdige Überlieferung, sondern die gewissenhafte Interpretation der Quellen. Ich sehe also im Prajñāpāramitāpiṇḍārthasamgrahah den Ausgangspunkt, von dem aus wir die Entwicklung Dignaga's zu verfolgen haben. Er ist aber nicht das einzige Werk dieser frühen Periode. Noch ein kleines Werk von wenigen Versen gehört der gleichen Zeit an, der Yogavatāraḥ61), und wir wollen wenigstens einen kurzen Blick darauf werfen, ehe wir in unserer Untersuchung fortfahren62). Der Yogavatāraḥ schildert in knappster Form den Gang der Versenkung, welche zur erlösenden Erkenntnis führt. Voraussetzung ist die richtige Belehrung über die heilige Lehre und die höchste Wahrheit. Dann beginnen die Versenkungsübungen selbst. Das Hauptziel ist dabei die Erreichung des zweiheitlosen Wissens. Es gilt daher, alle gegensätzlichen Vorstellungen, vor allem die Vorstellungen von Subjekt und Objekt (grāhyam und grāhakam) auszuschalten. Das geschieht, indem man alle Objekte als einen bloßen Trug erkennt. So schaut man das Erkennen in seiner eigenen, von allen Vorstellungen freien, anfangslosen Gestalt, wobei auch das Subjekt in dieser Erscheinungsform aufgeht. Dieser Zustand ist es, den man Soheit (tathata) oder Höhepunkt der Wirklichkeit (bhūtakotih) nennt. Bis hieher entspricht der Gang der Versenkung dem, was gewöhnlich der Weg des Schauens heißt (darśanamargah). Die weiteren Bemerkungen Dignāga's beziehen sich auf den Weg der Betrachtung (bhāvanāmārgaḥ). Er führt zur Unterdrückung von Bewußtsein und Empfindung (sam jñāveditanirodhaḥ) und zur Erwerbung der fünf übernatürlichen Kenntnisse (abhijñaḥh), welche der Yogi in vielfacher Weise zum Wohl der Wesen verwendet. So erlangt er schließlich die höchste Stufe, auf der er gleich einem Diamanten (vajrah) unverletzlich und unerschütterlich, keinen Anfechtungen mehr aus 61) Siehe Anhang 3. 62) Von einigen Stotras, die Dignaga zugeschrieben werden und die vermutlich auch der frühen Zeit angehören, sehe ich hier ab. 120 Page #40 -------------------------------------------------------------------------- ________________ gesetzt verweilt. Es ist dies die diamantgleiche Versenkung (vajropamaḥ samadhih). Diese Versenkung nennt Dignaga Vollkommenheit der Einsicht (prajñāpāramitā) und fügt noch hinzu, daß dem, der sie erreicht hat, auch die verschiedensten anderen Versenkungsformen zugänglich sind. Schon der erste Blick zeigt, daß wir es hier mit einer Schilderung des Versenkungsweges zu tun haben, die trotz manchen kleineren Abweichungen in allen wesentlichen Zügen der Schilderung entspricht, wie wir sie beispielshalber in Maitreyanatha's Mahāyānasūtrālamkāraḥ Kapitel 14 finden63). Die Benennung der höchsten Versenkungsstufe als Vollkommenheit der Einsicht stellt ferner die Beziehung zum Prajñāpāramitāpinḍārthasamgrahaḥ her, während die Bezeichnung des höchsten Zustandes als Soheit (tathatā) und Höhepunkt des Wirklichen (bhūtakotih) eine deutliche Scheidelinie gegenüber der Madhyamaka-Lehre zieht und dem System Maitreyanatha's entspricht64). Wir sind also berechtigt, neben dem Prajñāpāramitāpiṇḍārthasamgrahaḥ auch im Yogavatāraḥ ein Zeugnis der Zeit zu sehen, in der sich Dignāga zur Schule Maitreyanatha's bekannte. Und nun wollen wir uns der Frage zuwenden, welcher Weg von diesen Werken zu den Schriften der logischen Periode führt. Denn wie wir bereits gesagt haben, trennt beide eine breite Kluft. Wie läßt sich diese überbrücken? Auch diese Frage können wir mit Hilfe der erhaltenen Werke Dignaga's beantworten, und zwar ist es vor allem ein Werk, das dafür von entscheidender Wichtigkeit ist, das Upādāyaprajñaptiprakaraṇam65). 63) Vorbereitung und darśanamargah v. 1-41, bhāvanāmārgaḥ v. 42-51, vajropamaḥ samadhiḥ s. v. 45. 61) Die Zuweisung des Werkes in der nepalischen Handschrift an Nagarjuna kommt daher nicht in Frage. Es ist jedoch bezeichnend, daß die nichtlogischen Werke Dignaga's der Gefahr ausgesetzt waren, anderen Verfassern zugeschrieben zu werden. 65) T 1622 Ts'iu yin kia chö louen. Kia (che) chö bedeutet prajñaptiḥ. Mit ts'iu yin gibt Yi-tsing meiner Meinung nach hier upadaya wieder. Über die Probleme des Werkes hat H. Kitagawa in einem eigenen Aufsatz gehandelt: A study 121 3 Page #41 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Das Upādāyaprajñaptiprakaraṇam ist ein kurzer Text, der aus 13 Versen und einem Kommentar dazu besteht. Es beginnt mit der Erklärung, daß sich der Buddha bei seiner Verkündigung auf Dinge stützt, die nur der Benennung nach existieren (prajñaptisat). Solche Dinge können von dreierlei Art sein: 1. ein Ganzes (pindah oder samudāyaḥ), wobei eine räumliche Vielheit als Einheit erscheint, 2. eine Reihe (samtānah), wobei eine zeitliche Vielheit als Einheit erscheint, und 3. Zustände (avasthā), welche bei einem Ganzen oder einer Reihe auftreten. Daß alle drei nur der Be. nennung nach existieren, läßt sich auf folgende Weise zeigen. Nur von wirklichen Dingen läßt sich Gleichheit (ekatvam) und Verschiedenheit (anyatvam) aussagen. Prüft man aber die genannten drei Arten von Dingen, so zeigt es sich, daß bei ihnen eine solche Aussage unmöglich ist. Sie können daher nicht wirklich, sondern nur der Benennung nach vorhanden sein. Diese Beweisführung füllt den größten Teil des Werkes (v. 1—9), indem Dignāga z. B. fragt, ob ein Ganzes gleich seinen Teilen oder von ihnen verschieden ist, und zeigt, daß beides nicht der Fall sein kann. Gegen diese Ausführungen erhebt nun ein Gegner den Einwand (p. 886c 18 ff.), daß die ganze Verkündigung des Buddha haltlos und sinnlos wird, wenn alles, wovon er spricht, nicht wirklich, sondern nur der Benennung nach vorhanden ist. Zur Antwort darauf wiederholt Dignāga zunächst (p. 887 a 14 ff.) 66) nochmal seine Erklärung, daß sich Gleichheit und Verschiedenheit nur von wirklichen Dingen aussagen lassen, und daß von einem Ganzen usw. eine solche Aussage nicht möglich ist. Dann stützt er seine Behauptung durch eine weitere Darlegung. Wenn das Vorhandensein eines Dinges nicht durch ein anderes bedingt ist, wenn es die Erkenntnis daher auch erfaßt, wenn man jenes entfernt, dann ist es wirklich. Wenn es die Erkenntnis dagegen nicht mehr erfaßt, sobald jenes entfernt wird, wenn also sein scheinbares Vorhandensein durch jenes bedingt ist, dann handelt es sich um eine bedingte Benennung (upādāya of a short philosophical treatise ascribed to Dignāga, Sino-Indian Studies, Vol. V (Liebenthal Festschrift), Nos. 3–4, p. 2–13. 88) Ich weiche in der Auffassung dieses Abschnittes von H. Kitagawa ab. 122 Page #42 -------------------------------------------------------------------------- ________________ prajñaptih) und wir sagen, daß es nur der Benennung nach besteht. Das gilt zum Beispiel von einem Ganzen, das nicht mehr erkannt wird, wenn man die Bestandteile, aus denen es zusammengesetzt ist, die Form (rūpam) usw. entfernt. Spricht man trotzdem auch bei solchen Dingen von Gleichheit und Verschiedenheit, so handelt es sich daher um eine irrige Redeweise. Im übrigen handelt es sich bei allen solchen Dingen um Erscheinungen im Erkennen, welche getrennt von ihm keinen Bestand haben. Daran schließt Dignāga noch eine weitere Beweisführung, welche der anfangs gegebenen parallel läuft. Die besprochenen Dinge können auch deshalb nicht wirklich sein, weil sie weder verursacht (samskrtah) noch nichtverursacht (asamskrtah) sind. Dann faßt er zusammen: So wie die Menschen im gewöhnlichen Leben von solchen Dingen sprechen, indem sie die bedingten Benennungen gebrauchen, ohne in ihr wahres Wesen einzudringen, so verwendet auch der Buddha diese Benennungen, um mit ihrer Hilfe die Wesen zur Erlösung zu führen, vermeidet es aber, über ihre Gleichheit oder Verschiedenheit und damit über ihr wahres Wesen irgendetwas auszusagen. Schon diese kurze Inhaltsangabe zeigt, daß wir es hier mit einem ganz andern Gedankenkreis zu tun haben als bisher. Es treten hier Vorstellungen auf, welche dem System Maitreyanātha's fremd sind. Dazu gehört vor allem die Vorstellung, nach der Dignāga sein Werk benannt hat, daß es nämlich Dinge gibt, die nur der Benennung nach existieren (prajñaptisat)67). Und wir wissen auch, woher diese Vorstellung stammt. Es war vor allem die Schule der Sautrāntika, welche mit ihr arbeitete68). Die Erklärung dieses Begriffes, wie sie zur Zeit Dignāga's galt, gibt Vasubandhu der Jüngere69) in seinem Abhidharmakośaḥ VI v. 4, und durch Samghabhadra lernen wir 87) Trotz den verschiedenen Versuchen, sie miteinander in Verbindung zu setzen, sind prajñaptisat und samurtisat grundsätzlich auseinanderzuhalten. 88) Die älteren Schulen, welchen die gleiche Anschauung zugeschrieben wird, sind für Dignāga. bedeutungslos. 8) Ich halte an meiner Unterscheidung der beiden Vasubandhu trotz den Einwendungen von P. S. Jaini fest. Wie ich schon bei früherer Gelegenheit ausge. sprochen habe („Die Philosophie des Buddhismus“, S. 351), hat auch der jüngere 123 Page #43 -------------------------------------------------------------------------- ________________ auch die etwas einfachere und altertümlichere Erklärung kennen, welche der erste große Systematiker der Sautrāntika-Schule, Śrīlāta, gab70). Danach existieren Dinge nur der Benennung nach, wenn bei ihrer Zertrümmerung oder Zerlegung in ihre Bestandteile (bhedaḥ und apohah) die ursprüngliche Vorstellung verschwindet. Dabei kann die Zerlegung tatsächlich erfolgen, wenn man z. B. einen Topf zerschlägt, oder in Gedanken, wenn man z. B. Wasser in seine Bestandteile zerlegt71). Wie Dignāga diese Anschauung in seinem Werk verwendete, hat die Inhaltsangabe gezeigt. Aber auch bei dem Gedanken, auf den er seine Beweisführung vor allem gründet, daß man nämlich nur bei wirklichen Dingen von Gleichheit (ekatvam) und Verschiedenheit (anyatvam) sprechen kann, können wir die Her . kunft feststellen, und zwar finden wir auch ihn in der SautrāntikaSchule ausgesprochen, anläßlich der Auseinandersetzung mit der Schule der Vātsīputriya in der Frage des Vorhandenseins einer Person (pudgalah)72). Auch die Gruppe der drei Arten von Dingen, welche nur der Benennung nach existieren, hat Dignāga allem Anschein nach nicht selbst zusammengestellt, sondern bereits übernommen73). Es zeigt sich also in voller Deutlichkeit, daß Dignāga im Upādāyaprajñaptiprakaraṇam stark von fremden Anschauungen beeinflußt: ist, und zwar von Anschauungen, die aus den Gedankenkreisen der Sautrāntika stammen. Wie ist er dazu gekommen? Das ist nun wohl nicht so seltsam, wenn wir uns vergegenwärtigen, was wir bisher über seine Anfänge festgestellt haben. Seine ersten Vasubandhu, wenn auch erst im hohen Alter, den Übertritt zum Mahāyāna vollzogen, und er ist der Verfasser der Vimsatikā und Trimsikā Vijñaptimātratāsiddhih. Ich werde auf diese Frage bei Gelegenheit noch zurückkommen. TO) Nyāyānusārah T 1562, p. 666 b 13--16; L. de La Vallée Poussin, Mélanges chinois et bouddhiques V/1936-1937, p. 174. 2) Nach buddhistischer Auffassung besteht nämlich Wasser aus einem Ge. menge verschiedenartiger Atome. 2) Vgl. Vasubandhu, Pudgalapratişedhaprakaraṇam T 1558, vor allem p. 156 a 18 (Übersetzung von L. de La Vallée Poussin, S. 266). 78) Hiuan-tsang, Tch’eng wei che loạen T 1585, p. 47 c 94-11 (Übersetzung von L. de La Vallée Poussin, S. 554); an eine Abhängigkeit von Dignāga ist hier kaum zu denken. 124 Page #44 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Werke, Prajñāpāramitāpiņdārthasamgrahaḥ und Yogāvatāraḥ, zeigen ihn vollständig in einer fremden Gedankenwelt befangen, die er zurückhaltend und fast zaghaft zu gestalten versucht. Mit der Traikālyaparīkņā tut er den ersten selbständigen Schritt, indem er das Problem der Zeit zu lösen versucht, das bisher von der YogācāraSchule nicht befriedigend behandelt worden war. Aber auch dabei lehnt er sich an fremde Gedanken an, und zwar an Bhartphari. Ähnlich steht es nun auch mit dem Upādāyaprajñaptiprakaraṇam. Das Problem, mit dem er sich jetzt beschäftigt und dessen bisherige Behandlung in der Yogācāra-Schule schwankend und unbefriedigend gewesen war, ist die Frage der Realität der Außenwelt. Ihr ist nicht nur das Upādāyaprajñaptiprakaraṇam gewidmet, sondern noch zwei kleine Werke, von denen wir noch zu sprechen haben werden, das Hastavālaprakaraṇam und die Alambanaparīkņā. Und wieder sind es fremde Gedankenkreise, aus denen er die Anregung schöpft, wenn er auch diesmal mit größerer Selbständigkeit verfährt, nämlich Gedanken der Sautrāntika. Die Behandlung der Frage der Realität der Außenwelt durch die Schule der Yogācāra wies in der Tat zur Zeit Dignāga's noch große Mängel auf. Schuld daran war, daß die Bereiche der Wahrnehmung und Vorstellung nicht genügend auseinandergehalten wurden74). Ja, die älteste Zeit, die Bodhisattvabhūmiḥ und Maitreyanātha, hatte ihre Beweisführung geradezu auf die Vermengung dieser bei. den Bereiche aufgebaut. Der Versuch Asanga's, mit Hilfe seiner Psychologie Wahrnehmung und Vorstellung zu unterscheiden, war nicht überzeugend und durchschlagend. Und die verschiedenen Deutungen der Lehre vom dreifachen Wesen der Dinge, dem vorgestellten (parikalpitah), abhängigen (paratantrah) und vollkommenen (parinispannaḥ svabhāvaḥ), schufen eher Verwirrung als Klarheit. Diese Schwäche der Yogācāra-Lehre hatte Dignāga richtig erkannt und hier setzten daher seine Bemühungen ein. Und eine Möglichkeit der Lösung sah er in der Unterscheidung zwischen Dingen, die der Substanz nach (dravyasat), und solchen, die nur der Be 14) Ich verweise dafür wieder auf die Darstellung in meiner „Philosophie des Buddhismus". 125 Page #45 -------------------------------------------------------------------------- ________________ nennung nach existieren (prajñaptisat), wie sie ihm die SautrāntikaLehre bot. Daß er gerade von den Lehren dieser Schule angeregt wurde; war in der Lage der Dinge begründet. Die Yogācāra haben schon früh sich mit den Sautrāntika auseinanderzusetzen begonnen und Brauchbares übernommen. Seit Maitreyanātha hatte man immer wieder versucht, den Gedanken, daß Dinge nur der Benennung nach existieren (prajñaptisat), mit der Vorstellung vom beschränkt Wirklichen (samvítisat) und mit der Lehre vom dreifachen Wesen der Dinge zu vereinbaren75). Die Bekämpfung der VātsīputriyaLehre von der Person (pudgalah) und das Argument, daß man nur bei wirklichen Dingen von Gleichheit und Verschiedenheit sprechen könne, hatte ebenfalls bereits Maitreyanātha übernommen76). Und auch die Lehre von den drei Arten von Dingen, die nur der Benennung nach existieren, hatte man in das eigene System eingebaut??). Die Anregungen waren also für Dignāga schon innerhalb der eigenen Schule gegeben. Vor allem aber scheint auf dieser Stufe seiner Entwicklung der Einfluß des letzten großen Yogācāra-Lehrers für ihn bestimmend geworden zu sein, der Einfluß Vasubandhu's des Jüngeren78). Vasubandhu hat in den großen Werken seiner jüngeren Jahre, vor allem in seinem Kommentar zum Abhidharmakośaḥ, SautrāntikaLehren vertreten. Im hohen Alter ging er dann zur Yogācāra-Schule über, wobei er sich in manchen Punkten enger an die Richtung Maitreyanātha’s anlehnte79). Die Beschäftigung mit seinen Werken war also für Dignāga naheliegend und sie bildete gleichzeitig für ihn die natürliche Brücke zur Lehre der Sautrāntika. Und daß Dignāga sich eingehend gerade auch mit den Sautrāntika-Werken 75) Vgl. z. B. Madhyāntavibhāgaḥ III v. 10 und Hiuan-tsang, Tch'eng wei che Jouen T 1585, p. 47 b 28 ff. 76) Mahāyānasūt rālapkārah XVIII v.92 ff. *) Vgl. Hiuan-tsang, Tch'eng wei che louen T 1585, p. 47 c 10. 78) Ich denke dabei an keine persönliche Schülerschaft, die mir schon durch Pramāṇasamuccayaḥ I v.13 ausgeschlossen erscheint. . 79) Vgl. meine „Philosophie des Buddhismus“, S. 351 ff. 126 Page #46 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Vasubandhu's beschäftigte, dafür haben wir ein ausdrückliches Zeugnis. Unter seinen Werken findet sich nämlich auch ein Kom. mentar zum Abhidharmakośaḥ, namens Marmapradīpaḥ80). Nach Stichproben zu urteilen, handelt es sich dabei nur um eine kürzende Bearbeitung des Kommentars, den Vasubandhu selbst zu seinem Werk geschrieben hat. Eigenes bringt Dignāga darin nicht. Es ist ein Werk der Art, wie man es schreibt, wenn man ein neues Stoffgebiet zu durchdringen und es sich in eigener Arbeit anzueignen sucht. Und Dignāga hat auch die Arbeit in dieser Richtung nicht weiter fortgesetzt. Er hat sich begnügt, Anregungen zu übernehmen, oline sich in die übrigen Probleme auf diesem Gebiet weiter zu vertiefen. Seine Interessen lagen eben anderswo. Aber das Werk zeugt deutlich für seine eingehende Beschäftigung mit den Schriften Vasubandhu's und dadurch auch mit den Lehren der Sautrāntika. Wir sehen also, daß unter den geschilderten Umständen für Dignāga alle Voraussetzungen zur Abfassung des Upādāyapra. jñaptiprakaraṇam gegeben waren. Und 'hier wollen wir ein weiteres · Werk heranziehen, das geeignet ist, den Verlauf des Geschehens noch deutlicher zu machen, und das ich nur fürs erste beiseite ge. lassen habe, weil es nicht einstimmig Dignāga zugeschrieben wird. Es handelt sich um das Hastavālaprakaraṇamo1). Die chinesische Überlieferung schreibt dieses Werk Dignāga zu, die tibetische Āryadeva82). An sich kann bereits die ältere chinesische Überlieferung mehr Anspruch auf Glaubwürdigkeit erheben. Nach dem aber, was wir inzwischen über die Entwicklung Dignāga's festgestellt haben, scheint auch aus inhaltlichen Gründen jeder Zweifel an seiner Verfasserschaft ausgeschlossen83). Und so dürfen wir dieses Werk beruhigt in unsere Darstellung mit einbeziehen. 50) No. 4095. Der Umfang des Werkes beträgt etwa die Hälfte des Werkes Vasubandhu's. *1) Anhang 5. $9) Vgl. die Einleitung zur Ausgabe von F. W. Thomas und H. Ui. 88) Bei der Zuteilung an Aryadeva handelt es sich, wie beim Yogāvatārah, um das charakteristische Bestreben, kleinere nichtlogische Werke Dignāga's auf andere Verfasser zu übertragen. 127 Page #47 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Auch das Hastavālaprakaraṇam ist ein kurzes Werk, das aus wenigen Versen und einem Kommentar dazu besteht. In ihm versucht Dignāga, die Unwirklichkeit der Erscheinungswelt nachzuweisen, und zwar verläuft seine Darlegung folgendermaßen: Wenn man aus der Ferne bei schlechtem Licht einen Strick seiner allgemeinen Form nach sieht, so läßt man sich täuschen und hält ihn für eine Schlange. Sieht man ihn dann genauer in allen Einzel. heiten, so erkennt man, daß dies ein Irrtum war. Ähnlich verhält es sich aber auch mit dem Strick selber. Wenn man ihn nämlich in seine Teile zerlegt, verschwindet die Vorstellung Strick und man erkennt, daß sie ein Irrtum war. Und dasselbe gilt für alle Dinge des täglichen Lebens, soweit sich das Bereich der beschränkten Erkenntnis (samurtijñānam) erstreckt. Sie beruhen auf Teilen, und wenn man sie in diese Teile zerlegt, verschwindet die ursprüngliche Vorstellung. Sie existieren also nur der Benennung nach (prajñaptisat) 84). Auch trifft es nicht zu, daß den Dingen als letzte Ursache unteilbare Atome zugrunde liegen, denn solche sind weder wahrnehmbar noch vorstellbar, also unwirklich. Wollte man dennoch Atome annehmen, so müßten diese, ebenso wie alle andern Dinge, nach den verschiedenen Seiten verschiedene Teile haben (digbhāgabhedah), wären also wieder nicht teillos. Daher ist die ganze Dreiwelt nur ein Trug. Auch läßt sich die Annahme nicht aufrechterhalten, daß zwar die Dinge irrig sind, daß jedoch die Erkenntnis, welche sie erfaßt, wirklich ist. Denn wenn die Dinge unwirklich sind, entspricht ihnen die Erkenntnis nicht, ist also selbst irrig. Und sie kann nicht wirklich sein, weil unwirkliche Dinge ebensowenig eine wirkliche Erkenntnis hervorbringen können, wie ein unwirklicher Same einen wirklichen Keim. Wer aber in dieser Weise erkennt, daß die Dreiwelt nur der Benennung nach existiert, der wird bald von den Befleckungen der Leidenschaften frei, so wie der, welcher die scheinbare Schlange als Strick erkennt, von der Furcht vor der Schlange befreit wird. Im gewöhnlichen Leben gelten natürlich weiterhin die gebräuchlichen Vorstellungen. Um aber 8) Tib. btags pa = Chin, kia (che) cho = prajñaptih. 12% Page #48 -------------------------------------------------------------------------- ________________ die Befreiung von den Befleckungen und damit die Erlösung zu erlangen, muß man die volle Wahrheit (paramārthah) erkennen. Die Deutung und Einordnung dieses Textes fällt nach dem be. reits Gesagten nicht mehr schwer. Offenkundig schließt sich hier Dignāga an Vasubandhu an. Dieser hatte als letzter unter den Vorgängern Dignāga's in seiner Vimsatikā Vijñaptimātratāsiddhiḥ einen ausführlichen Nachweis der Irrealität der Außenwelt versucht. Der Kern seiner Beweisführung beruhte dabei auf folgenden Gedanken. Ausgedehnte Dinge können keine Einheit sein, sondern müssen in Teile zerfallen. Das setzt sich solange fort, bis nur mehr die Atome übrigbleiben, welche als teillos und daher als unteilbar gelten. Solche Atome sind aber, wie sich weiter zeigen läßt, unmöglich. Und daher kann es keine Materie und damit keine Außenwelt geben. Mit diesem Gedankengang verknüpft Dignāga die Sautrāntika-Lehre von den Dingen, welche nur der Benennung nach (prajñaptitah) existieren und welche verschwinden, wenn man die Teile entfernt, auf denen sie beruhen. Er setzt dabei voraus, daß die gesamte Erscheinungswelt aus solchen Dingen besteht. Ferner nimmt er an, daß es sich mit den Teilen dieser Dinge ebenso verhält, wie mit ihnen selbst. Auch sie zerfallen in Teile und verschwinden mit der Entfernung dieser Teile, bis man endlich zu den Atomen gelangt, die er auf die gleiche Weise als unmöglich nachweist wie Vasubandhu. Im übrigen steht das Werk noch vollständig auf dem Boden der Schule Maitreyanātha's. Trotz der Einbeziehung des Begriffes der Dinge, die nur der Benennung nach existieren, wird kein Unterschied zwischen Gegenständen der Vorstellung und der Wahrnehmung gemacht. Und auch die Ableitung der Unwirklichkeit der Erkenntnis aus der Unwirklichkeit der Objekte entspricht der Lehre Maitreyanātha’s85). Das Hastavālaprakaranam ist also sichtlich der erste Versuch Dignāga's, sich mit der Frage der Unwirklichkeit der Außenwelt auseinanderzusetzen. Er bringt als neues bloß den Begriff der Dinge, welche nur der Benennung nach existieren, bewegt sich aber im b) Vgl. Z. B. Mahāyānasutralamkarah VI v. 7–9. 129 Page #49 -------------------------------------------------------------------------- ________________ übrigen ganz in den Bahnen seiner Vorgänger und paẞt selbst diesen Begriff ihren Anschauungen an. Dem gegenüber stellt das Upādāyaprajñaptiprakaraṇam einen weiteren Schritt dar. In ihm hat Dignaga bereits erkannt, daß es sich bei den Dingen, welche nur der Benennung nach bestehen, um eine eigene Gruppe von Erscheinungen handelt, und hat daher diese Gruppe für sich untersucht. Der Begriff der Dinge, welche nur der Benennung nach bestehen, ist damit seinem ursprünglichen Sinn, das heißt der Anschauung der Sautrāntika entsprechend, aufgefaßt. Die Verschmelzung mit den Gedanken Vasubandhu's ist aufgegeben. Und damit war der Weg für die Entwicklung der Lehre von der Vorstellung frei. Und nun wollen wir noch einen Blick auf das letzte Werk werfen, in dem sich Dignaga mit dem Problem der Unwirklichkeit der Außenwelt auseinandergesetzt hat, auf die Alambanaparīkṣā86). Auch hier handelt es sich um ein kurzes Werk von wenigen Versen mit einem Kommentar. In ihm geht Dignaga von der Frage aus, was Objekt der Erkenntnis ist. Um sie zu beantworten, legt er eine alte Definition des Abhidharmaḥ zugrunde, daß das Objekt die Erkenntnis hervorrufen und dem Erkenntnisbild entprechen muß. Diesen Bedingungen entsprechen aber weder die Atome, welche zwar die Erkenntnis hervorzurufen vermögen, nicht aber dem Erkenntnisbild entsprechen, noch eine Gesamtheit (samudayah) derselben, welche zwar dem Erkenntnisbild entspricht, die Erkenntnis aber nicht hervorzurufen vermag, weil sie nur beschränkt wirklich ist (sāmvṛtah). Den Einwand eines Gegners, daß die grobe Erscheinungsform, welche wir an der Gesamtheit sehen, an den Atomen haftet, und daß diese daher Objekt der Erkenntnis sind, weist er damit zurück, daß dann Dinge, welche aus gleichartigen Atomen bestehen, die gleiche Form haben müßten. Die grobe Erscheinungsform kommt somit der Gesamtheit der Atome zu und diese ist nicht materiell wirklich (dravyasat), sondern nur beschränkt wirklich (samvṛtisat), weil bei der Entfernung der einzelnen Atome ihr Erscheinungsbild in der Erkenntnis verschwindet. Damit sind alle 86) Anhang 6. 130 Page #50 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Möglichkeiten äußerer Objekte erschöpft und Dignāga zieht nun die Folgerung, daß das Objekt der Erkenntnis nur das Erscheinungsbild im Erkennen sein könne, das als etwas außen Befindliches erscheint. Denn in diesem Falle seien beide Bedingungen erfüllt, da die Erkenntnis dem Erscheinungsbild entspricht und durch dasselbe hervorgerufen wird. Dem Einwand gegenüber, daß etwas Gleichzeitiges nicht Ursache der Erkenntnis sein könne, läßt er die Möglichkeit offen, daß das Erscheinungsbild zunächst eine Kraft (saktih) im Erkennen hinterläßt, die ihrerseits erst die betreffende Erkenntnis hervorbringt. Auf die Frage, was in diesem Falle als Sinnesorgan zu betrachten sei, antwortet er, wie es schon Vasubandhu in seiner Vimsatikā Vijnaptimātratāsiddhih getan hatte daß dieses in der Kraft zu sehen ist, welche beim Entstehen der Erkenntnis mitwirkt. Er schließt mit der Bemerkung, daß die Kette von Ursache und Wirkung, in der sich Kraft und Erkenntnis ab. wechselnd hervorbringen, seit anfangloser Zeit besteht. Wie diese Inhaltsangabe zeigt, unterscheidet sich die Alambanaparīkņā in Anlage und Durchführung deutlich von den bisher be. sprochenen Schriften der älteren Zeit. Wesentlich ist dabei folgendes. Der zweite Teil, der die Objekte als Erscheinungsbilder in der Erkenntnis erklärt, lehnt sich noch an Vasubandhu an. Dagegen ist der Nachweis, daß es keine äußeren Objekte gehen kann, vollkommen neu und selbständig. Er gründet sich auf eine dem Hīnayāna entlehnte Definition des Gegenstandes der Erkenntnis. Und was das Wichtigste ist, er unterscheidet nach Sautrāntika-Art scharf zwischen zweierlei Arten von Objekten, solchen die materiell wirklich sind (dravyasat), nämlich den Atomen, und solchen, die nur beschränkt wirklich sind (samurtisat), nämlich den aus einer Gesamtheit der Atome gebildeten Dingen. Den Ausdruck „der Benennung nach vorhanden“ (prajñaptisat) vermeidet er. Doch benützt er, um die beschränkte Wirklichkeit der aus den Atomen gebildeten Dinge zu beweisen, die hergebrachte Begründung, daß bei der Entfernung der einzelnen Atome ihr Erscheinungsbild verschwindet. Das Werk zeigt uns also Dignāga in neuem Licht. Jede Befangenheit und Unselbständigkeit ist verschwunden. Er bewegt sich voll. 131 Page #51 -------------------------------------------------------------------------- ________________ kommen frei. An der Irrealität der Außenwelt hält er fest. Doch sind die Vorstellungen, mit denen er arbeitet, in weitem Maße durch die Anschauungen der Sautrāntika-Schule bestimmt. Es ist also deutlich zu erkennen, daß es sich bei der Alambanapariksā um ein Werk seiner reifen Zeit handelt. Und es ist bezeichnend, daß sie, soweit ich sehe, das einzige unter den besprochenen nichtlogischen Werken ist, auf welches er sich noch im Pramāṇasamuccayaḥ bezieht87). Was ist aber aus der Lehre von den Dingen geworden, die nur der Benennung nach existieren (prajñaptisat), von denen das gesamte · Upādāyaprajñaptiprakaraṇam handelt, während in der Alambana parīkņā nicht einmal der Name fällt? An sie knüpft Dignāga's spätere Lehre von der Vorstellung an, die Lehre von der Sonderung von anderem (apohah). Diese Lehre dient nämlich nicht nur dazu, die Gleichartigkeit der Vorstellung bei verschiedenen Einzeldingen zu erklären, wofür die realistischen Schulen die Lehre von der Ge. meinsamkeit (sāmānyam) aufgestellt hatten, sondern auch zur Erklärung dafür, daß verschiedene Einzeldinge, die neben oder nacheinander bestehen und in verschiedenen Zuständen auftreten, als Einheit erscheinen. Es sind das die gleichen drei Gruppen von Dingen, welche im Upādāyaprajñaptiprakaranam als nur der Be. nennung nach existierend aufgeführt werden. Und noch bei Dignāga's spätem Nachfolger Dharmakīrti finden wir die gleichen drei Gruppen mit der Lehre von der Sonderung verknüpft88). Damit ist aber auch bereits der Anschluß an die logischen Werke der späteren Zeit gewonnen und die gesamte Entwicklung Dignāga's schließt sich zu einem einheitlichen Ablauf zusammen. Zwar können wir den Übergang zu den Schriften der logischen Gruppe nicht in allen Einzelheiten verfolgen. Aber das liegt an der Überlieferung. Denn wie wir bereits am Anfang unserer Untersuchung festgestellt haben, sind gerade die älteren Werke dieser Gruppe verloren. 87) Bei der Bekämpfung von Vasubandhu's Definition der Wahrnehmung Pramāṇasamuccayah I v. 14–16 (v. 15 a = Alambanaparīkņā v.2 a). 88) Ich habe darauf bereits in meiner Abhandlung „Beiträge zur Apohalehre, I. Dharmakīrti“ hingewiesen (Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes Bd. 42/1935, S. 99). 132 Page #52 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Immerhin läßt sich der Verlauf der Entwicklung vermuten. Bei der eingehenden Beschäftigung mit den Werken Vasubandhu's, vor allem mit den Schriften seiner früheren Zeit, kamen natürlich auch seine logischen Werke in die Hände Dignāga's. Er setzte sich auch mit ihnen zunächst in der Weise auseinander, daß er Kommentare zu ihnen schrieb. Hieher gehört die Nachricht von einem Kommentar zum Vādavidhānam oder Vādavidhih. Aber die Logik und Dialektik war nicht die Sache einer einzelnen Schule, sondern entwickelte sich in stetiger Auseinandersetzung der verschiedenen Schulen miteinander. Das nötigte zur Beschäftigung mit den Werken aller Schulen, die eine Dialektik oder Erkenntnislehre geschaffen hatten, und so entstanden Sāmkhyaparīkņā, Vaišeşikaparīkņā und Nyāyaparīkņā. Auf diese Weise machte sich Dignāga gründlich mit dem ganzen Problemkreis vertraut, bis schließlich mit dem Rad der Gründe seine erste wichtige Entdeckung auf dem Gebiet der. Logik ihn zur Abfassung des ersten selbständigen Werkes auf diesem Gebiet führte, des Hetucakradamaruḥ. · In dieser Art etwa mag die Entwicklung vor sich gegangen sein. Möglicherweise liefen noch weitere Fäden nebenher. So hatte Dignāga auch bei seiner Auseinandersetzung mit den fremden Systemen in Vasubandhu einen Vorgänger. Bekannt ist dessen Paramārthasaptatikā, in welcher er den Sāņkhya-Lehrer Vindhyavāsī bekämpfte89). Antworten von seiten des Sāmkhya klingen in der Yuktidīpikā nachoo). Und es ist möglich, daß Dignāga in seiner Sāņkhyaparīksā diese Auseinandersetzung fortführte. Aber mehr als eine Vermutung läßt sich bei der gegenwärtigen Lage der Dinge nicht aussprechen. Damit ist unsere Untersuchung am Abschluß angelangt, und nun wollen wir die Ergebnisse nochmal im Zusammenhang überblicken. Kennzeichnend für die Art Dignāga's ist die Bescheidenheit und Zurückhaltung, mit der er anfangs an die Probleme herangeht. Er begnügt sich zuerst damit, überkommene Lehren zu formen. Erst $0) Vgl. Paramārtha, P'o-seou-p’an-teou fa che tchouan T 2049, p. 190 a 24 (in, der Übersetzung von J. Takakusu, S. 43). 90) Vgl. Yuktidipikā (Calcutta S. S. No. 23), S. 107, 108. Mit Manorathin ist offenbar Vasubandhu, der Schüler des Manoratha gemeint. 133 Page #53 -------------------------------------------------------------------------- ________________ allmählich beginnt er in einzelnen Punkten, wo ihm die überlieferten Anschauungen unzulänglich erschienen, seine eigene Auffassung vorzutragen. Aber auch dabei lehnt er sich fürs erste noch an ältere Gedankengänge an. Im Laufe der Zeit beginnt er dann, sich freier zu bewegen und selbständiger aufzutreten, bis er in der Erkenntnistheorie und Logik sein eigenes ihm angemessenes Arbeitsgebiet gefunden hat und 'nach vollkommener Aneignung des Stoffes selbstsicher als der vollendete Meister seine abschließenden Werke schafft. So sehen wir ihn denn in seinen frühesten Werken als treuen Anhänger der Yogācāra-Schule Maitreyanātha’s. Im Prajñāpāramitāpiņdārthasamgrahaḥ stellt er, den Anschauungen der Schule entsprechend, den Lehrgehalt der Astasāhasrikā Prajñāpāramitā zu. sammen. Im Yogāvatāraḥ zeichnet er den Gang der Versenkung nach Maitreyanātha. Das erste Problem, mit dessen bisheriger Lösung er nicht zufrieden war und das ihn zu eigener Behandlung reizte, war das Problem der Zeit. Doch begnügte er sich dabei, das, was er darüber bei Bhartrhari gefunden hatte, den Lehren der eigenen Schule anzupassen. Das nächste Problem, an das er sich heranwagte, war die Frage der Unwirklichkeit der Außenwelt. Im ersten Werk, das er darüber schrieb, im Hastavālaprakaranam, entfernte er sich noch wenig von seinem letzten bedeutenden Vorgänger Vasubandhu. Im wesentlichen erweiterte er nur eine bereits von Vasubandhu vorgetragene Beweisführung um einen Gedankengang, den er der Schule der Sautrāntika entlehnte. Wichtig war jedoch, daß er im Zusammenhang damit zu einer eingehenden Beschäftigung mit den Werken Vasubandhu's kam, vor allem auch mit den Werken seiner frühen Zeit, welche noch auf dem Standpunkt der Sautrāntika-Lehre stehen. Eine erste Frucht dieser Beschäftigung war ein Kommentar zum Abhidharmakośaḥ, der Marmapradīpaḥ. Aber auch im zweiten Werk, das er zur Frage der Unwirklichkeit der Außenwelt schrieb, im Upādāyaprajñaptiprakaraṇam, können wir die Wirkung dieser Studien beobachten. In ihm geht er von einer Frage aus, welche wohl die Schule der Sautrāntika beschäftigt hatte, welche aber von Maitreyanātha ganz vernachlässigt worden war, nämlich die Frage der Dinge, welche nur der Benennung nach 134 Page #54 -------------------------------------------------------------------------- ________________ existieren, und er behandelt sie im Geiste der Sautrāntika. Er hatte sich also, als er dieses Werk schrieb, von den Bindungen an die Schule Maitreyanatha's bereits weitgehend gelöst. Vollständige Selbständigkeit zeigt schließlich das dritte Werk, in dem er zum letzenmal auf die Frage der Unwirklichkeit der Außenwelt zurückkommt, die Alambanaparīkṣā. Inzwischen hatte sich aber in der Richtung seiner Interessen eine entscheidende Wendung angebahnt. Die Beschäftigung mit den Werken Vasubandhu's hatte ihn auch zu dessen dialektischen Werken geführt und dieses Gebiet hatte ihn in steigendem Maße zu fesseln begonnen. Zunächst schrieb er einen Kommentar zu Vasubandhu's Vādavidhānam oder Vädavidhih. Aber der Buddhismus war es nicht allein, der sich mit Dialektik und Erkenntnislehre beschäftigte. Gerade auf diesem Gebiet wirkten die verschiedenen Schulen und Systeme wechselweise dauernd aufeinander ein. Und so sah sich Dignaga genötigt, sich mit allen Schulen auseinanderzusetzen, welche in der Dialektik und Erkenntnislehre von Bedeutung waren. Er tat dies in einer Anzahl von Werken, einer Samkhyaparīkṣā, einer Vaiseṣikaparīkṣā und einer Nyāyaparīkṣā. Und diese Tätigkeit trug reiche Frucht. Denn hier hatte er sein ureigenstes, seinem Geist angemessenes Arbeitsgebiet gefunden. Alle überkommenen Gedanken durchdrang und vertiefte er in einer bisher unbekannten Weise. Und bald gelang ihm auch die erste wichtige Entdeckung. Mit der Aufstellung des Rades der Gründe lehrte er zum erstenmal, wie formell richtige Gründe beschaffen sein müssen, und stellte damit die Lehre von der Schlußfolgerung auf festen Boden. Dann faßte er das bisher Erreichte zusammen und führte im Nyayamukham die buddhistische Dialektik Vasubandhu's zur Vollendung. Das war aber nur ein erster Abschluß. Die Beschäftigung mit den Lehren der fremden Systeme, vor allem mit der Erkenntnislehre des Samkhya, hatte sein Interesse in diese Richtung gelenkt. So wandte er sich dem Problem der Mittel richtiger Erkenntnis im allgemeinen zu. Dabei bemühte er sich, vor allem um die Abgrenzung von Wahrnehmung und Schlußfolgerung. Das führte ihn zu der Erkenntnis, daß ihre Bereiche vollkommen verschieden sind und daß die 1 135 Page #55 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Schlußfolgerung es nicht mit den Dingen selbst, sondern nur mit Vorstellungen zu tun hat. Das führte er in einem eigenen Werk, dem Hetumukham aus. Und indem er sich in diese Gedankengänge immer mehr vertiefte, schuf er seine Lehre von der Vorstellung, die Lehre von der Sonderung von anderem. Und nun faßte er alles, was er erarbeitet hatte, nochmal in einem großen Werk, zusammen, im Pramāṇasamuccayaḥ. Es war nicht mehr Dialektik, die er hier vor. trug, sondern Erkenntnislehre, gegliedert nach den beiden großen Bereichen der Wahrnehmung und Schlußfolgerung. Die Dialektik war vor allem mit der Lehre vom Beweis eingearbeitet, der als sprachliche Formulierung der Schlußfolgerung zur Belehrung an. derer dargestellt war. Und auch die Lehre von der Vorstellung hatte. in Verbindung mit dem Problem der sprachlichen Mitteilung in dem neuen Lehrgebäude ihren Platz gefunden. Darüber hinaus war schließlich noch an alle Abschnitte des Werkes eine ausführliche Auseinandersetzung mit den fremden Schulen gefügt und so die eigene Lehre gegen Angriffe der Gegner so weit wie möglich gesichert. Damit war Dignāga's Lebenswerk abgeschlossen. Gleichzeitig war aber damit auch ein großes geschlossenes Lehrgebäude geschaffen und die buddhistische Schule der Logik und Erkenntnis. theorie begründet. Hiemit sind wir am Ende angelangt. Es ist uns gelungen, die Entwicklung Dignāga’s aufzuzeigen und seine Werke in den Gang dieser Entwicklung einzuordnen. Hoffentlich ist damit die Grundlage für ein besseres Verständnis der erhaltenen Werke gegeben. Aber auch die Entstehung der buddhistischen Schule der Erkenntnistheorie und Logik wird nun klar. Wer nur die letzten Werke Dignāga's kennt, sieht sich einem großen Neuen gegenüber, das weit über alles Frühere hinausgeht, und das wie aus dem Nichts plötzlich vor ihm steht. Unsere Untersuchung hat uns dieses Neue verstehen gelehrt. Wir lernen die Quellen kennen, aus denen Dignāga seine Anregungen geschöpft hat, und wir können verfolgen, wie er die einzelnen Bausteine Stück für Stück zu dem großen Gebäude zusammenfügt. Es zeigt sich dabei, daß vieles darunter ist, was er aus älterer Überlieferung übernommen hat. Aber er hat es in seinem Geist geformt 136 Page #56 -------------------------------------------------------------------------- ________________ und verwendet. Und mag er noch so viel altes Material verbaut haben, was er geschaffen hat, bleibt als Ganzes neu und groß. Und so bestätigt sich aufs neue, daß die buddhistische Schule der Erkenntnistheorie und Logik in allem Wesentsichen die Schöpfung eines einzigen Mannes ist, Dignāga's. Summary By comparing the different expositions of Dignāga's Hetucakram the author comes to the conclusion that the Hetucakraṇamaruh contains the most archaic one. It is therefore the oldest logical work by Dignāga. In this tract, indeed, he laid down his first important discovery in the field of logic which alone made an exact inference possible. The next work in the chronological order is the Hetumukham. In it Dignāga modified the hitherto existing dialectic of Buddhism as expounded last in Vasubandhu's Vādavidhiḥ in accordance to his new theories. During the long interval between the Nyāyamukham and the Prāmaṇasamuccayaḥ an essential change happens in the interests of Dignāga: The dialectic is replaced by the theory of knowledge in general. Accordingly he rearranges in the Pramāṇasamuccayaḥ the subjects of his former works and adds chiefly the doctrine of the concept: the apoha-doctrine. Most probably Dignāga developed this theory in his lost works written between the Nyāyamukham and the Pramāṇasamuccayaḥ and above all in the Hetumukham. With the great synthesis of all the results till then achieved the literary activity of Dignāga seems to have ended. We know nothing about later works of his. Regarding the non-logical minor works of Dignāga, often containing views different from those expressed in his logical works, especially the Traikālyaparīksā offers us much help in understand. ing them. This work consists almost entirely of verses taken from Bhartrhari but slightly modified by Dignāga to his aim. Therefore he must have advocated views alike to those expounded in the modified verses at the time when he wrote the Traikālyaparīksā. Such views, however, correspond with the Yogācāra school of 137 Page #57 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Maitreyanatha's type. These same views we find expressed in the Prajñāpāramitāpindarthasamgrahaḥ and in the Yogavatāraḥ. Therefore we conclude that these are the oldest works of Dignaga. The transition towards the logical works is characterized by some other writings such as Hastavalaprakaraṇam, Marmapradipaḥ, Upadayaprajñaptiprakaraṇam, and the Alambanaparīkṣā. In these tracts a Sautrāntika influence appears more and more and his thoughts of the logical period are foreshadowed. In Dignaga's early dealings with logic we find a commentary on Vasubandhu's Vādavidhānam or Vadavidhiḥ and some polemic works aimed against logic and theory of knowledge of the important rival schools: the Samkhyaparīkṣā, the Vaiseṣikaparīkṣā, and the Nyāyaparīkṣā. On the basis of these observations one can not only bring Dignaga's works in chronological order but it is also possible to establish the development of his thought from the beginning to the end of his activity, the Pramāṇasamuccayah being his last work. The article ends by pointing out the above sketched line of development. 138 Page #58 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Anhang Um és dem Leser zu erleichtern, dem Gang der Beweisführung zu folgen, gebe ich im folgenden die wichtigsten Quellen wieder, soweit es im Rahmen der vorliegenden Arbeit möglich war. Ausgeschlossen bleiben mußten natürlich die großen Hauptwerke, Nyāyamukham und Pramāņsamuccayah, ferner die chinessichen Übersetzungen. Im übrigen findet der Leser hier den Text aller kleineren Werke Dignāga's, die in der vorliegenden Arbeit genannt wurden, soweit sie in Sanskrit und Tibetisch erhalten sind. Außerdem schicke ich das in Yi-tsing's Nan hai ki kouei nei fa tchouan erhaltene Verzeichnis der im Studienbetrieb von Nālandā verwendeten Werke Dignāga's voraus. Bei den einzelnen Texten führe ich die wichtigsten bisherigen Veröffentlichungen an, und auf welches Material sich meine Wiedergabe stützt. Varianten gebe ich nur, soweit sie für das Verständnis des Textes von Bedeutung sind. Von der Wiedergabe bloßer Versehen oder orthographischer und grammatischer Quisquilien habe ich abgesehen. 1. Yi-tsing's Verzeichnis der Werke Dignāga's In seinem Nan hai ki kouei nei fa tchouan sagt Yi-tsing bei der Schilderung des Studienganges in Nālandā (T 2125, p. 230 a 6; in der Übersetzung von J. Takakusu, S. 186 f.): „Wer danach strebt, sich in der Logik auszuzeichnen, studiert eingehend die acht Werke Dignāga's.“ Dann folgt eine Aufzählung dieser acht Werke. Ich gebe diese Liste mit den vermutlichen Sanskrit-Entsprechungen wieder. 1. Kouan san che louen = Traikālyaparīkņā 2. Kouan tsong siang louen = Sāmānyalakṣaṇaparīkņā 3. Kouan king louen = Ālambanaparikșa 4. Yin men louen = Hetumukham 5. Sseu yin men louen = Hetvābhāsamukham 6. Li men louen = Nyāyamukham 7. Ts’iu che chö louen = Upādāyaprajñaptiprakaraṇam 8. Tsi leang louen = Pramāṇasamuccayah. 139 Page #59 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 2. Prajñāpāramitāpindārthasamgrahah Der Sanskrit-Text des Prajñāpāramitāpiṇḍārthasamgrahaḥ wurde 1939 von G. Tucci gefunden und im Journal of the Royal Asiatic Society 1947, S. 53-75 zusammen mit der tibetischen Version mit Übersetzung und Anmerkungen veröffentlicht. Inzwischen ist es ihm gelungen, eine zweite Handschrift zu entdecken, deren Lesarten er mir mitzuteilen die Güte hatte, wofür ich ihm an dieser Stelle herzlich danke. Ferner liegen vor: 1. eine chinesische Übersetzung von Che-hou (T 1518) 2. eine tibetische Übersetzung von Tilakakalasa und Blo-ldan-ses rab (No. 3809). Außerdem ist ein Kommentar von Triratnadāsa in chinesischer (T 1517) und tibetischer Übersetzung (No. 3810) erhalten. In den Anmerkungen zum folgenden Text verzeichne ich die Lesarten beider Handschriften, sowie einzelne Stellen, an denen ich von der Überlieferung abweiche (T1 Text der Ausgabe Tucci's von 1947, T2 Lesarten der zweiten Handschrift). Prajñāpāramitapindarthasamgrahah prajñāpāramitā jñānam advayam sā tathāgatah | sadhyā tādarthyayogena tacchabdyam granthamargayoh // 1. asrayaś cadhikaraś ca karma bhavanaya saha/ prabhedo lingam āpac ca sānusamsam udahṛtam // 2. śraddhāvatām pravṛttyangam śästā parṣac ca sākṣiņi / deśakalau ca nirdiṣṭau svaprāmānyaprasiddhaye // 3. samgitikartrā loke hi deśakalopalakṣitam/ sasakṣikam vadan vaktā prāmānyam adhigacchati // 4. sarvam caitan nipātātmasravaṇādeḥ prakirtanam / prasangikam ta evārthā mukhyā dvātrimśad eva hi // 5. prabhedaḥ ṣodaśākāraḥ śūnyatāyā yathākramam/ nirdisto 'stasahasryām sa vijñeyo 'nyāpadeśataḥ // 6. v. 4 samgītikartā T1 2 — loke hi T1, vaktā vā T2 vaktā T1, loke T2 - adhigacchati T1, anvāgacchati T2 v. 5 ta evärtha T2, tu evarthä T1- v. 6 'ṣṭasahasryām T2, 'ṣṭasahasryā T1. 140 ― Page #60 -------------------------------------------------------------------------- ________________ ittham astasahasrīyam anyūnārthair yathoditaiḥ / granthasamkṣepa isto 'tra ta evārthā yathoditāḥ // 7. bodhisattvam na paśyāmīty uktavāms tattvato munih / bhoktrādhyātmikavastūnām kathitā tena śūnyatā // 8. rūpam rūpasvabhāvena śünyam ity uktitaḥ punaḥ / bāhyāny āyatanānīha bhogyāni pratișiddhavān // 9. rūpādyabhāve taddehapratisthālakṣaṇaksatih / gatārthā yena tad drstam tad ūdhyātmikam ity asat // 10. ādhyātmikānām šūnyatvė prakrter api śünyatā / vijñānarūpam gotram hi krpāprajñātmakam ca tat // 11. notpanno na niruddho vā sattva ityādinā sphutam / sattvasamsārayoḥ kāmam darsitā tena sūnyatā // 12. buddhadharmāms tathā bodhisattvadharmān na paśyati / ityādinā vinirdiştāḥ śūnyā daśabalādayah // 13., prati prati yato dharmāḥ kalpitā iti kīrtitam / tato na paramārtho 'sti dharmāņām iti coktavān // 14. ātmādidrster ucchedam mahatyāḥ prakaroti yat/ tatah pudgalanairātmyam bhagavān sarvathā jagau // 15. sarvadharmā anutpannā iti kīrtayatā tathā / kathitam dharmanairātmyam sarvathā tattvavedinā // 16. sāvadyaniravadyānām avrddhiparihānitah / samskrtāsamskrtānām ca kuśalānām nirūkstiḥ // 17. kusalānām ca śūnyatve tadgatākşayatā tathā / kalpitaiveti bhedānām śünyatāyāḥ sa samgrahaḥ // 18. daśabhiś cittaviksepaiś cittam vikșiptam anyataḥ /,, yogyam bhavati bālānām ņādvayajñānasādhane // 19. tān apākartum anyonyam vipaksapratipakşatah / prajñāpāramitāgranthas te ca sampindya darsitāḥ // 20. yad āha bodhisattvaḥ san ity abhāvaprakalpanā- / viksepam vikșipan śāstā sāmurtaskandhadarśanāt // 21. etenāştasahasryādāv ādivākyāt prabhrty api / å samāpter niședdhavyā vidhinābhāvakalpanā || 22. hetuvākyāni naitāni krtyamātram tu sūcyate / v.8 bhoktādhyātmika- Ti – v. ll ca tat T2, matam Ti - mahatyäh T2, mahạtyā T1 - v. 17 ca T!, hi To. v. 15 . .. 141 Page #61 -------------------------------------------------------------------------- ________________ brahmajālādisūtresu jñeyāḥ sarvatra yuktayah // 23. bodhisattvam na ptiśyāmi aham iryādivistaraih / nirākaroti bhagavān bhāvasamkalpavibhramam // 24. yan na paśyati nāmāpi gocaram ca kriyām tathā / skandhāmś ca sarvatas tena bodhisattvam na paśyati // 25. kalpitasya niședho 'yam iti samgrahadarśanam / sarvo jñeyatayārūdha äkāraḥ kalpito matau // 26. prajñāpāramitāyām hi trīn samāśritya deśanā / kalpitam paratantram ca parinișpannam eva ca // 27. nāstītyādipadaiḥ sarvam kalpitam vinivāryate / māyopamādidrstāntaiḥ paratantrasya deśanā // 28. caturdhā vyavadānena parinispannakirtanam / prajñāpāramitāyām hi nānyā buddhasya deśanā // 29. daśasamkalpaviksepavipakşe deśanākrame / trayāņām iha boddhavyam samastavyastakīrtanam // 30. yathādivākye nişpannaparatantraprakalpitaih / abhāvakalpanārūpavikṣepavinivāraṇam // 31. tena buddham tathā bodhim na paśyāmīti vācakaih / ā samāpter iha jñeyā kalpitānām nirākrtiḥ // 32. śūnye rūpe svabhāvena samāropaḥ kva kena vā / ity anyeșv api vākyeșu boddhavyam tan nivāraṇam // 33. na hi śünyatayā śünyam iti vākyam vinirdiśan / apavāda vikalpānām nirāsam sarvathoktavān // 34. māyopamas tathā buddhaḥ sa svapnopama ity api / ayam eva kramo jñeyo vijñair vākyāntareșv api // 35. sāmānādhikaranyena prokto māyopamo jinah / māyopamādiśabdaiś ca paratantro nigadyate // 36. prthagjanānām yaj jñānam prakrtivyavadānikam / uktam tad buddhaśabdena bodhisattvo yathā jinah // 37. ni jam svarūpam pracchādya tad avidyāvašīkstam / māyāvad anyathā bhāti phalam svapna ivojjhati // 38. v. 25 gocaram ca T2, [na] gocaram T1 — v. 30 samastavyastadeśanam T2 — v. 31 -parikalpitaiḥ T1 – v. 33 sūnye rūpe svabhāvena T', svabhāvašūnye rūpe ca T2 – v. 34 sarvathoktavān T, krtavān muniḥ T2. · 142 Page #62 -------------------------------------------------------------------------- ________________ advayasyānyathākhyātau phale vāpy apavādinām / apavādavikalpānām apavādo 'yam ucyate // 39. na rūpam sūnyatā yuktā parasparavirodhataḥ / nīrūpā šūnyatā nāma rūpam ākārasamgatam // 40. iry ekatvavikalpasya bādhā nānātvakal panām / runaddhi nānyat tad rūpam sūnyatāyāḥ kathamcana // 41. asad eva yatah khyāti tad avidyāvinirmitam / asatkhyāpanasaktyaiva sāvidyeti nigadyate // 42. idam ecocyate rupam prajñāpāramiteti ca / advayam dvayam evaitad vikalpadvayabādhanam // 43. yuktim cāha visuddhatvāt tathā cānupalambhatah / bhāvābhāvavirodhāc ca nānātvam api paśyati // 44. nāmamātram idam rūpam tattvato hy asvabhāvakam / tat svabhāvavikalpānām avakāśam nirasyati // 45. rūpam rūpasvabhāvena śūnyam yat prathamoditam / tat svabhāvasamāropasamkalpapratiședhanam // 46. not pādam na nirodham ca dharmāņām paśyatīti yat/ bhagavān üha tad vyastā tadviseşasya kalpanā // 47. krtrimam nāma vācyāś ca dharmās te kalpitā yatah / śabdārthayor na sambandhas tena skābhāviko matah // 48. bāhyārthābhiniveśas tu bhrāntyā bālasya jrmbhate / tathaiva vyavahāro 'yam na tv atrārtho 'sti kaścana // 49. atrạ tena yathā nāma kalpyate na tathāsti tat / vācyam vastu tato 'niștā yathānāmārthakalpanā // 50. prajñāpāramitā buddho bodhisattvo 'pi vā tathā / nāmamātram iti prāha vyasyan satyārthahalpanām // 51. śabdārthapratişedho 'yam na vastu vinivāryate / evam anyeşv api jñeyo vākyeșv arthaviniścayah // 52. naivopalabhate samyak 'sarvanāmāni tattvavit / yathārthatvena tenedam na dhvaner vinivāraṇam // 53. subhūtis tu dvayam vyasyan sabdam śabdārtham eva ca/ bodhisattvasya no nāma paśyāmīti sa uktavān // 54. prajñāpāramitīvākyam nästi yan neyatā gatam / v. 42 yatah khyāti T!, yato bhāti T2 — v. 47 kalpanā T', śūnyatā T2 — v.50 nişthā T1 2.. 143 Page #63 -------------------------------------------------------------------------- ________________ ühyās tu kevalam tajjñair ete 'rthaḥ sūkṣmaya dhiyā // 55. prakräntärthatiraskāro ya cärthāntarakalpana / prajñāpāramitāyām hi proktā sā prativarnikā // 56. etāvān arthasamksepah prajñāpāramitāśrayah | āvartate sa evārthaḥ punar arthāntarāśritaḥ // 57. prajñāpāramitām samyal samgrhyāstahasrikām | yat punyam aptam tenāstu prajñāpāram ito janaḥ || 58. v. 57 avartyate T1. 3. Yogavatāraḥ Der Sanskrit-Text des Yogavatāraḥ wurde zuerst von Haraprasad Sastri in seinem Catalogue of Palm-leaf and Selected Paper MSS belonging to the Durbar Library, Nepal, Vol. II/1915, S. 64, nach einer nepalesischen Handschrift veröffentlicht. Mit einigen Verbesserungen wurde derselbe Text im Indian Historical Quarterly IV/ 1928, S. 775-778, von Vidhushekhara Bhattacharya abgedruckt. Erhalten ist ferner eine tibetische Übersetzung von Dharmaśrībhadra und Rin-chen-bzan-po (No. 4074 und 4539). Außerdem sind die Verse Dignaga's im Yogavataropadeśaḥ des Dharmendra enthalten, dessen tibetische Übersetzung von Janardana und Rinchen-bzan-po (No. 4075 und 4544) von Durgacharan Chatterji in den Journal and Proceedings, Asiatic Society of Bengal (New Series), Vol. XXIII/1927, S. 249-259, veröffentlicht wurde. Ich gebe im folgenden den Sanskrit-Text mit einigen Verbesserungen wieder. Die Lesarten der Handschrift und die Verbesserungen Vidhushekhara Bhattacharya's sind in den Fußnoten vermerkt (M = Manuskript; V = Vidhushekhara Bhattacharya). Yogavatāraḥ śrutvā śāstram udaram niścityāpi paramārthikam tattvam/ mṛdvāsanopaviṣṭaḥ suśraddho yogam arabhate // 1. grähyam grähakam ubhayam nobhayam atmaiṣa nirvṛtiḥ svargah/ v. 1 api fehlt in M v.2 andameşa nivṛttiḥ M: ātmaiṣa nirvṛtih V 144 " Page #64 -------------------------------------------------------------------------- ________________ iti bahuvidhän vikalpān pravidhūya manaḥsamādhānaiḥ // 2. jñeyam vilokya sakalam māyāgandharvanagaranirbhāsam / pravidārya dehayantram tathatāvijñānava jrena // 3. sarvākāravirăjitam ūdyantavibhāgarahitam avikalpam / nirmalasahasradīdhitinirbhinnatamisragaganam iva // 4. svākāramātraśesam paśyati cittam svam ādyanutpannam / yenāpi paśyatīdam tad api tathaivāvalokayati // 5. so ’nupalambho 'cintyā tathatoktā bhūtakoțiś ca / evam kramaso 'bhyāsāt sam jñāveditanirodham āpnoti // 6. / de la yan dag reg par sbyor ba las / / 'bad pa med par mnon śes lna ru 'gyur / ... abhiyukto yogī sattvārtham anekadhā kurute // 7. asmin parinişpanne tişthati yogī sudirgham adhvānam / vajravad abhedyakāyo nişkampyah klešamārādyaiḥ // 8. prajñāpāramitākhye 'smin < yoge > sarvadā pravrttasya / sidhyanty anye bahavaḥ samādhayo gaganagañjādyāḥ //9. v. 2 bahuvidhavikalpa jālam M - v. 4 -matisaram M : -tamisra- V - v. 6 Tib. dmigs pa med dan bcas paʻi sems ñid ni — v. 7 die erste Zeile fehlt in M — v. 8 Tib. 'di ni yons su rdzogs pa'i rnal 'byor pa --- v. 9 yoge nach Tib. ergänzt von V. 4. Traikālyaparīksā Die Traikālyaparīkņā ist nur in einer tibetischen Übersetzung von śāntākaragupta und Tshul-khrims-rgyal-mtshan erhalten (No. 4207). Meine Wiedergabe des Textes beruht auf der Tanjur-Ausgabe von Narthang-Berlin (die Abschrift stammt aus dem Nachlaß eines verstorbenen Schülers von Prof. F. O. Schrader, Paul Hiss, und wurde von Prof. Schrader mit dem Exemplar des India Office verglichen), der Ausgabe von Peking-Paris (ich verdanke die Durchvergleichung Herrn Fr. Bischoff) und der Ausgabe von Derge-Berlin. In den Fußnoten bezeichnet N Narthang, P Peking, D Derge. Den Text Bhartặhari's gebe ich nach der Ausgabe der Benares Sanskrit Series, die leider sehr fehlerhaft ist. Ich habe verbessert, 145 Page #65 -------------------------------------------------------------------------- ________________ so gut ich konnte, Wo ich geändert habe, führe ich den Text der Ausgabe in den Fußnoten an (mit B bezeichnet), sofern es sich nicht um handgreifliche Irrtümer handelt. " 146 Traikalyaparikṣā / dan por med dan de las yod / /de nas med dan rim 'gal te/ / dus gsum de ni ji ltar dmigs/ /de ni de ltar ran bzin min / 1. /ji ltar dban po bslad tsam las / /sgro 'dogs pa ni skye ba ltar / / de bźin brtag pas skye ba'i blo / /rkyen dag gis ni don rnams la / 2. (= /thams cad min pa'i yul snan ba/ /rkyen dan sgra la brten nas ni / /don ni spyi yi no bo dan/ /ran gi no bos rtogs par byed/ 3. (= 54) /no bo ldog pa tha sñad dag/ /jig rten lam la gnas nas ni / /ses pa'i dban dan mhon brjod pa/ /byis dan mkhas pa 'dra ba yin / 4. (55) Bhartṛhariḥ, Prakīrṇam III (Sambandhasamuddeśaḥ) yathendriyasya vaiguṇyāt sattādhyāropavān iva / jayate pratyayo 'rthebhyaḥ tathaivoddeśajā matiḥ // 53. akṛtsnaviṣayābhāsam sabdaḥ pratyayam aśritaḥ/ artham āhānyarūpena svarūpeṇānirūpitam // 54. rūpaṇavyavahārābhyām laukike vartmani sthitau / jñānam praty abhilāpam ca sadṛśau bālapanditau // 55. :53) v. 1 dan por yod NPD 'gal te D: gal te NP v. 2 brtag pas NP: bstan pas D v. 3 āhātmarūpena B. v. 4 tha dad dag NPD. v. 4 zitiert von Prajñākaraguptaḥ, Pramāṇavārttikālamkāraḥ, S. 622, 1 f. usw. Page #66 -------------------------------------------------------------------------- ________________ /don gyi no bo kun ma dag/ /ses pa'i ran bźin med brten pa/ /de ni sin tu dag pa gźan/ / gcig brjod ran bźin med pa'o / 5. (= 56) /ñe bar bslad phyir ses pa ni / /phyi rol rnam par snan ba yin/ /chu rñog bzin du de de yi/ /tshogs pa 'dra ba tha dad skyes / 6. (=57) 5# /ji ltar don gyis 'bras byin ses/ /dag pa min par rnam par gnas/ / de ltar don la der rten can/ /ran gi nos bos bar du chod / 7. (= 58) /'di ltar don dan sgra dan ni/ /ses pa las ni phyin ci log/ /dnos dan dnos med ma phye bas/ /tha sñad la ni 'jug pa ste / 8. (=59) / ji ltar dnos po ñer brten nas / /de ni dnos med rjes su rtogs/ /de ltar dnos med ñer bstan nas/ /de ni dnos po rjes su rtogs / 9. (= 59 a) /dnos las dños po skye min na / sarvārtharūpatā śuddhiḥ jñānasya nirupāśrayā / tato 'py asya param suddhim eke prāhur arūpikām // 56. upaplavo hi jñānasya bāhyākāranupātitā / kāluṣyam iva tatrasya samsarge vyatibhedajam // 57. yatha.ca jñānam alekhad aśuddhau vyavatiṣṭhate/ tathopäśrayavān arthaḥ svarūpād viprakrsyate // 58. evam arthasya sabdasya jñānasya ca viparyaye / bhāvābhāvāv abhedena vyavahārānupātinau // 59. yatha bhavam upāśritya tadabhāvo 'nugamyate/ tathābhāvam upadiśya tadbhāvo 'py anugamyate // 59 a. nābhāvo jayate bhavo naiti bhavo 'nupākhyatām/ v. 6 de de yi NP: de de yin D v. 5 no bo NP: no bos D don gyis NP: don gyi D. v. 7 147 Page #67 -------------------------------------------------------------------------- ________________ | dños po rjes su snan med min / / gcig las bdag ñid gźan min la / /.dños dan dnos med rnam par brtags / 10. (= 60) | dnos med rjes su snan med phyir / / rab tu sgrub byed rgyu ma yin/ / snań Idan la yan dnos po yi / | rgyus ni ci žig byed par 'gyur / 11. (= 61) / de phyir thams cad dños med dam / yan na thams cad dños por 'dod / | gnas skabs gžan du cun zad kyan / |gcig las bden par gnas ma yin / 12. (= 62) / gñis med ñid kyan thams cad ‘dir / "/ran gi no bos mtshan ñid gcig / / kun tu brtags kyi tha sñad kyis / / rnam pa sna shog's ñid du dmigs / 13 (= 64) Ignas skabs bãi yan ji ltar ni / / ran bžin med la rab tu brtags / | de ltar gsum dmigs pa yan de / | dnos dan dnos med la brten yin / 14. (=65) 7 mi 'gal ba dan ‘gal ba 'am / / yod dan med pa'an de ñid min / ekasmād ātmano ’nanyau bhāvābhāvau vikalpitau // 60. abhāvasyānupākhyatvāt kāraṇam na prasādhakam | sopākhyasya tu bhāvasya karanam kim karisyati // 61.. tasmāt sarvam abhāvo vũ bhāvo vā sarvam isyate / na tv avasthāntaram kimcid ekasmāt satyataḥ sthitam // 62. tasmān nābhāvam icchanti ye loke bhāvavādinah / abhāvavādino vāpi na bhāvam tattvalakṣaṇam // 63. advaye caiva sarvasmin svabhāvād ekalaksaņe/ parikalpeșu' maryādā vicitraivopalabhyate || 64. catasro 'pi yathāvasthā nirupākhye prakalpitāḥ / evam dvaividhyam apy etad bhāvābhāvavyapāśrayam // 65. v. 10 rjes su snan byed min NPD -- rnam par brtags D: rnam par brtag NP — v. 65 v. l. nīrūpasya. 148 Page #68 -------------------------------------------------------------------------- ________________ / rim dan rim pa med pa yan / |dnos dan dnos med la dmigs min / 15. (=66) , mi 'gal ba dan 'gal ba dan / 1 yod dan med pa'an de ñid min/ / rim dan rim pa med pa yan / / des ni dños po mi dmigs so / 16. (= 66 a) / dnos po med pas dus gsum la / | tha dad srid pa ma yin no / / de lta bas na dnos po yan / | dus gsum du ni rigs.ma yin / 17. (=67) / bdag gi de ñid dor nas ni / / gzan las rigs pa ma yin no / / bdag gi de ñid gzan las dan / /ran las kyan ni mi rigs so / 18. (= 68) /gal ba sna tshogs kyan de ñid / /phan pa ‘ga yan yod ma yin / | de ñid gžan ñid yons bor ba'i / / tha sñad la ni “jug pa med / 19. (= 69) . /dnos med dños por yod min te / avirodhi virodhi vā san asan vāpi tattvatah / kramavān akramo < 'bhāvo na bhāva upapadyate > 1/ 66. avirodhi virodhī vā san asan api tattvatah / kramavān akramo vāpi nābhāva upapadyate // 66 a. abhāve trișu kāleșu na bhedasyāsti sambhavaḥ / tasmin asati bhāve 'pi traikālyam nāvatisthate 17 67. ātmatattvaparityāgah parato nopapadyate / ātmatattvam tu parataḥ svato vā nopakalpate // 68. tattve virodho nānātva upakāro na kaścana / tattvānyatvaparityāge vyavahārò nivartate // 69. yatra drastā ca drśyam ca dàrsanam vā vikalpitam / - tasyaivārthasya satyatvam śritās trayyantavedinah // 70. sāmānyam vā višeşam vā yasmād āhur višeșavat / śabdās tasmād asatyeșu bhedeşv eva vyavasthitā) // 71.. v. 19 kyan de ni NPD. 149 Page #69 -------------------------------------------------------------------------- ________________ / dňos poʻi bdag ñid ñams phyir ro / 20. (= 72) / khra moʻi yod ñid gan la ni/ | nag mos gnod pa gan yan med / | khra mo yan ni med ces te / | nag mo la ni brtag bya min / 21. (=73) | dnos med gal te dnos yin na / / de la dpyad pa ‘dir 'gyur te / | de yan de tshe dnos po yan / / yan ni dpyad pa ‘dir 'gyur te / 22. (=74) / dnos med phyir na “das pa ni / / gan phyir tha sñad spyod yul phyir / | de la dnos dban tha dad ni / | ma lus tshig gis rigs pa 'min / 23. (= 75) 1 rten med don gyis rten gnas pa / I rgyu ni dmigs pa ma yin no / gal te dnos po med pa yan / | rgyu las mthon ba yin ze na / 24. (= 76) | de yi dan poʻi gnas skabs gan / | dnos po 'di yi rten yin yan / / dan poʻi gnas skabs dnos med la / de gñis yod pa ma yin no / 25. (=77) na hy abhāvasya sadbhāve bhāvasyātmā prahīyate | na vābhāvasya nāstitve bhāvasyātmā prasūyate // 72. na śābaleyasyāstitvam bāhuleyasya bādhakam / na śābaleyo nāstīti bāhuleyah prakalpyate // 73. abhāvo yadi vastu syāt tatreyam syād vicāraņā / tataś ca tadabhāve 'pi syād vicāryam idam punaḥ // 74.. avastutvād atītam yad vyavahārasya gocaram / tatra vastugato bhedo na nirvacanam arhati // 75. apade ’rthe padanyāsaḥ kāraṇasya na vidyate / atha ca prāg asan bhāvaḥ kāraṇe sati drśyate // 76. kā tasya prāgavastheti vastvāśritam idam punaḥ / prāgavastheti na hy etad dvayam apy asty avastuni // 77. v. 24 zitiert von Jayarathah, Tantrālokavivekaḥ IX, S. 18, 7. v. 76 prāgasad bhāvaḥ B. 150 Page #70 -------------------------------------------------------------------------- ________________ | phyi ma yod dan med ces pa'i / | tshig ni brjod pa dag gi rgyu / | rten med don gyi gnas < med > / /di yis tshig ni rab tu brjod / 26. (= 78) | śin tu no mtshar che ba skyes / | gan phyir cha med gan rim med / | dnos rnams dan por gyur pa yis / | bdag gi de ñid rab tu bstan / 27. (=79) | rnam rtog gis ni yons bżag pa'i / / sgo nas rdzas rnams kun gyis ni/ / tha sñad rnam par brjod pa yin / 28. (=80) de phyir nus par 'dod sems pa / 'di yan rtag par smra ba na / : | dnos ñid rim par smras pa yin/ .. |dnos las rim pa gấan ma yin / 29. (=81) 7 ji ltar dnos dan dnos med pa / · / gzan du cun zad rtogs med ltar / /rim dan cig car cun zad ni / / de ñid du ni tha dad med / 30. (= 82). | de phyir nus pa'i rnam pa'i chas/ | rtag pa yod pa med pa bdag / na cordhvam asti nāstīti vacanāyānibandhanam / alam syād apadasthānam etad vācaḥ pracakṣate // 78.. atyadbhutā tv iyam vrttir yad abhāgam yad akramam / bhāvānām prāg abhūtānām ātmatattvam prakāśate // 79. vikalpotthāpitenaiva sarvo bhāvena laukikah / mukhyeneva padārthena vyavahāro vidhīyate // 80. bhāvasaktim ataś cainām manyante nityavādinah / bhāvam eva kramam prāhur na bhāvād aparaḥ kramah // 81. kļamān na yaugapadyasya kaścid bhedo 'sti tattvataḥ / yathaiva bhāvăn nābhāvaḥ kaścid anyo 'vasīyate // 82. kālasyāpy aparam kālam nirdiśanty eva laukikāḥ/... v. 26 c vermutungsweise ergänzt — v. 28 kun gyis ni P:kun gyi ni ND. 151 Page #71 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 1 don gcig rjod par byed pa'i sgras / 7 ran bżin du ma rab tu bstan / 31. (=85) | ji ltar nam mkha' rnam dag la / | rab rib kyis ni bslad pa'i mi / skra śad kyis ni kun gan ltar / / sna tshogs su ni mnon par rtogs / 32. / de ltar dir yan rnam ses ni / | rnam par mi ‘gyur ma rig pas / | chu rñog bãin du zugs pa ni / | tha dad gzugs su rnam par “jug / 33. na ca nirdeśamātreņa vyatireko ’nugamyate // 83. ādhāram kalpayan buddhyā nābhāve vyavatișthate / avastușu api notpreksā kasyacit pratibadhyate // 84. tasmāc chaktivibhāgena nityaḥ sadasadātmakaḥ / eko 'rthaḥ śabdavācyatve bahurūpaḥ prakāśate // 85. yathā viếuddham ākāśam timiropapluto janaḥ / samkīrṇam iva mātrābhiś citrābhir abhimanyate // (1.) tathedam amalam brahma nirvikāram avidyayā / kaluşatvam ivāpannam bhedarūpam vivartate // (2.) v.80 mukhyenaiva B — v. 31 rjod par byed pa‘i sgra NPD. 5. Hastavālaprakaranam Das Hastavālaprakaraṇam ist erhalten: 1. in einer chinesischen Übersetzung Paramārtha's (T 1620), 2. in einer chinesischen Übersetzung Yi-tsing's (T 1621), 3. in einer tibetischen Übersetzung von Sraddhākaravarma und Rin-chen-bzan-po (No. 3844—3845), 4. in einer tibetischen Übersetzung von Dānaśīla und Dpal--byorsñin-po (No. 384843849), die sich nur wenig von 3 unterscheidet. Mehrere Handschriften aus Touen-houang enthalten nach F.W. Thomas die Übersetzung Sraddhākaravarma's und Rin-chen-bzanpo's. Eine Ausgabe, welche die gesamte Überlieferung vorlegt, zusammen mit einer Übersetzung ins Englische und einer versuchs 152 Page #72 -------------------------------------------------------------------------- ________________ weisen Herstellung des Sanskrit-Textes, haben F. W. Thomas und H. Ui im Journal of the Royal Asiatic Society 1918, S. 267–310,gebracht. Ich konnte mich daher darauf beschränken, einen klaren Text und eine Anzahl wichtigerer Lesarten zu geben. Das Sanskrit. original des ersten Verses verdanke ich Muni Jambuvijaya. Rab tu byed pa lag pa'i tshad | khams gsum pa tha sñad tsam la yan dag pa'i don du kun tu rtog pa phyir / de kho na ñid kyi don khon du ma chud pa'i sems can rnams la dnos poʻi ran bžin rab tu rnam par dbye ba‘i sgo nas phyin ci ma log pa'i śes pa yan dag par bsgrub pa'i phyir ‘di brtsams so | thag pa la ni sbrul sñam ‘dzin / / thag pa mthon na don med do / / 'di na yul ha can bskal ba ma yin pa ‘od tsam snan ba zig na thag pa'i gzugs spyi'i chos can dmigs pa la / 'khrul pas thag pa la ‘di ni sbrul kho naʻo zes nes par ‘dzin pa'i no bo‘i ses pa skye ste / khyad par ran gi no bo khon du ma chud pa'i phyir ro // de'i khyad par nes par ‘dzin pa na / don ji lta ba bžin du ma yin par kun tu rtog pas rab tu spros pa ñid kyi phyir / śes pa de yan “khrul pa‘i ées pa don med pa kho nar ‘gyur ro / / de yi cha mthon de la yan ) . /sbrul bžin ses pa ‘khrul ba yin / 1. | thag pa de la yan cha śas su phye nas brtags pa na thag pa'i ran gi no bo mi dmigs te / de ma dmigs na thag par dmigs pa yan sbrul lo sñam pa'i blo bãin du 'khrul ba tsam 'ba' zig tu zad do // yan ji ltar thag paři ses pa 'khrul ba yin pa de bžin du/ cha śas de yan dum bu dan ñag ma la sogs pa de dag la brtags na de'i ran gi no bo nes par mi zin to // de nes par ma zin pas de la dmigs pa'i rnam pa can gyi blo yan thag pa'i blo bãin du “khrul ba tşam kho na'o / rajjvām sarpa iti jñānam rajjudrstāv anarthakam / tadamśadrstau tatrāpi sar pavad rajjuvibhramaḥ // 1. Z. 22 v. I. de dag la bltos pa na. 153 Page #73 -------------------------------------------------------------------------- ________________ | btags pa'i dños po thams cad la / | ran gi no bo brtags pa na | kun rdzob ses pa‘i spyod yul ni / / ji sñed yod pa gzan las btags / 2. . / ji ltar cha śas la sogs pa'i dbye bas tha dad pa'i thag pa la sogs pa la brtags pa na ran gi no bo ma dmigs te / thag på la sogs pa'i blo yan sbrul lo sñam pa'i blo bzin du “khrul ba tsam du, zad pa de bzin du / nos cha la sogs pa la bltos nas yod pa rdza ma dan phor bu la sogs pa tha sñad paři ses pa’i spyod yul ji sñed pa thams cad kyan btags par yod pa yin te / de dag mthar rab tu phye na re zig bum pa la sogs pa ni tha sñad du btags pa yin no // gzan du zes bya ba ni / don dam pa'i ñid las so / | cha med brtag par bya min phyir / / tha ma yan ni med par mtshuns / 1 gan yan btags pa'i dros po thams cad kyi tha ma rdul phra rab kyi rdzas cha med pa gcig pu de yan / brtag par bya ba ma yin pa'i ran gi no bos dmigs par mi nus pa'i phyir / nam mkha'i me tog gi phren ba dan ri bon gi rwa la sogs pa dan mtshuns pas de yan dros po med pa ñid du ‘grub bo // ci ste yan ji ltar na brtag par bya ba ma yin pa'i mtshan ñid kyi gtan tshigs des / rdul phra rab kyi rdzas yod pa de ñid gcig tu med do zes ses par nus ze na / gan gi phyir yod na phyogs cha tha dad pa'i phyir / dper na yod pa bum pa dan snam bu dan sin rta la sogs pa'i rdzas ornams ni / śar dan nub la sogs pa'i phyogs cha tha dad pa'i phyir cha śas tha dad pa, dag snan ba ltar / gal te rdul phra rab kyi rdzas kyan yod pa gyur na / gdon mi za bar phyogs cha tha dad pa'i phyir śar Z. 3 v. l. gźan du kun rdzob ses pa'i // spyod yul ji sñed btags pa yin – Z. 7 v. l. de bžin du / rdza ma dan phur bu la sogs pa btags pa'i yod pa thams cad kyan nos cha la sogs pa la bltos pa yin pas tha sñad pa'i ses pa'i yul bum pa la sogs pa rab tu dbye ba'i mthar thug pa dan bcas pa ji sñed pa ‘di dag ni gzan las tha sñad btags pa kho na yin gyi don dam par ni ma yin no. 154 Page #74 -------------------------------------------------------------------------- ________________ dan nub la sogs pa'i cha śas tha dad par khas blan bar bya'o // cha śas tha dad pa yin na ni rdul phra rab kyi rdzas gcig tu mi ‘grub bo // rdzas kyi dbye ba man po snan ba'i phyir gcig ñid yod pa ma yin na ni / rdul phra rab mi dmigs pas rdul phra rab kyi rdzas su smra ba ‘di thon zig / / de phyir mkhas pas “khrul ba tsam / / yan dag don du min par brtag / 3. I gan gi phyir de ltár khams gsum la ‘khrul ba tsam yin pa de'i phyir / mkhas pa legs pa thob par 'dod pas 'di la yan dag pa'i don du brtag par mi byao / | gal te ‘di sñam du bum pa la sogs pa phyi rol gyi dnos po de dag ni / no bo ñid mi stogs pa'i phyir med pa las kun brtags pa yin pa bden no // de dag la dmigs paʻi rnam pa can ‘khrul ba'i ses pa ‘di ni yod do // dper na sgyu ma dan dri za'i gron khyer la sogs pa med kyan / de dag la dmigs pa'i rnam pa can gyi śes pa lta bu'o zes bya bar 'dod do ze na / : / “khrul na de yan ma dag phyir / I ji ltar snan ba de ltar med / don yod ma yin snan ba ni / / ji ltar de yi bdag ñid 'gyur / 4. / “khrul ba de yan rdzas kyi ran gi no bo ses pa yin na / rdzas de nį no bo ñid de lta bur yod pa ma yin te / 'di ni gon du bśad zin to // don de med na yan ran gi no bos ni nus pa med pas ma dag par 'gyur ro // ma dag pa'i phyir ‘khrul ba'i no bo ñid de lta bur yod do zes bya ba ji ltar ses / 'di ltar 'jig rten na yan sa bon la sogs pa bskyed par byed pa med na / bskyed par bya ba'i myu gu la sogs pa yod do zes bya ba'i chos de lta bu yan ma mthon no // de ñid kyi phyir sgyu ma'i dpe yan ma grub par nas bśad do / | gan zig zib mo'i blo yis ni / / thams cad btags pa kho nar ses / | blo Idan des ni chags la sogs / /' bde bar sbrul gyi skrag bžin spon / 5. Z. 27 v. I. de ñid kyi phyir bdag ni sgyu ma'i skyes bu‘i dpe yan ma grub par 'chad do. 155 Page #75 -------------------------------------------------------------------------- ________________ / ji skad bśad pa'i rnam pas btags pa tsam du yod pa'i khams gsum pa ‘di la gan zig bam pa la sogs pa rags pa'i blo bsal te / zib moʻi blos rdzas su med pa tha sñad tsam yin par nes par 'dzin pa de ni / ji ltar thag pa la sbrul lo sñam pa‘i ses pas kun nas bslan ba'i 'jigs pas de'i khyad par rnam par dpyad nas thag par nes pa na de'i sbrul gyi skrag pa med par gyur pa de bžin du / des kyan 'dod chags la sogs pa bskyed par byed pa'i dnos po dag la yons su brtags pas dod chags la sogs pa ñon mons pa'i dra ba rnams bde bar bka ba med par rin por mi thogs pa kho nar spon ba 'gyur ro / / 'jig rten pa yi don rtogs pas/ /'jig rten bžin du ses par bya / | kun nas ñon mons spon 'dod pas / | dam pa'i don gyis btsal bar bya / 6. / ji ltar 'jig rten pa dag bum pa la sogs pa'i don la yod pa'i no bor rtogs pas / 'di ni bum pao // snam bu'o // śin rtaʻo zes tha sñad ‘dogs pa de bžin du sắon gyi syrub pas tha sñad du bya'o // de'i ‘og tu 'dod chags la sogs pa ñon mons pa spon bar 'dod pa rnams kyis ji skad bśad pa'i don dam pa'i mtshan ñid kyis dños po rnams. la yons su btsal ba bya ste / de ltar dños po rnams la yons su tshol ba na / de'i 'dod chags la sogs pa ñon mons pa'i dra ba phyis mi skye bar ‘gyur ro / [/ de ltar ran bžin yons ses pa'i / / rnal 'byor pas ni gzugs sogs la / 1ñe bar spyod pas thub pa yis / | brtul zugs kyi ‘bras myur du “grub / 7. ./ ji skad du bśad pa'i rigs pas de kho na ñid kyi ran bžin yons su rtogs pa'i rnal 'byor pa 'dod pa'i yon tan rnams la mnon du spyod pa rdo rje ‘dzin gyi brtul zugs kyis zün du ‘jug pa’i skyu grub pa yin no //] Z. 11 v. l. bsgrub par bya — Z. 14 f. v. l. don la" dnos por rtog pas -- Z. 22 Vers 7 und der dazugehörige Kommentar fehlen in der chinesischen und in einem Teil der tibetischen Überlieferung. 156. Page #76 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 6. Ālambanaparikṣā Die Ālambanaparīkņā ist erhalten: 1. in einer chinesischen Übersetzung Paramārtha's (T 1619), 2. in einer chinesischen Übersetzung Hiuan-tsang’s (T 1624), 3. in einer tibetischen Übersetzung von śāntākaragupta und Tshulkhrims-rgyal-mtshan (No. 4205—4206). An Ausgaben liegen bisher vor: 1. S. Yamaguchi: Examen de l'objet de la Connaissance (Alamhanaparikṣā). Textes tibétain et chinois et traduction des stances et du commentaire; éclaircissements et notes d'après le commentaire tibétain de Vinītadeva – en collaboration avec Henriette Meyer. Journal Asiatique 1929 I, S. 1–65; 2. E. Frauwallner: Dignāga's Alambanaparīkņā. Text, Übersetzung und Erläuterungen. Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes, Bd. 37/1930, S. 174–194; 3. N. Aiyaswami Sastri: Alambanaparikṣā with Vrtti of Dinnāga, commentary of Dharmapāla, Tibetan and Chinese versions of the text. Adyar Library 1942 (mir nicht zugänglich); 4. ferner ist der tibetische Text und eine Rekonstruktion des Sanskrit-Originals als Anhang enthalten in dem Buch von S. Yamaguchi- und J. Nozawa: Seshin Yuishiki no Genten Kaimei, Kyoto 1953. Die folgende Wiedergabe des tibetischen Textes beruht auf der Tanjur-Ausgabe von Narthang-Berlin, der Ausgabe von Peking-Paris und der Ausgabe von Derge-Berlin. Auch hier beschränke ich mich bei der Wiedergabe der Varianten auf das inhaltlich Wichtige. Abkürzungen: N= Narthang, P= Peking, D=Derge. Ālambanapariksā / gan dag mig la sogs pa'i rnam par ses pa’i dmigs pa phyi rol gyi don yin par ‘dod pa de dag ni de'i rgyu yin pa'i phyir rdul phra rab dag yin pa'am der snan ba‘i ses pa skye ba'i phir de 'dus pa yin par rtog grạn na / de la re zig 157 Page #77 -------------------------------------------------------------------------- ________________ dban po rnam par rig pa'i rgyu / / phra rab rdúl dag yin mod kyi / . | der mi snan phyir de’i yul ni/ . /rdul phran ma yin dban po bžin / 1. / yul zes bya ba ni śes pas gan gi ran gi no bo nes par dzin pa yin te de'i rnam par skye ba'i phyir ro // rdul phra mo dag ni de'i rgyu ñid yin du zin kyan de lta ma yin te dban po bžin no // de Itar na re zig rdul phra mo dag dmigs pa ma yin no // 'dus pa ni der snan ba ñid yin du zin kyan / / gan ltar snan de de las min / / don gan zig ran snan ba'i rnam par rig pa bskyed pa de ni dmigs pa yin par rigs te / 'di ltar de ni skye ba'i rkyen ñid du bśad pas so // ‘dus pa ni de lta yan ma yin te / | rdzas su med phyir zla gñis bžin / / dban po ma tshan ba'i phyir zla ba gñis mthon ba ni der snan ba ñid yin du zin kyan de'i yul ma yin no // de bzin du rdzas su yod pa ma yin pa ñid kyis rgyu ma yin pa'i phyir ‘dus pa dmigs pa ma yin no / | de ltar phyi rol gñi gar yan | /blo yi yul du mi run no / 2. . / yan lag gcig ma tshan ba'i phyir. phyi rol gyi rdul phra mo dan tshogs pa zes bya ba‘i don ni dmigs pa ma yin no / / 'di la ni | kha cig ‘dus pa'i rnam pa dag / / sgrub pa yin par ‘dod par byed / yady,apīndriyavijñapteḥ kāraṇam paramāṇavaḥ / atadābhatayā nāsyā aksavad viņayo ’navaḥ// 1. viņayo hi nāma yasya jñānena svabhāvo ’vadhāryate... yadābhāsā na sū tasmāt... Z. 5 ses pas gan gis ran gi no bo D: ses pas ran gi no bo NP --- Z. 17 ‘dus pa dmigs D : 'dus byas dmigs NP. 158 Page #78 -------------------------------------------------------------------------- ________________ | don thams cad ni rnam pa du ma can yin pas de la rnam pa ‘ga zig gis mnon sum ñid du 'dod do // rdul phra rab rnams la yan ‘dus par snan ba'i śes pa bskyed pa'i rgyu‘i dños po yod do / / rdul phran rnam pa rnam rig gi / / don min sra ñid la sogs bzin / 3. / ji ltar sra ba ñid la sogs pa ni yod bzin du yan mig gi blo‘i yul ma yin pa ltar rdul phra mo ñid kyan de dan 'dra'o / / de dag ltar na bum pa dan / / kham phor sogs blo mtshuns par 'gyur / / bum pa dan kham phor la sogs pa'i rdul phra mo rnams la ni man du zin kyan khyad par 'ga' yan med do / | gal te rnam pa‘i dbye bas dbye / Igal te ‘di sñam du mgrin pa la sogs pa'i rnam pa'i khyad par las gan gis na blo‘i khyad par du 'gyur ba'i khyad par yod do sñam du sems na khyad par 'di ni bum pa la sogs pa la yod kyi / | de ni rdul phran rdzas yod la / 4. I med de tshad dbye med phyir ro / Irdul phra rab rnams ni rdzas gžan yin du zin kyan zlum po la ni dbye ba med do/ / de phyir de rdzas med la yod / | rnam pa'i dbye ba ni kun rdzob tu yod pa dag kho na la yod kyi rdul phra mo rnams la ma yin no // bum pa la sogs pa ni kuni rdzob tu yod pa ñid de ) / rdul phran yons su bsal na ni / | der snan ses pa ñams ‘gyur. phyir / 5. | rdzas su yod pa rnams la ni 'brel pa can bsal du zin kyan kha dog la sogs pa bzin du ran gi blo ‘dor ba med do // de lta bas na dban po'i blo rnams kyi yul ni phyi rol na ma yin par 'thad do // Z. 3 rgu'i dhos po yod NP: rgyu yod D – 2.7 kyan de dan ‘dra o D: kyan ‘dra'o NP – Z. 27 'dor ba med do NP : 'dor bar byed do D. . 159 Page #79 -------------------------------------------------------------------------- ________________ | nan gi ses bya'i no bo ni / ' / phyi rol ltar snan gan yin de / | don yin/ / phyi rol gyi don med bžin du phyi rol lta bur snan ba naň na yod pa kho na dmigs pa'i rkyen yin no / | rnam ses no boʻi phyir / | de rkyen ñid kyan yin phyir ro / 6. | nan gi rnam par ses pa ni don du snan ba dan / de las skyes pa yin pas chos ñid gñis dan Idan pa'i phyir nan na yod pa kho na dmigs pa'i rkyen yin no // re žig de ltar snan ba ñid yin la reg na / de'i phyogs gcig po lhan cig skyes pa go ji ltar rkyen yin že na / Igcig na‘an mi“khrul phyir na rkyen / | lhan cig par gyur du zin kyan 'khrul ba med pa'i phyir gžan las skyes pa'i rkyen du 'gyur te / 'di ltar gtan tshigs pa dag ni yod pa dan med pa dag gi de dan Idan pa ñid ni rgyu dan rgyu dan Idan pa rim gyis skye ba dag gi yan mtshan ñid yin par smra'o // yan na nus pa ‘jog phyir rim gyis yin / rim gyis kyan yin te / don du snan ba de ni raň snan ba dan mthun : pa'i 'bras bu skyed par byed pa'i nus pa rnam par ses pa'i rten can byed pas mi ‘gal lo // gal te ‘o na ni nan gi gzugs kho na dmigs pa'i rkyen yin na / ji ltar de dan mig la brten nas mig gi rnam par ses pa skye że na / | lhan cig byed dban nus pa yi / I no bo gan yin dban poʻan yin / 7. yad antar jñeyarūpam tu bahirvad avabhāsate / . so 'rtho vijñānarūpatvāt tatpratyayatayā ’pi ca // 6. pratyayo 'vyabhicāritvật saha atha vā śaktyarpaņāt kramāt / krameṇāpi / so ’rthāvabhāsaḥ svānurūpakāryotpattaye saktim vijñānādhārām karotīty avirodhaḥ// 160 Page #80 -------------------------------------------------------------------------- ________________ / dban po ni ran gi 'bras bu las nus pa'i no bo ñid du rjes su dpag gi ‘byun ba las gyur pa ñid du ni ma yin no / | de yan rnam rig la mi 'gal / | nus pa'i rnam par ses pa la yod kyan run / bstan du med pa'i ran gi no bo la yod kyan run ste / 'bras bu skyed pa la khyad par med do / | de ltar yul gyi no bo dan / | nus pa phan tshun rgyu can dan / | thog ma med dus “jug pa yin / 8. | mig ces bya baʻi nus pa dan / nan gi gzugs la brten nas rnam par ses pa don du snan ba dmigs kyis ma phye ba skyeo // 'di gñis kyan phan tshun gyi rgyu can dan / thog ma med pa'i dus' can yin te / res 'ga ni nus pa yons su smin pa las rnam par ses pa yul gyi rnam pa ñid du byun la res 'ga' ni de'i rnam pa las nus pa'o // rnam par ses pa dan de gñis gžan ñid dan / gzan ma yin pa ñid du ci dgar brjod par byaʻo || de ltar nan gi dmigs pa ni chos ñid gñis dan Idan pa'i phyir yul ñid du 'thad do // Z. 11 ma phye ba skye'o NP: ma bstan pa skye'o D – Z. 12 dus can yin te D: dus ma yin te NP – Z. 14 rnam pa la NPD. 7. Hetucakradamaruḥ Der Hetucakradamaruḥ ist nur in einer tibetischen Übersetzung von śāntirakṣita und Dharmāśoka erhalten (No. 4209). Eine Wiedergabe des Textes mit dem Versuch einer Rekonstruktion des Sanskritoriginals und einer englischen Übersetzung hat Durgacharan Chatterji im Indian Historical Quarterly IX/1933, S. 266—272 und 511–514, veröffentlicht. Meine Wiedergabe des Textes beruht auf der Tanjur - Ausgabe von Narthang-Berlin (die Abschrift stammt wieder von P. Hiss), der Ausgabe von Peking-Paris (durchverglichen von Herrn Fr. Bischoff) und der Ausgabe von Derge-Berlin. Abkürzungen: N= Narthang, P = Peking, D=Derge. . Page #81 -------------------------------------------------------------------------- ________________ A. Hetucakradamaruḥ / 'khrul pa'i dra ba 'joms mdzad pa'i / | thams cad mkhyen la phyag 'tshal nas / c/gtan tshigs tshul gsum ‘khor lo‘yi / | gtan la dbab pa bśad par bya / 1. I'rjes su dpag par bya ba la / / yod dan med dan gñis ka yi / / yod pa la ni yan dag ste / / med dan gñis ka ma grub yin / 2. / the tshom gñis te ma grub bžin / / ma grub sbyar ba de bžin du / 3. | mthun pa'i phyogs la yod pa dan / / med pa de bžin gñis ka dan / / mi mthun phyogs la de bžin no / | gsum la rnam pa gsum yin te / 4. sten ‘og gñis' la yan dag go / I logs la 'gal ba gñis yin te / / zur bãi thun mon ma nes yin/ / dbus na thun mon ma yin pa'o / 5. | gžal bya byas dan mi rtag dan / | byas dan mñan bya rtsol byun dan / mi rtag rtsol byun lus can min/ 1. . . . . . . . . . . . / 6. /rtag dan mi rtag rtsol byun dan / /rtag dan rtag dan rtag pa dan / /rtsol byun min dan mi rtag rtag / | rtag pa la ni sgrub pa bkod / 7. / sten og mi mthun logs dan sbyar / /yan dag gtan tshigs gñis yin no / | logs dan mi mthun sten og sbyar / légal ba'i gtan tshigs gñis yin no / 8. | zur bãi thad dan snol mar sbyar / v. 1 khor lo yi D : kho bo yi NP - v. 6 lus can min D : lus nin rtag NP. 162 Page #82 -------------------------------------------------------------------------- ________________ | thun mon ma nes rnam pa bãi / I logs gñis thad kar sbyar bas na / 1 thun mon ma yin ma nes paʻo /9. /gtan tshigs ‘khrul ‘khor rnam dgu yi / | dpe yi rnam pa 'di lta ste / | nam mkha' bum dan bummkha' dan / | bum' pa glog dan nam mkha' bžin / 10. / mkha' dan bum pa mkha' bum dan / | mkha' dan bum pa glog bžin dan / | glog dan nam mkha' bum bžin dan / / bum dan glog dan mkha' bžin dan / | nam mkha' rdul phran las bum bžin / 11. / de ni nes pa'i dban byas yin/ / the tshom za ba'i lugs la ni/ / yod dan med dan yod med dan / | phyogs gcig mtha' dag sbyar bas so / 12. v. 10 dpe yi D: de‘i NP. B. Kürzere Versreihe (Fehlt in D) | rtag dan mi rtag rtsol byun dan / / bar du rtag pa rnam gsum dan / | rtsol byun min dan ma rtag rtag / | dgu po de ni bsgrub bya'i chos / 1. | gzal bya byas dan mi rtag dan / / byas dan mñan bya rtsol las byun / / mi rtag rtsol byun reg bya min / | dgu po 'di ni rtags rnams yin / 2. | dan po gsum po mthun phyogs la / / yod pa gzir bżag mi mthun la / | khyab byed gtan med gñis paʻo / | bar pa rnam gsum mthun phyogs la / 3. | med pa gżir byas mi mthun la / | khyab dan gtan med rnam gñis paʻo / 163 Page #83 -------------------------------------------------------------------------- ________________ l'og ma gsum po mthun phyogs la / | rnam pa gnis pa gzir byas nas / 4. | mi ilun phyogs la khyab pa dan / | gtan med rnam pa gnis pa yin / / rim pa bzin du go bar mdzod / | zur bzi dnos kyi ma nes pa / 5. I logs gnis la ni "gal rtags te / | dbus kyi dbus ni thun mon min/ | dbus kyi thog mtha' yan dag dgod / / blo gros khyon du 'khums par mdzod / 6. v. 4b khyab dan mi mthun rnum gnis pa'o NP -- v. 6d blo gros blo'i khyon du NP. 8. Hetumukham Bezeugte Fragmente: 1. asambhavo vidheh. 2. ajneyam kalpitam krtva tadvyayacchedena jneye 'numanam. Vermutliche Fragmente: 1. grahyadharmas tadamsena vyapto hetuh. 2. sarva evayam anumananumeyavyavaharo buddhjarudhenaiva dharmadharmibhedena na bahih sadasattvam apeksate. Druck: Bruder Hollinek, Wien III.