Book Title: Katha Ratnakar
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Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir For Private and Personal Use Only Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir MEISTERWERKE ORIENTALISCHER CON LASTMASTERTILLON LITERATUREN In deutschen Driginalubersessungen berausgegeben von Hermann von Staden Funfter Band KATHARATNAK ARA I. 9. 2.0 E Munchen bei Georg Muller For Private and Personal Use Only Page #3 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir KATHARATNAKARA Das Marchenmeer Eine Sammlung indischer Erzahlungen von hema vijana Deutsch Von Sobanne& Hertel Band II Funfte bis neunte Woge I. 9. 2.0 Mun den bei Georg Muller For Private and Personal Use Only Page #4 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Meisterwerke orientalischer literaturen Herausgegeben von Hermann von Staden Funfter Band Serial No.49.6.. Subject.L:No.691 Alm. 1....Shil. For Private and Personal Use Only Page #5 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Funfte Woge For Private and Personal Use Only Page #6 -------------------------------------------------------------------------- ________________ stan Mahasut Jan Arashana kondo Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org wa komlethora Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Acharya Shri Kalusugarak yenmanat For Private and Personal Use Only Page #7 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 102. Erzahlung Nanbari, die Frau des Brahmanen Mahesa ober Wie's die Weiber treiben In der Stadt Ganianapura lebte ein Brahmane Mahesa; der hatte eine schone Frau, welche Nandari hiess. Als der Gemahl dieser Nandari einmal in die Fremde gegangen war, tat fie fich keinen Zwang an, sondern genoss mit einem anderen Manne, was die Sinne erfreut. Nach einer langen Neihe von Dagen fehrte Mahesa nach Hause zuruck. Nandari ging Wasser holen und traf dabei unterwegs ihren jugendlichen Buhlen, welcher zu ihr sagte: ,,Schones Kind, gewahre mir heute noch ein Stelldichein, obwohl dein Mann zurudgekehrt ist; sonst ist es por: bei mit unserer Liebe." Sie versprach es ihm, ging heim und bediente ihren Gatten durch ein Bad und andere Nufmerksamfeiten mit ganz besonderer Hingebung. Darauf gab ihr Mann ihr Geld und schickte sie auf den Markt, um Weizenmehl, Reis und andere Nahrungsmittel zu holen. Sie aber dachte: ,,Da hab ich ia gleich Gelegenheit, mit meinem Liebsten zu buhlen!" Sie ging also zu einem Kaufmann, der in seiner Bude stand, und sagte zu ihm: hier, guter Mann, ist Geld; gib mir soundsoviel Wei For Private and Personal Use Only Page #8 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir zenmehl, soundsoviel Reis, binde alles in den Zipfel meines Umhangs i und lege es mir zurecht. Ich habe noch andere Besorgungen zu erledigen, und wenn ich damit fertig bin, so fomm' ich wieder und hole es." Als sie sich entfernt hatte, dachte der Kaufmann: ,,Das ist wohl auch eine, die fur die Freiheit schwarmt und es nicht erwarten kann, bis sie sich mit ihrem Liebsten vergnugt. Ich will ihr also statt des Weizenmehls und des Reises Staub in den Zipfel ihres Umhangs binden und ihn herlegen. Denn wenn sie wiederkommt, so wird sie's eilig haben und nicht erst nachsehen, ob Staub oder was anderes drin ist." Und er tat, wie er sich vorgenominen hatte. Als sie zurucfam, nahm sie schleunigst den Beutel mit dem Staub und machte, dass fie heiinfam. Ihr Mann offnete den Beutel, fand in ihm den Staub und fragte fie: ,,Was soll das heissen?" Aber seine Frau liess sich nicht verbluffen, sondern ant: wortete mit Geistesgegenwart: ,,Ach, lieber Mann, das Geld, das du mir gegeben hast, ist mir aus der Hand gefallen, und ich habe es gesucht und gesucht; da mir das aber schliesslich zu lange dauerte und ich es nicht finden konnte, so habe ich gleich einen Haufen Strassenstaub von jener Stelle eingesackt und ihn mitgebracht." Da gab er ihr nochmals Geld, um alle die Waren zu besorgen, und war von der Treue seiner Frau uberzeugt. 1. Die Inder, in deren Nationaltracht sich keine Casden befinden, binden Gegenstande, die sie nicht in den Handen tragen wollen, in die Zipfel ihrer Kleidungsstucke. For Private and Personal Use Only Page #9 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 103. Erzahlung Die laus Mandavifarpini oder Wer mit bosen Menschen verkehrt, schadigt sich selbst In der Stadt Banapura herrschte einst ein Konig Jitarana. Der hatte eine mit schneeweisser Seide uberzogene Matrasse, und in dieser Matrasse lebte von jeher eine laus, welche Mandavisarpini , hiess. Eines Tages kam zu ihr ein Floh namens Vaframukha 2 zu Besuch und sagte zu ihr: ,,Geht es dir wohl, liebe Lante?" Sie antwortete ihm: ,,Und bist du denn auch ganz ges sund, lieber Neffe ?" So erkundigten sie sich eine ganze Weile liebevoll nach ihrem beiderseitigen Wohlbefinden. Als sich darauf der Floh wieder entfernen wollte, sagte die faus zu ihm: ,,Heute, lieber Neffe, sollst du mein Gast sein, damit ich dir meine Liebe beweisen kann." Und als er fie fragte, worin dieser Liebesbeweid bestehen sollte, fuhr sie fort: ,,Auf dieser Matrasse schlaft namlich ein sehr wohlbeleibter Konig; und wenn er eingeschlafen ist, so follft du an seinem Blute nippen, welches viel viel fusser schmeckt als Amfta. 3 Dann erst magst du wieder gehen." Weil sie's nun gar nicht anders tat, fo blieb er, bis der Abend farn und der Konig sich auf der Matrasse zu wohligem Schlummer bettete. Als sich der Konig niedergelegt hatte, kam der Floh ganz fachte hervorgetrochen und biss ihn in den Rucken. Da sagte der Konig wieder und wieder: ,,Mich hat etwas in meinen leib gebissen!" Und dabei stand er auf. Als seine Dienerschaft das merkte, suchte sie die Matrasse 1. ,,Langsam kriedyend". 2. ,,Blikmund". 3. S. 20,6. For Private and Personal Use Only Page #10 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir sorgfaltig mit einer Pampe ab. Da kriegte es der Floh mit der Angst zu tun und machte sich wie eine Krahe auf und davon.4 Die Diener aber durchsuchten die ganze Matrasse und entdeckten schlicsslich die arme faus. ,,Ei, da ist die Nichtswurdige," so riefen fie, die an unseres Gebieters leib gezehrt hat! Schmach uber die Verruchte!" So riefen sie und Fnidten fic, und die Laus musste den Tod erleiden zum lohne dafur, dass sie einen Gesellen beherbergt hatte, von dem fie nicht wusste, wie er sich be: tragen wurde. 104. Erzahlung Dhanassri oder Der Mut In der Stadt Dhavalapura lebte einst ein Kaufmann Dhana mit seiner Gemahlin Dhanassri. Da dieses Ehepaar auf nichts eifriger bedacht war, als darauf, durch seine Freigebigfeit gute Werke zu sammeln, so breitete sich sein Ruhm nach allen Seiten aus, wie ein Tropfen $1 auf einer Wasserflache. Eines Tages rastete im Wohnort der beiden eine grosse Jaina-Gemeinde, welche sich auf einer Wallfahrt nach dem hochheiligen Satrunava i befand. Puri, die Tochter des Geldverleihers der Stadt, besah sich die Prozession zu: sammen mit einer Freundin, und diese Freundin sagte zu ihr: ,,Wer soll denn alle diese Pilger befoftigen ?" 4. Sprichwortlid), wie man im Vogtland sagt: ,,Wie die Kasivom Taubenschlag." 1. S. 12,5. For Private and Personal Use Only Page #11 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Puri, welche anderer leute Vorzuge mit Neid betrachtete, gab ihr spottisch zur Antwort: ,,Wer denn sonst, als der beruhmte Spender Dhana! Der wird auch diese Menschenmenge bewirten." Zufallig ging Dhanasri hinter den beiden Her und hatte barum ihr Gesprach gehort. Sie teilte es ihrem Manne mit; dieser aber sprach: ,,Was soll ich tun, mein Lieb? Dazu reicht unser Vermogen nicht aus, dass wir damit diese ganze Pilgerschaft bekoftigen." Sie entgegnete auf seine Worte: ,,, tade nur alle Teilnehmer an der Wallfahrt ein, o Herr! Ich aber will mit der Hand in dieses Erdloch greifen, in welchem eine Schlange wohnt. Sie wird mich beissen, ich werde an dem Bisse sterben, und dann wird die Prozession der Einladung in dein Haus feine Folge leisten. Der Ruhm aber, den du durch sie erwirbst, wird dir bleiben." So lud denn Dhana die Pilgergemeinde ein. Dhanasri aber nahm allen ihren Mut zusammen und griff mit der Hand in jenes Erbloch, Ein Engel 2 aber freute sich fo uber ihren Mut, dass er die Schlange in ein Halsband verwandelte, dem er den Namen ,,Goldranke" gab.3 Als Dhana sah, dass seine Frau dieses Geschmeide in der Hand hielt, ward er froh. Er nahm es, hinterlegte es bei dem oben erwahnten Geldverleiher, beschenfte fur das Geld, welches er dafur geliehen befam, alle Teilnehmer der Prozession init Kleidern und anderen Gaben und gab ihnen dann das versprochene Mahl. Um nachsten Lage aber begab er sich in das Haus des 2. Jeder Arhat (f. oben 1,2) hat einen mannlichen und einen weiblichen Wafsa (f. 29,), der den Mendyen feine Befehle uberbringt, also im eigentlid)sten Sinne einem chriftlichen Engel (argelos) entspricht. 3. S. 7,2. For Private and Personal Use Only Page #12 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Banfiers und sagte zu ihm: ,Stellt mir Eure Quittung aus, gebt mir meine Halskette zuruck und nehmt dafur das Geld wieder, welches Ihr inir geliehen habt. Als aber der andere mit der Hand in den Koffer griff, in welchem er das Geschmeide verwahrt hatte, um es herauszunehmen, erblickte er in demselben eine machtige Schlange, und lief mit einem Schrei des Entsegens davon. Beim Anblick dieses Vorgangs dachte Dhana: ,,Das ist also jene Schlange felbst, und nur meine guten Werle haben es bewirkt, dass fie sich in eine Halskette verwandelt hat; und jesst ist das Geschmeide wieder zur Schlange geworden. Wer konnte also behaupten, dass ich den Geldverleiher geschadigt hatte ?" So dachte er und sagte zu ihm: ,,Dein Geld, trefflicher Mann, ist hin, und mein Halsband ist gleichfalls hin. So haben wir feinen Anlass, weiter daruber zu streiten, was jeder von uns zu geben und zu bekommen hat." Der andere musste ihm zustimmen. Dhana aber ging nach Hause und erzahlte seiner Frau alles, was sich ereignet hatte; und als seine Zeit gekommen war, sorgte er fur sein Heil. 105. Erzahlung Der Brahmane oder Allzu grosse Habsucht schadet In Paligrama lebte ein Brahmane namens Krsna feit seiner Geburt in schlechten Verhaltnissen. Eines Tages ging er im Auftrage seiner Frau mit einer Art, um Holz zu holen, in einen Wald, welcher mit dem Tempel des Yaksa i 1. S. 29,.. For Private and Personal Use Only Page #13 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Kapila geschinudt war. Da er dort kein anderes Holz fand, welches fich zu Feuerungsmaterial geeignet Hatte, schickte er sich schon an, das holzerne Standbild des Yafsa zu zers haden, als ihm infolge des fruher erworbenen Schakes seiner guten Werke der Gott erschien und zu ihm sprach: ,,Berhade mich nicht, guter Mann! Bitte mich lieber um das, worauf du es abgesehen haft!" Da sagte Krsna zu ihm: ,,Git, dass ich in meinem Heim taglich ledere Speise die Fulle habe, wie ich ihrer begehre, um die Bewohner meines Hauses zu sattigen." Der Mafsa sprach: ,,Es sei!" und verschwand. Der Brahmane aber ging wieder nach Hause, fand in einem Winkel seiner Wohnung das Geld, dessen er zur Fuhrung feines Haushaltes bedurfte, und be: stritt damit den Unterhalt seiner Angehorigen. Von seiner Frau aber erfuhr die Frau seines Nachbars diese Geschichte. Da ichidte sie gleichfalls ihren Mann hinaus. Als dieser aber in den Wald gekommen war und es feinem Nachbarn nachtun wollte, ward der Vafsa zornig und lahmte ihn, so dass er mit erhobenen Handen, offenem Munde und unbeweglichen Fussen daftand, wahrend seine Augen, sein Bauch und die ubrigen Zeite seines Korpers sichtbarlich von Schmerzen gepeinigt wurden. Dann sprach der Gott zu ihm: ,,Da sieh, du Elender, was du daron hast, dass du mir mit Verachtung zu begegnen wagtest! Ich werde dich gleich in Vamas Wohnung fuhren!"2 Da sagte der Mann, indem sich feine Augen drehten und er am ganzen feibe bebte: ,,Ich will alles tun, was du befiehist, o Gott! Nur lass mich freil" Als er jo flehte, sprach der Yafsa zu ihm: ,,Zrage die Butter deines Haushalts dem Brah: manen Krsna ins Haus!" Nach diesen Worten entfernte sich der Yafsa, und der andere tat, wie ihm befohlen. 2. S. 1,s. For Private and Personal Use Only Page #14 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 106. Erzahlung Damini, die Frau des Handelsherrn oder Eine junge Frau vermag fich nicht zu beherrschen In der Stadt Hastipura lebte ein Kaufherr, welcher Surabatta hiess. Dessen Sohn Sobhana hatte sich mit einem Madchen namens Damini vermahlt; und beide Gatten lebten miteinander in fiebe vereinigt wie Rati mit ihrem Gemahl, dem Gott der Liebe. I Eines Lages fagte Sobhana zu seiner Frau: ,,Was wirst du tun, liebes Kind, wenn ich einmal gestorben bin ?" Sie antwortete: ,,Ich werde dir folgen, o Herr, indem ich ins Feuer gehe. Darauf darfst du dich verlassen." Nachdem sie ihm das versprochen hatte, richtete sie die gleiche Frage an ihn, und er gab ihr die gleiche Antwort. Einige Zeit darauf fugte es das Schidsal, dass Damini von einer Schlange gebissen und von dem Gifte ohnmachtig ward und aussah, wie eine Leiche. Da verliess Sobhana tross aller Bitten seiner Freunde, feines Vaters und seiner Verwandten seine Familie, begleitete sie, die man davontrug, und wollte eben den Verbrennungsplass betreten, um den Holzstoss zu entzunden, als die Sonne unterging. Weil nun Leichen in der Nacht nicht verbrannt werden durfen, To legte er sich an den auf dem Verbrennungsplass flebens den Tempel, welcher durch eine lampe erleuchtet war, legte das Haupt seiner Gemahlin in seinen Schoss und wartete. Da kam ein Vidyadhara, 2 welcher mit seiner Frau durch die Luft flog, an jene Stelle, und weil seine Frau ihn bat, die Zote zu beleben, fo fragte er Sobhana, was ihm widerfahren sei. Sobhana erzahlte ihm getreulich, wie es ihm ergangen war, und der Vidyadhara sprach: 1. S. 1,6. 2. S. 1,4. IO For Private and Personal Use Only Page #15 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ,,Willst du dich ferner Deines Liebesgludes freuen, so tritt deiner Frau einen Teil deiner Lebenszeit ab; dann kann ich fie ins Leben zuruckrufen." Sobhana liess sich das nicht zweimal sagen, sondern verzichtete auf zehn Jahre Teines Lebens, und sogleich belebte der Vidyadhara die Lote durch die Macht seiner Wissenschaft und flog dann weiter. Kaum hatte er fich entfernt, so erhob sich die Frau. Sobhana aber legte sein Haupt in ihren Schoss und schlief ein, wo er gesessen hatte. Darauf fann der Sohn eines Ministers des Wegs baher, erblickte Damini und sagte zu ihr: ,,Willst du nicht meinem Palafte zur Zierde gereichen, schone Frau? Ich will dich zur Gebieterin meines Harems machen." Da nahm sie ihres Gatten Kopf aus ihrem Schoss, legte ihn statt dessen auf einen Holzkloss und liess sich von dem Fremden, dessen Schonheit ihr's angetan hatte, entfuhren. Als aber Sobhana am Morgen erwachte, merfte er, dass sie entflohen war, und fehrte allein nach Hause zurud. Sein Vater und seine ubrigen Verwandten besturmten ihn mit Fragen, und er gab ihnen zur Antwort: ,,Ein Damon hat sie geraubt." In seinem Herzen aber trug er heftigen Gram und dachte: ,,Dass die Liederliche entflohen ist und mein Leben mitgenommen hat, das schmerzt!" Darauf 30g er in der Kleidung eines Karawanenbesigers im Lande umher, durch Stadte, Flecken und Dorfer, und beobachtete die Frauen an Seen, Flussen, Leichen, Brunnen und anderen Orten, an denen sie fich in der offentlichkeit zeigen, und als er nach der Stadt Nidhisara fam, erblickte er wirflich seine Frau, wie sie sich im See mit Hingebung am Wasserspiel 3 ergosste, erkannte sie, erfundigte sich bei den feuten nach der Wohnung ihres Gatten und nach 3. Das Wafjerspiel besteht in Belustigung bei gemeinsamem Bad, II For Private and Personal Use Only Page #16 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir anderem, was er zu wissen begehrte, begab sich dann zum Konig und sprach zu ihm: ,,Der Sohn des Ministers deiner Majestat hat meine Frau entfuhrt." Sogleich liess der Konig Damini fommen und fragte sie; sie aber sagte: ,,Das ist nicht mein Mann, und ich bin nicht dieses Mannes Weib!" So kam es zum Rechtsstreit. Der Konig verhorte Sobhana. Sobhana erzahlte die ganze Vorgeschichte desselben und sagte dann: ,,Und nun, Majeftat! Ift sie nicht meine Frau, so mag's Dabei bewenden. Aber sie soll Wasser in meine Hand giessen und mir mein Leben zuruckgeben!"4 Der Konig gewahrte seine Bitte und befahl ihr, das zu tun; und sie war so frech, es wirklich auszufuhren. Plosslich aber - wie's der Krahe mit der Palmennuss ergings - totete jener Vidyadhara, welcher bei einem Flug im Uther den ganzen Vorgang bemerkt hatte, in seinem Zorn durch seines Wissens Macht die Frau, ohne erst aus der Hobe berniederzusteigen, und flog nach einer Wohnung weiter. Die Menschen schmahten Damini, welche dadurch zwiefach in den Abgrund sturzte; 6 Sobhana hingegen priesen sie glucklich. Er fehrte nach Hause zuruck und forderte sein Heil. 4. Indem man einem andern Wasser in die Hand giesst, ubertragt man ihm magisch eine Gabe. 5. Sprichwortlich, um anzudeuten, dass etwas unerwartet eintritt, wie die Strahe von einer Palmen: nuss in dem Augenblick erschlagen ward, in dem sie sich auf einen Aft der Palme niedersette. 6. S. 46,5. dass etwas unermeine Gabe. s. Sprich mit Pano giesst, ubertragt 12 For Private and Personal Use Only Page #17 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 107. Erzahlung Premavati, die Geliebte des Gelehrten Triviframa oder Keinem gibt sich ein Weib zu eigen In der Stadt Korantafuta regierte einst ein Konig Mafaradhvaja. Der hatte an seinem Hofe einen gelehrten Brahmanen, welcher Triviframa hiess. Als diesem Gelehrten seine Frau gestorben war, fuhrte er Premavati, die junge und schone Witwe eines anderen gelehrten Brahmanen, in fein Haus; und ihre Liebe zu ihm steigerte sich zu ungewohnlicher Leidenschaft. Um's kurz zu machen: die gegenseitige Neigung des Paares wuchs in kurzem so, wie es sonst nur in einer Ehe der Fall zu sein pflegt. Mit unbegrenztem Vertrauen ubertrug ihr der Brahmane die Bereitung seiner Mahlzeiten, seines Bades, seines Bettes und alle anderen Hauslichen Verrichtungen. Als er aber eines Tages in des Konigs Hofversaminlung seine Geliebte pries, sagte der Konig zu ihm: Mein lieber Drivifrainal Selbst angetrauten Frauen soll man nicht trauen, wieviel weniger solchen, die einem aus fremdem Hause zugelaufen sind. Denn: Den Frauen und den Stromen, mein Freund, darf man nicht trauen. Beide entwurzeln: jene die Man ner, diese die Baume." Der Brahinane aber liess nicht ab, sie zu preisen; so vollig eins chien sein Wesen mit dem ihrigen zu sein. Einige Zeit darauf schuste der Konig eine Krankheit vor und verweilte eine Reihe von Tagen in seinem Harem, und als er ihn wieder verliess, sagte er zu dem Gelehrten: ,,Mein Leib, lieber Trivikrama, ift jesst wieder gesundet. fur diesen Fall ist vorgeschrieben, dass man die Hausgott: 13 For Private and Personal Use Only Page #18 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir heit mit einem Opfer ehrt, welches in einem Finger von der Hand der Frau eines gelehrten Brahmanen besteht, und ich halte Ausschau nach solcher Opferspende. Nun lebt aber in dieser ganzen Stadt nur eine Frau, welche aufs Wort gehorcht, und das ist die deine. Darum forge du dafur." Liefbekummert ging Trivikrama nach Hause, und es bedurfte vieler Bitten seiner Seliebten, bis er ihr geftand, was der Konig ihm aufgetragen hatte. Aber Premavati zauberte feinen Augenblick; fie liess sich sofort mit einem Meller einen Finger abschneiden und gab ihn dem Gelehrten. Dieser aber brachte ihn dem Konig und sagte zu ihm: ,,Sieh nun selbst, o Konig, mit welch tiefer Neigung mir meine Geliebte ergeben ist!" Aber der Konig blieb unglaubig und sprach: ,,Bestandigkeit wohnt in feines Weibes Herzen. Denn: Die Ohren eines Elefanten, die Grashaline und die Gewasser, die Linien, die der Blitz am Himmel zieht, und die Frauenherzen kennen feinen Bestand." Der Gelehrte aber horte das an und versicherte: ,,Premavati, Majestat, ist nicht wie die andern." Nach einiger Zeit redete der Konig unter ahnlichem Vors wand wiederum Trivikrama an und fprach zu ihm: ,,lieber Zriviframa! Heute habe ich gelobt, die Gottin meines Hauses mit dem Kopf der Frau eines gelehrten Brahmanen zu verehren, und suche nun einen solchen." Wieder ging Triviframa von heftigem Kummer gepei: nigt nach Hause, und als Premavati den Grund desselben aus ihm herausgefragt hatte, ergriff fie ein Schwert und (chlug sich selbst das Haupt ab. Weinend hullte der Brahmane ihren Kopf in ein Luch von feinster Seide und ubergab ihn dem Konig. Dann aber liess er sogleich die Leiche feiner Geliebten auf einem Scheiter: 14 For Private and Personal Use Only Page #19 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir haufen verbrennen, der aus Sandelholz geschichtet war. I Und fo heftig war die Leidenschaft, welche ihn fur sie bes Feelte, dass er sich nach feinem anderen Weibe umsah. Um ihn zu belehren, gab ihm der Konig ein Gefass, welches Amsta 2 enthielt, und sprach zu ihm: ,,Wenn du begehrst, dass Premavati zu neuem Leben erstehe, so besprenge den Ort, an dem ihr Scheiterhaufen stand, mit diesem Umfta." Man kann sich denfen, wie der Brahmane lief, um des Konigs Weisung zu befolgen, und wirklich ward seine Geliebte wieder lebendig. Als sie aber aus dem Munde des Brahmanen von der Wunderkraft des Amfta horte, dachte sie: ,,Wenn das Schicksal es gewollt hat, dass ich heute wieder lebendig werden sollte, so will es das ein andermal vielleicht nicht. Und wer weiss, wie es mir dann ergeht." Und mit diesen Gedanken nahin sie das Umfta, besprengte mit ihm den Ort, an dem der Scheiterhaufen ihres ersten Gatten gestanden hatte, nahm, als dieser lebendig geworden war, das Amftagefass und fluchtete mit ihrem ersten Mann bei Nacht und Nebel in ein anderes Land. Auf die Kunde von diesem Ereignis hin aber sagte der Konig zu dem Brahmanen: ,,Triviframa, trau ihr nicht, wenn sie sich auch den Kopf abschneidet, um ihn zu verschenfen. Eines Tages spult der Fluss ja doch die Baume mit ihren Wurzeln samt dein Ufer hinweg." Als der Brahmane das horte, war auch er vollstandig von der Liebe zu den Frauen geheilt. 1. Das Sandelholz ist ungeheuer fortbar, so dass diese Bestattung den Aufwand eines Vermogens erforderte. Vgl. 79. 2. S. 20,5. IS For Private and Personal Use Only Page #20 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 108. Erzahlung Der Lehrer Hemacandra oder Man muss zu antworten wissen In der Stadt Pattana las einmal der beruhmte Lehrer Hemacandra - der einzige Allwissende in diesem KaliZeitalter 1 - einer grossen Versammlung reicher Raufherren das Leben des grossen Monches Sthulabhadra vor. Davon horten die Brahmanen, welche den Jainamonchen feind waren, und sagten zu Konig Jayasimha Siddharaja: 2 ,,In dieser Stadt, Majestat, erzahlt ein Monchlein den Burgern folgendes Marchen: ,,In Patalipura wurde Sthulabhadra, der Sohn des Ministers Safatala, Monch, worauf er vier Monate lang im Hause einer Hetare sass, die er vorher geliebt hatte. Obwohl er sich nun dort fortwahrend an Speisen delektierte, welche den verwohntesten Feinschmecker befriedigt hatten, wahrte er doch seine Keuschheit. Das ist doch wirklich reichlich ungereimt!" Der Konig war der gleichen Meinung, liess seinen ver: ehrten Lehrer kommen und sagte zu ihm: ,,Was wird denn gegenwartig den Kaufleuten vor: getragen, hochwurdiger Herr ?" Hemacandra fagte: ,,Das Leben des erhabenen Sthulabhadra." - ,,Was wird denn darin erzahlt?" - Da sagte der Gelehrte: ,,Ehre dem behren Monche Sthulabhadra! Eine in Leidenschaft ergluhte Hetare, die ihm immer diente, Sattigung an Speisen, welche dem verwohntesten Gaumen Rechnung trugen, ein Palast als Wohnung, ein schoner leib, dazu ein jungst erreichtes Jung1. S. 5,1 und 12,1. 2. S. 12,1. 16 For Private and Personal Use Only Page #21 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir lingsalter und diese wolfentrube Jahreszeit 3 - und trossdem bezwang er seine leidenschaft mit festem Sinn und brachte es fertig, das junge Meib zu bekehren." Als das die beim Konig stehenden Brahmanen horten, welche auf Hemacandra immer neidisch waren - freilich ohne, dass fie damit etwas erreicht hatten - sagten fie: ,,Selbst Vissvamitra, Parasara und die andern grossen Heiligen, 4 die sich von Niedgras nahrten, vera loren die Besinnung, sobald ihnen das liebliche, lotusgleiche Antlig einer Frau zu Gesichte kam. Wie follten da Menschen ihre Sinne zu zugeln imstande sein, welche Speisen zu sich nehmen, die mit Butter, saurer und fusser Milch bereitet find? Ei, seht doch diesen Schwindel!" Hemacandra war naturlich nicht so dumm, dass er nicht gemerft hatte, worauf sie es mit ihrer Ohrenblaserei ab: gesehen hatten, und da er nie um eine Antwort verlegen war, so sagte er: ,,D6 inan feusch oder unfeusch leben fann, erhabener Forst, das hangt nicht davon ab, was man verzehrt und nicht verzehrt, sondern von der Beschaffenheit des Cha: rakters. Denn: Der starfe Lowe, der sich vom Fleisch der Elefanten und der Eber nahrt, gattet sich im Jahr ein einzig Mal; ist der Lauber dagegen, der nur von hartem Sand und Kornern lebt, nicht Tag fur Tag verliebt? Woran mag das liegen?" Als die Brahmanen das horten, war es ihnen, als hatte ihnen jemand all ihren Besig gestohlen; sie befamen schwarze Kopfes und schlichen davon. Unserm grossen Lehrer aber bezeugte der Konig seine Kuld; er fehrte gleichfalls heim und gereichte dem Ort, da er wohnte, zur Zierde. 3. Fruhling. 4. Berilhmte brahmanisde A6keten. 5. S. 92,7. 2 Katharatnakara II For Private and Personal Use Only Page #22 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 109. Erzahlung Der Brahamane Bhurkanoa oder Das rechte Wort zur rechten Zeit In der Stadt Mahanandi, welche iin kande Kaschmir liegt, lebte einst ein Konig, welcher Bhudhava hiess, in verschiedenen Wissenschaften bewandert war und die Gelehr: ten liebte. In einer Nachbarstadt aber wohnte Bhurfanoa; das war ein Brahmane, der die Dichtfunft beherrschte, aber infolge seines bosen Schicksals mit dem faster des Diebess bandwerfs behaftet war. Uis dieser Brahmane nachts in der Stadt Mahanandi umherging, um zu sehen, wo es etwas zu stehlen gab, ward er von den Haschern des Polizeimeisters festgenominen, gefeffelt und yor den Konig gefuhrt. Eingedenk des Grundsasses der Staatslehre, der fur Diebe die Todesstrafe fordert, befahl der Konig, ihn hinzurichten. Die Beamten des Konigs fuhrten den Brahmanen auf die Richtstatte; dort aber sagte er zu ihnen: ,,Gute Leute! Fuhrt mich doch noch einmal dem Konig vor!" Da er ein Brahmane war, beachteten sie seine Bitte, und als sie den Konig benachrichtigt hatten, liess dieser ihn fommen. Der Brahmane trat in des Konigs Audienzsaal und sagte folgendes zu ihm: Bhatti ist hin, Bhargava ist gestorben, Bhifsu und Bhimasena sind verdorben; Byurfanoa heiss' ich, Bhudhava heisst Ihr, Und das B-h ist jesst des Tods Revier. I 1. Wortlich: ,,in die Reihe der Bh ist der Tod eingedrungen". Dat indische Alphabet ordnet die Vokale lo an: a, a, i, i, 11, u. Wenn 18 For Private and Personal Use Only Page #23 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Als der Konig diese Strophe vernahm, die die Kenner in ihrem Herzen bewunderten, freute er sich, da er Dhren hatte zu horen. 2 Er verbot Bhurkanoa, wiederum zu stehlen, schenkte ihm viel Gold, Gewander und andere Ehrengaben und entliess ihn nach Hause. 110. Erzahlung Der Rauber Kharpara und die Gottin Harasiddhi oder Vor gemeinen Menschen wird es sogar den Gottern angst In der Stadt Ujjayini, welche dem fande Malava seinen Glanz verleiht, lebte ein gewaltiger Rauber namens Khar: para. Einst Hatte er, der dem Spiele und anderen fastern ergeben war, sich mit Hilfe von Kohlen des Leichenders brennungsplages kleine Kuchen gebaden. Dann stieg er dem Standbild der Gottin Harasiddhi i auf die Schultern, welches am Ufer der Sipra unter einem heiligen Feigenbaum ftand, und schickte sich eben an, die Kuchen mit dem Sie zu verzehren, welches ok fehr hoch hangende kampe enthielt: da stredte die Gottin ihre Zunge weit aus ihrem Munde heraus, um ihn zu schreden. Als er aber diese Zunge gewahrte, sagte er: ,,Ei, Gottin! Du hast wohl Hunger ?" und nahm aus seinem Munde den Neft eines Bissens, legte ihr ihn auf die Zunge, ass das ubrige selbst nun in die Reihe der Bh der Tod eingedrungen ist, so muss er, wenn er weiter so alphabetisd) vorgeht wie bisher, nach Bhurfanda zu Bhudhava fommen. 2. Wortlid): ,,da er Ohren hatte", d. h. da er einen in zierlicher Strophe vorgetragenen Wiss zu wurdigen wusste. 1. Name der grausigen Gottin Durga, Sivas Gemahlin, die ihren Tempel auf dem Verbrennungsplass hat, von Gespenstern und unholden umgeben ist und Seuchen verursacht. Der Name bedeutet Haras (= Sivas) ,,wirkende Kraft". 19 For Private and Personal Use Only Page #24 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir und entfernte fich. Die Gottin dachte: ,,Wie konnte ich meine Zunge wieder in meinen Mund nehmen, da sie durch einen von einein Menschen ubriggelassenen Speiserest be: subelt ist!" Und so liess sie denn ihre Zungen hangen. Als die Leute dies sahen, pacte sie die Angst; denn sie dachten, die Gottin grolle ihnen aus irgendeinem Grunde, und sie bezeigten ihr ihre Verehrung durch Blumen, Kampfer, Safran, Krahenschnabel 2 und Speiseopfer: aber die Gottin blieb stehen, wie sie war. ,,Wehe! Die Gottin zurnt uns! Die Gottin zurnt uns! Sie wird grosses Elend uber die Burger dieser Stadt verhangen" - so verbreitete sich die Nachricht. Und aus der Leute Mund vernahm sie bis ins kleinste der immer hilfsbereite Konig Viframaditya. 3 Da liess er unter Trommelschall in der Stadt verfunden: ,,Wer die Gottin besanftigt, dem lohnt es der Konig mit hundert Goldgulden." Wahrend die Trommel so umging, beruhrte sie der Rauber Kharpara. Darauf begab er sich im Auftrag des Konigs in das Heiligtum der Gottin. Als er drin war, fchloss er die Tur und redete die Gottin also an: ,,Ziel deine Zunge in den Mund, du Hure! 4 Oder ich schmeisse dich (oder: fie] mit diesem Stein in Stucke!" Da erschraf die Mittin vor den Worten des Bosewichts und zog im Nu ihre Zunge in ihren Mund. Die Leute aber priefen ihn, indem sie sagten: ,,Was fur fraftige Zauberspruche muss der Mann besigen!" und der Konig gab ihm das Gold, welches er ihm verheissen hatte. 2. taka tunda, ,,eine schwarze Spezies von Agallochum", jum Nauchern verwendet. 3. S. 35,1. 4. Durga ist die Schussgottin der Hetaren und anderer unzuchtiger Weiber; daher ihr Tempel zum Ehebruch benutt (1. 101,2), und darum wendet fich in Vatarama, wo sie direkt den Namen ,,Kupplerin" fuhrt, die Ehebredjerin mit ihrem fredsen Gebet an fie. 20 For Private and Personal Use Only Page #25 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir II. Erzahlung Der Konig Vifrainaditya oder Entschlossener Mut in der Stadt Ujjayini lebte ein steinreicher Kaufmann namens Vittadatta. Dieser horte einst aus dem Munde eines Astrologen, dass ein Haus Gluck bringe, wenn es beim Durchgang der Sonne durch das Sternbild Pusya gegrundet wird. Denn alles, was man unter dem Sternbild Pusya unterniinmt, gelingt. Ein Unternehmen, ausser einer Weihe oder einer Hochzeit, foll man unter dein Sternbild Pusya bes ginnen, selbst wenn ein Komet oder der Mond seine Kraft ausubt; denn der Pusya vernichtet die Kraft der anderen, die andern aber vermogen die Kraft des Pusya nicht zu vernichten. Da er also gelernt hatte, dass die Starke des Pusya ausserordentlich gross ist, liess er lauter funfelnagelneues und einwandfreies Bauholz und sonstiges Material bez schaffen und sich damit von Baumeistern, welche die Architeftur studiert hatten, unter Aufwand einer betrachtlichen Summe einen Palast bauen. Und als alle Zeiten zugleich gunstig waren, der lunare Lag, bas Sternbild, bas Karana 1, der Wochentag und der Augenblick, zog er unter grossem Festesgeprange ein und legte sich auf einen Diwan. Da horte er eine Stimme: ,,Gleich fall' ich!" Da er furchtete, fein Palaft werde einsturzen, fo sprang er entfesst auf und legte sich an einer andern Stelle fchlafen. Als sich dieser Vorgang am zweiten Tage wiederholte, ging Oor Kaufberr am nachsten Morgen zu dem Manne, der seine Freude daran fand, der ganzen Welt zu helfen 1. In der Astronomie 1/11 Tag. 21 For Private and Personal Use Only Page #26 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir und der zugleich der Kuhnen Kuhnster war, zu Konig Viframaditya 2 namlich, und erzahlte ihm, dass er sich einen Palast gebaut hatte und was ihm in demselben wahrend der Nacht zugestossen war. Der Konig erwarb das Gebaude fur sich, indem er dem Befisser die aufgewendete Summe nebst Zinsen dafur zahlte, legte sich am Abend wie jener schlafen, horte dieselbe Stimme, verliess den Diwan und rief: ,,So fall' doch!" Und kaum hatte er das gesagt, so sturzte ein goldener Mann hernieber, der ganz aus Strahlenbundeln zu bes stehen schien, nur infolge eines grosses Schatzes guter Werke zu erlangen und fur den Genuss des Kaisers 3 bestimint war, der die ganze Erde beherrschte. Als der Kaufherr von diesemn Ereignis erfuhr, riefen er und alle anderen leute: ,,Wie mutig ist doch Viframaditya!" So von ihnen gepriesen nahm der Konig den goldenen Mann, und indem er reiche Goldspenden verteilte, 30g er unter grossen Festlichkeiten in sein Konigsschloss zuruck. 112. Erzahlung Der Konig Balasara oder Selbst Helden erschrecken, wenn ein Feind sie anruft In Lilafapura regierte einst ein Konig Balasara, und in derselben Stadt wohnte ein Schmied, welcher Dharana hiess, mit seiner Frau Karini. Eines Tages ging dieser Schmied in die Fremde; denn der Konig hatte ihn dorthin gesandt, damit er die Kunst erlernte, Panzer zu fertigen, welche selbst fur die furcht= barsten Hiebe und Stosse eines inachtigen Schwertes, einer 2. S. 35,1. 3. D. i. zu Viframadityas Genuss. 22 For Private and Personal Use Only Page #27 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir lanze, einer Streitart oder irgendeiner anderen Waffe uns durchdringlich waren. Nach einiger Zeit erwarb sich der Schmied wirklich diese Kunst, Pehrte nach Hause zuruck, verwendete ananchen lieben Tag darauf, einen Panzer von ausserst hartem Metall zu fertigen und uberreichte ihn dem Konig. Dieser wollte den Harnisch prufen, befestigte ihn an einem Pfosten und hieb ihn mit einem einzigen Schwertftreich entzwei. Und der Schmied mochte so viel Panzer fertigen, als er wollte, immer hieb sie der Konig in Stude. Da beinachtigte fich des Schmieds eine tiefe Nieder: geschlagenheit; und als seine Frau ihn fragte, was ihm feble, erzahlte er ihr, wie er immer Panzer fertigte, welche der Konig zerhieb, kurz, alles, was ihn bedruckte. Sie aber sagte zu ihm: ,,Fertige nur noch einen Panzer, o Herr! Und wenn du ihn nimmst und in des Konigs Qofversammlung gehst, so will ich dich begleiten." Da machte er noch einen Harnisch und trug ihn in des Konigs Hofversammlung, und init ihm ging seine Frau und blieb ihm auch im Konigssaal auf den Fersen. Der Konig befestigte auch diesen Panzer an einem Pfeiler und wollte eben einen Schwertstreich dagegen fuhren, als Karini ploglich ein blissendes Schwert aus ihrem Gurtel zog und dem Konig mit lauter Stimme zurief: ,,Was willst du hier!" Obwohl nun der Konig seinen Schwertstreich fuhrte, blieb der Panzer unversehrt. Da sagte Karini: ,,Du bist ein Tor, Majestat!" Und als der Konig sie fragte: ,,Wieso benn?" gab sie zur Antwort: ,,Mit diesem Panzer auf dem Leibe, Majestat, mag in die Schlacht ziehen, wer will: gewiss aber wird er fein Pfeiler sein. Er wird vielmehr einer der trefflichfien Helden sein, mit zornfunkelnden Augen. Wenn nun dich schon mein Zuruf so erschredt hat, dass du diesen Panzer nicht 23 For Private and Personal Use Only Page #28 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir haft zerhauen konnen, obwohl ich nur ein schwaches Weib bin, wie ware es inoglich, auf jenes Helden Korper auch nur einen Hieb zu fuhren, da er doch eine Krone aller Hela den ift? Weil du dir das nicht uberlegt hast, darum bist du ein Tor." Der Konig war uber die Klugheit dieser Frau so erfreut, dass er sie wie eine Schwester ehrte, indem er ihr Gewander und andere Gaben zum Geschenfe machte. Dann entliess er sie, und sie kehrte init ihrem Manne nach Hause zurud. 113. Erzahlung Der Gelehrte Aesava oder Wer Zoren belehrt, hat den Schaden In der Stadt Ghanavasa wohnten viele Kinderzudster; und einer von ihnen, der an Geld, Getreide und sonstigen * Schatzen fchwerreiche Surana, hatte eine sehr einfaltige Mutter, welche Surama hiess. Einft zur Regenzeit las vor Surania ein Gelehrter namens Kesava, der sehr viele Wissenszweige beherrschte, von Lagesanbruch bis zur ersten Wache mit lauter Stimme das Bhagavata. I Da sie aber einfaltig war, so verstand fie davon gar nichts, freute sich nicht daruber, gab ihin auch nichts, fondern sagte schliesslich 34 ihrem Sohne: ,, Dieser Gelehrte, mein Sohn, muss von einer schweren Krankheit befallen sein, weil er vom Morgengrauen an schon eine ganze Wache lang so brullt!" Uls der Sohn diese ihre Worte horte, dachte er: ,,Ich hatte seinerzeit einen Buffel, der genau so brullte. Den habe ich durch Brennen kuriert. Also passt auf diesen die= 1. S. 88,4. 24 For Private and Personal Use Only Page #29 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir selbe Kur!" Darum liess er ihn durch seine leute an den Beinen und an seinen andern Gliedern paden und brandmarkte ihn ipie den Buffel auf dem Scheitel und auf den ubrigen Korperteilen. Als er den Gelehrten endlich losliess, dachte dieser: ,,Ei, das ist die Belohnung, die mir die Belehrung der Dummien eingebracht hat, dass mein ganzer Korper versengt ist." Und damit ging er nach Hause. 114. Erzahlung Der Yogin Suranatha oder Wenn nan Loren auch etwas ihnen Heilsames sagt, so hat man selbst den Schaden bason In dem Dorfe Purana waren die Leute durch salziges Wasser ubel geplagt. Denn: Ein schlechter Sohn, ein Summer Lehrer, ein Bruns nen, in dem salziges Wasser ist, im Dorf ein schlechter Herr, im Haus ein schlechtes Zimmer: 1 diese funf brennen den leib. Darum taten sich die Bewohner zusammen und liessen fur schweres Geld einen wunderschonen Teich herstellen; aber das Wasser stand in ihm so wenig wie im Wustensand. In grosser Aufregung brachten sie der Gottin des Zeiches allerlei Speiseopfer dar und beteten zu ihr, aber das Wasser blieb im Zeiche nicht, wie ein Geheimnis nicht im Herzen eines schlechten Menschen bleibt. Sie fragten viele Kundige, wie Beschworer, Kenner von Zauberspruchen und von Diagrammen und Geisterbanner, 1. So die Handschrift; die ursprungliche Lesart der Strophe aber ift: rin bofe& Weib". - 25 For Private and Personal Use Only Page #30 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir bis die Burger endlich irgendwo einen grossen Yogin 2 namens Suranatha entdeckten. Diesen fragten sie nach der Ursache ihres Leibes, welches sie daruber empfanden, dass sich in ihrem Leiche das Wasser nicht hielt. Er sagte zu ihnen: ,,Das Wasser wird sogleich darinnen bleiben, wenn ihr einen lebendigen, init den 32 Korperzeichen versehenen Menschen in ihm begrabt." 3 Als sie das vernommen hatten, dachten fie: ,,Er tragt ja felbst die 32 Zeichen an sich, und ausserdem ist er schusslos." Und da fie in der Uberzahl waren, begruben sie den Yogin mit vereinten Kraften lebendig dort im Innern des Leiches. So pfluchte der Yogin in Gestalt des Todes die Frucht des guten Rates, den er Toren gewahrt hatte, und nach seinem Tode fuhr er zur Holle. 4 115. Erzahlung Der Brahmane Damadara oder Nur im Herzen der Guten schreit eine Sunde In der Stadt Petapadra herrschte ein Konig Punyaranga; dem hatte ein ihm befreundeter Kinderzuchter ein Kalbchen geschenkt, welches so allerliebst aussah, als ware es ein Tochterchen der Wunschlub i gewesen. Es war weiss wie der Mond im Herbste, und wie sein eigenes Tochterchen nahrte er es mit Milch und anderen Leckerbissen und liess in der ganzen Stadt ausrufen, dass er jeden strafen werde, der es mit einem Stocke oder fonfimie schlagen wurde. Dann liess er es frei in dem Orte umherlaufen. Eines Tages hatte es sich in der Markthalle eines Kauf2. S. 10,4. 3. S. 26, s. 4. S. 46,6. 1, S. 24,1. 26 For Private and Personal Use Only Page #31 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir manns namens Gangadasa uber dessen Getreideforner her: gemacht und verzehrte sie eifrig; da schlug dieser es im Fahzorn mit einem Stocke und traf es an eine gefahrliche Stelle, so dass es ftarb. Als der Konig ihn verhorte, erzahlte er, wie sich die Sache zugetragen hatte. Da sagte der Konig: ,,Was kann er dafur?" und entliess ihn, da er die Wahrheit geftanden hatte. Aber der Kaufmann fonnte den Ges danfen nicht loswerden, dass er des Kuhmordes 2 Schuld auf sich geladen, und als er nach Hause gefommen war und schlafen wollte, da brullte dieser Kuhmord in seinem Leibe. Da fich nun dieses Gebrull immer vernehmen liess, sooft er einschlafen wollte, so floh ihn der Schlaf vollstandig, und er beschloss, die Sunde des Kuhmordes auf einen anderen zu ubertragen. Er ging in die Stadt Devaka zu dem Brahmanen Damadara, welcher an dem heiligen Badeplan Prabhasa wohnte, gab ihm 1000 Gologulden, goss ihm Wasser in die Hand und handigte ihm so diese Sunde ein. 3 Als der Kaufmann sich entfernt hatte, und sich das Gebrull ebenso in Damadaras Leib vcrnehmen liess, befreite dieser einen Steuereinnehmer namens Kanthara, welchen der Konig mit dem Kopfe nach unten batte fesseln lassen, dadurch aus diesen Banden, dass er ihn bewog, die Sunde auf sich zu nehmen, und dass er obendrein fur ihn jene 1000 Gulden als Busse erlegte. Da der Tag nun bereits zur Ruste ging, begleitete der Brahmane Kanthara in sein Haus und legte sich neben dessen Bett schlafen. Weil er aber nicht einschlief, fragte ihn Kanthara: ,,Weshalb schlafft du nicht, Brahmane?" Dieser antwortete: ,,Ich bin noch wach, weil ich dachte: Ob wohl auch im Leibe dieses Brahmanen die Sunde des Kuhmords schreit, wie sie in dem 2. Dieser ist in den Augen der Inder die grosste Sunde. - Dieser Mord wird, wie der Inder ja in seiner schrankenlosen Einbildungstraft a les personifiziert, als Damonin gedacht. 3. S. 106,4. 2 For Private and Personal Use Only Page #32 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir meinen geschrien hat?" Der andere aber sprach: ,,In deinem Leibe, Brahmane, befindet sich feines anderen Mordes Sunde; darum hat darin dieser Kuhmord wie ein Haustier gefchrien, weil er fich einsam fuhite. In meinem Leib dagegen sind eine ganze Menge Mordtaten. Zu denen ist diese nun gekommen, und darum verhalt sie fich hubsch ruhig, wie eine zahme Kuh, die sich zu ihresgleichen gefellt hat." Als das der Brahmane gehort hatte, ging er nach Hause, uberzeugt, dass fich die Grausamen in ihrem Herzen weder vor einem Mord noch vor sonst etwas furchten. 116. Erzahlung Siddhi oder Sei nicht zu habsuchtig! In der Stadt Sravasti wohnten einst zwei miteinander befreundete alte Frauen, welche Buddhi und Siddhi hiessen, einander sehr liebten, aber infolge der durftigen Verhalt: nisse, in denen fie lebten, recht unglucklich waren. In derselben Stadt befand fich ein Yaksa, i welcher Bholaka hiess, und einem Zaubertopf z gleich alle Wunsche erfullte, die die Leute von ihm begehrten. Da ging Buddhi hin und sauberte sein Heiligtum, indem fie es scheuerte, den Fussboden mit Kuhdung 3 bestrich, es weisste und schmudte und init bunten Farben bemalte, ihm selbst Opfergaben an Speisen, Blumen, Blattern und Fruchten brachte und ihm sonst noch viele Beweise ihrer Liebe gab, um ihn zu erfreuen. 1. S. 29,4. 2. S. 57. 3. In Indien allgemein zum Bestreichen des Fussbodens verwendet. 28 For Private and Personal Use Only Page #33 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Der Yafga freute sich wirklich daruber und sprach zu Buddhi: ,,Sag' mir, gute Alte, was du begehrst!" Da wunschte sie fich Tag fur Tag einen Goldguiden, und der Yafsa schenfte ihr taglich einen Nun fullte sich ihr Haus gar bald mit Geld, mit Ges treide und mit anderen Vorraten an. Als Siddhi diese Fulle fah, fragte sie Buddhi nach deren Ursprung. Buddhi erzahlte ihr alles getreulich, wie es sich begeben hatte. Da verehrte Siddhi den Yaksa genau in derselben Weise und erbat sich dafur von ihm das Doppelte alles bessen, was Buddhi besass. Als Buddhi diese Geschichte erfuhr, erbat fie fich das Dreifache, und Siddhi erbat sich das Vierfache. Und so trie: ben sie es wetteifernd so weit, bis eine von ihnen das Zehnfache erbat; und der Yaksa, der fich uber ihre Dienste freute, gewahrte es auch. Da aber zeigte es fich, dass von allen boshaften Se: schopfen, die darauf ausgeben, andere zu schadigen, Buddhi das boshaftefte war. Denn eines Tages bat sie den Yarsa, ihr auf einem Auge die Sehkraft zu rauben, und der Vaksa erfullte ihre Bitte. Als Siddhi aber horte, dass Buddhi wiederum den Yaksa verehrte, und dieser ihr dafur irgendeine uberreiche Gabe gespendet habe, liess fie sich von der Habsucht ubermannen und betete zu ihm: ,,Gib mir das Doppelte von dem, was du der Buddhi geschenkt hast!" Kaum hatte sie das gesagt, so blendete der Yafsa fie auf beiden Augen. Sie aber erntete die Blindheit als Frucht ihrer allzu grossen Habsucht. 29 For Private and Personal Use Only Page #34 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 117. Erzahlung Die Kaufmannsfrau Kufumasri oder Verlier' dein Gelb, und du verlierst auch der Deinigen liebe In der Stadt Balabhadravasa lebte ein Kaufherr Kusuma, dessen Hausfrau Kusumasri hiess. Eines Tages zog dieser Handelsherr mit reichem Gut in die Frembe; da aber bei ihm das Karmani aufging, welches Verlust bedingt, so busste er sogar sein Kapital ein. Nach einer langen Reihe von Lagen Fehrte er nach Hause zuruck. Seine Frau aber freute sich sehr in ihrem Herzen; denn sie dachte: ,,Mein Liebster wird mir etwas initgebracht haben, Kleider und Geschmeide und andere Kostbarkeiten." Und da ihr Vatte nach so langer Zeit zurudgefehrt war, so diente sie ihm mit dem Bad und anderem besonders liebe: voll. Wahrend sie ihm am Abend init lauwarmem Wasser die Fusse wusch, trat einer seiner Freunde berein, welcher Candradatta hiess, erkundigte sich, ob die Heimreise gut vonstatten gegangen fei und fragte ihn dann, ob er gute Geschafte gemacht habe. Kusuma erwiderte: ,, lieber Freund, ich habe draussen in der Fremde mit Silber, Gold, Perlen, Nubinen und anderen Edelsteinen und sonstigen Gutern gehandelt; aber ich habe nur mein Vermogen eingebusst, ohne das geringste dort langer zu verweilen, als ich beabsichtigt hatte; aber ich hatte Fein Gluck und bin darum mit leeren Handen heimgefehrt." Uis feine Frau horte, was ihr Gemahl sprach, da sant ihr der Mut, denn sie dachte: ,, weh! Da hat mein Mann mir gar nichts mitgebracht!" Und wahrend sie ihm den 1. S. 10,.. 30 For Private and Personal Use Only Page #35 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir einen Fuss mit Hingebung gewaschen hatte, liess sie den zweiten ungewaschen. Da dachte der Kaufmann: ,,Was fur ein jammerliches Ding ist doch das Geld! Denn wenn es schrindet, dann lassen felbft Ehefrauen aus guten Familien die Liebe zu ihrem Gatten fahren." Und sein Herz faste einen Widerwillen gegen die Frauen, und er richtete an seinen Freund eine selbstgedichtete Strophe: Eine erbarmliche Dirne ist hier; bas Armband ist unecht, leider! Weil sie kein Geld bekommt, lasst die Frau aus guter Familie meinen Fuss fallen. Dieser Vorgang verleidete ihm das Familienleben, und er ward Monch. 118. Erzahlung Der Kanzler Dambha cder Aufschub bringt sicher Gluck In der Stadt Dhanavati herrschte Konig Asofacandra. Seine Konigin hiess Asofasri, fein Kanzler Dambha und des Kanzlers Gemahlin Dambhavati. Die Gemahlin bes Konigs und die des Kanzlers waren Freundinnen, und als fie einstmals beide guter Soffnung waren, machten sie heimlich miteinander aus, falls ihnen Sohn und Tochter geschenft wurde, diese beiden miteinander zu vermahlen, um so durch Verschwagerung ihre Freundschaft unverganglich zu gestalten. Als sie diesen Entschluss gefasst hatten, teilte ihn jede von ihnen ihrem Gatten mit, und auch diese stimmten mit Freuden zu. Bald darauf gebar an einem Gluckstage die Konigin ein Lochterchen, und unter grossen Festlichkeiten gab ihm der 31 For Private and Personal Use Only Page #36 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Konig den Namen Kamalamala.. Dies Horte die Gemaha fin des Kanglers, deren Name ihrem Wesen entsprach; 2 und als fie daher im geheimen und von Dienerinnen umgeben, auf welche sie sich verlassen durfte, gleichfalls einem Tochterchen das leben schenfte, liess sie draussen das Gerucht verbreiten, fie habe einen Sohn geboren. Als dem Minister, welcher gerade in der Sofversammlung des Konigs fass, der Mund einer seiner Sklavinnen die Geburt eines Sohnes verfundete, belohnte er diese mit Gewandern, Geschmeide und anderen KostbarFeiten; und der Konia, den die Nachs richt von der Geburt eines Schwiegersohnes ebenfalls er: freute, gab der Sflavin seinerseits reiche Geschenfe. Nachdem der Kanzler aber nach Hause geeilt war und die unredliche Handlungsweise seiner Frau erfuhr, sprach er zu ihr: ,,Scham' dich, du Schlechte! Was ist das fur ein schwerer Betrug, und wie sollen wir uns aus ihm retten?" Sie aber erwiderte ihm ganz dreist: ,,Fasje nur Mut! PSass deine Angstlichkeit! Gewinne Zeit und sei nicht ungeduldig. Dann wird sich alles zum besten wenden." Diese Worte veranlassten ihn, unter ganz besonderem Festesgeprange die Geburt eines Sohnes zu feiern, wobei er diefem den Namen Kamalafeli gab. 3 Darauf sagte der Kanzler zum Konig: ,,Vergangene Nacht, o Herr, hat meine Fainiliengottheit also zu mir gesprochen: ,,Bis zu seinem zwolften Jahre darfft du niemandem deinen Sohn zeigen; tust du's doch, so werde ich ihn unbedingt entfahren.' Darum, Majestat, stellt sich dem Unblic des Schwiegersohnes deiner Majestat ein Kindernis entgegen." Der Konig fprachy: ,,Fute nur meinen Schwiegersohn sorgfaltig und lass ihn nicht aus dem Hause." Der Kanzler teilte seiner Gemahlin mit, was seine Klugheit ersonnen; dann liess er ganz im geheimen das Madchen in den Kunsten unterrichten, welche ein Mann konnen 1. Lotubkranz, 2. Dambhavati heisst ,,Vetritgerin". 3. Pontospiel. 32 For Private and Personal Use Only Page #37 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir muss. Als es zwolf Jahre alt war, teilte er ihm seinen Streich mit, liess es Mannerkleider anlegen und fuhrte es vor den Konig. Und der Konig fchenfte seinem vermeintlichen Schwiegersohn bei diesem ersten Zusammentreffen Elefanten, Rosse und viel anderes Gut; und in der gleichen Weise zeichnete ihn die Konigin aus. Inzwischen fam der Hochzeitstag heran. Da liess der Kanzler seine Tochter ein verkehrt geschultes Ross4 be: steigen und sprach zu ihr: ,,Wohin dieses Ross lauft, nachdem du es bestiegen haft, dorthin gehst du auch und fommst mir nicht wieder zuruck!" Darauf gab das Madchen, welches die Kleidung eines vornehmen Mannes trug, dem Pferd die Peitsche, und dieses enteilte nach dem Walde hin. Da wurden der Konig und die Konigin fehr betrubt und jammerten: ,,Wehe! Das bose Ross ist auf und davon und hat uns unseren Eidam entfuhrt!" Der Kanzler dagegen und seine Gemahlin freuten sich sehr; denn sie dachten: ,,In Gestalt unserer Tochter ist das Ungluck aus uns serin Haus entflohen. Sollten sie aber doch zuruckehren, so sagen wir zum Konig: ,,Ein boser Damon hat unsern Sohn betrogen und ihn zum Madchen gemacht." Die Jungfrau war inzwischen in den grossen Wald hineingeritten; da sah sie, wie an einer Badestelle eines grossen Sees Affinnen, welche hineinsprangen, zu Affen wurden. Als fie fo die Wunderkraft jener Badestelle vor Augen sah, sprang auch fie, bekleidet wie sie war, hinein und ward zum Manne. Dann sprang sie wieder auf ihr Ross und ritt nach Hause zurud. ,,Warum zeigst du mir dein Antlig, du Elende! Scher dich in Yamas Haus!" To schalt fie ihr Vater. Sie aber 4. Solche Pferde werden in der Erzahlungsliteratur oft erwahnt. Sie reagieren auf Baum und Schenfeldruck durch das Gegenteil von dem, was ein normal dressiertes Pferd tut. 5. S. 1,8. 3 Katharatnakara II 33 For Private and Personal Use Only Page #38 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir zeigte ihm eiligst ihre neue Gestalt und erzahlte ihm von der Wunderkraft fener Badestelle. Der Konig war hocherfreut uber die Nachricht von der Rudfehr seines Schwiegersohns, und der Minister sah ein, dass der Aufschub Segen bringt. Des Kanzlers Sohn aber vermahlte sich mit der Konigstochter und genoss, was die Sinne zu erfreuen vermag, 119. Erzahlung Die Brahmanentochter Rupasena oder Auch ein Vorzug wird zum Nachteil, wenn er Bosen zu Gesichte kommt In dem Dorfe Ghanarama lebte ein Brahmane filadhara; der hatre eine Tochter, welche Rupasena hiess. Ats diese zur Jungfrau erbluht war, sah sie ein Spieler Devadatta, verliebte sich in fie, liess sich von einem Yogin, den er sich durch ehrfurchisvolle Dienste geneigt gemacht hatte, einen Zauberspruch geben, beherte sie mit diesem, nahm sie und ging mit ihr in der Nacht vor die Stadt. Wahrend er voranging und sie ihm folgte, wurde er in der Finsternis im Walde von einer Schlange gebissen und starb. Als er tot war, verliess ihn die Jungfrau. Da sie sich aber nicht zurechtzufinden wusste, so irrte sie an Ort und Stelle wie eine von ihrer Herde abgekominene Gazelle umher. Da fah fie ein Konigssohn, welcher Rupasoma hiess und in den Walb gekommen war, um zu sagen, und fragte fie: ,,Wer bist du?" ,,Ich habe mit meiner Mutter zusammen deren Wohnung verlassen, um mich mit ihr in meines Vaters Haus I. S. 10,4 34 For Private and Personal Use Only Page #39 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir zu begeben, bin aber von unserer Karawane abgekommen und gehe nun hier in der Frre herum." Der Prinz sah, dass ihr Leib mit den sieben naturlichen Zierden des Weibes geschmuckt war: Ein Antlitz, leuchtend wie der Mond, zwei Augen, welche die Lotusblumen verachten durfen, eine Farbe, welche die des Goldes ubertrifft, ein Haar, deffen reiche Fulle schwarzer wogt als ein Schwarm schwarger Bienen, ein Paar Bruste, welche man fur Stirnhoder eines Elefanten halten kann, eine schwere Falle der Huften und reizende Sanftmut im Gesprach: das ist der naturliche Schmuck der jungen Madchen. Und da der Prinz der Jungfrau mit Bestimmtheit an: fah, dass fie unvermahlt war, beschloss er, sie dereinst zu seiner Hauptfonigin zu machen und nahm sie mit sich in die Stadt in der Erwagung, dass herrenlose Schasse dem Konig gehoren.2 Als er fie aber in seinen Harem gebracht hatte, dachten seine anderen Frauen: ,,Wenn unser Gemahl diese zur Konigin macht, so wird er fur uns andere nichts als Missachtung mehr ubrig haben." Darum verschafften sie sich eine Schlange und liessen sie in die Kissen des Bettes laufen, welches fur die Brahmanen: tochter bestimint war, und als sie sich in der nachsten Nacht zur Ruhe legte, ward sie von der Schlange gebissen, und das Gift raubte ihr die Besinnung. Da der Konigssohn aber glaubte, sie sei gestorben, so liess er sie zusammen mit Nimbablattern in eine Lade legen und am Abend in die Stromung des Flusses Tessen, an welchem seine Stadt gelegen war. 3 2. Dies ist nach indischem Recht der Fall. 3. Dasselbe Mittel wird in der Erzahlung vom Kaufmann Campala verwendet: 1. meine abersetung $ 17 und die aus dem Dharmakalpadrumna mitgeteilte Version, S. 436, St. 285 ff. 3+ 35 For Private and Personal Use Only Page #40 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Die Lade schwamm bahin und gelangte am Morgen in die Nahe von Sinchugrama. Dort hatte sich der Kaufmannssohn Candrabhaga an den Fluss begeben, um seine morgentlichen Reinigungen vorzunehmen, sah die lade und zog sie ans Land. Er fand in ihr die Jungfrau, merkte, dass sie von einer Schlange gebissen war, belebte sie, indem er sie mit dem Waffer des Edelsteins benesste, welchen er in seinem Ringe trug, und fuhrte sie in sein Haus, um sich mit ihr zu vermahlen. Seine ubrigen Frauen aber dachten ebenso wie die Frauen des Prinzen, fuhrten fie beim Spiel an einen Brunnen, sagten zu ihr arglistig: ,,liebchen, sieh mal in den Brunnen hinab" und sturzten sie in diesen hinunter. Da sie aber nur auf eine Plattform im Brunnen fiel, 4 so ward sie von einer Mago der Hetare Kamasena entdedt, als sie Wasser zu holen kam, wurde von ihr Herausgezogen und ihrer Herrin ubergeben. Die Hetare war hocherfreut; denn sie dachte: ,,Mit diesem Madchen ist ein Schass in mein Haus gekommen!" Und sie wies ihr ihre Zelle an, wo die Brahmanentochter nun tat, was dem Stand einer Hetare zulam. Inzwischen zog ihr Vater von Land zu fand, bis er am Abend nach Sindhugraina fam. Er begab sich in das Haus der Hetare und genoss in der Nacht das Sinnengluck mit seiner Lochter. Ihre Schonheit, ilre Bescheidenheit, ihr ans standiges Betragen und ihre Klugheit gefielen ihm so, dass er ihr zu ihrem Erstaunen mehr gab, als er ihr versprochen hatte. Sie fragte ihn darum nach seiner Heimat und an: derem, und er berichtete ihr getreulich uber alles, wonach fie fragte. Und als die Angst uber sie fam und sie sich bei ihm nach seiner Familie erkundigte, nannte er ihr auch den Namen seiner Tochter und erzahlte ihr von seinem Unglud, welches damit begonnen habe, dass diese Tochter ver4. S. 91,2. 36 For Private and Personal Use Only Page #41 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir schwunden sei. Dabei liefen ihm die hellen Tranen uber das Gesicht. Da rief fie: ,,Ich unseliges Weib! Ich habe mich mit meinem eigenen Vater vereinigt. Welch entfessliche Sunde hab' ich dadurch auf mich geladen!" So Flagte sie sich wieder und wieder an, und Tranen quollen ihr aus den Augen. Auch fie erzahlte ihm nun wahrheitsgetreu alles, was sie erlebt hatte. Darauf verliessen sie beide getrennt voneinander das Haus der Setare, traten in den Orden ein, beichteten, welche Fruchte jedem von ihnen sein boses Karmans gereift hatte und gelangten so auf den Pfad des Heils. 120. Erzahlung Der Brahmane Visala oder Wer Frauen ein Geheimnis verrat, hat den Schaden In der Stadt Samgara lebte ein Brahmane, welcher Visala hiess, mit seiner Hausfrau Varani. Einft hatte dieser Brahinane eine Wanderung in die Fremde unternommen, hatte auf ihr viel Geld verdient und traf auf dem Heimweg in Kusumapura mit einem Kaufherrn Sundara zusammen, dem er fur tausend Sologulben vier fluge Ratschlage ablaufte. Der erste Natschlag lautete: ,,Wandere niemals deinen Weg allein!" Der zweite: ,,Reinige niemals deine Zahne und trinke niemals an einer Badestelle, die sich an einem Fluss oder einem sonstigen fliessenden Gewasser befindet!" S. S. 10.5. 37 For Private and Personal Use Only Page #42 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Der dritte: ,, Du auch, was verboten ist, wenn die Menge es dich tun heisst!" Der vierte: ,,stommst du aus der Fremde und es hun: gert dich, so geh' nicht in die Stadt." Da sich der Kaufmann freute, dass er fur seine vier Klugbeitsregeln soviel Geld befam, gab er dem Brahmas nen noch eine funfte: ,, Leile niemals einem Weibe ein Gebeimnis mit!" Nachdem der Brahmane diese funf Klugheitsregeln era halten hatte, faufte er, da er keine andere Begleitung zu finden vermochte, cinem Jager, der seinen Erwerb dadurch fand, dass er Nesse stellte, einen Igel ab und nahm ihn mit. Unterwegs wurbe er mude und legte fich unter einem Feigenbaum schlafen. Als er sich wieder erhob, sah er, dass sein Igel eine Schlange erbissen hatte. Da bachte er: ,,Wie Plug ist doch der Kaufmann! Dadurch, dass die Schlange gestorben ist, bin ich am Leben geblieben und habe so bereits all das Gold wieder verdient, welches ich ihm gezahlt habe.'' Und wohlgemut schritt er furbass. Als er an die Badestelle eines Flusses fam, trank er Wasser und ging weiter. Da merfte er, dass er sein Geld dort hatte liegen lassen, tehrte um, fand es noch vor und freute sich noch mehr, als vorher. Auf seiner Weiterwanderung fam er in eine Stadt und rastete daselbst. Da befahi ihm die Menge, einen anderen Wanderer, der die Nacht vorher an einem Schlangenbiss gestorben war, hinauszuschaffen, und als er das tat, fand er in dem Geldbeutel der Leiche funf Juwelen. Er machte sich wieder auf den Weg und gelangte schliesslich in die Nahe seines Wohnortes. Da schickte er sich an, ausserhalb desselben zu essen, als er einen fruheren Freund traf, der ein Vogin war. Den lud er ein, sein Mahl zu teilen und machte ihm damit eine solche Freude, dass der I. Der Sanskrittert sagt versehentlid: ,,vier". 38 For Private and Personal Use Only Page #43 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Yogin ihm Gurkenferne schenkte, welche sofort, nachdem man sie gesteckt hatte, aufgingen und fruchteten. Darauf nahm der Brahmane diese Gurkenferne und be gab sich in die Stadt. Unterwegs aber horte er, dass seine Mutter gestorben war. Da dachte er: ,,Wie klug ist doch der Kaufinann! Alles ist fur mich glucklich abgelaufen!" Und wahrend er weinend seine Mutter betrauerte, trat er in sein Haus. Er dachte: ,,Weil ich die Flugen Ratschlage des Kaufmanns befolgt habe, ist es mir gut gegangen; wie mag es mir gehen, wenn ich ihnen zuwiderhandele ?" Und um dies zu erfahren, erklarte er seiner Frau in der Nacht die wunderbare Eigenschaft der Gurfenferne. Seine Frau aber fuhrte einen ausschweifenden Wandel, und darum erfuhr der Herr des Dorfes von den Kernen und der Bewandtnis, die es mit ihnen hatte; und da er fich die Frau anzueignen wunschte, fchloss er mit dem Brahmanen folgende Wette ab: ,,Wenn diese Kerne aufgehen, dann gebe ich dir alles, was du von mir begehrst; andernfalls soll dasjenige in deinem Hause mein sein, was ich zuerst mit beiden Handen fassen werde." Darauf bat er die Frau des Brahmanen, diese Korner zu rosten, und sie tat es. Als dann beide Manner gleichzeitig die Kerne steckten und diese nicht aufgingen, bestimmte der Brahmane den Lermin, indem er sagte: ,,Stomm' am siebenten Lage, von heute an gerechnet, in mein Haus und nimm dir, was du begehrst!" Dann aber ging er, da er sich nicht zurechtzufinden wusste, zu dem Kaufmann Sundara und erzahlte ihm sein ganzes Erlebnis. Sundara erriet durch seinen Scharfsinn, welcher Art der Wandel war, den die Frau des Brahmanen fuhrte, be: gleitete diesen in sein Haus, legte Edelsteine, Perlen und alles ubrige Gut, jedes einzeln, vor dem Hause nieder, 39 For Private and Personal Use Only Page #44 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ordnete an, dass fich die Brahmanin nach dem Obergeschoss begab, liess den Herrn des Dorfes holen und sagte zu ihm: ,,Nimm dir, was du begehrst!" Als der Angeredete sie da oben stehen sah, wollte er fie herabholen und ergriff darum mit beiden Handen die Leiter. Da hielt ihm Sundara die Wetturfunde vor, und der andere ging mit schwarzem Kopf2 nach Hause. Sundara aber teilte dem Brahmanen mit, wie seine Frau es trieb, und ging dann gleichfalls heim. 121. Erzahlung Der Schafal Ghorakara oder Wer die Seinen von sich ftosst, sturzt ins Ungluck Im Ghora-Walde lebte einst ein Schakal, welcher Ghorafara hiess. Wahrend dieser einst am Abend in der Umgegend von Kirapura umherlungerte, um Fleisch zu suchen, sturzte er in eine grosse Indigogrube und wurde davon ganz schwarz an allen Gliedern, so schwarz, als ware er aus Massen von Lampenruss gebildet worden. Als es tagte, ging er in den Wald. Die wilden Liere fragten ihn: ,,Wie siehst denn du aus! Wer bist denn du?" Er antwortete: ,,Vernehmt, ihr Tiere! Wie unter den Gottern Indra, wie der Mond unter den Gestirnen, wie die Sonne unter den Planeten, so stehe ich unter euch allen als euer Herr und Gebieter!" 2. S. 92,7. 40 For Private and Personal Use Only Page #45 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Als er so gesprochen und der Sarabha 1, der Lowe, der Ele: fant, der Ziger, die Antilope und alle die anderen Waldbe: wohner in ihm ein Wefen vor sich sahen, dessen Erscheinung ihnen vollig neu und dabei recht grausig vorfam, so huldigten sie ihin, wie man dem Konig nach altem Brauche huldigt. Da famen ihm seine Verwandten, die Schafale, von denen es im Walde wimmelte, als rechte lumpen vor. Er ging ihnen aus dem Wege, soweit er fonnte, und duldete in seiner Umgebung nur noch die Gewaltigen unter den Lieren. Eines Nachts aber horte er ganz aus der Ferne die Schafale heulen; und da in ihm die Natur seiner Sippe machtig ward, so fonnte er sich nicht halten, sondern heulte mit aus Leibesfraften. Als aber die Tiere feiner Umgebung sein Geheul vernahmen, da dachten fie: ,,Ei seht doch! Das ist ja nur ein ganz elendes Geschopf, ein schuftiger Schafal. Und der hat sich erfrecht, und zu verhohnen und zu betrugen!" Und in ihrer Wut vernichteten sie ihn. Das war der Lohn dafur, dass er von seinen Verwandten nichts mehr hatte wissen wollen. 122. Erzahlung Der Kaufmann Suradatta oder Auch wenn man alles ankauft, fann man sein Gluck machen In Vardhanapura lebte der Kaufmann Suradatta. Von bem war es weit und breit bekannt, dass er alles faufte was ihm irgend jemand zum Kaufe bot. 1, Sine fabelhafte Miesenspinne, die selbst Elefanten und Lowen frisst. 41 For Private and Personal Use Only Page #46 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir um ihn auf die Probe zu stellen, trat eines Lages ein Schelm in seinen Laden und bot ihm eine tote Schlange an; und richtig kaufte sie Suradatta fur einen angemessenen Preis und liess sie aufs Dach legen. Zu derselben Zeit gedachte die Gemahlin des Konigs ein Bad zu nehmen und hatte ihr goldenes Halsband abges legt. Ein Geier hielt es fur eine Schlange und holte es, liess es, als er wieder in der Luft seine Kreise zog, aus seinem Schnabel auf das Dach der Markthalle fallen, nahm dafur die tote Schlange und stieg wieder nach dem Ather empor. Als der Kaufmann am nachsten Morgen aufstand, fand er an Stelle der toten Schlange dieses kostbare Hals: band vor und war ein reicher Mann. 123. Erzahlung Candanasri oder Nur wenn man Geld hat, wird man von seinen Angehorigen geliebt In der Stadt Makaravasa lebte ein Kaufherr Sarana; der hatte eine Schwester, welche Candanasri hiess. Deren Gemahl war in schlechte Verhaltnisse geraten, und so kam es, dass fie, als ihr Bruder seinen Sohn verheiratete, in ihr Vaterhaus kam, ohne dass sie durch Gewand und Geschmeide und sonstige Zier ein prunkvolles Aussere hatte zur Schau tragen konnen. Ihre Schwestern dagegen, mit denen sie dort zusama mentraf, trugen Schmuck, welcher seinesgleichen suchte; 1. Er hat, wie das ublich ist, in einem luftigen Zimmer auf dem Dache geschlafen. 42 For Private and Personal Use Only Page #47 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir waren sie doch alle reich und glucklich verheiratet! Dafur wurde von ihnen auch viel Aufhebens gemacht, wahrend man die Arme kaum beachtete. Als sie das gewahrte, dachte fie: ,,Das elende Geld!" Und sie musste in ihres Mannes Haus zuruckkehren, ohne dass selbst ihr Bruber ihr die geringste Ehre erwiesen hatte. Das Schidsal aber fugte es, dass ihre Armut voruberging, und dass ihr zweiter Neffe Hochzeit feierte. Diesmal erschien fie ganz anders zum Feste. Sie trug feinste Seide als Umhang. Ihre Handgelenke waren mit goldenen -Neifen geschmu&t. Sie hatte den Mund poli Betel, alle Glieder hatte sie mit Sandelsalbe bestrichen. Ringe zierten ihre Fussknochel. Das Geschmeide, welches sie trug, bestand aus Perlen und Edelsteinen in tadelloser Fassung. Blumen bedeckten ihr Haar, und ein seidenes Mieder legte sich eng um ihren Busen. Als sie so zum Feste fam, liess ihr Bruder ihr die besten Lederbissen reichen und tat ihr auch sonst alle erdenklichen Ehren an. Da sagte sie diese Strophe: Esst, Nasenschmud 1 und Ketten am Hals, IS tapfer, mein seidenes Kleid! Euch tut man diese Ehren an, Die meine Stark' ihr seid. Indem sie wieder und wieder so sprach, legte sie Bissen von Konfekt, gewurzter Speise, gekochtem Reis usw. auf thre Ohrringe, ihre Armreifen und ihr anderes Geschmeide. Die Unwesenden wunderten sich uber ihr unbegreifliches Lun und fragten sie, was das bedeuten solle; sie aber erzahlte ihnen von A bis 3, was sie erlebt hatte, bei der ersten Hochzeit wie bei der gegenwartigen. Da missbilligten die Gaste, was der Bruder der Schme 1. Die Uberfessung ,,Nasenschmuck" ist nicht sicher. 43 For Private and Personal Use Only Page #48 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir fter angetan hatte; diese aber ward von ihrem fob begleitet, als sie in ihres Gatten Haus zurudkehrte. 124. Erzahlung Der Weber Manthara oder Wer eines Weibes Rat befolgt, hat notwendig Schaden In dem Dorfe Ghanapalli lebte einst ein Weber na: mens Manthara. Dieser nahm eines schonen Lages auf Geheiss seines Weibes eine scharfe Art, ging in den Wald und suchte in ihm nach Feuerholz. Da er aber tross alles Suchens fein anderes durres Holz zu entdecken vermochte, als ein holzernes Standbild des Yaksa i Sanfara, das sich im Forste befand, to schickte er sich an, dieses zu zerhacken. Da sagte der Yafsa zu ihm: ,,Hacke mich nicht entzwei, guter Mann! Wahle dir lieber irgendeine Gabe; ich will fie dir gewahren." Nun zeigte es sich, dass der Weber den Ehrenplan unter den Narren verdiente. Er bat namlich, erst ins Dorf gehen und dann mit seinem Wunsche wiederkommen zu durfen. Im Dorfe erzahlte er seinen Freunden sein Abenteuer mit dem Vaksa. Sie rieten ihm zur Wahl von Juwelen, Gold oder anderen Schassen; er aber holte erst noch den Rat seiner Frau ein. Seine Frau aber dachte: ,,Wenn er im Golde schwimmt, so wird sein Erstes sein, mich zu verstossen. Denn ein Spruch besagt: Wenn ein Mann vorwarts fommt, so mag er von drei Dingen nichts mehr wissen: Feinem fruheren Freunde, seinem Weib und seinem Haus. 1. S. 29,4. 44 For Private and Personal Use Only Page #49 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Darum fagte sie: ,,Ei, Herr! So bitte dir doch eine Ges ftalt aus, die es ermoglicht, dass fur uns jedesmal zwei Gewebe zu gleicher Zeit fertig werden, sooft du dich an den Webstuhl sebzest." Da nun dieser Narrenkonig gewohnt war, seiner Frau in allem zu folgen, so ging er wieder nach dem Walde und trug dem Yaloa die Bitte vor, die sie ihm eingegeben hatte. Der Yafsa sprach: ,,Es geschehe, wie du begehrst!" und verschwand. Und augenblicklich glich des Webers Nidseite seiner Vorderansicht. Er hatte vier Arme, vier Beine und zwei Gesichter, und mit dieser seiner neuen Gestalt fehrte er in sein Dorf zurud. Als er aber hereinfam und die Leute ihn sahen, da pacte fie ein gewaltiger Zorn. Sie riefen: ,,Aufgepasst! da fommt ein Pisaca 2 in unsern Ort; der wird uns allerlei Plagen bringen!" Und fie rotteten sich zusammen, und es hagelte auf den Weber Stockhiebe und Fauftschlage und Fusstritte, bis er zusammenbrach. So erntete er als Frucht davon, dass er den Flugen Rat feines Weibes befolgt hatte, den Lod. 125. Erzahlung Der Hund und der Dieb oder Ein gemeiner Mensch ist noch verachtlicher, als ein Hund Im Dorfe Santarana lebte einstein Arzt, welcher Runtala hiess; der war uberall zur Hilfe bereit, wo man ihrer Begehrte. 2, S. 32,5. - Indische Gotter und Damonen werden bekanntlich oft mit uberschussigen Gliedern dargestellt. Die Pilaca verursachen Krankheiten. 45 For Private and Personal Use Only Page #50 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Eines Tages sagte sein Sohn Kandhara zu ihm: ,,lieber Vater, wie das Geschopf ist, dem man beisteht, so ist der Lohn, den man fur seinen Beistand empfangt. Sagt doch ein Spruch: Regnet, ihr Wolfen, regnet! Gleich nach dem Re: gen sieht man die Frucht. Im Stechapfel bildet sich Gift; das Zuderrohr befommt Amftasaft." ; Auf des Sohnes Rede antwortete der Vater: ,,In der Lehre von der Sittlichkeit, guter Sohn, gibt's kein Gefess, ausser dem, welches anderen zu helfen gebietet. Heisst's doch: In einem Halbsers will ich funden, Was zehn Millionen Bande lehren: Verdienst ist, anderen zu helfen, Und Sunde, andre zu versehren." So sagte der Vater und gewahrte jedem seine Hilfe, wie bisher. Eines Lages fang ihm ein Sanger diesen Spruch: ,,Wer darf behaupten, dass ein boser Mensch Mit einem Hund sei zu vergleichen? Hilf beiden: dieser hutet dann dein Geld; Der andre wird mit ihm entweichen." Trokdem beharrte der Arzt auf seinem Entschluss, Wurdigen wie Unwurdigen beizustehen. Da geschah es eines Tages, als er gerade einem franken Funde seine Hilfe angedeihen liess, dass der franfe Sohn einer Sklavin in sein Haus kam, ein gemeiner Mensch. Und allen Warnungen seines eigenen Sohnes und seiner anderen Verwandten zum Tross behandelte ihn Kuntala mit Heilfrautern, Krankenkost und ahnlichen Mitteln, und der Sohn der Sklavin gesundete. Da er aber gesehen hatte, 1. S. 20,5, 46 For Private and Personal Use Only Page #51 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir dass der Arzt Geld und sonstige Kostbarkeiten besass, ents fernte er sich zwar zunachst, febrte aber einige Zeit darauf in der Nacht zuruck und trat in Kuntalas Haus, um ihn zu beftehlen. Der Hund, welcher gleichfalls gesund geworden und im Hause geblieben war, lief auf ihn zu, sobald er ihn erblidte; ber Dieb aber durchbohrte das Tier mit einem Pfeilschuss. Dann machte er sich davon, wurde jedoch auf Teiner Flucht in der Finsternis von einer Schlange gebissen, fturzte vor dem Dorfe nieder und starb. Der Hund starb gleichfalls infolge seiner Verwundung. Wahrend am nachsten Morgen die leute den toten Hund betrachteten, stand dieser vor ihren Augen auf, ging zu dem auf der Erde liegenden Dieb, sette sich ihm ins Gerich und brach darauf zusammen. Die feute waren ganz verwundert und dachten: ,,Der Hund war doch tot! Wie war es moglich, dass eraufftand, und wie kommt es, dass er auf dem Gesicht des Diebes niederfiel?" Wahrend sie noch daruber nachsannen, kam auch Runtala an diesen Ort. Er erkannte den toten Dieb wieder, fah den toten Hund auf dessen Gesichte liegen und sann und sann, ohne sich den Vorgang erklaren zu konnen. Das Gefuhl der Dankbarkeit gegen seinen Herrn aber hatte in dem Hunde bewirft, dass er mit einem schonen Gedanken gestorben war. Infolgedessen war er zu einem Vyantara-Gott 2 geworden. Dieser Gott, in dem die Seele des Hundes stedte, erschien iesst schwebend in der fuft, erzahlte des Diebes und seine eigene Geschichte und beftat: tete dann seinen eigenen Leichnam, indem er ihn auf einem Scheiterhaufen von Sandelholz3 verbrannte. Dem Dieb erwies er Verachtung; Kuntala dagegen huldigte er und Fehrte dann nach seinem Gottersik zurud. 2. Eine Gotterflasie nady der Theologie der Jaina. S. meinen He: macandra S. 14, Zeile 30. 3. S. 107,1. 47 For Private and Personal Use Only Page #52 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Kuntala aber uberdachte in feinem Geiste, was fein Sohn und was der fahrende Sanger gesprochen, liess in Zukunft nur Wurdigen seine Wohltat angedeihen und be: schritt den Pfad des Heils. 126. Erzahlung Die drei Asketen oder Schweigen ist Gold In der Stadt Visnupura lagen einst drei Asfeten, Sivasarman, Devasarman und Harisarman mit Namen, schwerer Kasteiung ob. Von denen war es weit und breit bekannt, dass infolge der Macht ihrer Askese die Tucher, welche ihnen als Mantel dienten, in freier fuft hangen blieben, wenn sie sie da zum Trocknen aufhangten. Einft waren sie alle drei in einen See gestiegen, um in ihm zu baden, und wahrend nach dem Bade ihre Lucher zum Trocknen in der Luft hingen, sahen sie, wie dort im See ein Reiher einen Fisch Fing. Sivasarman sah den Fisch, bemitleidete ihn und dachte: ,,Welche Untat, dass dieser gottlose Vogel den unschuldigen Fisch gepackt hat!" Und darum rief er: ,,lass ihn los! Lass ihn los!" Weil er sich damit dem Reiher gegenuber hartherzig erwies, so fiel sein Gewand aus der freien Luft auf die Erde herab. Divasarman sah dies und hatte Mitleid mit dem Reiher, denn er dachte: ,,Wenn der arme Vogel hungert, wird er sterben mussen." Darum rief er: ,,Behalt ihn! Behalt ihn." Da er damit aber eine Grausamkeit gegen den Fisch bes 48 For Private and Personal Use Only Page #53 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ging, fo fiel augenblicklich auch das zweite Luch herunter, welches ihm gehorte. Harisarman sah die beiden Zucher daliegen, erkannte, dass die Ursache ihres Herabfallens die Unbarmherzigkeit war, gleichgultig, ob sie sich gegen den Reiher oder gegen den Fisch richtete, und schwieg. Die Folge war, dass das dritte Luch, welches ihm gehorte, im Luftraum hangen blieb. 4 Katharatnatara 11 49 For Private and Personal Use Only Page #54 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir For Private and Personal Use Only Page #55 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Sechste Woge For Private and Personal Use Only Page #56 -------------------------------------------------------------------------- ________________ stan Mahasut Jan Arashana kondo Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org wa komlethora Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Acharya Shri Kalusugarak yenmanat For Private and Personal Use Only Page #57 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 127. Erzahlung Der Zuckerbader Dharana oder Wie man sich durch Zrug hilft Als einst der beruhmte Konig Siddharaja-Jayasimha i in der beruhmten Stadt Patan inmitten seines verjammelten Hofes Fass, traten, von den Burgern staunend bes gafft, zwei Voginiz herein, welche Siddhi und Buddhi hiessen und sich init Muschelwerk, Ohrringen, Armringen an den Handgelenken und den Oberarmen, Halsketten und hochgeturmten Zopfen herausgepusst hatten und begrussten den Konig mit folgendem Segensspruch: ,, Konig, der am Himmel du der Dynastie Des hehren Konigs Karna als die Sonne strahlst; lang sei dein Leben, lang sei deine Freude, lang deine Herrschaft, die die Erde schirmt." Der Konig fragte sie nach ihrem Begehr, und fie antworteten ihm: ,,Xuf dem Gebirge von Sapadalaksa z lebt unser Meister, ein gewaltiger Yogin,4 welcher Siddhanathas heisst. Ders selbe hat vernommen, dass du den Litel Siddharaja 6 fuhrst, 1. S. 12,1. 2. S. 47,. 3. Sapadalalsa, ,,die 125 000 (Dorfer)", hiess ein Land, das Jeypur, Kishngarh, Ajmir usw. umfasste und dessen Hauptstadt Satambhari (Sambhar) war. S. Buhler bei Weber, Prinz Trefflicht, S. 287, N. 3. 4. S. 10,-. S. Herr des Zaubers". 6. ,,Zauberkonig". For Private and Personal Use Only Page #58 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir und ift darob in Zorn geraten; denn er sagt: Wie fann er Siddharaja sein, da ich doch Siddhanatha bin! Und da wir seine Schulerinnen sind, so hat er uns beide ausgesandt und hat uns die Weisung gegeben: ,Gehet hin nach Pasan und redet also zu Konig Siddharaja: ,,Nur wer Erz zu verzehren vermag, ift Siddharaja." Willst du nun deinen Titel behaupten, o Konig, so verzehre diese beiden ehernen Armreifen; wo nicht, so verzichte auf den Titel Siddharaja!" Als der Konig ihre Worte vernommen hatte, ward er in seinem Herzen betrubt; denn er dachte: ,,Was soll ich tun?" Er sagte: ,,Morgen fruh will ich uber eure Rede entscheir den." Dann begab er sich in seinen Harem, ihm zur Zier zu dienen. Auch die beiden Yogini entfernten sich und begaben sich in das Gemach, welches ihnen der Konig hatte anweisen lassen. Da den Konig seine Sorge qualte, so legte er, als die Nacht hereinbrach, ein schwarzes Gewand an und ging aus, das Treiben der Burger zu beobachten. Vor der Lur eines Zuckerbacters, welcher Dharana hiess, blieb er stehen. Der Zuderbader erzahlte gerade seiner Frau, welche er: staunliche Rede die beiden Yogini an den Konig gerichtet hatten. Seine Frau fragte ihn: ,,Wie wird unser Herr, der Konig, dieser Sorge ledig werden, o Herr ?" ,,Dafur lass nur mich sorgen," sagte der Bader. Kaum hatte er ausgeredet, so riss der Konig in seiner Freude die Tur auf und trat ins Haus. Der Bader erfannte ihn, empfing ihn als seinen Gast und stellte sich vor ihn hin, die Vorderarme aneinander legend.7 Der Konig aber sprach zu ihm: ,,Ja, ersinne eine List, trefflicher Mann, damit ich meinen Litel behaupten kann!" Der Bader entgegnete: ,,Gib mir soo Reiter, Majestat, und soooo Goldgulben, und dann verweile sechs Monate 7. Ofte der Unterwerfutng. 54 For Private and Personal Use Only Page #59 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir lang in deinem Harem. Vor den beiden Yogini aber lass dich nicht sehen: dann wird alles gut werden." Der Konig liess ihm fofort alles geben, was er verlangt hatte; er selbst aber blieb unter dem Vorwand einer Erkrankung in seinem Harem. Darauf zog der Bader nach der Stadt Malapi in Ma: dhyadesa, verfertigte mit der ihm eigenen Kunstfertigkeit zwei Dolche aus Zuder, die er an stahlerne Griffe befestigte. Beide Dolche aber waren wie ftahlerne Dolche imstande, weiche Metalle und irgendwelche anderen Gegenstande zu schneiden. Diese Dolche nahm er, und als die sechs Monate um waren, zog er, von seinen Reitern umgeben, in Patan ein und liess das Gerucht ausstreuen, er sei der Minister des Konigs von Madhyadesa und sei gekommen, um Siddharaja von diesem Geschenke zu uberbringen. Da nun dieser Tag vorher verabredet war, so erschien an ihm der Konig wieder in seiner Hofversammlung. Auch die beiden Yogini stellten sich ein und sagten zum Konig: ,,Es sind viele Tage ins Land gegangen; barum entscheide heute uber unseren Auftrag!" In diesem Augenblick legte Dharana die beiden Dolche por dem Konig nieder, fiel vor ihm zur Erde und uberreichte ihm ein Schreiben, aus welchem zu ersehen war, welche Bewandtnis es mit den Dolchen hatte. Dann blieb er mit zusammengelegten Vorderarmen vor ihm stehen. Da fagte der Konig zu den beiden Yogini: ,,Ihr sollt sogleich meinen Bescheid auf eure Botschaft haben." Und vor den erstaunten Augen aller Versammelten nahm er die beiden Dolche und verzehrte fie bis an den Ort, an dem die Griffe befestigt waren. Sodann warf Dharana die Griffe beider Dolche in ein Wassergefass, welches vor dem Konig stand, so dass die kleinen, ihnen noch anhaftenden Zuckerteilchen im Wasser 55 For Private and Personal Use Only Page #60 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir zergingen, reichte dann beide Griffe den beiden Yogini und sagte zu ihnen: ,,Wenn ihr wirklich Yogini seib, so eft legt diese auf!" Die Yogini aber entgegneten ihm: ,,Da der Konig fogar Stahl zu verzehren vermag, so ist er ein noch grosserer Zauberer, als unser Yogin; denn wir konnen nur weiches Metall verzehren, nicht aber dieses." * Nach solchen Worten fielen die beiden Vogini vor dem Konig nieder und kehrten nach Hause zurud. Den Dharana aber machte der Konig zum ersten Mann in der Stadt8 und schirmte wieder sein Reich. 128. Erzahlung Der Weber Kalala oder Niemand ist imstande, zu durchschauen, was list gesponnen In der Stadt Makaranda herrschte einst ein Konig, wels cher Safra hiess und eine Lochter Kanafamanjari hatte. Diese war untadelig an allen Gliedern ihres Leibes, wie die Gemahlin des Liebesgottes selbst. Eines Tages befand sie fich auf einer Wallfahrt nach einem Heiligtume Sibas. An dem Wege aber, auf dem sie dahinwallte, stand ein Weber, Kalala mit Namen. Der fah fie und sagte nach seiner Ruckfehr zu seinem Freunde, dem Zimmermann Kusala: ,, lieber Freund, ich war heute auf einer Wallfahrt und habe dabei des Konigs Tochter Kanakmanjari gesehen. Die Folge ist, das ich nicht weiterleben kann, wenn ich nicht mit ihr zusammenkomme. Sorg' du fur ein Mittel dazu!" 8. Also wohl zum Stadtkaufmann; 1. 9, a. $6 For Private and Personal Use Only Page #61 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Der Zimmermann erwiderte: ,,Ich will dir einen Garus pavogel : bauen, der sich durch ineinandergreifende Uchsen zu bewegen vermag. Du verkleidest dich als Visnu, besteigft den Vogel, fliegst in ihren Palast und sagst zu ihr: Ich bin Vienu und bin zu dir gekommen, weil deine Schonheit mich bezaubert hat. Und dann heiratest du sie nach dem Gandharva-Ritus 2 und kannst mit ihr nach Herzensluft geniessen. Ein anderes Mittel wusste ich nicht zu entdeden." Er verfertigte also den Garupa. Der Weber staffierte sich als Visnu heraus; er legte ein gelbes Gewand an, fchwarzte sich mit Russ, vergass nicht, das Haar seiner Brust zu dem bezeichnenden Srivatfa 3 zu frauseln, nahm Keute, Wurfs scheibe, Muschelhorn und Bogen in die Hande und flog auf dem Garuoa um Mitternacht durch das Fenster in die Wohnung der Prinzessin. Die Prinzessin fonnte dem Augenschein nach feinen Zweifel begen, dass ihr Besucher Visnu war. Sie legte die Borderarme aneinander, 4 trat vor ihn hin und pries ihn mit folgendein Lobgesang: Der du in inniger Liebeslust Die Hirtinnen fuslest mit heissem Verlangen;s Unaufhorlich an deine Brust Die Glaubigen ziehest, die an dir hangen: Den man als Konig der Gotter preist, Als des Mondes Herrn und den Herrscher der Schlangen: Hodyftes Wesen, erhabenster Geist! Huldigung follst du empfangen. I. Der gottliche Adler, auf welchem Wienu reitet; zugleich der un: versohnliche Feind der Schlangen, von denen er sid, nahrt. 2. Zu diesem gehort nidis als die Bustimmung der Eheschliessenden. 3. Kreuzformige Haarlode auf Visnus Brust. 4. S. 127,8. S. Als Krona. S. 28, a. 57 For Private and Personal Use Only Page #62 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Wie sich die Biene nach Wasserrosen, Dicht sich drangenden, lasset gelusten, So verstehst du es, lieblich zu fosen, Spielend mit Lafschmis 6 lotusbrusten. Wie sich der Kelch des Lotus erschliesst, Wenn sich der Mondschein daruber ergiesst, So der Gotter- und Asura-Frauen 7 Antliglotus, wenn sie erschauen Dein strahlendes Untlig, erhabenster Geist, Den mit Siegeswunsch meine Lippe preist. Wahrend sie ihn in dieser Weise inbrunstig mit Lobges fangen erhob, vermahlte er sich mit ihr, verbrachte diese Nacht an ihrer Seite und entfernte fich wieder, als es dammerte. Die Prinzessin aber erzahlte am nachsten Mor: gen ihren Eltern alles, was sie in der Nacht erlebt hatte. In der nachsten Nacht verstedten sich ihr Vater und ihre Mutter in einem Gebusch und beobachteten: und rich: tig, der Besucher fam wieder, und fie sahen mit eigenen Augen, dass es Visnu war. Und sie dachten: ,,Gebenebeiet sei unser Haus, aus welchem eine solche Krone aller Weiblichkeit hervorgegangen ist, mit der sich der heilige Gott vermahlt hat, das erhabenste aller Wefen!" Von nun an fain der Weber jede Nacht, um mit der Prinzessin zu kosen, und kehrte dann jedesmal nach Hause zuruck. So standen die Dinge, als eines Tages dem Konig gemeldet ward, dass ein feindliches Heer gegen seine Stadt heranrucke. Da er uber feine Macht verfugte, so sprach er zu seiner Lochter: ,,Sage zu deinem Gemahl, liebe Lochter: ,Ein feindliches Heer ruckt gegen meinen machtlosen Vater an. Darum sorge dafur, dass es abgeschlagen werde!" 6. Laksmi; s. 3,4. 7. S. 20,5. 58 For Private and Personal Use Only Page #63 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Die Prinzeffin richtete den Auftrag aus, und der Falsche Visnu bersprach, die Bitte zu erfullen. Das Heer kam naher und naher, und wieder und wie der mahnte sie ihn: ,Herrdie feindlichen Streitkrafte find uns schon ganz nahe und ruden noch weiter vor." Und jedesmal sagte er darauf: ,,Gleich will ich sie vertreiben!" Aber er liess immer noch einige Lage verstreichen, bis das Feindesheer die Stadt umzingelte und belagerte. Als sie ihm das mitteilte, bestieg der falsche Visnu, bem es feineswegs an Mut gebrach, seinen Garuoa und flog in den luftraum empor. Als er oben schwebte, rief er: ,,Ich bin Vionu und will augenblicklich diese ganze Feindesmenge auseinandersprengen!" Wahrend er dies (prach, dachte Visnu, welcher im Milchmeer 8 ruhte: ,,Wenn dieser Mensch besiegt wird, der meine Gestalt tragt, bin ich selbst besiegt, und wird er getotet, so ist es so gut, als wurde ich selbst getotet." Darum ging er in des Webers Leib ein und besiegte das Heer der Feinde. Uls aber die Feinde den Herrn der Welt mit eigenen Augen sahen, fielen sie vor ihm nieber und 30gen ab. Uuch Safra fiel vor ihm nieder und pries ihn; und in dem er sich selig pries, regierte er sein Reich. Der Weber hingegen genoss mit der Prinzessin pon nun an um so unbesorgter die Freuben der Liebe. 9 8. S. 12,8. 9. Fur den Inina hat diese Erzahlung, die naturlich Pisnus Ohnmacht dartun fod, um so grosseren Meij, als der Weber einer sehr verachteten Staste angehort. For Private and Personal Use Only Page #64 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 129. Erzahlung Die Diebe Catura und Basana oder Die Kunfte der Verbrecher vermogen nur Verbrecher zu durchschauen In der Stadt Kesavapura regierte ein Konig Purusas datta. Dieser war ein Sivait und hatte auf der Spisse eines von ihm selbst erbauten Siva-Lempels einen Pfau anbringen lassen, welcher aus einer halben lasti Goldes bestand. In derselben Stadt aber wohnte ein Dieb, welcher in allen Diebesfniffen bewandert war und Catura hiess. Eines Tages kam ein anderer Dieb dorthin, welcher in Balapura wohnte und Vasana hiess. Als der den Pfauen Fals, schlug ihm gewaltig das Herz. Er verschaffte sich den Leichnam eines kleinen Kindes, umwand rich Hande, Fusse, Hals, Bauch und Beine mit einer festen Binde und legte sich, als es Ubend wurde, Flagend an einem Orte zu geHeucheltem Schlafe nieder, wo sich die Wachter in der Nahe des Tempels gelagert hatten. Als aber die Wachter einge: schlafen waren, stieg er vermittelft einer Eidechsez auf den Turm und schlug den Pfau durch Meisselschlage ab, die er mit den Stundenschlagen zusammenfallen liess. Dann brachte er ihn herunter, fasste das tote Kind bei der Hand und erging sich in nicht endenwollendem Gejammer, indem er mit lauter Stimme rief: ,,Weh! Ich bin ein alter Mann und stehe allein, und nun stirbt mir mein Sohn! Schick: fal, Schidsal!" Von seinem Geschrei erwachten die Wachter und riefen ihm wutend zu: ,,Scher' dich weg von hier!" Da ging er von dannen, indem er jammerte wie bisher. I. I bhara = 2000 pala oder 4000 farsa oder 64000 masa oder Bohnen. 2. Id vermute, dass unter der ,,Eidedyse" ein besonders geformter Hafen zu verftehen ist, an dem ein Strid befestigt ist. Vgl. cine Ind. Marchen" S. 188, Fussnote 2. For Private and Personal Use Only Page #65 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Als er so dahinging, horte ihn der oben erwahnte Dieb Catura, welcher im Hause der Hetare Rupasena schlief, und sagte zu dieser: ,,Schones Kind! Die Tranen dieses Mannes find Freudentranen, feine Kummertranen." Sprach's, stand auf, ging hinter jenem drein und legte sich auf den Verbrennungsplah unter die vielen dort liegenden Leichen, um die Wahrheit dessen festzustellen, was er felbft behauptet hatte. Vasana schickte sich an, den Pfau in die Erde zu vergraben, als er den Schrei eines Schakalweibchens 3 vernahm und daraus mit Sicherheit schloss, dass ihn jemand beobachtete. Er wartete eine Weile; als er dann aber das: selbe tun wollte, horte er bieber ebenso den Schrei des weiblichen Schafals, vermutete, dass ein lebendiger Mensch in der Nahe war, stand auf und stach den dortliegenden Leichen mit einem Dolch in Hande, Fusse, Halse, Bauche und andere Korperteile, um die Loten von den lebenden zu scheiden. Den Catura ftach er in die Hand; dieser aber mudste sich nicht, frei von Schmerz wie ein Loter. Da vergrub Vasana dort den goldenen Pfau und entfernte fich; Catura dagegen grub ihn wieder aus, ubergab ihn der Hetare und bewies ihr auf diese Weise, dass er die Wahrheit gesprochen hatte. Uis am nachsten Morgen Der Konig seinen Pfauen nicht mehr sah, war er sehr betrubt; Vasana war gleichfalls tief bekummert, weil er den auf dem Leichenplasse vergrabenen Pfauen nicht mehr vorgefunden hatte, versprach aber dem Konig, ihn wieder zum Vorschein zu bringen. Da ihni namlich plosslich der Gebanke kam, dass Leute, die an Stich wunden leiden, ohne die Blatter des Betelpfeffers keine Ges nesung finden konnen, erwirkte er von dem Konig einen Befehl, durch den diese Blatter gewaltig im Preise stiegen. Dann wartete er, als Monch verkleidet, in der Nahe des 3. Der Schrei des Schakalweibchens bedeutet Unglitd. 61 For Private and Personal Use Only Page #66 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Ortes, wo sie feilgeboten wurden, und als eine Sklavin jener Hetare die Blatter tross ihres hohen Preises faufte, beobachtete er, wohin sie ging, stellte ihre Wohnung fest und meldete dem Konig, dass fich der Dieb in ihr befande. Der Konig liess das Haus der Hetare umzingeln, den Dieb festnehmen und sich von ihm die ganze Geschichte er: zahlen, wie sie sich zugetragen hatte. Da bachte er: ,,Ei, das sind alle beide fluge leute!" Und darum mussten sie ihm versprechen, ihr Diebeshandwerk aufzugeben, worauf er fie zu seinen Kammerdienern machte und sie hoch in Ehren hielt. 130. Erzahlung Priyangu, die Frau des Brahmanen oder Wer sich betoren lasst, hat den Schaden In der Stadt Kamalapura lebte ein Brahmane Govinda mit seiner Gemahlin Priyangu und deren Lochter Yamuna. Die Eltern betrachteten ihre Lochter wie einen Wunschedelstein 1, wie eine Gotterliane 2 und liebten sie mehr als ihr eigenes Leben, und eines Tages vermahlten sie dieselbe mit Sripati, bem Sohne des Brahmanen Sridhara, wel cher in Manipura wohnte. Durch Schidsalsschluss aber starb sie bald darauf. Priyangu konnte die schwere Trauer um ihre Tochter nicht los werden. Eines Lages fragte fie im Banne der Betorung Cancu, einen Schelmen, der alle Welt zu betrus gen pflegte: ,,Woher kommst du?" Er antwortete ihr: ,,Liebe Priyangu, ich bin vom Himmel hierhergefommen." Da sagte sie: ,,Im Himmel befindet sich meine Lochter 1. S. 79. 2. S. 36,%. 62 For Private and Personal Use Only Page #67 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Yamuna; was tut sie dort und was hat sie zu essen? Ift sie glucklich oder ungludlich? Erzahle mir, mein Sohn!" Er sprach: ,,Deiner Yamuna geht's ganz wohl, darum lasst sie ihren Eltern Govinda und Priyangu durch mich alles Gute wunschen und fie fragen, ob sie ihrer noch gedenken. Auch nach dem Wohlergeben ihrer andern Vers wandten, die sie mir mit Namen genannt hat, lasst sie sich erkundigen. Leider ist aber im Hinmel eine Feuersbrunft ausgebrochen, und dabei sind ihre Kleider, ihr Schmuck und alles, was sie sonst in ihrem Hause hatte, verbrannt. Und deshalb, - so lasst sie dir weiter durch mich sagen - spiele ich hier feine glanzende Rolle; denn es fehlt mir an Kleidern und Geschmeide." Da Priyangu nun im Banne der Betorung war, gab fie dem Schwindler auf seine Worte hin das alles, und als er es genommen und sich damit entfernt hatte, fam Govinda nach Hause und erfuhr, was sich begeben batte. Da bestieg er ein Kamel und ritt dem Betruger eiligst nach. Als dieser ihn herankommen sah, stieg er auf einen machtigen, an der Strasse stehenden Feigenbaum. Govinda schwang sich auf einen Ast des Feigenbaumes und kletterte gleichfalls hinauf. Da aber sprang der Schelm von seinem Uste herab auf das Kamel und ritt auf diesem schleunigst davon. Als ihn aber Govinda auf seinem Kamel entfliehen und sich selbst auf diese Weise doppelt betrogen sah, stredte er beide Arme empor, rief ihm nach: ,,Gib Yamuna auch das Kamel, mein lieber!", und kehrte nach Hause zuruc. Dasselbe tat der Schelm mit seiner ganzen Beute. For Private and Personal Use Only Page #68 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 131. Erzahlung Die Brahmanin Vaisnavi ober Wer eine treffende Antwort gibt, wird selbst von einem Zornigen belohnt Wer nur antwortet, nachdem er mit scharfem Geiste erkannt hat, was der Augenblid erfordert, der kommt zu Reichtum. Wer zu antworten versteht, der erhalt selbft von einem Zornigen Reichtum. Vaisnavi erhielt von Visnu den Lohn fur ihre schlagfertige Antwort. Dies verhielt sich wie folgt: Es gibt eine Stadt, die heisst Govindapura, und braus Ben vor ihren Hausern steht ein Visnu-Standbild, in wels chem der Gott felbft zugegen ist und welches der schone Flotenspieler , heisst. Vor diesem nahmen einst viele Brahmanenfrauen am 11. Lage, an dem der Gott zur Ruhe geht, Gelubde auf fich, welche fie bis zu dem 11. Tage zu halten gelobten, an dem er sich wieder erhebt. 2 Eine vers sprach, nur einmal taglich zu essen; eine andere, nur Fruchte zu geniessen; eine dritte, alles Getreide zu vermeiden, wel1. muralimanohara, wortlich: ,,Das fchone (Standbild) mit der Flote". Es ftelit also Visnu in seiner Eristenj als krona dar, in der er unter den Hirtenmadchen die Flote blies. Wenn gesagt wird, dass der Gott in dem Bilde felbst anwesend war, so liegt die Anschauung jugrunde, dass neben dem personlich gedachten Gotte ein Teil seines Wesens in der Statue steckte. Uuch andere Gotter werden in ihren Statuen anwesend gedacht S.153,. 2. Fur fromme Visnuiten ist der 11. Tag jeder Monatthalfte ein Fafttag. Nach ihrem Glauben entledigt fich Visnu wahrend der Regenzeit der Sorge um die Welt und begibt sich mit seiner Gemahlin Laksmi nach dem Milchmeer (S. 12,8), um dort vier Monate lang mit ihr vom 11. Asasha bis zum 11. Karttita (etwa Juli - Oktober) auf der Schlange Sesa oder Ananta zu fchlafen. 64 For Private and Personal Use Only Page #69 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ches gesat und auf gepflugtem Boden gewachsen war; eine vierte, Feusch zu leben; eine funfte, auf dem Erdboden zu schlafen; eine sechste, nicht zur Nachtzeit zu essen; eine fie: bente, nur Milch zu geniessen usw. Eine kluge Brahmanin aber, welche Vaisnavi3 hiess, legte ihre Vorderarme zu: sammen und spracy: ,,Von der Stunde an, o Visnu, da du dich zur Ruhe legst, bis zu derjenigen, da du dich er: Hebst, werde ich feine Speise zu mir nehmen." Die anderen Brahmanenfrauen gingen nach Hause und heimlich in der Nacht susse Kullari-Speise. 4 Am Morgen aber ipiederholte fie trozdem vor demn Visnubilde genau so ihr Gelubde, wie alle die anderen Frauen die ihrigen wie: derholten. Als das Visnustandbild aber fortwahrend diese Wiebers holung ihres Gelubdes anhoren musste, ward es schliesslich zornig und rief Vaisnavi zu: ,,Scham dich, du Sunderin! Du lugnerin!" Und als sie fragte: ,,Weshalb nennft du inich denn eine Lugnerin ?" antwortete ihr Visnu:,,Nachts verzehrst du Kullari, und am Morgen behauptest du vor meinem Angesicht, ou babest gefaftet. Deshalb bist du eine Lignerin." Sie aber entgegnete: ,,Schoner Flotenspieler, erhabenster Geist! Wie die Herren, so find notwendigerweise ihre Snechte; das ist eine alte Weisheit. Genau To, wie du ein Lugner bist, bin auch ich eine Lugnerin. Wer Darf inich dafur tadeln ?" Inwiefern soll ich ein Lugner sein ?" fragte der Gott, und sie sprach: ,Du lassest unter den Menschen das Ges rucht verbreiten, dass du dier ganze Monate schlafest; aber nierst aus, was ich da tue. Also bist du doch ein Lugner." 3. ,, dem Pisnu gehorig", ,,Vienu ergeben". 4. = gujarati kuler, eine Mischung ungebadenen Neib- oder Bajri-Mehls mit Butter und Sirup. 5 Katharatnafara II For Private and Personal Use Only Page #70 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Aber diese treffende Antwort freute fich Visnu, und nachdem er Vaisnavi seines reichen, regenbringenden An: blicks gewurdigt batte, s verschwand er. 132. Erzahlung Der Goldschmied Sarana oder Die Klugheit In der Stadt Vasudatta regierte Konig Devaraja, und in derselben Stadt lebte ein Goldschmied namens Sarana, welcher in sich alle die vielen Kunsie seines Gewerbes vereinigte. 1 Im Hinblick auf seine Klugheit hatten ihm die Leute den zweiten Namen Maticandra 2 gegeben. Davon horte der Konig, und um seine Klugheit zu prufen, bestellte er bei ihm einen Elefanten aus 1oo fasten Goldes. 3 Da der Goldschmied aber in allen Kniffen seiner Sippe wohl bewandert war, so stellte er aus dem vierten Teile des vom Konig gelieferten Goldes einen inwendig hohlen Elefanten her und fullte die Hohlung mit Blei. Dann ubergab er ihn dem Konig. Nun erfuhr aber der Konig, dass der goldene Elefant fchwerer war, als das Gewicht des von ihm gelieferten Goldes, woruber er sehr erstaunte. Auf seinen Befehl be: gab sich die Gemahlin feines Ministers ins Haus des Gold s. Er trat also aus der Statue heraus und erschien ihr in seiner eigentlichen Gestalt. Wenn das ein Gott tut, so muss er dem Menschen, dem er erscheint, eine Gnabengabe gewahren. 1. Darunter gehort namentlich auch der Betrug, deffentwegen die Goldschmiede in Indien beruchtigt find. 2. ,,Klugheit&mond". Sandra Mond" ist haufig der zweite Bestandteil indischer Mannernamen und bleibt in Surynamen weg (Rama = Ramacandra). 3. S. 129,1. 66 For Private and Personal Use Only Page #71 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir schmieds, und da sie Freundschaft heuchelte, so erfiihr sie von dessen Frau seinen Betrug und teilte dem Konig mit, dass der Meister den hohlen Bauch des Elefanten mit Blei gefullt und den grossten Teil des Goldes unterschlagen hatte. Als der Konig daruber unterrichtet war, stellte er durch Feuersglut 4 fest, dass es mit der Tauschung durch den Eles fantenbauch seine Richtigkeit hatte, und um des Goldschmieds Klugheit nochmals auf die Probe zu ftellen, liess er auf der Spisse eines 300 Ellen hohen Holzpfeilers ein 1o Ellen breites Brett befestigen und liess ihn in der Nacht darauffessen, neugierig, wie er wieder herunterfommen wurde. Der Goldschmied aber verknupfte seine Haare miteinander, 30g durch sie einen Faden und durch diesen einen festen Strick herauf, welchen seine Frau ihm gebracht hatte, kletterte mit Hilfe dieses Strickes von dem Pfeiler herab und fluchtete. Da war der Konig uber seine Klugheit hoch erstaunt, liess diesen Klugsten der Klugen wiederkommen und machte ihn zum Obermeister der Goldschmiede seiner Stadt. 133. Erzahlung Konig Madhumathana oder Wer immer nur auf seinen Nussen bedacht ist, tut auch Unerlaubtes Wer von seinem Eigennuk beherrscht wird, lugt auch. Denn: Der Kaufmann, die Hetare, der Rauber, der Spie ler, der Ehebrecher, der Eigennutige und der Schlaf4. Wohl, indem er an einer Stelle die Goldhude durchschmelzen liess. 67 For Private and Personal Use Only Page #72 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir suchtige: diese sieben sind die Wohnungen der Un wahrhaftigkeit. Daher kommt es, dass die Eigensuchtigen reden, was man nicht reben, dass sie tun, was man nicht tun, dass sie denken, was man nicht denken soll. Denn: Die Anme, der Konig, die Grosskonigin und der Minister gingen unbekleidet und init verbundenen Augen mit dem Narren, weil sie es eilig hatten, in den Himmel zu fommen. Das tun leider iminer die Menschen, welche nur auf ihren Nutzen sehen, selbst wenn sie flug find. Dies verhielt sich wie folgt. In der Stadt Mathura regierte einst ein Konig Madhumathana; der hatte eine Konigin Pasumati, einen Minister Dhidhana und eine Umme Yasoda. Auch ein Narr, namens Bhima, lebte dort, welcher des Konigs ganze Gunst besass und alle Welt zum besten hatte. Eines Tages sagte der Konig zu ihm: ,,Wenn es dir gelingt, inich anzufuhren, fo gebe ich dir ein Gnadengeschenk von einem fafh!", Der Narr sagte kein Wort und ging nach Hause. Dort zog er die Seinigen ins Vertrauen, und nach einiger Zeit mussten sie das Gerucht verbreiten, er sei an einer Krank: Heit gestorben, und mussten statt seiner eine Puppe im Scheiterhaufen verbrennen. Der Konig war betrubt und Flagte: ,,Es tut mir leid, dass Bhima gestorben ist; denn er batte viele gute Seiten." Nachdem etliche Lage vergangen waren, fain Bhima aus einem unterirdischen Gemach, in welchem er sich verborgen hatte, wieder zum Vorschein. Er trug einen Schmuck von Schlangen, welche er aus Leder gefertigt, auf der Stirn ein drittes Auge, das er fich mit Speckstein gemalt Hatte, in der Faust einer Dreizad, ferner eine Funftlich zurecht: I. S. 13,4. For Private and Personal Use Only Page #73 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir gemachte Laute, einen diademartigen Haarwulst, den er fich hoch emporgebunden und ein aus einer schwarzlichen Decke gefertigtes Elefantenfelt. Seinen schlanken Korper hatte er dick mit Asche bestrichen, und ein Kranz von Schadeln hing ihm vom Halse herab. So feite er sich auf einen einhornigen Stier, und als er sich in dieser Weise ganz wie Mahadeva 2 herausstaffiert hatte, begab er sich nachtlicherweile ins Haus der Umme des Konigs, welche eine Ver: ehrerin des Siva war. Als diese Siva leibhaftig vor sich stehen sah, pries sie fich selig, bezeugte ihm ihre Ergebenheit, indem sie ihn zum Sissen einlud und ihm die ubrigen gaftlichen Ehren erwies, trat mit zusammengelegten Vorderarmen vor ihn hin und sprach zu ihm: ,,Erhabener Gott, der das Ali beherrscht, durch deinen Anblick sind heute alle meine Wunsche erfullt. Mochtest du mich, deine Mago, dadurch heiligen, dass du alle Lage zu mir fommst!" Als sie dies zu ihm gesagt hatte, kann er fortan bestan: dig in ihr Haus, und eines Tages redete sie wieder zu ihm und sprach: ,,Mein Schirmherr, fuhre mich, die ich sonst feinen Schirmherrn habe, lebendig in den Himmel ein!" Er antwortete: ,,Am fiebenten Lage werde ich dich mit Erlaubnis des Gotterfonigsz in den Himmel holen." Mit diesem Versprechen entfernte er fich. Die Amme aber erzahlte dem Konig haarPlein ihr nachtliches Erlebnis. In seinem Auftrage sagte sie zu jenem, als er wieder zu ihr fam: ,,Auch der Konig mochte gern lebendig in den Himmel eingehen." Bhima entfernte sich mit deinselben Versprechen wie vorher, und als die Amme das dem Konig mitgeteilt hatte, erzahlte dieser wiederum alles der Konigin. Dadurch ward auch in der Konigin und im Minister wie 2. Der grosse Gott", d. i. Siva. 3. Indras. 69 For Private and Personal Use Only Page #74 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir vorher iin Konig das lebhafte Verlangen rege, in den Him: inel einzugehen, und die Amme teilte dies Bhima mit, als er wicder bei ihr war. Durch ihr instandiges Fleben liess er sich beivegen, wiederum dieselbe Frist zu bestimmen und entfernte sich. Ani festgesessten Lage stellte er sich wieder ein und sprach zu der Amme des Konigs: ,,Vernimm, Yasoda! Ihr alle, ou, der Konig, die Ko: nigin und der Minister, musst eure Kleider ablegen und mit siebenfaltig gefalteten Luchern eure Augen fest verbinden; dann sollt ihr mit mir kommen, auf dass ich euch nach der Welt der Gotter fulre." Und da sie alle begierig waren, des Himmels teilhaft zu werdeu, richteten sie sich genau so ber, wie er befohlen hatte, ergriffen den Schwanz feines Stieres, verliessen den Palast und gingen hinter dem Narren drein. Bljima fuhrte sie alle sechs Stunden lang von da aus in der ganzen Stadt umber; dann ritt er bei Tagesanbruch auf den Damin des Sees vor der Stadt und sagte zu ihnen: ,,Barret hier vor dem Hinmelstor; ich will den GotterFonig um seine Erlaubnis bitten und euch dann alle in den Himinel einfuhren." Nach diesen Worten fehrte er nach Hause zuruck. Am Morgen kamen die Burger heraus,4 und als sie die vier in dem geschilderten Aufzug erblickten, riefen sie: ,,Was soll das heissen? Was soll das heissen?" An ihren Stimmen erkannten die vier, dass sie noch bei ihrer Stadt waren, rissen die Binden von ihren Augen, hielten beschamt die Hande vor ihre Gesichter und fluchteten sich unter ihr Hofgesinde.s 4. Uat in dem See zu baden, was fur die orthodoxe hinduistische Bevolkerung bekanntlich religiose Pflicht ift. S. Dieses ist natitrlich auch zum Bade an den See gekommen. 70 For Private and Personal Use Only Page #75 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Nachdem alsdann wieder einige Tage verstrichen waren, legte der Narr Bhima ein neues Gewand an, begab sich in die Hofversammlung des Konigs und wunschte ihm Sieg und Heil. Der Konig rief: ,,Ei Bhima! Du warst doch gestorben! Wie bist du denn hierher gekominen?" Da sagte Bhima: ,,Majestat! Ich bin genau so gestorben, wie Ihr in die Welt der Gotter eingezogen feid." Ale der Konig das horte, dachte er: ,,Da hat mich der Narr also doch angefuhrt!" Und da ihin jetzt sein Versprechen wieder einfiel, erzahlte er den Anwesenden, was er dem Bhima gelobt hatte und spendete diesem das versprochene Gnadengeschenk von einem Lakh, und noch einem halben dazu. 134. Erzahlung Die Fluge Alte Db er ein lahmer oder ein Blinder ist, ob er ein Zwerg ist oder ein Armer, ob ein Erwachsener oder ein Kind: der Kluge ift uberall der Erfte. Nur ein Kluger vermag ia selbst bei den schwierigsten Aufgaben eine Losung zu finden. Denn: Die Klugheit zeigt sich unter den Menschen, wenn sie schwer zu vollbringende Aufgaben loft, wie Arta durch den klugen Einfall mit der Hasin die Kauf mannsfrau von dem Jager befreite. Dies verhielt sich folgendermassen. In der Stadt Gorambha lebte ein sehr dummer Kaufmann namens Bharada. Dieser begab sich einst nach dem Hause seines Scywiegervaters, um seine Frau heimzufuhren, welche Namini hiess. Er wurde von seinem Schwie: 71 For Private and Personal Use Only Page #76 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir gervater und dessen Angehorigen gaftlich aufgenommen und machte sich dann mit ihr auf den Heimweg. Auf ihrer Strasse trafen sie einen Jager namens Karamana; der. fragte den Kaufmann: ,,Ob wohl in dem Baumwollen: didicht hier am Wege ein Hase steckt ?" Bharada sagte: ,,Da ftedt Feiner drin!" Da wettete der Jager um seinen Kopf, Bharada uin seine Frau, und als sie das Dickicht durchstobert hatten und wirklich ein Hase herauslief, nahm der Jager die Frau und entfernte fich mit ihr; der Kaufmann aber ging weinend hinter ihm her. Da fragte ihn eine alte Frau namens Arta, und er er: zahlte ihr alles, was sich begeben hatte. Die Alte fragte den Jager: ,,Wie kommst du dazu, dieses Mannes Frau zu nehmen und mit ihr fortzugehen?" Und vor den Ohren einer Menge von Leuten berichtete er ihr uber die gegen: seitig verabredete Wette. Da sagte die Frau: ,,Du dummer Jager! Das Feld neben dem Didicht gehort nir. Darum weiss ich, dass in dem Gebusch nur eine Hafin wohnt und kein Hase. Wenn du's nicht glaubst, ei so bringe sie doch ber; dann wird sich's ja zeigen!" Als die Alte das gesagt hatte, musste der Jager die Frau des Kaufmanns loslassen und ging mit schwarzem Kopf1 nach Hause. Bharapa und seine Frau ehrten Akka wie eine wirkliche Mutter, 2 indem sie ihr Geld, Gewander und anderes schenkten, und gingen dann gleichfalls beim. 1. S. 92,7. 2. Atta bedeutet ,, Mutter". For Private and Personal Use Only Page #77 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 135. Erzahlung Der Fluge Papagei oder Unrecht darf man mit Unrecht vergelten Wer Gleiches mit Gleichem vergilt, verstosst nicht gegen die Klugheit. I ,,Gleiches soll man mit Gleichem vergelten," so lautet die Klugheitsregel der korperhaften Wesen, wie der Papagei sich fur das Ausreissen seiner Schwungfedern durch Scheren des Kopfes rachte. Dies verhielt fich folgendermassen: In der Stadt Devabhadra lebte ein Handelsherr Bhadrasena. Dieser hatte einen Papageien, welchen er Vidura 2 nannte. Dieser konnte die verschiedensten Stropljen auss wendig. Er steckte in einein goldenen Safig, war init gol: tenen Glodchen, Ketten und anderem Schmuck geziert, und der Kaufmann vertrieb sich mit ihm, indem er fich an den verschiedenen Strophen erfreute, welche der Vogel sprach, gludlich die Zeit. Einst begab er sich in das Haus einer durch Schonheit und Jugend reizenden Hetare, in welcher der Gott der Liebe selbst zu wohnen sdyicn, 3 und da ihm ihre zarte Anmut den Verstand raubte, war er von da an in ihrem Hause ein ftets nach ihr begehrender, standiger Gast. Manchmal kam sie auch zu ihm. So erfuhr der Papagei von dem Verkehr der beiden und fagte zu dein Kaufmann: , Diese feilen Weiber, o Herr, kennen die wahre Liebe nicht. 1. Die Klugheit, niti, ist ein Lehrgegenstand der Inder. Die Jaina bekampfen aber den obigen Grundsak in ihrer Moral. Darum wahlt Hemnavijaya absichtlich den obigen Wortlaut. 2. ,,Der Kluge". 3. Kama har mya, wortlich: ,,die ein Haus Kamas (f. 1,9) war (oder: ist)"; vielleicht als Eigenname gemeint. 73 For Private and Personal Use Only Page #78 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Sie sind Speifer efte, die zum Genusse vieler bestimmt find. Denn: Wer wird sich in Huren verlieben, welche dem Steine eines Waschers gleichen? Denn ihr Mund ist ein Topf fur den Speichel, der aus dem Munde unzahliger Lebemanner fallt; ihre Brust wird von den Handen der Strassenkehrer 4 und ahnlichen Ges findels geschlagen; ihr Korper ist verfallen durch die festen Umarmungen der langen Arme vieler. und weiter: Ratis schliesst in ihre Arme nur den Gott, welcher eine ungerade Anzahl von Pfeilen fuhrt, 6 nur den Herrn der Tiere 7 die Lochter des Gebirges, 8 nur den Gebieter der Apsarasen Saci,9 nur Muras Feind 10 die Tochter des Djeans, 11 Rohini nur den Amfta ftrahlenden Gott, 12 nur den Helden, der Pulastyas Enkel besiegte, die Lochter der Erde: 13 eine Fure aber umarmt aus Geldgier so gar einen Aussassigen." Lrossdem ihm aber fein Papagei so abredete, entsagte er nicht der Liebe zu ihr. Als er sich nun einstmals verspatet hatte, fragte sie ihn nach der Ursache, und er erzahlte ihr, 4. janamgama, nach Aptes Worterbuch = Sandala (. 5,). Die obige Aberfessung beruht auf einer alten Gujarati-Glosse in unserer Handschrift (oheoh). Die Strassenkehrer gehoren zur niedrigsten Kaste. . S. 1,9. 6. Kama, der mit funf Pfeilen bewehrte Gott der Liebe. 7. Siva; 7. 1,4. 8. Parvati oder Durga, die Tods: ter des Himalaya, Sivas Gemahlin. 9. Der Gebieter der Apsarasen (f. 9,2) ist der Himmelbtonig Indra. 10. S. 1,%. II. Laksmi; f. 3,4. 12. Nohini, die Liebling gemahlin des Mondes, welcher zugleich das Gefass ist, das den Unsterblichkeitstrank der Gotter, dass Ampta, enthalt. 13. Sita (,, Aderfurche", ,, Aderbau"; f. das Me: gifter), Gemahlin Ramas, wurde von Ravana, dem Enkel des Weisen Pulaftya und Konig von lanka (Ceylon), geraubt und von Rama wieder befreit. S. 49,1. 74 For Private and Personal Use Only Page #79 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir wie der Papagei ihn ermahnt hatte. Da bachte fie: ,,Dies fer schlechte Kerl steht meinem Gluce im Wege''; und listig sagte fie: ,,lass mich auch einmal init ibin spielen!" So liess sie sich den Papageien von dem Kaufherrn geben, ging mit ihm nach Hause und rupfte ihm beide Flugel. Wahrend sie aber in der Absicht, ihn zu toten, ins Innere des Hauses ging, um ein Messer zu holen, benusste der Papagei Flug die Gelegenheit, froch ganz langsam in den hohlen Stamm eines Baumes, welcher im Garten ihres Hauses stand und hielt sich darin verborgen. Als sie wieder herauskam, dachte fie: ,,Irgendein Lier hat den schlechten Seri gefressen." Sie war deshalb ganz ohne Sorgen; und als sich der Kaufmann nach seinem Papageien erfundigte, antwortete sie ihm: ,,Er ist auf und davon geflogen." Nach einiger Zeit, als dem Vogel die Schwungfedern wieder gewachsen waren, machte er sich an die Nache. Er seste sich zu der Zeit, zu der die Hetare zu kommen pflegte, hinter ihre Familiengottin Canoika, 14 und als sie vor dieser niederfiel, rief er ihr mit vernehmlicher Stimme zu: ,,Ich freue mich uber deine Anhanglichkeit, meine Lochter; wahle bir eine Onabe!" Die Hetare sprach: ,,Verleihe mir emige Jugend, meine Mutter, lautere Anmut, viel Geld und die Gabe, inir alle Manner gefugig zu machen." Da sagte der hinter der Gottin figende Papagei: ,,Verschenke dein Vermogen, lege Schmudsachen von Blei und Glas an, und wenn du vollig arm geworden bist, so schere dein Haupt, sesse dich auf einen Esel und reite auf ihm unter Musikbegleitung durch Trommeln und andere misstonende Instrumente uber die Plasse der Stadt, durch die Haupts strassen, durch die Konigsstrasse und die ubrigen Strassen, lege dann ein grobes, mit Indigo gefarbtes Gewand an und tritt wieder vor mich. Dann will ich alles gewahren, worum du mich gebeten last." Von Habsucht ubermannt, 14. S. 101,.. 75 For Private and Personal Use Only Page #80 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir hatte die Hetare nichts Eiligeres zu tun, als dieser Weisung nachzufommen. Der Lempel fullte sich init Menschen, welche neugierig ihre Augen aufrissen, und wahrend sie vor diesen ftand, da flog der Papagei empor, fegte sich auf den Wipfel eines Baumes und deklamierte diese Strophe: Gleiches soll man init Gleichem vergelten: dies ist als gerechtes Vorgehen festgesesst. Du hast mir beide Schwingen gerupFt; ich habe dich veranlasst, deinen Kopf zu scheren." Nachdem der Papagei dies gesagt und den Menschen, die dort zusammengestromt waren, erzahlt hatte, was sich zwischen ihm und der Hetare zugetragen, Fehrte er an seinen Ort zuruck, und die Hetare zog unter den Schmahungen Der Leute nach einer anderen Stadt. 136. Erzahlung Der Konig und sein Affe oder Ein Dummer bringt seinem Herrn Schaden, auch wenn er's gut mit ihm meint Besser ift die Feindschaft der Weisen, als die Freund: schaft der Dummen. Denn: Besser ein Feind, selbft wenn er weise ist, als ein Tor, der uns Gutes tut. Vom Affen wurde der Stonig getotet, die Brahmanen aber wurden von dem Rauber gerettet. Das ergibt sich aus folgenden beiden Erzahlungen. In der Stadt Gajadhara lebte ein Konig namens Nipudamana; der wurde eines Lages durch ein verkehrt drefsiertes Noss r in den Wald entfuhrt. Das Pferd starb; der 1. S. 118, 4. 76 For Private and Personal Use Only Page #81 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Konig aber war durftig und lief wassersuchend umher. Da sah ihn ein Affe, und da dieser merkte, dass dem Fursten Gau. men, Lippen, Zunge und Mund vor Durst pertrocknet waren, so bewirtete er ihn mit frischem Wasser, Manjula-Fei. gen, 2 Blumen, Blattern und dergleichen in einer Weise, dass der Konig ihm mehr Liebe zu schulden glaubte, als seinen Freunden, Sohnen, Frauen und sonstigen Verwandten. Als sein Gefolge, welches ihm nachgeritten war, ihn erreicht hatte, erzahlte der Konig, wie der Affe fich betragen hatte. Er liess ihn wie ein Gotterbild auf einem bequemen Sisse unterbringen, nahm ihn mit nach seiner Residenz, schmuckte ihn mit den herrlichsten Kleidern und Geschmeiden und machte ihn zu seinem obersten Kammerdiener, dessen 9bhut des Konigs Mahlzeiten, Bad, Bett und andere zur Korperpflege gehorigen Dinge anvertraut waren. Als der Konig eines Tages auf seinem Schaufelbette schlief, sah der Affe, welcher ihn bewachte, wie ihm eine Schlange auf den Leib fiel. Da geriet er in Angst, dass sie dem Konig ein leid antun konnte. Aber so sehr er ihn liebte, so unbedachtsam war er, und daher bieb er mit dem Schwerte, welches er in der Hand hielt, auf die Schlange los. Durch das Schwert aber wurde nicht nur die Schlange, sondern auch der unter ihr liegende Konig in Stude gehauen, und alle beide mussten sterben. 137. Erzahlung Der Rauber Sambhara oder Besser selbst ein Feind, wenn er weise ist Die zweite Erzahlung lautet, wie folgt. In einer Stadt, welche Surasana heisst und eine Zierbe 2, Ficus oppositifolia. For Private and Personal Use Only Page #82 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir von Madhyadega ift, wohnten einst vier Brahmanen. Sie hiessen liladhara, kafsmidhara, Gadadhara und Bhudhara und waren arm von Kindesbeinen an. Sie hielten aber die Armut fur etwas Schlimmeres, als den Tod. Denn: Ein kluger Armer ging auf den Verbrennungsplass und sagte zu einem Loten: ,,Steh' einen Augenblick auf, mein Freund, und trage die Burde meiner Armut; inzwischen will ich muder Mann endlich einmal das Gluck geniessen, das dir der Lod beschert hat." Der Lote aber dachte: ,,Der Tod ist besser, als die Urmut," und verharrte im Schweigen. Infolge der Armut herrschte in den Hausern der Vier eitel Streit und Zanf. Denn: . Meine Mutter ist weder mit mir, noch mit ihrer Schwiegertochter zufrieden, die Schwiegertochter weder mit meiner Mutter, noch mit mir, und ich bin's weder mit der einen, noch mit der andern; sprich, Konig, wer ist schuld daran? Da ihnen nun die Armut so hart zuletzte, verliessen sie ihre Waterstadt, ftreiften in Stadten, in Bergwerfen und anderen Orten umher, an denen sie Schasse zu erlangen hofften und traten schliesslich in den Dienst des Konigs Naracandra, des Herrn des Rohana:Gebirges. I Eines Tages dachte der Konig: ,,Diese Leute sind Brahmanen und haben mir ihre Anhanglichkeit bewiesen. Und aus beiden Grunden ward er ihnen geneigt und gewahrte gnadig einem jeden von ihnen eine Elle Boden auf dem Rohana. Auf diesem Grunde gruben sie nach, forderten jeder einen Edelstein zu Lage, der eineinviertel lakty 2 Gol: des wert war, nahmen ihn und machten sich auf die Ruda wanderung nach ihrer Heimat. Als sie in einen grossen Wald kamen, dachten sie mit Furcht im Herzen: ,,Iesst wird der Weg gefahrlich, und jeder von ihnen verschlucte fein Juwel. 1. S. 31,4. 2. S. 13,4. 78 For Private and Personal Use Only Page #83 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Ein Rauber aber, welcher Sambhara hiess, hatte sie bez obachtet und dachte: ,,Ich will sie irgendwo an einem wil: den Orte ermorden und ihre Edelsteine nehmen." In dieser Absicht gesellte er fich zu ihnen, sprach: ,,Ich bin ein Wandersmann," und ging selbfunft mit ihnen in den Wald. Da famen sie an einen Feigenbaum. Auf dem fass ein Papagei, welcher Avakira hiess und den Bhilla 3 zurief: ,,Jesst kommen funf lath Goldes!" Die Bhilla durchsuchten sie und liessen sie laufen. Als die Funf aber weiter gingen, rief der Papagei nochmals dieselben Worte. Die Bhilla durchsuchten abermals ihre Schuhe, ihre Kleider, ihre Haarflechten, ihren Mund, ihre Ohren und alles, wo sie hatten Schasse verbergen fonnen und liessen sie wieder gehen. Da aber rief der Hauptling: ,,Wir wollen doch auch einmal die Bauche der Funf unter: suchen!" Und er sperrte sie alle funf die Nacht uber zusam: men in eine Hutte. Da dachte der Rauber: ,,Schneiden sie irgendeinem von diesen den Bauch auf, so ist mir der Tod gewiss; schneiden fie dagegen nur mir den Bauch auf, so bleiben die anderen am Leben." 4 So bachte er, und als sich am Morgen der Hauptling der Bhilla anschickte, ihnen die Bauche aufzuschneiden, sagte Sambhara zu ihm: ,,Schneide zuerst mir den Leib auf, o Herr! Kommen aus ihm Schasse zum Vor: fchein, dann inagst du den andern dasselbe Schicksal bereiten." Der Hauptling der Bhilla folgte diesem Rat, und als er des Raubers leib leer fand, bewirtetete er die vier an: dern und entliess sie. Die Brahmanen aber gedachten in ihrem Herzen des 3. Heute Bhil, rauberische Wald- und Gebirgsstamme. 4. Dem Inder braucht der Verfasser nicht erst zu erzahlen, dass sich der Nau ber durch dieses Selbstopfer eine gute folgende Eriftenz sichert. 79 For Private and Personal Use Only Page #84 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Dienstes, den ihnen der Rauber erwiesen hatte, und kehr: ten heim, ein jeder in sein Haus. 138. Erzahlung Der Monch Subhana und Dhanapala oder Selbst die Feindschaft der Machtigen kann unsere Wunsche erfullen In der Stadt Dhara wohnte einst ein Brahmane Vai: funtha, welcher dem Geschlechte der Nagara 1 angehorte. Der hatte zwei sehr gescheite Sohne, welche Dhanapala und Sobhana hiessen. Eines Tages war ihm ein in seinem Hause befindlicher, aus vielen Gelte bestebender Schatz abhanden gekommen. Er befragte eine Menge Leute, welche sich auf die Auffin: dung verschwundener Schatze berstanden; bas verlorene Out aber erhielt er nicht zuruck. In seiner Besturzung fragte er den gesegneten Jaina-lehrer Yacobhadra, der gerade in die Stadt gekommen war. Dieser antwortete ihm: ,,Wenn du mir einen deiner Sohne schenfft, so will ich dir ben Schat zeigen." 2 Der Brahmane erklarte sich mit dieser Bedingung einverstanden, und der ausgezeichnete Lehrer wies ihm den Schat sofort auf Grund der altuberlieferten Lehre vom Schlangenring und vom Rade nachy. Das Schicksal wollte es, dass der Brahmane unmittels bar darauf sein Ende nahe fuhlte. Darum teilte er So: bhana sein Gelubde mit. Da der Vater daruber sehr unglud: lich war, dass er es nun nicht mehr zu erfullen vermochte, 1. S. 17,1. 2. Die Jaina-Monche erbettelten gern Brahmanen: knaben, um sie zu erziehen und auf diese Weise einen geistig hoch: stehenden Nachwuchs fur ihren Orden zu erzielen. 80 For Private and Personal Use Only Page #85 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir fagte sein Sohn zu ihm: ,,Ich selbst werde dein Versprechen einlosen!" So sprach er, und als sein Vater gestorben war, hutete er fich, Abschied von den Seinen zu nehmen, sondern zog mit dem Jaina-Lehrer von dannen und ward von ihm zumn Monch geweiht. Sobhana fagte: ,,Wenn sich irgendein Jaina-Monch in Malava blicken lasst, so wird ihn mein Bruder umbringen." Deshalb verbot der Lehrer allen Feinen Monchen, in dem 92 lakh 3 grossen Malava zu wandern. Und wirklich war Dhanapala, feitdem er gehort hatte, was mit seinem Bruder geschehen war, wutend wie Yama, 4 und sein Herz war dermassen von der Irrlehre erfullt, dass er es fur eine grosse Sunde hielt, einen Jaina anzusehen, zu beruhren oder auch das Wort ,,faina" nur in den Mund zu nehmen. In den nun folgenden zwolf Jahren erhielt Sobhang eine vortreffliche Erziehung und studierte nicht nur die Grammatif, die Worterbucher und die Poetif, sondern auch die ubrigen Wissenschaften. Eines Tages, als er bereits die Weihe empfangen hatte, ging er mit seinen Or: densbrudern, welche ihm feindlich gesinnt waren, weil ihnen um seinetwillen das Umherwandern im Lande Malava verboten war, aus, um Nahrung zu holen. Weil er aber wie der Mond leuchtend emporgestiegen war aus dem Meere der Auserwahlten, so war sein ganzes Sinnen nur auf den Lobpreis der 24 Jina gerichtet, und als er wieder ins Kloster zuruckkehrte, so hatte er statt des Ulmosengefasses nur einen Stein in der Hand, und die andern, die ihm feindlich gesinnt waren, lachten ihn aus und sprachen: ,,Das ist ja eine glanzende Erwerbung!" Da ging Sobhana zu dem lehrer, erbat sich von ihm die Erlaubnis, in Malava zu wandern, machte sich ganz 3, S. 13,4. 4. S. 1,. S. Eine doppelsinnige Stichelrede, da unter der Erwerbung anscheinend der Stein, in Wahrheit Sobhana gemeint ift. 6 Katharatnafara II 8 For Private and Personal Use Only Page #86 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir allein auf den Weg und begab fich nach der Hauptstadt Dhara. Vor der Stadt begegnete er Dhanapala, welcher ihn mit der zweideutigen Rede grusste: ,,Gardab hadantabhadanta, namas te!" Der Monch aber dachte: ,,Wenn ich ihn auch erzurne, er ist doch mein Bruder; was wird er mir ca tun?" Deswegen furchtete er sich nicht, sondern bot auf den Gruss einen entsprechenden Gegengruss: ,,Marfatikasya vayasya, sulham te!"6 Als Dhanapala diesen Gegengruss horte, der die Fassung seines Grusses nachahmte, staunte er; denn er fah, dass er es mit einem Gelehrten zu tun hatte, und deswegen dachte er nicht an die Feindschaft, die er bisher den Monchen entgegengebracht hatte, sondern fragte Sobhana: ,,Bei wem wohnst du denn?" - ,,Naturlich bei dir!" entgegnete der Usfet. Er begab sich in Dhanapalas Wohnung und war: tete. Dhanapala kehrte, nachdem er sich durch seinen Spaziergang erfreut hatte, nach Hause zuruck, brachte den Gottern feine Verehrung dar und wollte sich eben zum Mahle Tessen, als ihm sein Gast einfiel. Da liess er ihn bitten, Fein Mahl zu teilen. Gerade an diesem Tage aber hatte irgendein Feind 6. gardabha, m. = Esel, 1. (selten) weisse Wasserrose; danta (lat, dens) Zahn; bhadanta Anrede an heterodoxe Monche; namas te = Verneigung dir. Also etwa: ,,Cuer Diener, Ehrwurden Lotusjahn" (wortlich: ,,mit den Leichrosenjahnen", init Zahnen, die To schon sind, wie die Blutenblatter der Teichrofe"). Er vermutet, dass der An: geredete die Bedeutung des seltenen Neutrums des Wortes gardabha nicht fennt und darum versteht: ,Ehrwurden Eselbjahn". Die Unt: mort ist ganz entsprechend. Martatitasya = martatika + asya. Martatika bedeutet ,,Affin" und nach den Lerifographen eine ziem: liche Anzahl von Pflanzen. Hier ist wahrscheinlich eine purpurblutige fuchsschwanzart (Amaranthus) gemeint; asya=, Mund" und ,,Ge: sicht"; vayasna , Freund"; sutham te, Heil dir". Dhanapala muss also zunadyst verstehen: , Freund Uffingesicht, Gluck zu!" Ift er in der Botanik bewandert, So findet er die hoflidse Bedeutung: ,,Freund, dessen Mund purpurn ist wie die Fuchsschwanzblute, Olid zu!" 82 For Private and Personal Use Only Page #87 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Dhanapalas in dessen susse Speise Gift gemischt. Als sie gereicht wurde, warnte ihn der Monc), fie zu essen, weil er merkte, dass sie vergiftet war. Dhanapala sagte zu ihm: ,,Darum soll ich sie denn nicht essen? Du tuft doch gerade, als enthielte sie Gift!" ,,Sie enthalt auch Gift," erwiderte der Monch. - ,,Wie willst du denn das wissen?' - Da warf jener, um es ihm zu beweisen, ein wenig davon in warmes Wasser, und Dhanapala fah, wie das Wasser das Aussehen einer Papageienfeder (oder: eines Papageienschwanzes] annahm. Er staunte und dachte: ,,Jesst hat mir der edle Mann das Leben gerettet!" Und nun war er ihm doppelt zugetan. Er fragte ihn: ,,Woran Habt Ihr denn das Gift darinnen erfannt ?" Sobhana erwiderte: ,,Beim Anblick einer vergifteten Speise entfarben sich bei einem Rebhuhn die Uugen, der Schwan schreit (oder: die Gans schnattert], die Abel speit und der Papagei Freischt unaufhorlich; der Affe entleert seinen Kot, der Kucfuck stirbt auf der Stelle, die Brachsdinepfe (oder: der Reiher) wird freudig erregt [ober: trunfen], ein Ichneumon freut sich gleichfalls, und ebenso wird eine Krahe froh. Nun hat beim Anblick dieses Stonfefts das Nebhuhn dort in seinem Kafig seine Augen geschlossen, und der Uffe da hat seinen Sot entleert. Un diesen Zeichen habe ich das Vorhandensein des Giftes erkannt." Das horte Dhanapala mit Erstaunen und nahin an diesem Lage nur Speise zu sich, von welcher auch der Monch ass. Dann suchte er ihn wieder auf, um mit ihm zu plaudern, und dabei fragte er ihn: ,,Habt Ihr irgendwo einmal meinen Bruder Sobhana gefehen?" ,,Der ist ja da!" sagte der Monch. Da fasste ihn Dhanapala scharf ins Uuge, erkannte seinen Bruder, umarmte ihn und lebte sich dann ihm gegenuber, uin die Heilslehre zu vernehmen, die er ihin vortrug. Der edle Monch blieb die vier Monate, in welchen er 6 83 For Private and Personal Use Only Page #88 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir nicht wandern durfte, in seines Bruders Haus, und als er weiter wanderte, hatte er in Dhanapala der Jainagemeinde ein Mitglied gewonnen, welches so unerschutterlich im Glauben stand, wie das goldene Gebirge. 7 139. Erzahlung Munja oder Wen nach dem Konigtum geluftet, der schamt sich nicht, Unheil zu stiften In der Stadt Dhara regierte einst Konig Munja,1 eine Verkorperung zugleich Sarasvatis und Sris. 2 Eines Tages nahm er den Prinzen Bhoja, seines Bruders Sohn, die Freude der Augen aller Menschen, auf seinen Schoss und fragte einen Wahrsager namens Padmacula, der sich in der Hofversammlung befand: ,,Was wird aus diesem Bhaja werden?" Der Wahrsager entgegnete: Funfundfunzig Jahre, funf Monate und drei Lage lang ist es dem Konig Bhoja bestimmt, den Deffhan samt den lande Gauoa zu geniessen. Als Munia das horte, dachte er: ,,Ha! Solange Bhaja lebt, hat mir also das Schicksal feinen Sohn beschieden. fass ich ihn dagegen hinrichten, so werbe ict) ohne Zweifel einen Sohn bekommen." Und da ihm das Konigtum auch begehrenswert erschien, wenn er es unter Begehung einer schweren Sunde verwaltete, so gab er heimlich einem Feiner Diener den Befehl, Bhaja zu ermorden. 7. Der Meru; s. 12,8. - Uber Dhanapala und Sobhana, welche historische Personen sind, 1. den literarischen Anhang. 1. Aber Munja und Bhoja F. den lit. Anhang. 2. Sarasvati, 1. 8,5; Sri, 1: 3,4. For Private and Personal Use Only Page #89 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Der Diener nahm, da er fremder Gewalt gehorchen inusste, in der Nacht den Prinzen, bestieg mit ihm ein Ross, ritt mit ihm in einen grossen Wald, legte ihn unter einem Feigenbaum auf den Erdboden nieder und teilte ihm des Konigs Auftrag mit. Bhoja sagte: ,,Was mein Vater befohlen hat, das musst du unverzuglich tun!" Der Diener fragte ihn: ,,Hast du noch irgendeine Bot: schaft an Muna?" Da nahm der Prinz, dessen Augen eine blaue lotusblume beschamt hatten, ein Feigenblatt und schrieb darauf mit dem Mitchfaft eines Arka 3 die folgenden beiden Strophen: ,,Jener Konig Manohatu,4 welcher die Zierde des Krta-Zeitalteros war, ist dahingegangen. Wo ist Rama, der Vernichter des zehnfopfigen Ravana, der den gewaltigen Ozean uberbrudte? 6 Und wo die anderen, von Yudhisthira7 angefangen bis Ihr Konig wurdet? Keinen von ihnen hat die Erde begleitet: vermutlich wird sie Dich begleiten. Nicht bat die Erde die Erdenfursten begleitet: nicht hat Konig Nala 8 die Erde mitgenommen. Zugrunde gegangen sind die Kuru 9 und die Solyne Panous, so die Herren der Erde. Wie fannst Du die Erde Dein eigen nennen?" Der Diener nahm das mit diesen Strophen beschriebene Blatt und sagte zu Bhoja: ,,Munia ist ein fleischgewordener Sunden knauel. Er mutet mir zu, diese Sunde zu bes geben; aber ich begehe sie nicht." Darauf brachte er den Prinzen in sein Haus, nahm die Augen einer frischgetote3. S. 13,6. 4. Alter Konig aus der Sonnendnnastic. s. Das erste der vier Weltalter, unserem ,goldenen" Zeitalter entsprechend. 6. S. 49,1. 7. Beruhmter Konig; 1. 5,1. 8. S. 1,%. 9. Aus dem Mahabharata bekannter Konig, Stammvater der Kaurava. IO. S. 12,8. For Private and Personal Use Only Page #90 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ten Gazelle, ging zu Munja und sagte zu ihm: ,,Ich habe Bhoja getotet: Da sind seine Augen." Der Konig fragte: ,,Was sagte denn Bhoja, als du ihn umbrachtest?" Der Diener zeigte ihin das Blatt. Als der Konig es gelesen hatte, fullten sich seine Augen mit Tranen, und er dachte: ,,ha, welche Sunde hab' ich begangen! Aus Herrschgier hab' ich Bhoja ermordet, der beftiinmt war, ein Mannesjuwel zu werden. Diese Sunde muss mir den Aufenthalt in der furchterlichen Holle eintragen." So sprach er wieder und wieder und teilte dann dem Diener seinen Entschluss init, ohne den Anblick des lieblichen Antlites Bhojas feine Nahrung mehr zu sich zu nehmen. Sieben Tage und Nachte waren dahingegangen, und noch hatte Munja keinen Bissen gegessen. Endlich erzahlte ihm der Diener den wahren Sachverhalt. Da ward Munja wieder froh. Er liess Bhaja aus des Dieners Hause holen und Feste ihn noch desselben Tags in einem glucverheissenden Augenblick an seiner Statt zum Konig ein. 140. Erzahlung Die Schlange Sesa oder Wer den Frauen Geheimnisse erzahlt, hat davon unweigerlich Schaden Ais einst die Welt der Menschen durch die Schlangen hart bedrangt wurde, welche in grosser Zahl vorhanden waren, wandten sich die Menschen in ihrer Not an den 86 For Private and Personal Use Only Page #91 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Konig der Gotter; und diefer befahl dem Garupa, 1 die Schlangen zu vernichten. rottet mit Stumpf und Stiel und schickte sich an, auch das neunte zu verderben. Sesa, der Furst der Schlangen, 2 erfuhr, welche gewaltige Gefahr ihin von Garuoa drohte. Deshalb fluchtete er sich aus der Schlangenwelt 3 nach der Stadt Benares, nahm die Gestalt eines Brahmanen an, versammelte viele Schuler um fich und lehrte fie und vermahlte sich mit der Tochter eines Brahmanen, welche Surupa hiess. So lebte er, fich in einem Hause in Benares bergend, ganz gemachlich), da er sich durch seine Gottermacht alles zu verschaffen vermochte, was er begehrte. Surupa aber liess nicht ab, mit Fragen in ihn zu dringen: ,,Wie kommt es und woher, Gebieter meines Lebens," so sagte sie, dass du weder die Einfunfte eines Konigs oder Ministers oder eines anderen reichen Mannes besigest, und doch alle die Annehmlichkeiten geniesst, die du nur wunfchen kannft?" Da erzahlte er ihr schliesslich, welche Bewandtnis es init ihm hatte. Inzwischen hatte Vinatas 4 Sohn die Gestalt eines Sperlings angenommen und hatte sich aufgemacht, nach ihm zu suchen. Und als Surupa in die Nahe der Ganga kam, um Wasser zu holen, fesste er fich auf ihren Krug und liess fich von ihr des Weges dahintragen. In Surupas Begleitung befand sich ihre Freundin Ratnavali. Diese richtete an jene die Frage: ,,Wie fommt es, liebe Freundin, dass dein Mann weder in Dienste des Konigs fteht noch sonstige Einfunfte hat und doch Tag fur Tag im Genusse eines lurus lebt, der seinesgleichen sucht?" 1. S. 128,1. 2. S. 10,8. 3. Die Schlangenwelt liegt unter der Erde. 4. Vinata, der in einem Weib verkorperte Himmel, Garudas Mutter. S. Pf., Indisde Marchen, ,,Das Sauparna" (S. 344ff.). For Private and Personal Use Only Page #92 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Da erzahlte Surupa ihr getreulich, wie es sich mit ihrein Gemahl verhielt. Als Vinatas Sohn diese Erzahlung vernommen hatte, blieb er ruhig lissen und liess sich von Surupa in ihr Haus tragen; dort aber packte er seinen Feind, den Schlangenkonig, bei den Haaren, nahni seine wahre Gestalt an und flog mit ihin nach dem Himmel empor. Er trug ihn in einen dichten Wald und wollte ihn eben toten, als dem Oberherrn der Schlangen ein Fluger Gedanfe kam zu rech: ter Zeit. Er sagte namlich zu Garuda: ,,Einem Weibe darf man fein Geheimnis ander: trauen, selbst wenn einem die lebensaeifter schon in die Kehle gestiegen sind. Weil er dies tat, wird der haubengeschmuckte Schlangenfonig s lebt vom Konig der Vogel getotet." Als aber Garuoa trofdem Anstalt machte, ihn zu toten, fagte er wieder zu ihm: ,,Wer denjenigen nicht fur feinen Lehrer halten will, der ihm auch nur eine Silbe uberliefert hat, der muss erst hundert Existenzen als Hund durch leben, und dann eine Reihe Candala-Fristenzen. 6 Ich aber habe dir eine ganze Strophe uberliefert. Nun magst du handeln, wie es sich gebuhrt." Da dachte Garuoa: ,,Er ist mein Lehrer und hat Anspruch darauf, dass ich ihm huldige." ind indem er ihm seine Ehrfurcht bezeigte, gab er ihn frei. 5. Die mythischen Schlangen stellen sich die Inder immer wie die gefurchtetste Giftschlange, die Haubensdlange (Brigiendlange), vor, 6. Cancala, l. 5,5. For Private and Personal Use Only Page #93 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 141. Erzahlung Der Minister Matisethara oder Die Klugheit In der Stadt Datta hatte ein Konig Narasimha einen Minister, welcher Matisekhara hiess. Eines Tages fragte der Konig den Minister: ,,Wieviel Kunste haft du denn ftudiert?" und der Gefragte entgegnete: ,,Ich habe 73 Kunste gelernt." Und als der Furst sich nach jener uberschussigen Kunst erfundigte, sagte der Minister: ,,Ich werde fie dir gelegentlich zeigen." Und damit ging er nach Hause. Einige Zeit darauf nahm der Minister das Perlenhalsband der gefronten Konigin, 2 bie fich ins Bad begeben hatte, und befahl einer seiner Sflavinnen, es anzulegen. Der Konig erfannte es mit Bestimmtheit wieder und fuhr ihn an: ,,Dies Halsband gehort mir, und du hast es mir gestohlen!" - ,,Dieses Halsband", entgegnete der Minister, hat meinen Vorfahren gehort, nicht aber deiner Majestat." Da sagte der Konig: ,,Wenn's fo ift, so unterwirf dich einem Gottesurteil, welches darin bestehen soll, dass du dich in den Tempel des Yaksas Kubera 3 begibst." Es war namlich allgemein bekannt, dass dieser Yafsa einen lugner, der in seinen Tempel fam, totete, einen wahrheitsliebenden Menschen dagegen auszeichnete. Der Minister unternahm das Wagstuck und trat vor den Augen der Burger am Abend in den Yafoa-Tempel. Da dachte der Yaksa: ,,Dieser freche Lugner wagt es, in 1. Die Zahl der ,,gefechaftlichen Kunfte", die ein gebildeter Mann fonnen muss, betragt 72. 2. D. h. der Gauptgemahlin des Konigs. 3. Vatsa find niedere Gotter, nach der brahmanischen Mythologie Diener Kuberas, des Gottes des Reichtums, der hier selbst unter fie gerechnet wird. 89 For Private and Personal Use Only Page #94 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir inein Haus zu Fominen!" Und lodernd vor Zorn, eine Feuerflamine ausspeiend, den Erdboden erschutternd und eine eherne seule in der Hand tragend - ein Abbild Yamas 4 selbst - erschien er ihm und rief ihm zu: ,,Verruchter fugner! Wart, ich will did augenblidlich mit meiner Keule zerschmettern!" Der Minister aber liess ihn gar nicht ausreben, sondern rief: ,,nklare mich), Konig der Yafsa, zuvor uber einen Zweifel auf, der inich seit Beginn meines Menschendaseins qualt. Dann magst du tun, wie dir beliebt." Der Yaksa fagte: ,,Sprich deinen Zweifel aus!" und der Minister erzahlte, wie folgt: ,,In dem Ort Kadavasa lebten zwei Hausvater, Dharana und farana mit Namen, Vater und Sohn, und beiden waren ihre Frauen gestorben. Mit der Absicht, sich andere Frauen zu suchen, machten sich beibe nach der Stadt Ma: norama auf. Da erblickten sie die Fussstapfen zweier Frauen, die vor ihnen desselben Weges gingen. Diese Frauen aber waren Mutter und Tochter, und die Mutter war sehr klein, die Tochter aber sehr gross, und der Schwere der beiden entsprach die Liefe ihrer Fussabdrucke. Als Dharana die Beschaffenheit dieser Spuren sah, sagte er: ,,Lieber Sohn! Wenn es dem Schicksal gefallt, dass diese beiden Frauen unsere Werbung annehmen, dann fei diejenige, von der die schweren Eindrucke herruhren, meine Hausfrau, die mit den leichten dagegen deine. Nachdem sie dies gegenseitig verabredet hatten, holten fie die beiden Frauen ein und brachten ihre Werbung vor. Die Frauen waren einverstanden, und Vater und Sohn nahmen sie in der verabredeten Weise als ihre Ehefrauen zu sich. Allen vieren waren Elternfreuden beschieden, und nun qualt sich mein Herz mit dem Zweifel herum, in ipelchem Verivandt: schaftsverhaltnis ihre Kinder zueinander stehen." 4. S. 1,8. 90 For Private and Personal Use Only Page #95 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Da dachte der Yaksa Subera: ,,Was soll ich dem Marine antworten, der in diesen Strudel des Zweifels gesturzt ist?" Und er dachte died so lange, bis es Morgen ward. Als es Tag geworden und der Yafsa verschwunden war, ohne dem Minister ein Haar zu frummen, meltete der Lempelpriester dem Konig, der Minister habe die Wahrheit gesprochen. Der Konig war sehr erstaunt, bezeigte dem Minister seine Hochachtung und entliess ihn. Nach Verlauf einiger Lage indessen gab der Minister dem Konig das Halsband zurud und erzahlte, wie er in der Absicht, sein Versprechen einzulosen und anzugeben, worin jene uberschussige Kunst bestande, das Geschmeide gestohlen und den Yafoa uberlistet hatte. Da freute sich der Konig und zeichnete ihn durch ganz besondere Ehren aus. 142. Erzahlung Der Stallmeister Saranga oder Das Gluck Die Gottin des Glucks folgt einem Mann, der gute Werfe gesammelt hat, I selbst wenn er in Hohlen, Schluchs ten und an andere unzugangliche Orte gegangen ist. Wenn ein Mann, welcher einen Vorrat guter Werke gesammelt hat, auch in die Liefen der Gebirgsschluch: ten hinabsteigt, so geht ihm trozdem die Gottin des Gluckes nach, indem sie ein Lichtstumpfchen in der Hand tragt. Und ferner: Die Manner, welche nur danach streben, religioses Verdienst zu erwerben, werden zu Hauptjuwelen 2 1. In einer fruheren Existenz. 2. S. 1,1. 91 For Private and Personal Use Only Page #96 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir der Menschen, und gludliche Ereignisse schlingen fich um sie, wie Schlingpflanzen um die Baume. Wer sollte darum nicht fest auf gute Werfe bedacht sein, wenn er die machtige Wirkung des in einem fruheren Dasein erworbenen Schages guter Werfe sieht? Denn: Wessen Absicht hatte sich nicht fest auf den Pfad der guten Werfe gerichtet, wenn er die Geschichte von dem Konig, dem Brahmanen, dem Minister und dem Stallmeister gehort hatte, welche in Schonheit, Wissen, Klugheit und Gluck erstrahlten? Dies verhielt sich, wie folgt: In Karmagrama lebte ein Konig Rupacandra; fein Oberhofpriester hiess Buddhidhana, sein Kanzler Subuddhi und sein Stallmeister Saranga. Einst ubertrug jeder von diesen Vieren die Fursorge fur seine Familie auf seinen Sohn, und dann verliessen sie ihre Vaterstadt, um die Eigen: schaft zu prufen, die einen jeden von ihnen auszeichnete, und wanderten zusammen nach Norden. Zuerst famnen sie nach einer Stadt, die hiess Simhajana. Da fagten die drei anderen zum Konig: ,,Bringe du,o Herr, uns aus der Stadt das Geld, dessen wir zur Bestreitung unserer Uusgaben bedurfen." Der Konig begab sich in die Stadt, und da beren Bewohner uber seine Schonheitstaunten, schenkten sie ihmoo Silberlinge. Mit diesem Gelde bestritten die Freunde an diesem Tage ihren Unterhalt und wanderten dann furbass. Als sie an die Stadt Ratnaratha fainen, sagten die drei andern zum Oberpriester: Hole du heute aus der Stadt die Mittel, die wir brauchen, um unsere Ausgaben zu decken''; und er begab sich in die Stadt. Zu derselben Zeit war ein Dichter Balabhadra aus der Stadt Pratisthana in die Hofversammlung des dortigen Konigs Simharaja gekommen und hatte die folgende Samasya aufgegeben: 3 3. Samasa ist ein sinnloser oder midersinniger Strophenteil, der ju einer sinnvollen Strophe erganzt werden muss. 92 For Private and Personal Use Only Page #97 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ambhoohir faladhih payidhir ubadhir varamnidhir varidhih.4 Wahrend es sco Gelehrten nicht gelungen war, fie zu erganzen, und der Konig deshalb sehr betrubt war, erganzte der Oberhofpriester sie sogleich: Ambas zurnte: ,,Entlass diese Ganga, mein Lieber, welche ou auf deinem Haupte tragst! Weiser Sechsmund16 Sprich, welches ist ihres Weges Ziel, nach: dem fie lang genug hier geweilt hat?" Da gab er, weil er entfesslich zornig war, mit jedem seiner sechs Munder eine Antwort: ,,ambhodhir, faladhih, payo dhir, ubadhir, varamnidhir, varidhib!" Als der Konig diese das Herz in Staunen sebende Sardulavifridita-Strophe gehort hatte, war er hocherfreut und schenkte ihm 200 Silberlinge. Nachdem die Freunde dort von diesen gelebt hatten, wanderten sie weiter, famen nach der Stadt Sambhala, und wie vorher ging in Auftrag der andern wieder einer - diesmal der Minister - in die Stadt. Dorthin hatten dem Konig Ratnasimha diesem feindliche Konige einen Elea fanten gesandt mit der Aufforderung, ihn zu wiegen. Wahrend der Furst in dieser Angelegenheit vollig ratlos war, kam der Minister in seine Hofversammlung und nahm das Wiegen des Elefanten auf sich. Er liess den Elefanten auf ein Schiff und dieses in das Wasser eines Flusses bringen, an der Grenze, bis zu der das Wasser am Schiff reichte, eine Linie ziehen, liess dann das Schiff an Stelle des Ele: 4. Sechs Synonyma im Nominativ fur das ,,Meer", deren jedes ,,Wasserbehalter" bedeutet. Zusammen bilden sie eine der vier Zeilen einer Sardulavitibita:Strophe von diesem Metrum: --- - - ---- ----. s. ,,Mutter" = Durga, Sivas Gemahlin. 6. Siva ist hier sechstopfig gedacyt, wie in der im Pw zitierten Stelle des Mahabharata. - Uber den Grund von Ambas Eifersucht vgl. 55,7. 93 For Private and Personal Use Only Page #98 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir fanten mit Steinen beladen, bis es an diese finie einsanf, stellte durch Abwiegen der Steine das Gewicht des Elefanten feft und teilte es dem Konig mit, und dieser gab ihm 300 Silberlinge. Wie vorher beftritten die vier davon ihren Unterhalt, gingen dann wieder furbass, famen nach Bhojapura und schidten diesmal den Stallmeister in die Stadt. Als er hineinging, war der Herrscher derselben, Konig Gunasena, gestorben, ohne einen Sohn zu hinterlassen. Man hatte das Pancadivya 7 geschmudt, und der weibliche Staatselefant goss aus dein Kruge das geweihte Wasser uber den Stallmeister aus. Als nun der neue Konig, welcher seine Wurde durch sein Gluck erhalten hatte, auf dem Throne fass, fielen auch die Burger vor ihm nieder, welche ihm mit Geschenken in ihren Handen huldigten. Der Konig und seine ubrigen Freunde angstigten fich Fehr, als er nicht zurucfam; nachdem sie aber von den Leuten erfahren hatten, was ihm zugestossen war, begaben fie fich zu ihm. Er erhob sich und erwies ihnen die schuldigen Ehren, und der Oberpriester bezeigte ihm seine Freundschaft in einer Weise, welche dem Augenblic entspracy, in: dem er die Strophe vortrug: ,,Durch Schonheit wurde einhundert gewonnen, durch Wissenschaft zweihundert, wie bekannt, durch Klugheit wurde dreihundert gewonnen: fur das Glud aber fennt man keine Zahl." Nachdem dann die drei die Saftlichkeit des neuen Konigs 7. Die funf gottlichen Dinge, durd deren Willensausserung in Indien nach Aussterben einer Dynastie ein Konig gewahlt wird: das Noss, welches beim Anblid des zu Erwahlenden wiehert, der Elefant, welcher grungt, der Krug, der ihn mit dem Weiheguss begiesst, der Yatsdweif:Wedel, der ihn befachelt, und der Sonnenschirm, der fid) uber ihn ftelit. Vgl. Pf., Pancatantra, S. 373 f. 94 For Private and Personal Use Only Page #99 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir genossen hatten, kehrten sie mit der Uberzeugung nach Hause zuruck, dass nichts machtiger ist als das Gluck. 143. Erzahlung Die Brahmanin Harini oder Die Schliche der Weiber In Naradapuri lebte cin Brahmane, namens Uddhava; desfen Hausfrau hiess Bharani und war das Hauptjuweli unter den ausschweifenden Frauen. Dowohl der Mann nun Grammatik, Philosophie und die ubrigen Wissenszweige studiert hatte, war er doch aller Welt als gelehrter Narr" bekannt, weil er sich in Treiben der Welt nicht zurechtzufinden wusste. Denn: Daschreibteiner Kunstvolle Gedichte oder redet in Sansfrit; er lernt alle ,,Kunste", die man zu schassen weiss; wenn er nicht wie jeder andere das Treiben der Welt fennt, so ist er der Kaiser unter der ganzen Masse der Narren. Eines Tages dachte seine Frau, wenn das Haus leer sei, so konne fie in aller Gemachlichkeit ilren Freiheitsgeluften nachgehen, und deswegen sprach sie zu ihm: ,,Die feute, Herr, verlachen dich und sagen, du feist ein Narr." Da ging er nach Benares, studierte bort noch viel mehr und kam dann wieder nad Hause. Da dachte die Unfeusche: ,,Ach, da ist er schon wieder, uin mir die Wonnen des Genusses zu storen!" und sie sagte wieder z11 ihm: ,,Hast du denn auch die Weiberschliche studiert, o Herr?" - Das musste er verneinen. Da sagte sie: ,,Wie der Leib ohne das Leben, wie das Antlig ohne 1. S. 1,1. 95 For Private and Personal Use Only Page #100 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir das Auge, so find ohne diesen Wissenszweig alle ubrigen zusammen wertlos, wenn man sie noch so gut studiert hat." Und damit schickte fie den Analphabeten in dieser Kunst wieder fort, und indem er auf der Suche nach ihr umherwanderte, fam er nach Mahesvarapura und fragte Harini, die Frau eines Brahmanen, welche Wasser holte: ,,lebt in dieser Stadt vielleicht jemand, welcher die Weiberschliche lehrt?" Da dachte fie: ,,Den hat auch ein zugelloses Weib aus dem Hause gescheucht!" Dann fagte sie: ,,Komm'! Ich selbst will fie dich lehren!" und er begleitete sie in ihre Wohnung. Dort stellte sie ihn ihrem Mann und den ubrigen Hausbewohnern als ihren Bruder vor, gewahrte ihm, solange es Tag war, Bad und Mahlzeit und die andern gaftlichen Ehren, und als es Nacht geworden war und er sich im innern Gemach des Hauses zur Ruhe gestreckt hatte, bat Tie ihn um seine Liebe. Er aber schlug sie ihr ab und sagte: ,,Du bist meine Schwester!"2 Da schloss fie die Tur, rief wiederholt: fanthe lagnah!3 und schrie laut: ,,Zu Hilfe! Zu Hilfe!" Uuf dieses Geschrei hin sturzten die Ihren alle vor die Tur. Sesst sagte der Brahmane: ,,Schones Kind! Ich will unfehlbar tun, was du gesagt hast; nur zieh' mich Armen aus dieser Klemme!" Da fchuttete fie ein mit den Resten des von ihm ges nossenen Mahles gefulltes Gefass auf die Erde, offnete die Zur, liess ihre Leute herein und sagte zu ihnen: ,,Mein Bruder hier ist an Cholera erkrankt, und dabei blieb ihm ein Bissen im Halse steden. Darum sagte ich ,kanthe lagnah' und rief euch zu Hilfe." Nach dieser Auskunft entfernten sich die leute, und die 2. S. 14,5. 3. Doppelsinnig: ,,Er steckt im Halse" und ,,er hangt an meinem Falfe." 96 For Private and Personal Use Only Page #101 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Brahmanin fragte ihn, ob er nun die Weiberschliche kenne. Als er das verneinte, flarte fie ihn uber das Treiben seiner Hausehre auf. Da kehrte er nach Hause zuruck, und als er sah, wie seine Frau es trieb, pacte ihn der Efel am Welt: leben, und er ward Monch. 144. Erzahlung Die funfhundert Blinden oder Wen schlimme lehrer irregefuhrt haben, der traut auch feinem guten mehr In der Stadt Nalafaccha regierte einst ein Konig Surasena; der dachte: ,,Die Tauben, die Lahmen, die Stummen und andere Ungludliche vermogen sich ihren Lebensunter: balt leicht zu verschaffen; den Blinden dagegen fallt das schwer." Und darum liess er die Trommel ruhren, versammelte funfhundert Blinde und schenkte ihnen Nahrung, Kleidung und andere Dinge, deren der Mensch bedarf. Und weil der Konig fie geehrt hatte, so bewirteten und be: schenkten auch alle Burger der Stadt die Blinden genau so, wie der Konig es getan hatte. So wurden sie nach und nach wohlhabend, und weil sie sich sagten, dass es fur sie muhsam sei, umherzugehen, so nahmen sie einen sehenden Mann als Diener zu sich. Dieser Mann aber war ein Schelm und las ihnen eines Lages einen gefalschten Briefvor, in welchem stand: ,,Konig Rajacandra, der Furst von Rajasenapura, gewahrt den Blinden taglich Speisen und dergleichen und schenkt ihnen taglich einen Gulden; und darum ladt er euch alle zu sich." Damit betrog fie der Schelm, und doppelt blind handigten 7 Ratharatnakara II 97 For Private and Personal Use Only Page #102 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir fie ihm ihr Geld ein und folgten ihm auf dem Wege nach Rajasenapura. Als sie nun in einen wilden Wald kamen, sagte er zu ihnen: ,,Von hier ab wird der Weg sehr schlecht, und Nahrung und andere Bedurfnisse sind nicht mehr zu haben. Ich will euch darum Reisekost holen; geht ihr inzwischen auf diesem geraden Wege weiter. Sollte aber jemand zu euch sagen: ,,Ihr seid vom Wege abgekommen!" so kann das nur ein Rauber sein, und ihr musst ihn steinigen." Nachdem er ihnen diese Weisung gegeben hatte, fuhrte er sie auf einen Weg, auf dem sie nach rechts hin immer um einen Berg berumgingen, und dann entfernte sich der Schelm. Wahrend sie nun in dieser Weise dahinirrten, sagte ein Wanderer zu ihnen: ,,Ihr habt den Weg verloren." Da hielten sie ihn fur einen Rauber und steinigten ihn. Und so warfen sie auch jeden anderen, der so zu ihnen sprach, bis fie an den Qualen des Hungers und des Durstes starben und zur Holle fuhren. I 145. Erzahlung Der Hirtenknecht Kurana oder Die Klugheit Im Dorfe Sanasana hatte ein Familienvater Balafa einen klugen Knecht, welcher Kurana hiess und einer Hirtenfamilie entstammte. Eines Tages wurde dieser Kurana auf einer Wagen nach der Stadt Rathavartini gesandt, um die Schwiegertochter seines Herrn aus ihres Vaters Hause zu holen. Die Schwiegermutter bewirtete ihn in der Erwagung, dass er gekommen war, um ihre Tochter zu 1. S. 46,5. 98 For Private and Personal Use Only Page #103 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir holen, mit Speisen und anderen Dingen, als ware er selbst ihr Schwiegersohn gewesen, und er verweilte einige Tage in ihrem Hause. Darauftat der Schwiegervater 108 Stucke 1 Konfekt, welche mit stimulierenden Stoffen versesst waren, wie Safranknospen, Kampfer, Teufelsdreck, chinesischen Kubeben, Muskatnussschoten, Moschus, Datteln, Walnufsen, Wassermelonen und Kardamomen, in ein irdenes Ges fass, versiegelte bellen Deckel, handigte Kurana einen Brief ein, in welchem die Zahl der Konfektstude vermerkt war, und dann entliess er seine Tochter nach dem Dorfe Sanasana. Kurana band den Kopf vorn am Waaen Feft, und als er mit der jungen Frau auf dem Gefahrt seine Strasse dahin fuhr, dachte er: ,,Wenn ich erst zu Hause bin, so bekomme ich von all diesem Konfeft nicht das kleinste Krumchen ab. Also werde ich gleich iesst essen." Und wahrend die junge Frau aus Schmerz (uber die Trennung) ihr Antlik bedeckt und sich gelegt hatte, verzehrte er eine Anzahl Stude des Konfefts. Dann dachte er daran, dass sein Herr ihn schelten wurde, wenn er aus dem Briefe die ursprungliche Anzahl ersehen wurde, und darum zerbrach er den Lopf, und als er nach Hause kam, gab er seinem Herrn die Krumen des zertrummerten frischen Konfekts und den Brief. Der Herr las den Brief, Fah die Trummer des Konfefts und merkte nicht, wie sein Knecht ihn betrogen hatte, sondern ward ihm nur noch mehr gewogen. 1. 108 ist eine glidverheissende Zahl. For Private and Personal Use Only Page #104 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 146. Erzahlung Die Mowe und die Maus oder Wer einem Unedlen hilft, schadigt sich selbst Um Ufer des Flusses, welcher Manorama i heisst, lebte ein Mowenpaar. Als die beiden Mowen einst an diesem spielten, sahen sie, wie die Stromung ein Mauschen dahina trug. Das Mannchen sah, wie die Maus von den Wasser: massen hin- und hergestossen wurde und in Gefahr war, zu ertrinfen, und arglosen Herzens, wie es war, ward es von Mitleid ergriffen und sagte zum Weibchen: ,,Ich will fie herausholen." Das Weibchen aber sagte: ,,Diese Mause, o Herr, haben Zahne, die doppelt so fest find, wie der Donnerkeil, 2 sind bosen Herzens und unedel; darum kann es uns nicht frommen, wenn wir ihnen beistehen." Tross dieser Einrede nahm das Mannchen, dessen Herz doppelt so rein war, wie sein Gefieder, die im Wasser versinkende und vor Kalte zitternde Maus in feinen Schnabel und barg sie unter seinem Fittich. Als sich die bose Maus aber dort, vor dem Winde ge(chusst, wieder erholt hatte, nagte sie mit ihren donnerfeilharten Zahnen dem Mowenmannchen die Schwungfedern durch. Einen Augenblick spater glaubte die Mowe, die Maus befinde fich nun wieder wohl, nahin sie in ihren Schnabel und wollte in den Luftraum emporsteigen; da ihm aber die Schwungfedern abgebissen waren, so sturzte es in die starke Stromung des Flusses und ertrank; mit ihm aber starb auch die Maus und kam in die Holle. 1. ,,Der Liebliche". 2. Der Donnerkeil ist Indras Waffe und be: steht aus Diamant. IOO For Private and Personal Use Only Page #105 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 147. Erzahlung Der Frosch Karfara und die Krofrodile Barana und Carana oder Wer sich an gefahrlichem Orte befindet, fann fich nicht anders retten, als durch die Flucht In einen grossen See, welcher Paomakara hiess, lebten ein Frosch namens farfara, und zwei Krokodile namens Barana und Carana, und alle drei waren miteinander bes freundet. Eines Tages bemerkte der Frosch, dass Fischer an den See gefommen waren, und sagte zu den beiden Strofodilen: ,,Dieser Ort, liebe Bruder, bringt Gefahr. Darum ist es fur uns nicht gut, dass wir hier verweilen." Doch die beiden entgegneten nacheinander auf seine Rede: ,,Ich habe hundert Listen." - ,,Und ich habe tausend listen." Da sagte der Frosch: ,,Von euch, liebe Freunde, hat jeder hundert und tausend fiften; trofdem wird euch, wenn diese eure Feinde erst da find, auch nicht eine List einfallen. Ich dagegen habe nur eine List, namlich die, dass mir da, wo mein Feind weilt, fein Heil erbluht. Denn: Gift ist eines kleinen Madchens Witwenschaft; 1 Gift ist ein Kustenanfall beiin Singen; Gift ist vertrauter Umgang mit Armen; Gift ist der Aufenthalt des Feindes." Da sagten die beiden: ,,Ei Frosch, was bist du fur ein Hasenfuss!" Aber der Frosch entfernte sich in der Nacht mit den Seinen und wohnte in Sicherheit irgendwo in einem tiefen Gewasser, welches den Fischern unzuganglich war. Eines Tages nun famen die Fischer dorthin, zogen die beiden Krokodile aus der Flut und schlugen fie tot. Der 1. Bei den Kinderehen in Indien sind Witwen im zarten Kindes: alter nicht selten. 101 For Private and Personal Use Only Page #106 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Frosch sah, wie das eine auf dem Kopf, das andere an der Hand hangend davongetragen wurde und sagte zu seiner Frau, welche Bhadra 2 hiess: ,,Hundertwiss liegt auf dem Kopfe, Tausendwiss hangt herab. Ich habe nur einen Witz, o Bhadra, und darum spiele ich im flaren Wasser." Da merkte fie, wie ausgezeichnet der Verstand ihres Mannes war. 148. Erzahlung Das Haslein Balafa oder Die Klugheit In einem grossen Walde, welcher Svapadasaranya hiess, lebte ein Lowe namens Durdhara und ein Fluges Haslein, Balaka geheissen. Auf die Dauer vermochten die Elefanten, die Eber, die Liger, die Antilopen, die Sambara 1, die Schakale und die anderen Liere die Furcht vor jenem Feinde des Wildes nicht mehr zu ertragen, und darum baten sie den Balaka, ihn umzubringen, und das fluge Burschchen versprach es. Eines Tages ging es auf Trug sinnend langsam, langsam zu dem Lowen, welcher sich in seiner Hohle zur Ruhe gestreckt hatte, und riefwieder und wieder: ,,Guten Tag, Onkel! Guten Tag, Onfel!" So stellte es sich taglich an diesem Orte ein, bis es der Lowe schliesslich fragte: ,,Wer bist du denn?" Da sagte es: ,,Aus Furcht vor dir, Kaiser der Tiere, find alle Tiere geflohen; nur ich bin hiergeblieben und furchte mich nicht. Bin ich doch ein Diener deiner Majestat!" Als 2. ,,Liebe", ,,Holde". I. Eine Hirschart, 102 For Private and Personal Use Only Page #107 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir das Haslein so redete, liess der Lowe fich's gefallen; und als es ihn durch seine Berstellung ganzlich fur sich gewonnen hatte, sagte es zu ihm: ,,In diesen Wald, o Konig, ist ein Nebenbuhler von dir gefommen. ,,Wo ist er?" rief der lowe, und das Haslein sagte: ,,Deine Majestat folge mir, damit ich dir ihn zeige!" Mit diesen Worten hupfte Balaka voran, und Durdhara ging hinter ihm drein, und so kamen sie schliesslich beide an eine Zisterne. Da sagte Balala:,,Sieh, o Herr! In dieser Zisterne ftedt bein Nebenbuhler." Wirts lich glaubte Durdhara, da er im Wasser dieser Zisterne fein Spiegelbild jah, einen Nebenbuhler zu sehen, und mit der Absicht, seinen Feind zu toten, sturzte er sich darauf und ftarb. Darauf ging das Haslein hin und verfundete des lowen Lod, und alle Tiere lebten von nun an in Frieden. 149. Erzahlung Der Lowe und die Schakale oder Der gute und der schlechte Lehrer In einem Walde, welcher Bhuribhasana hiess, dienten die Elefanten, die Eber, die Schafale und all die ubrigen Tiere wie Diener einem Lowen Ktsodara. Einst in der Vollmondsnacht sahen die Schafale den Mond in dem fpiegelflaren Wasser einer Zisterne, gingen zu Kysodara und sagten zu ihm: ,,Soeben, o Herr, ist dem Kimmel der Bauch geplatzt, und infolgedessen ist der arme Mond in eine Zifterne gefallen und zittert entseglich vor Angst, Senn er ist in Gefahr, zu ertrinfen." ,,Zeiget mir," sagte der Lowe, win welchen Brunnen der Gott gefallen 103 For Private and Personal Use Only Page #108 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ift, der den Hasen tragt; 1 ich will ihn herausziehen." Da gingen sie alle, die Schafale voran und der Lowe hinterdrein, an den Rand jener Zisterne. Die Schafale zeigten ihm den Mond, und als er ihn darin erblickte, dachte er: ,,Wie einfaltig find diese Burschen, dass sie behaupten, der Mond im Wasser sei in ihm untergegangen. Doch sagte er zu ihnen: ,,Da muss fich einer von euch an meinen Schwanz hangen, sich daran in den Brunnen hinablassen und das Wasser umruhren. Dann wird der Mond heraussteigen." Gesagt, getan! Einer von ihnen fuhrte die Weisung aus, und als sie dann den Mond nicht mehr im Brunnen, wohl aber am Himmel sahen, dachten fie: ,,Unser Herr hat wirklich durch seine Klugheit den Mond aus dern Brunnen geholt." Der fowe aber zog mit seiner Starke den an seinem Schweife Hangenden aus der Zisterne empor, und alle fehrten nach Hause zuruck. Uis sie nun wieder einmal den Mond im Brunnen sahen, dachten fie: ,,Warum sollen wir's erst unseron Herrn melden? Wir selbst wollen diesen Mond heraufholen!" Und einer von ihnen fasste den Schwanz, den ein anderer Schakal hinabhangen liess; als er sich aber daran in den Brunnen hinablassen wollte, vermochte der andere sein Ges wicht nicht zu tragen, und beide Schakale, der, der seinen Schwanz hinabhangen liess, und der, der ihn gepackt hatte, sturzten in die Zisterne hinab und ertranfen. Mie mit dem fomen und dem Schafal verhalt sich's mit bem guten und dem schlechten Lehrer, von denen der erste die Geschopfe aus dem Brunnen des Daseins errettet, nicht aber der zweite. 1. Die Inder deuten den Mann im Mond" als Hasen oder als Gazelle. 104 For Private and Personal Use Only Page #109 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 150. Erzahlung Der Kaufmann Jinadatta oder Die liebe zum Jina Im Dorfe Karanasara lebte der Kaufmann Jinadatta mit seiner Frau Kamalasri und seinem Sohne Syamalifa. ,,Was man auf die aus Jinateinpeln, Jinaftatuen, Buchern und Gemeinde i bestehenden sieben Felder fat, das geht auf und tragt heilbringende Frucht, wahrlich, unendlichfaltig." Solche und ahnliche Belehrungen guter Lehrer hatte der Kaufmann gehort, hatte unter Aufwendung einer grossen Geldsumme einen Tempel und ein Bildnis des heiligen Santinatha 2 errichten lassen und brachte diesem taglich seine Verehrung dar. Da aber seine Frau einen Teil seines Vermogens mit einern Buhlen verschwendete, einen an: deren dagegen sich felbft aneignete, fo verarmte der Kauf: mann nach und nach und erwarb sich seinen Unterhalt als Adersmann in dem Ort Nandisara, welcher in der Nahe Feines eigenen lag. Da wanfte der Siss des Vafsa Garuoa, 3 weil es diesem Diener seines Herren schlecht ging, und darum nahm er die Gestalt des Schwestersohns des Kaufmanns an und begab fich zu diesem, der sich gerade auf dem Felde befand. Der Kaufmann umarmte seinen Neffen und fragte ihn, ob er eine gute Reise hinter sich habe. Dann verrichtete der Gott die Arbeit, zu der jener viele Lagewerke gebraucht hatte, in einer knappen halben Stunde, hob eine faft von 1. Die Gemeinde besteht aus vier , Feldern", Monchen und Nonnen, mannlichen und weiblichen Laien. 2. Des 16. Jina. 3. Garuda, f. 128,1, hier (nicht bei den Brahmanen) als Varsa (f. 29,) be: zeichnet. 105 For Private and Personal Use Only Page #110 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Kornern und Ahren empor, ging mit ihm nach seinem Hause, begrusste seine Lante und legte sich dann mit seinem Dheim zum Maht nieder. Als ihr Mann so plosslich mit seinem Neffen gefommen war, ftedte die Frau ihren Buhlen, der sich im Hause befand, unter das Futter vor den Rindern, 4 verdeckte und verstedte den Milchreis, das Geback und die anderen Delia katessen, mit denen sie ihm ein vorzugliches Mahl bereitet hatte und trug den beiden ein schlechtes Essen auf. Da sagte der Gott: ,Hol' doch das verdeckte Essen her, liebe Lante!" Da dachte sie: ,,Der Kerl muss ein Herenmeister sein! Wie konnte er sonst wissen, was ich heimlich getan habe ?" Dann trug sie den Milchreis und die ubrigen guten Speisen auf. Nachdem der Neffe fich gesattigt hatte, stand er auf, warf das Getreidebundel auf den Buhlen, sonderte die Korner von dem Stroh, wobei er jenen weiblich bleute, ging dann mit dem Kaufmann beiseite und brachte das Gesprach auf die Hochzeit Syamalifas. Der Kaufmann sagte: ,,Ohne Geld, bester Neffe, ist eine Hochzeit eine schwierige Geschichte." Da zeigte ihm der Meffe alles das Vermogen, das jene in der Erde vergraben hatte, und nun fonnte er seinem Sohne die Hochzeit ausrichten. Zum Hochzeitsmahl hatte die Frau auch ihren Buhlen eingeladen. Da er aber nicht so ohne weiteres fommen Fonnte, so legte er Weiberfleider an und legte sich unter die Frauen, um mit ihnen zu essen. Der Gott aber sah ibn. Uis nun das Konfekt aufgetragen wurde, sagte er zu ihm: ,,Du bist doch im Futterraum gewesen?" Als er leugnete, sagte der Gott: ,,Halt! Das Konfeft ist nichts fur diese Frau!" Und 4. gamani, wohl = guj. gaman, gabhan, die Stelle vor dem an Pflode gebundenen Vieh, an die sein Futter gelegt wird". Also Guiters raum, an dem zugleich gedrojden wurde. Der ,,Neffen drischt dann auf derselben Stelle fein Getreide aus, wodurch der unter dem Futter perstedte Ehebrecer seine Prugel bekommt. 106 For Private and Personal Use Only Page #111 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir so sagte der Gott auch beim Gebad, beim Milchreis und bei den ubrigen Gangen, bis die Mutter des Brautigams ihrem Buhlen zehn Stuck Konfeft zusteckte, mit welchem er sich entfernen wollte. Der Gott aber merkte seine Absicht. Er trat an die Tur des Hochzeitszeltes und sagte den Frauen, welche sich entfernten, sie mochten das Hochzeitszelt fegnen. Und wahrend sie alle es der Reihe nach taten, fielen dem Buhlen jene Konfeftstucken unter der Achselhohle heraus.s Da schlug der Gott vor aller Antlig den Buhlen init einem gewaltigen Schlage nieder, offenbarte sich in seiner wahren Gestalt, wies Kamalasri zurecht und fehrte an seinen Ort zuruck. Der Kaufmann aber wurde reich, weil der Gott ihm genaht war, und als feine Zeit gefominen war, wurde er selbst zu einem Gotte. 5. Beim Aufheben der Arme. 107 For Private and Personal Use Only Page #112 -------------------------------------------------------------------------- ________________ stan Mahasut Jan Arashana kondo Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org wa komlethora Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Acharya Shri Kalusugarak yenmanat For Private and Personal Use Only Page #113 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Siebente Woge For Private and Personal Use Only Page #114 -------------------------------------------------------------------------- ________________ stan Mahasut Jan Arashana kondo Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org wa komlethora Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Acharya Shri Kalusugarak yenmanat For Private and Personal Use Only Page #115 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 151. Erzahlung Der Kaufmann Devasi ober Wer etwas tut, wovon er nichts versteht, macht sich lacherlich Wenn jemand auch zu einer Handlung willig ist, aber nicht weiss, wie er sie vornehmen soll, so macht er sich lacherlich. Denn: Wie fonnte jemand nicht der Lacherlichkeit verfallen, wenn er etwas unternimmt, von dem er nichts versteht? So ging's vordem dem Kaufmann Devasi mit dem Kaufmann Simasi. Dies verhielt sich wie folgt. In der Stadt Madhyama lebten zwei Kaufleute Simafi und Devasi, welche sinistischen Glaubens und miteinander befreundet waren. Da aber Devafi weder mit Monchen noch mit laien seines Glaubens verkehrte, so war er in den Handlungen, die die Laien beim Gottesdienst auszuFuhren haben, nicht beschlagen und vergass vollstandig, wie man die sechs Avasyafa 1 ausfuhrt. 1. Die Avasyafa (notwendig einzuhaltende Observangen) find feche; unter sie gehort das Pratifrantana (oben der Kurze wegen mit,, Beichte" wiedergegeben): reuevoties Bekennen der Sunden, fur sich oder vor einem Geistlichen, und Gelobnis, hinfort diese Sunden zu meiden. Statt devasta-padikkamanum, ,,Beichte der am Tage begangenen (Sunden)", verfteht Devasi: ,,Devasi, apapikkamanum": ,,Devast, Nicht: Beichte (ist eingetreten)" == esst wird nicht gebeichtet", III For Private and Personal Use Only Page #116 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Eines Tages ging Simasi jur Beichte und bestand darauf, dass Devafi ihn begleitete. Dieser wandte zwar ein: ,,Ich habe davon ja gar keine Ahnung!" Aber der andere erwiderte: ,,Du brauchst mir doch nur alles nachzumachen, wie ich's mache, was ich sage, wie ich stehe und mich sesse." Da ging er denn mit und tat, wie ihm geheissen. Als nun die Beichte der am Tage begangenen Sunden brankam, sagte Simasi: Devasia-paoiffamanum thaum (,,Jesst werden die am Lage begangenen Sunden gebeichtet.') Da dachte Devasi: ,,Er hat mich iegt etwas gefragt; da muss ich ihn wieder fragen. Und so sagte er denn: ,,Simasi, apapikkamanun thaum ?" (,,Simasi, iesst wird nicht gebeichtet ?'') Als Devafi das fagte, mussten alle lachen, die zugegen waren, die Monche so gut wie die Laien. 152. Erzahlung Der Hausvater Murana und Lasana oder Wenn einer unvernunftig redet und der andere under: nunftig hort Im Dorfe Busana lebte ein sehr dummer Hausvater namens Murana. Der mietete sich eines Tages einen Tagelohner namens lasana, um sich von ihm am Felbrain einen Speicher bauen zu lassen. fasana sagte: ,,Ich habe keine Ahnung, wie das gemacht wird;" aber Murana belehrte ihn: ,,Mach nur alles genau so, wie ich." Dann fesste er ihm einen milchgefullten Krug auf den Kopf, nahm fasst das ganze alt an ihn gerichtete, aber zur heiligen Handlung gehorige Frage auf und fragt nun feinerseits laut den Simasi. - devasia = sanskr, daivasifa, am Tag begangen". II2 For Private and Personal Use Only Page #117 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir eine Tracht Kuhbung auf den seinen, begab sich nach dem Ort, an dem die Scheune stehen sollte und warf, ohne sich zu buden, den Kuhdung auf die Erde. Da warf der andere genau so seinen Krug hin. Murana rief: Halunke, warum hast du das getan?" und der Tagelohner rief dasselbe. Da schickte fich Murasa an, ihn zu schlagen; als aber la: sana dasselbe tat, lief Murana davon und Lasana hinterdrein. Wahrend sie so bahinliefen, blieb Muranas Gewand an einem Dornen hangen; und als lasana sah, dass Murana nackt war, zog er sich gleichfalls nadt aus. Darauf liefen sie beide nackt dahin, wie sie vorher gelaufen waren. Indem fam aus dem Orte Muranas Frau heraus, um Wasser zu holen. Da nahm ihr Murana ihr Obergewand und legte es um; l'asana aber nahin ihr das Untergewand und legte es gleichfalls um. Als die Leute nun sahen, wie die Frau nadt war und die beiden Manner dahinliefen, waren sie sehr erstaunt, und auf ihre Frage erzahlte ihnen lasana, wie sich alles verhielt. Da sagten die Leute: ,,Ei! Was sind die beiden fur Narreul" und gingen nach Hause, und die drei andern gingen gleichfalls beim. 153. Erzahlung Konig Viframaditya oder die Freigebigkeit Wer eifrig zu spenden gewohnt ist, der freut sich, wenn er mit einem Bittenden zusammentrifft. Denn: Wenn ein Freigebiger die Silbe gib!" vernimmt. so leuchtet sein Untliss auf, als ware ihm ein Sohn geboren, als sei ihm gewaltiger Zauber geschenkt worden, als habe er ein Konigreich erlangt, als sei ihm der Genuss des dauerndsten Gluckes zugefallen, 8 Katharatnakara II 113 For Private and Personal Use Only Page #118 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir als hatte er ein Goldelirier erworben, als sei er dauernd mit seinen lieben vereint worden. Darum gibt es wohl nichts, was ein Freigebiger nicht spenden wurde. Denn: Obwohl Viframaditya die schweigende Jungfrau inuhsam errungen hatte, gab er sie doch gnadig dem Maler. Was gabe es, das ein Freigebiger nicht ver: schenkte? In dieser Erzahlung sind vier andere enthalten. Sie lautet: In der Stadt Ujjayini herrschte einst der beruhmte Konig Vikramaditia, i den die Furcht nur beschlich, wenn er von der Not anderer Menschen horte, und der den Frauen anderer ein Bruder war. Als dieser eines Tages ausging, bemerfte er einen Boten, welcher offenbar aus fernen fanden Fami; denn seine Kleider waren abgetragen und seine Schuhe zerrissen. Er fragte ihn: ,,Wo fommst du her?" Und als der Mann ihm antwortete: ,,Ich komme aus der Stadt Kanafasara," fragte der Konig weiter: ,,Haft du bort etwas merkwurdiges gesehen?" Der Mann sagte: ,,Vernimm, o Herr, was sich dort Merkwurdiges zutragt. In dieser Stadt berrscht Konig Kanafasundara; der bat eine Tochter Lilafasri, welche das Hauptjuwel 2 aller Weiblichkeit ist. Als dieser eines Tages ihre Eltern von der Vermahlung sprachen, gab sie zur Antwort: ,,Wer mich in einer Nacht durch Erzahlungen vierinal zum Reden bringt, der soll mein Fjerr sein; gelingt's ihin nicht, so Fei er mein Knecht. Uberallhin verbreitete sich die Kunde von diefern ihren Entschluss, und viele, die es vernahmen, Sohne von Konigen, Ministern, Kausherren, Karawanenbesigern, Feldherren und anderen bedeutenden Mannern, stellten sich bei ihr ein. Da es ihnen aber nicht gelang, sie zu uberwinden, fo mussen sie nun alle Tage im Palaste der Prins 1. S. 35,1. 3. S. 1,1. 114 For Private and Personal Use Only Page #119 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir zessin mit geschorenem Kopf, trubselig verzogenen Mundes, an den Fussen gefesselt und mit Weiberkleidern und Weiberschmud angetan, Masser tragen. Das ist das Merkwurdige, was ich dort gesehen habe." Als der Mann diese seltsame Geschichte erzahlt hatte, entliess ihn der Konig, nicht ohne ihn vorher befchenft zu haben, und in der festen Absicht, die Prinzen und anderen Sohne guter Familien aus ihrem Ungluck zu erretten und den Hochmut der Prinzessin zuschanden zu machen, gedachte er in seinem Geifte des Vetala,3 seines gottlichen Dieners, und begab sich nach jener Stadt. In dieser ging der Konig als Yogin 4 verkleidet umher, und als er an das Tor des Palastes Fam, schlug er auf den dort hangenden Gong. Die Dienerinnen, welche daran erkannten, dass wieder jemand gekommen war, und erstatteten ihrer Herrin uber ihn Bericht. Sie liess ihn rufen; er trat ein, und als er sich in ihrem von einer Lampe traulich erleuchteten Schlafgemach in seiner Yoginverfleidung auf einem Polster niedergelassen hatte, sagte er, indem er sich anschickte, der gleichfalls auf einem Polster sigenden und in all ihrem Schmude funkelnden Prinzessin eine Geschichte zu erzahlen: ,,Vernimm, o lampe! Dieses Madchen da ift viel Harter als ein Stein und nicht zu bewegen, auch nur ,hum's zu sagen. Wenn du aber ,hum fagft, so will ich dir ein Geschichtchen erzahlen." Der Vetala, welcher in der Lampe steckte, ging darauf ein, und der Konig erzahlte, wie folgt: 3. Die Betala sind eine Art Damonen, welche oft in Leichen fahren. Nach der indischen Sage hatte Konig Vikrama einen solchen in seinen Diensten. Vgl. oben Erzahlung 67. 4. S. 10,4. 5. Der Laut, mit dem man zum Erzahlen auffordert. S. 17,8 6,Vater der Erjahlung"). 8 IIS For Private and Personal Use Only Page #120 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 754. Erzahlung [Die vertauschten Kopfe] Es war einmal ein Brahmane namens Narayana, der im Dorfe Kalasara wohnte. Dieser hatte fich schon siebenmal in seines Schwiegervaters Haus begeben, um seine Hausfrau heimzufuhren; aus irgendeinem Grunde aber war sie ihm nicht gefolgt. Als er sich nun zum achten Male - diesmal in Begleitung seines Freundes Kesava - aufges macht hatte, sie zu holen, kam er unterwegs an einen Wallfahrtsort, welcher Mrityunjaya 6 hiess, trat vor den Grossen Herrn 7 und sprach: ,,Wenn ich diesmal, o Gott, meine Geliebte erhalte und mit ihr zuruckkehre, so will ich dir einen Lotus weihen." Als er dies gelobt hatte, erhielt er seine Gemahlin wirklich, und als er wieder vor dem Lempel stand, sagte er zu seinem Freunde: ,,Lieber Freund, warte hier auf mich, bis ich nach Verehrung des Grossen Gottes wiederfomme." Darauf trat er in den Tempel, hieb sich mit seinem Schwerte den Lotus seines Hauptes ab, indem er ihn dem Grossen Herrn weihte, und fiel tot vor ihm nieder. Als Kesava die Zeit zu lange dunfte, ging er gleichfalls hinein und dachte, da er seinen Freund in diesem Zustande erblickte: ,,Wenn ich mit der jungen Frau nach Hause gehe, so wird unbedingt mein guter Name befleckt werden; denn die Leute werden sagen: ,Dieser Bosewicht, der sich an seinem Freunde vergangen, hat ihn aus Sier nach seinem Weibe ermordet. Daruin hieb er sich das Haupt ab und sturzte an derselben Stelle tot zu Boden. Als beide nicht zuruckkamen, geriet die junge Frau in grosse Angst; fie trat ein, und als sie sah, wie es mit den beiden Mannern stand, dachte fie: ,,Wenn ich allein in 6. ,,Sieg uber den Tod". 7. Mahebuara, d. i. Siva. 116 For Private and Personal Use Only Page #121 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir meines Schwiegervaters oder in meines Vaters Haus gehe, so wird man mir wahrscheinlich einen Mafel anhangen und wird sagen, ich sei ein zugelloses Weib und habe meinen Gatten und meinen Schwager 8 ermordet. Darum fann auch ich nur tun, was sie getan haben." Und schon wollte fie sich mit demselben Schwerte das Haupt abschlagen, als Siva, furchtend, er mochte die Sunde des Frauenmordes auf fich laden, ihr erschien und ihr das Schwert aus der Hand nahm. Sie aber sagte: ,,Was soll ich mit dem Leben, wenn an mir ein Mafel haftet und ich meines Gatten beraubt bin? Daruin werde ich nur dann am Leben bleiben, wenn du diese beiden wieder lebendig machft, sonst nicht." Als der heilige Siva sah, dass dies ihr fester Wille war, sagte er zu ihr: ,,Wenn du diese beiden mit dem Wasser befprengst, mit dem ich 9 gewaschen worden bin, so werden sie ins Leben zuruckfehren." Raum hatte sie das vernommen, so tat sie es. In ihrer allzu grossen Ungeduld aber verwechselte sie die Kopfe, als sie sie an die Korper anlegte, und als sie die beiden besprengte, wurden sie mit vertauschten Kopfen lebendig. ,,Gib nun acht, lampe! Jesst stritten beide sich um die junge Frau. Wellen Hausfrau wurde sie da?" Auf diese Frage des Vogin antwortete der Vetala, welcher in der Lainpe fiecte, in der Absicht, die Prinzessin zum Sprechen zu bringen: ,,Die Frau dessen, der ihres Gatten Haupt trug." Als die Prinzessin diese ungereimte Antwort horte, uberwaltigte sie der Zorn, so dass sie ihre Absidyt vergass und mit lauter Stimme rief: ,,luge nicht, elende Lampe!" Da liess der Vogin auf den Gong schlagen zum Zeichen das fur, dasser die Konigstochtereinmal zum Reden gebracht hatte. Die Lampe fragte: ,,Wessen Gemahlin wurde sie denn, 8. Dies ift bildlich gemeint, da der Freund als Bruder gilt. 9. D. 1. das Gotterbild, in dem der Gott anwesend gedacht wird. S. 131,1, I7 For Private and Personal Use Only Page #122 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Konig der Yogin?" Der Yogin sagte: ,,Dessen, der des Freundes Ropf trug." ,,Wieso ?'' fragte die lampe. Der Yogin sagte: ,,Bei der Trauung reicht man der Braut die rechte Hand. Diese gehort aber doch wohl zum Numpf." Die Prinzessin aber dachte: ,,Einmal hat er mich zum Sprechen gebracht; dreimal find noch ubrig." Daher vers harrte sie nun erst recht im Schweigen. Darauf redete der Vogin wie vorher die kampe so iesst den Ohrring des Madchens an und begann wieder zu erzahlen wie folgt: 155. Erzahlung [Die vier Freier] In der Stadt Dhanaratha hatte der Kaufmann Balatdatta eine Tochter, die hiess Doppeltschon, 10 Diese war eingeln von ihrem Vater, ihrer Mutter, ihrem Bruder und dem Bruder ihrer Mutter je einem Freier versprochen wor: den. Als die vier Freier nun alle gleichzeitig anfamen, um Hochzeit zu halten und sich miteinander stritten, dachte die Jungfrau bei diesem Anblick: ,,Ach, ich bin schuld an diesem entsesslichen Streit!' Und so ging sie lebendig ins Feuer und verbrannte zu Asche. Nun ging einer von den Freiern mit ihr zugleich ins Feuer. Der zweite baute fich auf dem Ver: brennungsplass ein Haus und wohnte dort. Der dritte gelobte, nur noch von erbettelter Speise zu leben, und wenn er etwas erbettelt hatte, so legte er einen Teil davon auf den Scheiterhaufen, und das ubrige ass er selbst. Der vierte aber nahm die Gebeine des Madchens und wanderte mit ihnen nach der Ganga. Unterwegs kam er nach der Stadt Mahanandi, ging hinein, um seine Nahrung zu erbetteln IO. Dvidharupavati. I 18 For Private and Personal Use Only Page #123 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir und kam an das Haus des Kaufmanns Manabatta. Dessen treue Gemahlin Kamalasri wollte ihm Speise geben. Da ihr aber ihr heftig weinendes Sohnchen darin hinderlich war, warf sie es in das Herdfeuer. Als sie nun dem Bett: ler die Speise reichen wollte, fagte dieser: ,,Um meinetwillen, Mutter, hast du deinen Sohn gemordet; darum kann ich diese Speise nicht annehmen." So wies er sie ab und wollte gehen; sie aber betraufelte den Knaben mit Amrtari, machte ihn dadurch wieder lebendig und trat wieder vor den Mann, um ihm die Speise zu reichen. Da sagte dieser zu ihr: ,,O Mutter, gib mir etwas von diesem Amrta!" Sie erfullte seine Bitte, und mit dem Umsta, welches sie ihm geschenkt hatte, fehrte er zuruck und belebte die Jung: frau samt dem Freier, der sich mit ihr verbrannt hatte. Nun gib acht, Shrring! Als sie wieder lebendig gewors den war, stritten sich wieder alle drei 12 miteinander um fie. Wessen Gattin wurde fie?" Als der Vogin dies gesagt hatte, sprach der Vetala, welcher in dem Ohrring stedte, um die Prinzesfin zum Reden zu bringen:,,Die Gattin dessen, der sie wiederlebendig gemachthatte!" Kaum hatte die Konigstochter diese hochst ungereimte Antwort gehort, ward sie gewaltig bose, so dass sie ganz vergass, was sie sich vorgenommen hatte und mit lauter Stimme rief: ,,Luge nicht, elender Ohrring!" Da liess der Vogin auf den Gong schlagen zum Zeichen dafur, dass er die Konigstochter zum zweiten Male zum Reden gebracht hatte. Der Ohrring fragte: ,,Wessen Frau wurde sie denn, Konig der Yogin, und in welchem Verhaltnis ftand sie zu den andern ?" Der Yogin gab zur Antwort: ,,Derjenige, der ihr durch das Amota das Leben schenfte, war ihr Va: ter, derjenige, der sich mit ihr aus dem Scheiterhaufen 13 11. S. 20,5. 12. Es sollte heissen: ,, ale vier". 13. Der gleichfam der beiden Mutterschoss ist. 119 For Private and Personal Use Only Page #124 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir erhob, ihr Bruder; derjenige, der sie an dem Orte des Scheiterhaufens bewachte, ihr Diener; derjenige aber, welcher ihr von einem Teile dessen, was er erbettelt hatte, Speise, Kleidung und anderes schenkte, ihr Gatte. Denn das Gewahren von Kleidung, Nahrung, Schmuck und anderen Bedurfnissen ist Sache des Eheliebsten." Als der Yogin das gesagt hatte, dachte die Prinzessin: Zweimal hat er mich zum Reden gebracht, und zweimal sind noch ubrig." So verharrte sie nun erst recht in Schweigen. Darauf begann ber Yogin wieder zu erzahlen, indem er sich wie vorher an die Lampe, To jesst an die Perlen fette der Jungfrau wandte. Er sprach: 156. Erzahlung [Die belebte Puppe] Konig Narapala in der Stadt Narasara hatte einen Sohn namens Punyapala. Dieser war mit Buddhisara, dem Sohne des Oberpriesters, mit Gunafara, dem Sohne eines Holzbildhauers, mit Rupasara, bem Sohne eines Goldschmieds und mit Dhanasara, dein Sohne eines Webers befreundet. Eines Lages, als Punyapala auf Befehl seines Vaters das Land verlassen musste, fragte er seine vier Freunde, ob fie ihn begleiten wollten, und fie sprachen: ,,Wir weichen so wenig von dir wie deines Korpers Schatten." So verliess er denn von ihnen begleitet seine Vaterstadt und fam in einen dichten Wald. Als es Nacht geworden, legte fich der Konigssohn schlafen, wahrend sich die vier anderen ab: wechfelnd in die Nachtwachen teilten. In der ersten Nachtwache nun schnisste Gunasara aus einem Stuck Sandel 129 For Private and Personal Use Only Page #125 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir holz 14 eine an allen Gliedern liebliche Madchengestalt, herrlich wie eine Gottin. Als er damit fertig war, legte er sich schlafen, und Dhanasara stand auf zur zweiten Nachtwache. Dieser Fleidete ihren Korper in feidene Unter- und Oberfleider und anderes derart, wie es ihrer wurdig war, und als er sich darauf zur Ruhe legte, stand zu Beginn der dritten Nachtwache Nupasara auf. Dieser schmucte sie mit Edelsteinen, Gold und anderem Geschmeide und legte sich dann nieder, wahrend fich Buddhisara erhob, um die vierte Nachtwache zu ubernehmen. Buddhisara zog durch einen Zauberspruch den heiligen Gott herbei, welcher mit einein Strahlenkranz umgeben ist, is und als er mit dessen Hilfe die Gestalt belebt hatte, wurde es Tag. Nun gib acht, Perlenhalsband! Als die vier diese Ges stalt sahen, erzahlte jeder von ihnen vor Punyapala, was er getan hatte, und alle ftritten sich um das Madchen. Wessen Gattin wurde es ?" Auf diese Frage des Yogin antwortete der Vetala, welcher in der Perlenfette steckte, um die Prinzessin zum Reden zu bringen: ,,Die Gattin dessen, der sie belebt hatte." Als die Konigstochter diese ganz ungereimte Rede vernahm, argerte sie sich daruber, so dass sie wieder ihren Vorsass vergass und mit lauter Stimme rief: ,,Elende PerlenFette! Luge doch nicht so!" Zum Zeichen dafur, dass er die Prinzessin zum dritten Male zum Neden gebracht hatte, liess der Yogin auf den Gong schlagen; und als ihn die Perlenfette fragte: Konig ber Yogin! Weffen Hausfrau wurde sie denn, und in welchem Verhaltnis stand sie zu den anderen?" Tagte er: ,,Derjenige, welcher ihr das Leben schenfte, war ihr Vater; derjenige, welcher sie gebildet hatte, ihre Mutter; derjenige, welcher fie schmucte, ihr Mutter: 14. S. 107,. 15. Die Sonne. I 2 For Private and Personal Use Only Page #126 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir bruder. Ihr Gemahl war der, welcher sie kleidete. Denn nur der Gatte Fleidet die nackte Frau." Als der Vogin so gesprochen hatte, dachte die Prinzessin: ,,Dreimal hat er mich jesst zum Sprechen verleitet; nur einmal ist noch ubrig." Nun verhielt sie sich ganz besonders fchweigsam. Darauf begann der Yogin wieder wie folgt zu erzahlen, indem er sich diesmal, wie vorher an die lampe, an das Mieder der Jungfrau wandte. 157. Erzahlung [Die vier Vater] In der Stadt Haricandra regierte Konig Harigena. Zu diesem sagte einft ein Brahmane namens Sarikara, welcher eines Diebstahls wegen verhaftet und von ihm zum Tode verurteilt worden war: Nach der Offenbarung, o Stonig, kann ein unverheirateter Brahmane nach seinem Tode nicht in den Himmel fommen. 16 So vermahle mich denn, bevor du mich toten lasst, fur den Preis von funf Edels steinen, welche sich in meinem Schenfel befinden, 17 mit irgendeiner Brahmanentochter!" Der Konig gewahrte Teine Bitte, gab einem Brahmanen die funf Edelsteine, ver: beiratete den Dieb mit dessen Tochter Privamati und liess ihn dann hinrichten. Nach dem Tode ihres Mannes fuhrte Priyamati ein ausschweifendes Leben, und als fie von irgendeinem Manne ein Sohnchen gebar, jesste sie es vor der Stadt aus und legte ihm einen Ring bei, welcher ihren 16. Nach brahmanischem Glauben fann nur ein Sohn seinen Vater aus der Holle erretten, indem er fur ihn die vorgeschriebenen Lotenopfer darbringt. 17. Dort hat er sie in felbstbrigebrachte unden gestedt und ein heilen laffen, um sie zu verbergen. 122 For Private and Personal Use Only Page #127 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Namen trug. Ein Lopfer namens Dharma aber fand und erzog das Knablein als seinen Sohn. Eines Abends lief das Knablein, welches einen lieblichen Korper hatte, allein in der Nahe der Longrube umher. Dort erblicte es der Konig Harissena und dachte: ,,Der arme Junge soll mein Sohn sein!" Darauf nahm er ihn und ubergab ihn der Konigin; und als der Konig gestorben war, ward er selbst unter dem Namen Saranasimha zum Konig gemacht. : Einst zur Zeit der Lotenopfer begab er sich nach der Ganga, um seinem Vater die Manenspende darzubringen. Infolge der Wunderkraft jener Badestelle stredten fich gleichzeitig vier Wande aus der Gangaflut empor, um die Spende zu ergreifen. Als der Konig dieses Wunder gewahrte, war er sehr er: staunt und erfuhr von der Koniginmutter, welche er die Wahrheit ihrer Aussage beschworen liess, den Sachverhalt. Durch die Erwahnung der Longrube gelang es ihm, die Bestatigung dieser Geschichte zu erhalten. Er fragte die Topfersmitwe, und diese erzahlte ihm alles, wie es sich ereignet hatte, und gab ihm jenen mit einem Namen gezeichneten Ring. Uis er durch die Schriftzuge des Ringes der Geschichte auf den Grund fam, verhorte er die Brahmanin, welche ihm die Wahrheit gestand. Darauf ging der Konig nach der Ganga und fprach: ,,Ich habe vier Vater; derjenige von ihnen halte die Hand empor, wel: chem die Manenspende gebuhrt!" ,,Nun, Mieder! Wessen Hand schickte sich an, die Spende entgegenzunehmen ?" Auf diese Frage des Vogin sagte der Vetala, welcher sich in dem Mieder befand, weil er die Prinzessin zum Reden veranlassen wollte: ,,Die Hand des Buhlen erhalt die Spende, weil der Konig aus dessen Samen entstanden ist." Als die Konigstochter diese ganz verkehrte Antwort horte, 123 For Private and Personal Use Only Page #128 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir geriet sie in Zorn, so dass sie wieder ihren Vorsan vergass, und rief mit lauter Stimme: ,,fuge nicht, elendes Mieder!" Zum Zeichen dafur, dass er die Konigstochter zum vierten Male zum Reden gebracht hatte, liess der Yogin den Gong dlagen. Und als das Mieder fragte: ,,Wessen Hand be: kommt denn die Spende, Konig der Yogin?" sagte dieser: ,,Die Hand des brahmanischen Diebes Sarfara erhalt die Spende; denn er ist der Herr des , Feldes'. 18 Nach seinem Tode erst wurde die Brahmanin liederlich." Als es tagte, sagte die Prinzessin: ,,Ich bin deine Magd, Yogin, und du bist mein Herr. Wahrend sie noch sprach, kam auch ihr Vater herbei, welchein geineldet worden war, was sich zugetragen hatte. Er neigte sich und blieb vor ihm stehen. Da gab sich Viframaditya zu erkennen, erzahlte, wie sich alles verhielt, befahl, die Konigssohne und die anderen Sohne aus guten Familien freizulassen, vermahlte sich mit der Prinzessin und fehrte mit ihr nach seiner Re: fidenz zurud. Dort horte der Konig hinter einer Wand, wie ein Maler zu einem andern sagte, welcher des Konigs Audienzsaal ausschmuckte und sich mit seiner Kunst brustete: ,,Guter Freund! Was bildest du dir alles auf deine Malerei ein! Du denkst am Ende gar, der Konig ift fo davon entzudt, dass er dir die schweigsame Prinzessin schenkt, die er heute hierher gebracht hat!" . Als dies der Konig horte, bei dem die Freigebigkeit zur Leidenschaft geworden war, fchenfte er sie jenem Maler und machte diesen selbst zum Fursten eines landes. 18. Technischer Ausdrud des indischen Rechts, nach dem Vikrama die obige Entscheidung getroffen hat. I 24 For Private and Personal Use Only Page #129 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 158. Erzahlung Der Kaufherr Sandra oder Nur durch gute Worte erlangt man Heil Im Dorfe Sarapadra lebte ein Handelsherr namens Candra. Da dieser feinen Sohn hatte, so betete er zur Schussgottheit des Ortes, welche Sohi hiess: ,,Wenn mir ein Sohn geboren wird, o Gottin, so schenke ich dir einen Buffel, ein goldenes Stirnzeichen und ein Paar Ohrringe." Als ihn nun wirklich ein Sohn geboren wurde, machte er der Gottin das Zeichen auf die Stirn, hangte ihr die Ringe an die Dhren, band ihr einen brunstigen Buffelstier ans Bein und sagte, nachdem er fie unter Darbringung von Speiseopfern, Blumenspenden und anderen Huldigungen verehrt hatte: ,,Das Stirnzeichen, o Gottin, gehore als Neliquiei meinem Sohn, die Ohrringe meiner Gemahlin!" So sprach er und nahm das alles zuruck, und als dann die Musik einsekte, begann der an den Fuss der Gottin gebundene Buffel zu brullen, jog das Standbild der Gottin mit fich fort und zerbrach es betrachtlich an Handen, Fussen und anderen Stellen. Als der Kaufinann nun nach Hause gegangen war, war fie wutend. Allein aber vermochte sie ihm nichts Boses zu: zufugen. Da teilte sie ihren Freunden, den Schussgottern Kaqua und Baqua, und ihrer Freundin, der Schussgottin Bohi, diesen Vorfall mit; und als es Abend ward, sassen alle vier, unsichtbar durch ihre gottliche Kraft, auf dem Dach uber der Tur, um des Kaufmanns Sohn zu rauben. 1. Sanskrit sesa. Man versteht darunter die Blumen und andere Dinge, welde bei der Verehrung einer Gottheit ubrigbleiben und als Reliquien unter die Andachtigen verteilt werden. I 25 For Private and Personal Use Only Page #130 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Da fagte der Knabe zu seiner Mutter: ,,Ich habe Hunger!" Die Mutter fagte: ,,IB die Sesamforner, mein Junge, die dort im Winfel ftehen!" Da sagte der Kleine wieder mit dunner Stimme: ,,Wie soll ich sie denn essen? Sie find so bitter!" Seine Mutter aber rief mit lauter Stimme: ,,Kapua, badua, sohi; bohi khao! ,Sie find bitter, Junge; i sie nur trobem!" Da dachten die vier: ,,Postausend! wie ist sie dahintergekommen, dass wir unsichtbar hier riten? 2 Sie ist noch starker als wir, und darum wiro uns ihr Sohn ficherlich auffressen." Und im Nu machten sie sich alle wie Krahen 3 aus dem Staube. 159. Erzahlung Schelmenftreiche In der Stadt lobagara lebte der Brahmane Saruba mit seiner Frau Vasumati. Seber Teil dieses Paares war wohl erfahren in der Kunft der Schelmen. Einft zur Essenszeit war das Mahl bereitet, als plosslich in Garuoas Haus ein Brahmane namens Dharana als Gast trat. Der war ein Meisterschelm. Als das Schelmenpaar diesen gewahrte, hatten beide denselben Gebanfen: ,,Ei, soll der Schuft dieses gute Essen verzehren?" Und sogleich brachen fie einen Streit vom Zaun, und Pasumati rannte zornig davon ins Haus ihres Vaters. Garuoa wartete eine Weile; dann stellte er diefe ganze Mahlzeit unter einen grossen Rohrforb und verliess gleichfalls das Haus, angeblich, um seine Frau zu holen. 2. Sie fassen die Worte Kadua, Bagua, Sohi und Bohi als ihre Mamen auf und verstehen: ,,36 die Saoua, die Badua, die Sohi und die Bohi!" 3. S. 103, 4. 126 For Private and Personal Use Only Page #131 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Als beide fort waren, dachte Dharana: ,,Sie wollen mich beschwindelu!" Und darum verzehrte er all das schone Essen, froch selbst unter diesen Korb und wartete. Nach einer Weile tamen die beiden nach Hause zuruck. ,,Da sieh meine Kunst, lieber Mann! Ich habe den Gast, obwohl er schon da war, hinausgeschwindelt, indem ich ihm einen Zant vorspielte und ins Haus meines Vaters lief! ,,Mit deiner Kunst, meine Beste, war's nichts gewesen, wenn ich dir nicht nachgelaufen ware und so felbst den Gaft ubertospelt hatte." Wahrend beide so ihre Geschicklichkeit im Ubertolpeln ruhmten, fam unter dem Sorbe Dharama zum Vorschein und sagte: ,,Da seht in eine Kunst, ior beiden Leutchen; ich bin nur einer und hab' euch beide ubertolpelt." Da bekamen sie beide schwarze Kopfe. I 160. Erzahlung Die Hausmutter Kalasi oder Wie man andere vernichtet In dem Orte Vanapalli hatte die Hausmutter Datta ihren Sohn Syamala mit einem Madchen namens Kalasi verheiratet. Wenn sie nun ihre Schwiegertochter unterwies, so dankte diese es ihr stets mit Hass. Eines Lages bat die alte Datta ihre Schwiegertochter um Holzscheite und Weizen. Da sagte diese zu ihrem Mann: ,,Deine Mutter, Herr, ist alt geworden und bittet um Holzscheite." Als der Sohn das horte, fragte er Datta, was 1. S. 92,7. 127 For Private and Personal Use Only Page #132 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir fie damit wolle, und Datta dachte: ,,Eine Schwiegertochter, welche guter Lehren wegen auf Boses sinnt, wird mich sicher einmal durch Gift oder durch ein anderes Mittel umbringen. Darum ist es besser, ich gehe freiwillig ins Feuer." Und so bat sie ihren Sohn eindringlich so lange, bis er es ihr gewahrte. Der Sohn brachte seine Mutter mit dem notigen Holze an einen vorher forgfaltig bestimmten Lage auf den Verbrennungsplass und liess fie iin Scheiterhaufen 1 Plass nehmen, als er merkte, dass er das Feuer vergessen hatte. Da ging er wieder in die Stadt, um es zu holen. Inzwischen dachte Datta: ,,Warum soll ich denn fo zwecklus fterben?" und fletterte auf einen in der Nahe stehenden Feigenbaum. Darauf fam der Sohn wieder, brannte den Scheiterhaufen an und fehrte weinend nach Hause zuruck. Nun hatten vier Einbrecher in demselben Orte einen Naubzug ausgefuhrt, teilten unter demselben Feigenbaume ihre Diebesbeute und sprachen: ,,Wen nach einem Leil der Beute geluftet, auf dessen Kopf sturze sich freischend die Gottheit hernieder, die in diesem Feigenbaume wohnt!"2 Kaum hatte Datta das bernommen, so sprang sie in der gewunschten Weise scheltend auf die Diebe herab. Diese liessen ihren Naub im Stiche und machten sich aus dem Staube; Datta aber nahm die Schmuckstude, legte fie an Handen, Fussen, Hals und Brust und andern Stellen ihres Korpers an und begab sich, herrlich wie ein Gotterweib gekleidet, ain nachsten Morgen nach Hause. Das junge Paar fragte sie, was das zu bedeuten habe, und fie fpracy: ,,Mein Sohn! Weil ich freiwillig, ohne dass Yamaz nach mir gesendet hatte, in seinen Palast 1. Dieser umgibt die zu Verbrennende wie eine Hiitte. 2. Feigen: baume (ficus religiosa) gelten als Wohnungen von Damonen, namentlich wenn sie auf Verbrennungeplassen stehen. 3. S. 1,8. 128 For Private and Personal Use Only Page #133 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir gekommen war, hatte er uber mich eine ganz besondere Freude. Er ehrte mich und schenkte mir diese Geschmeide, und dann entliess er mich, und so bin ich wieder heimgekehrt." Die Sdwiegertochter fragte: ,,Wenn nun irgendein anderer zu Yama geht, liebe Mutter, was tut er diesem?" Datta sagte: ,,Dann, liebe Tochter, freut er sich noch mehr uber ihn, als uber mich, und wird ihm seine Hochachtung beweisen." Da vermochte die Schwiegertochter ihrer Habsucht nicht langer standzuhalten; sie ging, wie vorher jene, in den Scheiterhaufen und fand in den Flammen den Tod, die Belohnung dafur, dass sie einen Menschen hatte vernichten wollen, dem fie Ehrerbietung fchuldete. Nachdem dann ein paar Tage vergangen waren, fragte Sijamala Feine Mutter: ,,Wie koinmt es, Mutterchen, dass deine Schwiegertochter noch immer nicht zuruck ist?" Da sagte fie: ,,Mein Sohn und liebling der Gotter!4 Fur Leute, die ins Feuer gegangen sind, gibt's feine Wiederkehr!" Darauf erzahlte Datta ihm alles, was ihr begegnet war und verheiratete ihn mit einem anmutigen Madchen aus guter Familie, und der Sohn lebte weiter, wie es sein Stand erheischte. 161. Erzahlung Manimati oder Freundliche Rebe bringt Gluck schon in dieser Welt In der Stadt Manisara wohnte einst ein Kaufmann Manicula mit seiner Mutter Manimati und seiner Gemahlin Manihari. 4. = Dummfopf. 9 Katharntnakara II 129 For Private and Personal Use Only Page #134 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Eines Tages hatte Manimati ihre Schwiegertochter zurechtgewiesen; und obwohl dies in Worten geschehen war, die reichlich mit Amfta 1 durchtranft waren, so zurnte ihr diese dafur und wusste Manicula zu uberreden, dass er seine Mutter in der Nacht in einem wilden, undurchdringlichen Walde aussekte. Dort baute sie sich ain Ufer eines Sees, welcher Karanasagara hiess, mit eigenen Handen aus Schilf eine Hutte und wohnte in ihr. Leute, welche Schilf und Brennholz aus dem Walde holten, versorgten sie mit Nahrungsmitteln, und so verbrachte sie ihre Tage in aller Zu: friedenheit. Da geschals es einmal, dass sich die falte und die Heisse Jahreszeit und die Regenzeit in der Welt der Gotter um den Vorrang ftritten; da sie sich nicht zu einigen vermoch: ten, so begaben sie sich in die Menschenwelt, tamen zu Masimati und priesen vor ihr eine jede ihre Vorzuge, wie folgt: Die kalte Jahreszeit besteht fur genussfrohe Menschen aus eitel Scherzen und bietet ihnen vollfommenes Gluck in Gestalt oliger [fetthaltiger; lieb licher] Nahrung, ungehemmter und inniger Um= armungen rehaugiger Frauen, seidener Gewander, leuchtenden Sonnenscheins und eines den fuhrenden fuften preisgegebenen Hauses, von Einreibungen init $1, einem warmen Reismahl beim Erscheinen des Morgenrots, von molligen Daunenbetten und Betel. Die heisse Jahreszeit besteht aus Genussen und Wonnen fur den Leib und berauscht die Menschen durch blendend weisse Gewander, Ausfluge in die Walder, Verweilen in Brausebadern, Spiele in Dei: chen, auf deren Oberflache fotosblumen ihre lachenden Kelche offnen und die flutgewordenes Sandelholz sind, 2 durch fuhlstes Waffer leichteste Speise, feine und 1. S. 20,5. 2. Das soll heissen: die so fuhr sind wie Sandelsalbe. 130 For Private and Personal Use Only Page #135 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir duftende Blumenkranze, und durch des Mondscheins herabflutende Strahlen. Die Negenzeit ist voller Lieblichkeit und spendet eitel Freude in Gestalt leichter Speise, roter Kleider, die mit Weihrauchmengen foftlich durchduftet sind, des Verweilens am ficheren Fenster, wahrend die Gewasser der Wolken herniederslurzen, von unges binderten Spaziergangen in den Waldern, die im Schmude uberall hervorbrechenden jungen Gruns stehen und von dem uberall erschallenden Schrei der Pfauen. ,,Nun streiten wir uns, Mutterchen, daruber, welcher von uns der Vorrang gebuhre, und nicht einmal die Fursten der Gotter und der Gotterfeinde 3 haben diesen Streit zu fchlichten vermocht. So sollst du ihn jest entscheiden." Die Alte erwiderte: ,,Eine einzige Zunge, liebe Sohne,4 ist nicht imftande, eure Vorzuge zu schildern. Die kalte Jahreszeit besisst sieben begluckende Dinge: Daunenbetten, S1, Betel, die leuchtenden Schonheiten der Sonne und junger Frauen, warme Speise und die warmnende Olut des Feuers. Die Segnungen des Sommers aber sind die folgenden: in ihm erschallen des Kofila s susse fieder, in ihm duften die Blumen. Der Mangobaun hangt ichwer mit Fruchten beladen, und liebliche Freuden der Liebe winfen im Walde. In voller Schonheit leuchten des Mondes fuhlende Strahlen; der Mensch erfreut fich in des Wassers Fluten, und die Bienen, die ain Blumenhonig nippen, summen die Festmusik, die die Feiern der Liebe eroffnet. Du aber, Spender der Regengasse, erhaltst die 3. Titanen, f. 20,-. 4. Die Worter fur ,,Jahreszeit" sind im Sans: Frit Maskulina; darunt erscheinen die Jahreszeiten hier als Manner gestaltet. 5. Der indische Kuctud, der beste der indischen Singvogel. 9* 131 For Private and Personal Use Only Page #136 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ganze Erde zu der Zeit, da des Himmels Edelsteine [Leuchten 6] sich in Mengen umherbewegen und die Gotterbaume verbrennen,7 da alle Wohlfahrt (ubernaturliche Fahigkeiten; Erlosungen) zerstort ist, alle reinen Gebete zugrunde gegangen, alle Unsterblichen gestorben, alle Wunschtopfe in der Tat verschwunden und alle Gotterfuhe ausgewandert sind.8 Und ferner: Jeft gibt es keine Wunschbaume, feine Wohlfahrt [feine ubernaturlichen Fahigkeiten; keine Erlosungen] und nicht einmal mehr segenspendende Gotter; auf dich allein, o Wolke, kann sich jetzt die ganze Schopfung auf dieser Erde verlassen. Und weiter: wie rechtes Erkennen, reciter Glaube und rechtes Handeln zusammen zur Erlosung fuhren und wie die Welt aus Himmel, Menschenwelt und Holle besteht, so musst ihr alle drei beisammen sein, um das vollftandige Jahr zu bilden; und darum seid ihralle drei in gleicher Weise der Ehre und der Huldigung wurdig, und gleich) ist eure Herrlichkeit." Als die Ulte fo ihren Streit geschlichtet hatte, waren alle drei mit dieser Entscheidung vollfommen zufrieden, schenkten ihr einen Wunschtopf und verschwanden. Eines Tages horte ihr Sohn von einem Wanderer oder irgend jemand anderen, wie es feiner Mutter ergangen war und fuhrte fie unter grossem Festesgeprange in sein Haus zuruck. Die Burger fragten sie, und sie erzahlte alles genau so, wie es sich begeben hatte. Die Burger fanden, dass ihr die Nede wie Honig 9 von den Lippen geflossen 6. Die Blibe. 7. Gemeint sind wohl die Baume, unter denen die Bewohner der Dorfer ihre Versammlungen abhalten; . Apte unter devataru. 8. Die Regenzeit ist die opferlose Zeit. Wunichiuh: 24,1. Wunschtopf: 65,6. 9. Im Sanskrittert steht dafur: ,, Die Burger fagten: Sie ist eine Lieblich-redende und darum erhielt sie als zweiten Namen den erblichen Namen ,, lieblich-redende".. 132 For Private and Personal Use Only Page #137 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir war, und so kam es, dass sie als zweiten Namen den Namen Honigmund erhielt und auf ihre Nachkommenschaft vererbte. Durch die Gunst ihres Wunschtopfs aber wurde sie vollig glucklich. 162. Erzahlung Die alte Nagini ober Bittere Nebe bringt Ungluck schon in dieser Welt In derselben Stadt wohnte eine alte Frau, welche Nagini hiess und Manimatis Nachbarin war. Als diese fah, in welchen glanzenden Verhaltnissen Manimati lebte Coder: welche ubernaturliche Macht Manimati besass], beschloss sie, es ihr gleichy zu tun, ging hin und schlug ihre Wohnung an dem Geftade desselben Sees auf. Da famen einst die falte und die heisse Fahreszeit sowie die Regenzeit, ihrer Vorzuglichkeit wegen miteinander streis tend, wieder in die Menschenwelt, fomen wieder an den See, gingen zusammen zu Nagini und sagten ihr jede ihre Vorzuge wie vorher: ,,Die kalte Jahreszeit besteht fur genuffrohe Menschen aus eitel Scherzen" usw. Als die Alte diese Rede der Jahreszeiten vernommen hatte, sagte sie, da ihr bittere Rede angeboren war wie einer Pesse das Klaffen: ,,Ihr hasslichen, boshaften Gesellen, die ihr alle Welt betrugt! Zwischen dem Kali-Zeitalter, 1 dieser Werforperung aller gehauften Sunden, und euch besteht uberhaupt kein Unterschied. Hort nur! Dieses Sali-Zeitalter wetteifert an Unertraglich: feit mit der falten Jahreszeit; denn die fotos1. S. 5,1. 133 For Private and Personal Use Only Page #138 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir gruppen sind erfroren (die Fundorte der Schasse sind ausgebrannt 2], die Blumen [die Gutgesinnten] verwelft. Der Mond [der Kunstereiche] ist nicht be: liebt, 3 mohl aber das Feuer (der Bosewicht), und die Guten nehmen sich in acht [den Guten wird die Ehre vorenthalten); alles freut sich der Kuhle [ber Dummheit], und selbst die Sonne [der Freund] bleibt fuhl, so sehr man fie [ihn] auch verehrt. Ist es das Kali- Zeitalter, das sich jesst entwickelt, oder ist es der Sommer? Denn es erfreut, was an Kalte [an Dummheit) gewohnt war; die Sonnensirahlen [die Hande der Rinderbesisser) werben heiss [hart), und der Durst (die Habsucht) will durchaus nicht schwinden. Der Anbruch des Abends [der Beginn einer Untat] gereicht auf Erden zur Freude und Gewasser trocknen [Feindschaften treten] ein. Allenthalben entspriefen der Erbe Schosslinge [er: hebt sich auf Erden Streit]; die Kuhle nimmt starf zu [die Dummen haben das grosste Glud]; die Los tusblumen [Kamala 4] ist uberall verschwunden; schwarze Wolfen find emporgestiegen (Scharen von fundhaften (niedrigen, gemeinen) Menschen find emporgekommen]; von Haus zu Haus friechen Schlangen [fchleichen zweizungige Menschen) umher, und die Menschen meiden die Strassen [verlassen den Pfad der Pflicht]: jetzt herrscht allenthalben unumschrankt zugleich die Regenzeit und das Kali Zeitalter. Drum solltet ihr euch schamen! Denn ihr qualt alle Menschen, ob sie arm oder reich, gelehrt oder ungelehrt, jung oder alt oder sonstwie find." 2. Im Grundtext Wortspiele. - ,,Quegebrannt", Anspielung auf die Erzgewinnung? 3. Weil er nach indischem Glauben Kalte nus: strahlt. 4. = Laffini, die Gottin des Gluds und der Schonheit. 134 For Private and Personal Use Only Page #139 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Als die Alte, die nicht anders fonnte, als bittere Worte reden, die drei so geschmaht hatte, pacte diese der Zorn, so dass sie ihr einen Ungllicstopf spendeten, bevor fie verschwanben. Sie freute sich sehr, dass sie diesen Topf erhalten hatte. Als sie ihn aber aufforderte, ihr Kleider, Speisen und anderes zu verschaffen, da verprugelte der Ungludstopf sie mit Stoden, mit Fauften, mit Keulen und Peitschen und anderem so sehr, dass sie davon starb und nach ihrem Lode in die Holle fuhr. 5 163. Erzahlung Arjuna oder Die Folgen der Hoflichkeit In Fastinagapura lebte Drona, der Lehrer der Bogenkunde, der, wie ugastya i das Weltmeer, so den ganzen Dzean der Bogenfunde in sich aufgenommen hatte. Von biesem lernte Arjuna 2 feine Kunst, und als er fie dermassen beherrschte, dass er nur eine zweite Gestalt desselben Drona zu sein sdien, befchenfte er ihn mit vielem edlen Gestein, anit Perlen und Gold, mit Elefanten, Rossen und andern Kostbarkeiten. Da sagte Drona zu Arjuna: ,,Pribas Sohn,3 erbitte dir von mir eine Gabe nach Wahl!" ,,Wenn ich beine Gunst errungen habe, ehrwurdiger Mann, so bitte ich dich, keinen andern so vollfommene Bogenfunst zu lehren, wie du sie mich gelehrt hast." Drona gewahrte ihm diese Bitte, denn er gedachte dara an, dass grosse Lehrer ihr Wort zu halten pflegen. s. S. 46,5. 1. S. 29,1. 2. S. S und 12,3, somie den lit. Anhang. 3. Prtha, eine der beiden Frauen Panous und Mutter Arjunas. 135 For Private and Personal Use Only Page #140 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Da geschah es, dass ein Bhill 14 namens Bhimala, der am Ufer der Ganga in der Nahe des fandes Karnata wohnte, bernahm, nur Arjuna sei ein echter Bogenschuss und habe seine Kunst von dem Lehrer Drona. Er begab sich also zu Drona und bat ihn um seinen Unterricht. Als dieser ihm aber gesagt hatte, was er Arjuna versprochen, fehrte Bhimala nach Hause zuruck, modellierte ein Standbild Dronas aus Lon, huldigte ihm mit Blumen, Sandel und anderen Opfergaben und betete es an, indem er sprach: ,,Verleihe inir die Bogenlunde, Lehrer Drona!" und dann studierte er die Bogenfunde angesichts des Standbilds. Und da sein Herz von Liebe zu Drona und vom Glauben an ihn erfullt war, fo ward der Bhilla nach einiger Zeit ein zweiter Arjuna. Eines Tages hatten Drona und Arjuna in der Ganga gebadet, und Arjuna begleitete feinen in die Stadt zurudfehrenden Lehrer; da gewahrte er, wie sich seinein Hunde das Maul mit Pfeilen fullte, deren feiner doch die Lippen, den Gaumen, die Zunge und die Zahne verletzte. Da er der Meinung war, dass niemand ausser ihm solche Wunderkraft besige, war er sehr erstaunt, ging ben Pfeilen nach, die in seines Hundes Maul flogen, bis er den Bhilla Bhimala vor sich stehen fah, und fragte ihn: ,,Wer hat dem Hunde die Pfeile ins Maul geschossen ?" Bhimala sagte: ,,Das war ich." Und als jener ihn nach seinem Lehrer fragte, antwortete der Bhilla: ,,Meister Drona ist mein Lehrer." Diese Auskunft teilte Arjuna dem Meister Drona mit und fuhr dann fort: ,,Wenn leute wie du sogar, o Herr, die Grenzen uberschreiten, in die ihr Wort sie bannt, was Fullen dann wir unbedeutenden anderen tun?" Drana fragte ihn, wie er dies meine, und Arjuna teilte ihm die Worte des Bhilla mit. Nun begab sich Meister Drona zu dem Bhilla und fragte 4. S. 37,1. 136 For Private and Personal Use Only Page #141 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ihn: ,,Wo ist dein Lelyrer?" Da zeigte ihin jener die Statue, die er sich selbst geformt hatte und teitte ihm mit, was er getan. Dronu sagte zu Arjuna: ,,Er hat seinen Erfolg dem Glauben an mich zu verdanken." Der verschlagene Arjuna aber sagte -- denn Der Barbier, der Svetainbara, der Goldschmied, der Dhadhaf,s der Nauber und der Spieler, der Stadter, die Hure und der Kaufmann: die sind alle acht als verschlagene Leute befannt - Hore, Bhilla! Da du dem hohen Meister Drona nun von Angesicht zu Angesicht begegnet bist, so musst du ihm huldigen, indem du ihm den Daumen deiner rechten Hand opferst!" Der Bhilla tat dies auf der Stelle. Aber der Meister sprach: ,,Du, Pribas Sohn, bist ein Stadter und barum verschlagen und hast diesen harinlosen Waldler betrogen. Doch durch meine Gnade sollen diese Waldler auch ohne den Daumen ihre Pfeile abschiessen konnen." Nachdem der Meister den Bhilla so zu einem Gefasse seiner Gnade gemacht hatte, kehrte er nach Hause zuruck. Daher kommt es, dass die Bhilla selbst heute noch beim Abschiessen ihre Pfeile zwischen dem Zeiger und dem Mittelfinger halten. 164. Erzahlung Viframadityas Gemahlin Lilafasri oder Die Schlice der Weiber Selbft Fluge Leute fommen nicht hinter die Schliche der Weiber. Denn: Die Sterne des Himmels, das Wasser des Meeres, die Gusse der Regenwolfen und die Grenze der Erde 5. Bedeutung unbekannt. 137 For Private and Personal Use Only Page #142 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir vermogen wenige Kluge vielleicht zu kennen, nicht aber das Herz der Frauen (wortl.: Gazellenaugigen). Mag man daruin die Weiber auch noch so gut berwachen; das ausschweifende leben, welches in ihrer Natur liegt, geben sie doch nicht auf. Wie Vikramas Geliebte unfeusch wurde, obwohl sie in einem Palaste untergebracht war, welcher nur auf einer Saule ruhte, so lassen auch die anderen Weiber, inag man sie mit noch so grosser Sorgfalt huten, nicht von ihren Ausschweifungen; denn sie sind all zu unbestandig. Diese Erzahlung lautet, wie folgt. Der beruhmte Konig Viframaditya, welcher unter vielen anderen Zauberkraften auch die besass, in andere Leiber einzugeben, befand sich einft in feinem Audiengsaal in Uijayini; da trat ein Weiser vor ihn und rezitierte diese eine Strophe: ,,Das Springen der Rosie, Indras Donnern, die Schliche der Weiber und die Zukunft, Negenmangel und ubermassigen Regen erkennen nicht einmal die Gotter; woher sollten die Menschen fie erkennen?" Uis der Konig, welcher Dhren hatte zu horen, dies ver nommen, sagte er: ,,Weiser Mann! Was du von den an: deren Dingen allen gesagt haft, trifft zu; aber was du von den Schlichen der Weiber gesagt hast, kann ich unmoglich glauben." Auf diese Worte des Konigs erwiderte der Weise: Dieses Wort, o Konig, geht so wenig uber die Wahrheit hinaus, wie das Meer uber seine Ufer." Der Konig sagte: ,,Ich will dich belohnen, wenn ich dieses Wort gepruft habe." Mit diesem Versprechen entliess er ihn. Als es Nacht geworden, besah sich der Konig das nacht: liche Treiben; 1 da horte er, wie zwei Madchen, welche 1. Konig Viframaditya pflegte nadytliche Nundgange in seiner Hauptstadt zu machen. 138 For Private and Personal Use Only Page #143 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Kanafasri und Tilafasri hiessen, sich vor einem Palast unter: hielten. Lilafasri fragte Kanafasri: ,,Was wirst du tun, Freundin, wenn du geheiratet hast und ins Haus deines Mannes gezogen bist?" Sie antwortete: ,,Eine Hausfrau muss sich plagen. Sie muss die Betten machen, das Haus fegen, Milch reihen, den Ofen ver: sorgen, die Teller waschen, das Getreide in der Handmuhle zerkleinern, die Kuhe melfen und Butter ruh: ren, und wenn das Essen gekocht ist und sie es auftragen muss, die Topfe und Schusseln reinigen und muss ihrem Manne, ihres Mannes Schwester und seinem Bruder immer hoflich begegnen. Nun, und ich werde tun, was meines Mannes Herz begehrt und alles zu seiner Zufriedenheit verrichten." Darauf fragte auch Kanakadri ihre Freundin, und diese sagte: ,,Was du gesagt haft, von dem allen werde ich stets das Gegenteil tun." Nachdem der Konig gehort hatte, was die beiden mit einander gesprochen, vermahlte er sich am nachsten Morgen mit Lilafasri, und um das Wort von den Schlichen der Weiber zu prufen, fuhrte er fie in einen Palast, welcher auf einer einzigen Saule ruhte, 2 und versorgte sie selbst, indem er ihr mit Hilfe seines Vetala z Speisen, Getranke und alles andere brachte, dessen sie bedurfte. Eines Lages sah fie den Kaufmann Kamananda, wel: cher unter ihrem Palast abgestiegen war, und verliebte fich in ihn; und auch er ward bei ihrem Anblick von der Liebe gepeinigt. Durch einen Tunnel 4 gelangte er zu ihr, und wenn sich der Konig entfernt hatte, gab sie sich nun mit dem Kaufmann allen Genussen hin. 2. Die Saule steht unter dem Palat, der also auf ihr ruht, wie ein freistehender Taubensd) lag, und zu dem es von dem Erdboden aus keinen Zugang gibt. 3. S. 67 id 153,3. 4. Dieser ist durch die Saule nad oben hindurdsgegraben. 139 For Private and Personal Use Only Page #144 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Als der Konig einft von seinem Hofe umgeben war, sah er einen Vogin namens Dhananatha, welcher auf Plassen und Strassen umherging, seine Nahrung erbettelnd und dabei jedesmal die Worte sprechend: ,,Nur die eine ist uns beruhrt, die von der ganzen Welt getrennt ist." Da Dachte der Konig: ,,Gewiss halt dieser Mann seine Frau fur die einzige Keusche und spricht deshalb so, wenn er umhergeht. Darum will ich doch sehen, was es init ihm fur eine Bewandtnis hat." In dieser Abficht ging er am Abend in eine Fliege ein und flog dem Yogin nach. Der Yogin aber nahm Blumen, Betel, gekochte Speise usw., verliess die Stadt, begab sich unter einen verzauberten Feigenbaum, hob dort einen machtigen Stein auf und trat in ein darunter befindliches unterirdisches Gemac), und der Konig in seiner Fliegengestalt flog mit ihm hinein. Darauf nahm der Yogin aus seinen Haarflechten eine Trommel, 6 und aus der Asche, welche fich in dieser bes fand, fam ein jugendliches Weib hervor. Mit diesem er: gosste er sich und schlief dann ein. Als dies geschehen war, nahm das Weib aus einer Trommel, welche es am Halse trug, Asche heraus, aus welcher ein Jungling entstand, und vergnugte sich mit diesem Jungling lange Zeit. In dem Augenblick aber, da der Yogin erwachte, machte die Frau den Fungling wieder zu Usche, und als der Vogin munter geworden war, verwandelte auch er das junge Weib in Asche. Als der Konig diese Geschichte mit angesehen hatte, war er besturzt, verwandelte sich am Morgen in einen Papageien und flog Tilakasri auf die Hand. Sie tat den Papageien in einen Kafig, legte eine Kette in Bewegung 7, und 5. sav jag bhina eti kori. Moglich, dass ein Wortspiel beabsichtigt ist und die Worte zugleich heissen sollen: ,,Fur die von aller Welt Getrennte nur eine Kori [eine kleine Silberinunze]." 6. mroanga, moglich audy: ein Stuc Bambusrohr. 7. Oder: liste eine Kette, 140 For Private and Personal Use Only Page #145 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir als dadurch Kamananda zu ihr gelangt war, pflegte fie mit ihm der Liebe und trieb allerlei Kurzweil mit ihm. Nachdem der fonigliche Papagei ihrem Dreiben lange zugeschaut hatte, dachte er: ,,Der Weise hatte recht mit dem Worte, welches er gesprochen." Darauf frog er davon nach feinem Palaste, verliess den Papageienleib und weilte als Konig wieder in seiner Sofversammlung. Als der Yoain nun abermals in der Stadt umbermanderte lud er ihn zur Tafel, begab sich mit ihm in Tilakasris Haus, liess sechs Site zur Mahlzeit schmucken und sprach: ,,Nun, Yogin, lass deine Gemahlin erscheinen, oder ich tote dich mit meinem Schwerte." Der Yogin tat, wie der Konig befohlen, und als sie zum Vorschein gekommen war, gab ihr der Konig einen entsprechenden Befehl, und sie brachte jenen Jungling zum Vorschein. Darauf befahl der Konig der Lilafnsri: ,,lass jesst den Samananda fommen!" Sie sesste die Kette in Bewegung, und als infolgedelsen Ka= mananda fam, wollte er sich beim Unblick des Konigs und der andern Anwesenden wieder entfernen. Aber der Konig sprach: ,,Geh nicht furt, Kamananda! Komm her!" Und als er gekommen war, wie es der Konig befohlen hatte, speiften fie alle zusammen. Darauf schenfte der Yogin dem Fungling bas junge Weib und ward selbst ein wahrer Yogin. Der Konig aber gab Tilafatri dem Kamananda; dem Weisen dagegen verehrte er Edelsteine, Perlen, Gold, Elefanten, Rosse und andere fostbare Geschenke und entliess ihn. 141 For Private and Personal Use Only Page #146 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 165. Erzahlung Der Minister Vastupala oder Das Gluck In der Stadt Dhavalaka regierte ein Konig Virabhavala; der hatte einen Kanzler, welcher Dastupala hiess. Wo ber Schatten des Hauptes dieses Ministers auf die Erde fiel, erschien in dieser ein Schass. Dadurch, dass Vastupala diesen verschenfte, loste er den Bettlern die Zunge, so dass sie nicht mude wurden, davon zu erzahlen; und so kam es, dass eines Tages auch der Konig von dem Ruhme horte, in dem sein Minister stand. Da aber des Konigs Dhr sehr empfindlich war, jagte er zu diejem: Sore, Minister! Der Nuf, in dem du ffebit, dafi namlich in der Erbe da, wo deines Hauptes Schatten sie beruhrt, ein Schat zum Vorschein kommt, ziert sich fur Leute, die nichts fonnen als init Butter, 81, Leufelsdred, Salz und dergleichen zu handeln, nicht aber fur dich. Darum wehre dieser Bettlerschar!" Der Minister tat es; trobem aber verfundeten die Bettier des Ministers Ruhm fogar, als dieser sich in der Hofversammlung befand. Da sagte der Konig zum Minister: ,,Morgen fruh, Minister, will ich die Berechtigung dieses deines Nuhmes untersuchen. Ist er berechtigt, so mag er dir bleiben; wenn nicht, so lasse ich den Betilern die Zungen ausschneiden, und von dir ziehe ich dein gesamtes Verinogen ein." Als er so gesprochen und der Minister sich entfernt hatte, liess der Konig in der Nacht an der Stelle des Audienzfaales, auf die der Schatten des Hauptes des Ministers fiel, einen grossen Stein vergraben. Nachdem sich am nachsten Morgen Der Minister wieder eingestellt hatte, ward dort der Boden aufgegraben, und 142 For Private and Personal Use Only Page #147 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir der Stein kam heraus. Da rief der Konig dem Minister zu: ,,Ei, Minister! Wie gewaltig ist dein Gluck, dass dieser Felsblock zum Vorschein gekommen ift!" Aber des Ministers Glud veranlasste einen Hofling, zu sagen: ,,lass diesen Stein zerschlagen, o Konig. Wer weiss, ob nicht vielleicht in ihm der Schatz steckt!" Und als der Konig den Stein hatte zerteilen lassen, fam aus ihm eine Schlange heraus, bei deren Unblick alle Mitglieder der Hofversammlung das Weite fuchten. Der Konig aber rief: ,,Ein schones Gluck fur den Minister, wenn ihm sogar aus einein Stein eine Schlange fommt!" und er fuhr fort: ,,Ei, so nimm doch diesen Schass, Minister, den dein Gluck hervorgelockt hat!" Der Minister aber sah nichts, als eine aus 32 Perlen bes stehende Halskette, welche einen Wert von eineinviertel Koti i Goldes hatte. Er vollzog inn Geiste die Huidigungen 2 und legte seine Hand darauf: da verschwand der Gott, der uber das Juwel gesesst war, und nun sahen es alle. Der Minister legte die Kette um seinen Hals und blieb in der Versammlung. Der Konig aber sagte wieder und wieder: Der Ruhm des Ministers lugt nicht;" dann beschenkte er fene Bettler und uberhaufte seinen Kangler mit Ehren, 166. Erzahlung Die Kunst der Rede oder Der Konigsbote Damara in der Stadt Pattana hatte der Konig Bhima einen beredten, zeitkundigen, aber hasslichen Brahmanen zum Boten, welcher Damara hiess. 1. Ein Koti = zehn Midionen (Goldmunzen). 2. Die Formel: ,,Berneigung den Arhat ( Jina]; Verneigung den Bollendeten; 143 For Private and Personal Use Only Page #148 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Eines Tages beabsichtigte Bhima, diesen Boten zu Bhoja,dem Beherrscher von Malava, zu senden und erteilte ihm daher eine schwere Menge Berhaltungsmassregeln. Als es endlich so weit war, dass der Bote sich erheben konnte, fchuttelte dieser den Saum seines Gewandes und fagte auf die Frage Bhimas, was das bedeuten folle: ,,Majestat! Die Lehren, die mein Herr mir gegeben hat, mogen nur hier bleiben. Ich werde dort schon selbst sagen, was die Zeit erfordert. Denn wir Boten bauen allzeit unser Gluck auf die Kunst unserer Rede." Als der Konig das horte, berbiss er zwar seinen Zorn, beschloss aber in seinem Herzen, Damara zu vernichten. Darum handigte er ihm vor seiner Entlassung eine goldene, in Seide gehullte Dose ein, welche ein Haufchen Usche enthielt. Der Bote trat in Byojas, des Konigs von Dhara, Hofs versammlung, schwarz, init vorstehenden Zahnen und dicem Bauche, triefenden Augen, rotem Haar, rissigen Nageln und einem Budel, kurz entfesslich hasslich. Ais Konig Bhaja ihn so fah, fragte er ihn:2 ,,Wieviel Boten im Kriegs- und Friedens dienst, Brahmane, hat denn euer Konig, die dir gleichen?" Im Innern lachend gab Damara zur Antwort: ,,Es sind eine ganze Menge, Beherrscher von Malava; und sie wer: den zu drei verschiedenen Arten von Sendungen verwen: det. Je nach der Art des Auftrags namlich gehen die Klu: gen, die Massigen und die Dummen." Diese Antwort gefiel dem Konig von Dhara. Und da er Berneigung den Lehrern; Verneigung den Katecheten; Verneigung allen Monchen in der Welt!" I. S. 1,3. 2. Die folgenden Worte von ,,Wieviel" bis der Konig von Dhara" einschliesslich bilden im Sanskrittext eine funftvolle Strophe (Sardulavikri ita, vier Zeilen von diesem Bau): --- - - - - --- --- 144 For Private and Personal Use Only Page #149 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir sich daruber freute, fragte Bhaja ihn, ob auf seiner Reise alles gut gegangen sei, und der Bote reichte ihm die Dose zum Geschenk. Wahrend nun die Hoflinge neugierig waren und bach: ten: ,,Was wird wohl in dieser goldenen Dose fein?", 18ste Bhoja das Siegel, welches ihren Dedel verschloss, und als die Asche zum Vorschein fam, und der Konig noch mit nachdenklichem Gesicht uberlegte, was das bedeuten solle, dachte der Bote: ,,Das hat sicherlich mein schurkischer Herr angestellt, um mich umzubringen." Und indem er dies dachte, fragte ihn schon der Konig: ,,Was ist das fur Arche?" - ,,Majestat! Mein Herr hat das grosse Opfer, das Robopfer, 3 dargebracht, und von diesem stammt diese Arche. Sie heilt alles gegenwartige Siechtum, und durch ihre wunderbare Kraft ist man ein halbes Jahr lang vor aller Krankheit gesichert. Daher kommt es, dass es fur Gotter, Titanen und Menschen gar schwer halt, auch nur das kleinste Staubchen davon zu befommen." Da freute sich Bhaja und verteilte die Asche unter seine Umgebung, und die oflinge legten sie auf ihr Haupt. 4 Damara aber fehrte, mit Edelsteinen, Gold, Rossen und anderen Kostbarkeiten reich beschenkt nach Pattana zuruck und begab sich in Bhimas Hofversammlung, wo er auf des Konigs Frage alles erzahlte, wie es sich ereignet hatte. Als er ein andermal lachelte, fuhr ihn Bhima an: ,,Alberner Mensch! Was bildest du dir ein auf deine Kunst? Danfft dein Leben doch nur meiner Gnade!" - ,,Majestat! Wir Boten finden uberall unser Gludt allein durch unsere Redekunst." Da gab Bhima dem Damara einen versiegelten Brief und fandte ihn abermals zu Bhoja, und der Bote trat vor 3. Das kostspieligfte, langwierigste und erfolgreichste Opfer. 4. Wohl nicht nur zum Zeichen ehrfurchtiger Entgegennahme, sondern zugleich als Umulett. 10 Katharatnakara 11 1 45 For Private and Personal Use Only Page #150 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir den Konig, obwohl sich dieser eben ins Bad gelegt hatte. Bhoja fragte ihn, ob seine Reise gut vonstatten gegangen, und sagte dann: ,,Nun, Bote! Was macht denn dein Herr, der Bader Bhimaba s in Pattana?" - ,,Ach, Bhoja! Er hat so alle Hande voll zu tun, den vielen Konigen die Kopfe zu fcheren, dass er noch nicht dazu gefommmen ist, ihn dir zu scheren, obwohl du ihn dir bereits mit Wasser befeuchtet baft." Diese erstaunliche Gegenrede belustigte den Konig; als er aber in dem Briefe die Bitte las, den Boten zu toten, teilte er diesem den Inhalt des Schreibens mit und fragte ihn, was das bedeuten solle. Und der Erzichelm Damara Tagte: ,,Lut nur, wie Euch gebeissen, Majestat! Denn wenn ich Euch die Ursache dieses Auftrags funden wollte, so wurdet Ihr ihn sicher nicht ausfuhren. Drum duldet die Sache feinen Augenblick Aufschub." Uber Bhoja liess nicht nach, ihn mit Fragen zu besturinen. Da sagte er schliesslich: ,,In meinem Horoskop, Majestat, steht zu lesen: In seinem funfzigsten Jahre ist eine Pleine Linie, 6 und wo er stirbt, da bricht eine zwolfjahrige Hungersnot aus. Darum hat mein Herr, der dir feind ist, mich hierher gesandt. Da ich nun meinem Herrn und den Seinen von ganzem Herzen diene, so ift es auch mein Wille, dass ich hier sterbe." So rief der Bote und schickte sich schon an, fich eigenhandig das Haupt abzuschlagen, als Bhojas feute ihn an der Hand paren und ihn daran verhinderten. Er aber rief: ,,Warum, Majestat, missgonnt Ihr mir den Lod? Wenn man das nun einmal vergangliche Leben fur seinen Herrn dahingibt, so geht man unfehlbar in den Himmel ein. Drum sollst Du mich nicht hindern!" Da beschenfte ihn Bhoja sogleich mit tausend Gold: s. Berachtliches Diminutiv von Bhima. 6. avalita, wohl, Lodelinie". 146 For Private and Personal Use Only Page #151 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir gulben, mit funfzig Roffen und anderem reichen Gut und liess ihn uber seines Reiches Grenze bringen. Damara aber zog mit grossem Geprange heim zu seinem Konig, neigte sich vor ihm und erzahlte ihm auf seine Frage wahrheitsgetreu, wie fich alles zugetragen hatte. Und von diesem Tage an stand Damara bei Bhima und vielen anderen Konigen ganz besonders in Ruhm und Ehren. 167. Erzahlung Der Lowe Durdhara oder Zrau feinem Schwarzkopf Starker als die fowen und andere machtige Wesen sind die Menschen. Denn: Selbst machtige Tiere, Felbst gewaltige Gotter werden sicherlich von den Menschen gefesselt; denn die Menschen sind starker als sie. Und ferner: Ein Lowe wurde tross seiner Starke von einem Zimmermann in einen Kafig gesteckt. Deshalb soll man niemals den Schwarzkopfen trauen. Dies berhielt sich wie folgt: In dem Walde Bhayamfara batte eine Lowin namens Sarini einen Lowen zum Sohn, welcher Durdhara hiess. Als dieser zum Jungling herangewachsen war, sagte seine Mutter zu ihm: ,,lieber Sohn! Den Schwarzkopfen darfst du nicht trauen; denn nur sie sind deine Feinde!" Das liess sich der Lowe gesagt sein. Er durchftreifte den Wald und fragte jedes Tier, den Schakal, den Sambar, 1 den Haren, die Untilope, den Liger und wie sie alle hiessen: ,,Bist du der Schwarzkopf? Bist du der Schwarzkopf ?" 1. Eine Hirschart. TO 147 For Private and Personal Use Only Page #152 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Aber alle zeigten ihm ihre Kopfe, sagten: ,,Wir sind keine Schwarzkopfe,' und begaben sich an ihren Ort. Eines Lages fragte er einen Zimmermann, der eifrig Baume fallte: ,,Bist du der Schwarzkopf?" ,,Was willst du dem denn tun?" fragte der Mann, und der Lowe entgegnete: ,,Meine Mutter hat gesagt, nur er sei meinein Haupte feind. Drum will ich ihn toten, und wenn ich diesen Dorn los bin, glucklich leben. Und darum bin ich auf der Suche nach ihm." Der Mann sagte: ,,Wenn du tuft, wie ich dich heisse, so will ich dir ihn zeigen." Der Lowe war einverstanden, und sogleich baute der Zimmermann einen festen Holzkafig und sagte zum lowen: ,,Geh da hinein, damit ich dir ihn zeige!" Obwohl dieser Lowe nun ein starkes Lier war, ging er doch hinein; ba ftedte der Zimmermann ganz feste Eisenbolzen in den Eingang des Kafigs; dann zeigte er ihm burch eine Offnung des Kafigs seinen Kopf und rief: ,,Ich bin der Schwarzkopf!" Und dann ging er nach Hause. Der Lowe dagegen musste in dem Kafig bleiben, bis er starb und zur Holle fuhr. 168. Erzahlung Der Brahmane Suradasa oder Das Gluck Nur durch gute Werfe kann man zu den Segnungen des Gludes Pommen. Denn: Gesundheit, Beliebtheit, Reichtum, fuhrende Stellung und Freude winken dem, der gute Werfe getan hat, in diesem, und die Erfullung aller seiner Wunsche winkt ihm in einem folgenden Dasein. 148 For Private and Personal Use Only Page #153 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Kurz gesagt: selbst das Ungluck verwandelt sich bei fols chen Glucksmenschen immer in Gluck. Denn: Selbst im Ungluck wird den Menschen, wenn sie einen Schak guter Werfe besigen, alles zuteil, was fie begehren. Durch das Zerschlagen der Kokosnuss gewann der Brahmane im Stadtgraben Reichtum. Dies verhielt sich wie folgt: In der Stadt Ghanasana lebte ein Brahmane namens Suradasa; der hatte ein bitterboses Weib, welches Kalini hiess. Kalini hatte einen bosen Mund, war jahzornig, und ihre Treue tiess alles zu wunschen ubrig. Einst ass der Brahmane zur Nacht. Als er aber bemerkte, dass der Mehlbrei, den er erhielt, nicht einmal gesalzen war, begann er heftig zu fchelten. Daruber geriet seine Frau in gewaltigen Zorn; sie nabin den Breitopf und zerschlug ihn am Kopfe des Brahmanen. Dann ergriff sie einen zweiten Topf, um ihn gleichfalls an seinem Kopfe zu zertrummern. Aber kaum hatte der Brahmane das gesehen, so liess er entsesst sein Essen stehen undmachte, dass er fortkam. Er fluchtete durch die Stadtfloake und sturzte in den Wallgraben. Darauf kam eine Bande von Dieben, die in derfelben Stadt geplundert hatten, in denselben Wallgraben, Tekte sich in ihm nieder und machte fich an die Teilung des Raubes. Dabei rollte aus dem Diebesgut eine Kokosnuss heraus. Das bemerkte einer der Spissbuben, und da er in der Finsternis den geschorenen Kopf des Brahmanen fur einen Stein hielt, so versuchte er, die Kokosnuss daran auf: zuschlagen. Der Brahmane dagegen hielt den Dieb fur seine Frau und glaubte, sie sei ihm nachgelaufen und wolle den Lopf an seinem Kopfe zertrummern. Darum rief er so laut er fonnte: ,,Ich fress ihn! Ich fress ihn!". Wie das die Spissbuben horten, glaubten fie, ein Gespenst sei er1. Der Brahmane meint naturlich den Brei; der Dieb denkt, er selbst font gefressen werden. 149 For Private and Personal Use Only Page #154 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir schienen; sie liessen ihren Naub im Stich und tiefen auf und davon.2 Als aber der Morgen dammerte, gewahrte der Brahmane ali das reiche Gut: Edelsteine, Perlen, Gold, Silber und andere Kostbarfeiten, nahm es, wanderte in eine andere Stadt, heiratete dort eine andere Frau und lebte von nun an glucklich und zufrieden. 169. Erzahlung Der Esel Sarata oder Wer eine Aufgabe ausfuhrt, die ihm nicht zusteht, hat den Schaden davon In der Stadt Parvatasara lebte ein Wascher namens Purana; ter hatte einen Hund, welcher Bucifa, und einen Efel, welcher Sarata hiess. Eines Nachts brachen Diebe in sein Haus ein und stahlen Kleider, Geld und anderes Gut, und Sarata sah es und sagte zu Bucifa: ,,Das Haus deines Herrn, mein fieber, wird von Dieben geplundert. So laufe doch den Spissbuben entgegen und belle, damit unser Herr erwache, die Diebe fluchten, wenn er aufsteht, und die Liebe zu deinem Herrn sich als fruchtbar erweise!" Ats Bucika das gehort hatte, fagte er: ,,lieber Sarata, der Wascher gibt mir nichts zu fressen und vernachlassigt mich auch sonst; darum werde ich einmal mein Heldentum von diesem Abenteuer fernhalten." Als der Hund so auf seiner Ablehnung beharrte, schrie der Esel mit seiner lauten Stimme aus feibeskraften, um 2. Wortlich: ,,verschwandin, wie Strahen verschwinden." Vgl. 103,4, 158,3, 257, 2. ISO For Private and Personal Use Only Page #155 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir den Herrn zu weden. Die Diebe fonnten sich denken, dass der Herr bei seinem Gefchrei munter geworden war, und machten sich darum aus dem Staube. Der Wascher wieder schloss aus seines Esels Stimme, dass der Morgen bereits angebrochen fei, und erhob sich, um ans Waschen der ihm anvertrauten Kleider zu gehen. Als er aber den sternuberfaten Himmel sah und merkte, dass es noch tiefe Nacht war, dachte er: ,,Der verdammte Esel hat mir durch sein Geschret zur Unzeit den Schlaf gestort," ward entsesslich bose und gerbte dem braven Sarata mit seinen Fausten und mit einem dicen Knuttel gehorig bas Fell. Bucifa aber sagte zu dem Efel, der von den vielen und ubermassigen Schlagen des Waschers an den lenden ganz gebrochen am Boden lag: Wer ein Geschaft bat, dem fommt es auch zu. Lut es ein anderer, so erntet er Schimpf. An Stelle des Hundes schrie der Esel. Da nahm der Wascher einen Knuttel und verprugelte ihn. 170. Erzahlung Puspavati oder Wer Ungluck haben soll, der hat Ungluck In dem Dorfe Varasana lebte der Kaufherr Dhanatta mit seiner Gemahlin Puspavati und ihrem Sohne Kube: rasena. Eines Tages uber fiel Simhagura, der Hauptling eines Rauberdorfes, diesen Ort, wobei ihm Puspavati in die Hande fiel. Er behielt fie fur sich und machte fie zu feinem Weibe. Dhanadatta fuchte nach ilr, begab sich nach dem Rauber ISI For Private and Personal Use Only Page #156 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Dorfe, mietete sich im Hause des Barbiers ein, und als er erfahren hatte, dass seine Gemahlin jesst die Frau jenes Hauptlings war, sandte er die Barbiersfrau zu ihr. Von dieser erfuhr fie ihres Gatten Ankunft und liess ihm durch die Frau des Barbiers Zeit und Ort des Zusammentreffens ubermitteln, indem sie sagte: ,,In der Nacht des vierzehnten Zages werde ich mich im Lempel der Gottin Kalifa i einstellen." Darauf sagte sie liftig zu dem Hauptling des Rauberdorfs: ,,Weil ich von starfen Schmerzen geheilt worden bin, die mich quitten, will ich in der Nacht des Vierzehnten der Kalika meine Verehrung barbringen," und begab sich in seiner Begleitung nach dem Tempel. Dort er: schlug sie den Hauptling mit einem Schwert; als sie aber in den Tempel trat, gewahrte sie, dass durch Schicksalsschluss eine Schlange ihren Gemahl gebiffen hatte, so dass er gestorben war. Da schwang sie sich auf sein Ross und ritt in die Nacht hinein. Als es aber tagte, ward fie unterwegs von Naubern ausgeplundert; und die Rauber brachten sie nach der Stadt Santayana und verkauften sie in das Haus der Hetare Kamarupa. Wahrend sie nun, jung und schon, wie sie war, das tat, was Hetaren eben tun, kam ihr Sohn Kuberasena zu ihr, und sie gewahrte ihn den Genuss. Sie fragte ihn heimlich nach seinen Verhaltnissen, nach dem Namen seiner Mutter, feines Paters, seines Dorfes, und als er ihr alles erzahlt hatte, sagte fie: ,,Wehe! Ich Sunderin habe mich mit meinem Sohn vereinigt!" Und in ihrer Verzweiflung liess sie fich von dem ganzen Schwarm der Hetaren nicht abhalten, lebend den Scheiterhaufen zu besteigen. Da aber fugte es das Schickfal, dass der im Oberlauf aus seinen Ufern getretene Fluss den Scheiterhaufen hinwegschwemmte. Sie selbst ward von einem grossen Holz1. = Durga, Sivas Gemahlin. IS2 For Private and Personal Use Only Page #157 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ftuck dahingetragen, als ein Hirte, namens Sarana, sie bemerfte, sie herauszog und als sein Weib bei sich behielt. Eines Tages begab sie sich nach der Stadt Mathura, in ein Wollentuch gekleidet, wie es sich fur Leute aus dem Geschlecht der Kinderhirten ziemt, und wollte Buttermilch verkaufen. Als sie auf den Marft fam, ritt der Konigssohn voruber; da stiess dessen Pferd sie an, so dass sie hinfiel. Sie erhob sich, und obwohl ihre Gefasse zerbrochen waren und die Buttermilch herausgeflossen war, erheiterte ihr Gesicht ein frohes Lachen. Da fragte sie ein Mann, der keine Ahnung Hatte, wer sie war: ,,Schones Kind! Deine Buttermilch ist weggeflossen. Das betrubt dich aber gar nicht. Wie fommt das ?" Und sie erzahlte dem Manne, den sie gleichfalls nicht erkannte, wie es ihr ergangen: Ich erschlug den Konig, musste sehen, dass eine Schlange meinen Gemahl erbissen hatte und ward durch Schidfalsschluss in einem andern Lande zur Hetare; ich vereinigte mich mit meinem Sohne und bestieg den Scheiterhaufen: wie sollte ich mich tesst als Hirtenfrau um Buttermilch gramen?" Als ihr Sohn Kuberasena - denn er war es - dies gehort hatte, erzahlte auch er ihr seine Geschichte und fuhrte sie dann zu Nonnen, bei denen sie sich der Asfefe ergab. Sie stellte Betrachtungen uber die Folgen ihres bosen Karmans 2 an, fasteite sich in der verschiedensten Weise und gelangte so auf den guten Pfad. 2, S. 10,3. 153 For Private and Personal Use Only Page #158 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 171. Erzahlung Mahabala oder Die Macht des Schicksals In der Stadt Tilafa regierte ein Konig namens Tilafasara, und seine Konigin hiess Zilafassri. wahrend der Konia einst neben der Koniain in seinem Schaufelbette chlief, brach nachtlicher Weile Mababala, der Sohn des in derselben Stadt wohnenden Kaufberrn Dhanabala, in den Palast des Fursten ein, um zu stehlen. Da sah er, wie eine Schlange an einer Kette des Bettes her: abglitt, die Konigin biss und sich durchs Fenster entfernte. Mahavala stieg hinter ihr drein gleichfalls schnell hinab, und als er sah, wie sich die Schlange darauf in einen Stier und darauf wieder in einen Mann i verwandelte, wunderte er sich sehr, fasste den Mann an der Hand und fragte ihn: ,,Was ist da geschehen?" - ,,Diefer Konig war im vorigen Dasein mein Feind; darum habe ich, der ich jesst ein Gott bin, in Schlangengestalt seine Lieblingsgemahlin gebissen." ,,Sage mir, befter der Gotter, wie ich dereinst ums Leben komme." Auf diese Frage antwortete der Gott: ,,Du wirst dadurch fterben, dass du an einem Afte dieses Feigenbaumes hangst." Darauf verschwand er. Um die Verheissung des Gottes zu vereiteln, ward Maha: bala Asket und bezog eine Klause im menschenleeren Wald. Eines Tages hatte ein Dieb in Tilafa gestohlen und war geflohen. Des Konigs Beamte aber waren ihm hart auf den Fersen. Als er nun am Abend merfte, dass die Polizei in der Nahe war, verbarg er seinen Naub in Mahabalas 1. Vgl. 140. 154 For Private and Personal Use Only Page #159 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Wohnung und legte sich irgendwo anders schlafen. Die Beamten fanden das Diebesgut am Morgen in Mahabalas Hutte, hielten ihn fur den Dieb und fuhrten ihn vor den Konig. Als dieser ihn aber zu toten befahl, huschte ein fa: cheln uber Mahabalas Antlitz. Da fragte ihn der Konig, weshalb er lache, und jener erzahlte ihm feine ganze Ges schichte vom Lode der Konigin an und fugte hinzu: ,,Majestat, was ein Gott gesprochen hat, geht in Erfullung. Weshalb soll ich mich gramen? So dachte ich und musste lacheln." Da entgegnete der Furft: ,,Solange ich an der Spite aller Geschafte stehe, foll die Rede der erbarmlichen Gotter zuschanden werden!" Und damit nahm er ihn wie einen Sohn in seinen Schuss auf. Mahabala fagte zwar zum Konig: ,,Majestat! Obwohl ich von Euch mit herrlichen Gewandern, Speisen, Betten, Kutschen und anderen Bequemlichkeiten verwohnt werde, martert mich doch der Unblick dieses Feigenbaums fortwahrend wie ein Speer in meinem Leibe. Darum lasset den Baum umschlagen oder sendet mich an einen andern Ort." Wenn ich deine Bitte gewahre, mein Sohn, io geht des Gottes Wort in Erfullung. 2 Wenn du dagegen hier in Frieden lebst, trobbem der Baum erhalten bleibt, so hat meine Menschentat gesiegt." Dabei blieb es, und so gingen die Tage dahin. Da geschah es, dass der Konig mit Mahabala zusammen in den Wald ritt, um zu jagen, als er bemerkte, dass er versehentlich sein Schwert in seinem Palafte hatte liegen lassen. Er schickte Mahabala nach Hause, es zu holen; und als Mahabala mit dem Schwerte eiligst zurudgeritten kam und sich unter jenem Feigenbaum befand, schlug er sein Ross mit der Peitsche. Da baumte sich das Pferd auf 2. So der Wortlaut. Der Sinn ist mir nicht flar. Meint der Konig, dass dann Mahabela den Tod durch Erhangen an einem andern Feigenbaum finden werde? 155 For Private and Personal Use Only Page #160 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Teinen Hinterbeinen, und dabei verfing fich der Faden, der in seinem Perlenhalsband durch die Perlen hindurchging, welche so gross waren wie Myrobalanen, an einem Afte des Baumes. Das Ross rannte Mahabala zwischen den Beinen durch; er selbst aber blieb an dein Afte hangen, und da der Faden sich wie eine Schlinge um seinen Hals zusammenzog, so musste er sterben. Als dem Konig dies berichtet ward, gewann auch er die Uberzeugung, dass das Schidsal machtiger ist, als alle Ger waltigen, und waren es selbst die Gotter. 172. Erzahlung Der Kaufberr Sandra oder Die Schrift auf der Stirn entscheidet In der Stadt Savara lebte der Handelsherr Candra und war reich wie der schatzespendende Gott Kubera selbst. Als dieser einst den Schwarm der Burger betrachtete, wie er eifrig sanit beschaftigt war, Visnu, Siva, den Sonnengott Sura, den Burgenbrecher Indra, den Kriegsgott Skanda, den Zerstorer der Hindernisse Ganesa, Sivas Gemahlin Durga und alle die ubrigen Gotter zu verehren, tam ihm der Gedanke: ,,Wie einfaltig sind doch alle diese Leute, dass fie diesen Gottern huldigen, die doch recht jams merliche Wesen sind. Denn wenn man schliesslich auch ihre Gunft gewinnt: vor dem Lode vermogen sie niemand zu fchussen. Was foll also dieses mannigfaltige Buhlen um ihre Gunst, das doch in seiner Nusslosigkeit den Zissen am Halfe der Ziege gleicht? 1 Ich werde Yama 2 verehren, der allein imstande ist, Leben und Tod zu spenden." 1. Sprichwortlich. 2. S. 1,4. 156 For Private and Personal Use Only Page #161 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Gedacht, getan! Er liess sudlich von seinem Wohnort einen Yamatempel errichten und in ihm ein ausserst graufiges, schwarzes Yamastandbild aufstellen, welches den Gott mit seiner Gemahlin Dhumorna im Schosse auf einem Buffel reitend darstellte, die Hand mit einem Stabe geziert. Dann berehrte er Yama fruh, mittags und abends mit Speiseopfern, Blumen und anderen Spenden, bis der Gott zu ihm sagte: ,,Bitte dir eine Gnadengabe aus!" Da bat der Staufmann: ,,Gefessestonig, Sonnensohn, Kalindis3 Bruder! Bist du mir gnadig, so lass mein Leben unverganglich sein!" Yama entgegnete: ,,Allein darf ich dir das nicht gewahren; ich will mich aber dir zuliebe mit den drei anderen Welthutern 4 einigen und dann dein Begehren era fullen." So ging Yama nacheinander zu Indra, dem GotterFonig, zu Kubera, dem Gott der Schasse und zu Varuna, dem Herrscher des Meeres, und alle vier begaben sich mit Candra nach dem Ainte Citraguptas, des Geheimschreibers Yamas. Und wahrend der Kaufherr dort abseits stehen blieb, sagten die Gotter zu Citragupta: ,,Tilge des Kaufherrn Sandra Namen aus deinen Aften, mein Lieber, und mache ihn so unsterblich!" In diesem Augenblicke brach da, wo Sandra ftand, die grosse Paft des Hauses zusammen, so dass ihm dieses auf den Kopf sturzte. Als er aber infolge des Zusammenbruchs des Hauses gestorben war, fand sich in Citraguptas Aften dieser Vermert: Wenn Yama, der Furft der Himmelsbewohner, Kubera und Varuna in Citraguptas Saus gefommen sind, wird der Kaufherr Sandra sterben. 3. Anderer Name des Flusses Yamuna. 4. S. 25,.. 157 For Private and Personal Use Only Page #162 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 173. Erzahlung Die Kaufmannsfrauen Suthama und Surama oder Wer andern eine Grube grabt, fallt selbst hinein 1 In der Stadt faksminivasa verheiratete sich der Kaufmann Madana ber Reihe nach mit drei Frauen, welche Sukhama, Surama und Suravama hiessen. Da Suravama die Jungste war, so uberhaufte er sie mit Beweisen seiner Wertschassung, und das zog ihr den Hass der beiden andern zu. Denn: Einem Fursten den Gehorsam, einem Lehrer die Achtung und einem Weibe das gemeinsame lager verweigern, heisst, sie ohne Waffe morden. Eines Lages famen dorthin zwei Yogin, Kamatha und Samatha geheissen, welche eifrig befliffen waren, Zaubers spruche, Zauberzettel und andere bose Dinge herzustellen. Einer ging zu Sukhama, der andere zu Surama ins Haus, und unabhangig voneinander gewann jebe der beiden Frauen ihres Yogins Gunst, indem sie ihm seine Schussel mit Milchreis, Zuder, Butter und anderen Leckerbissen fullte, worauf beide Frauen baten: ,,Mach' unsere Nebenfrau Suravama blind!" Als nun Kamatha den Namen der Nebenfrau Suravama auf einen Zauberzettel schrieb, verband er infolge seiner Eiffertigkeit die Kopfe des ra und des va miteinander, so dass der Name seiner Auftraggeberin Sushama auf dem Zettel ftand, 2 den er ihr mit der Weifung gab, ihn zu verbrennen; dann werde die andere um ihre Augen tommen. Samatha hatte es gleichfalls eilig; daher liess er das 1. Wortlicher: ,,Wer andere (djadigen wid, kommt zu Schaden.' 2. Ein zusammengeschriebenes rava gibt im Alphabet der Urschrift tha. 158 For Private and Personal Use Only Page #163 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir oa aus, und so ftand auf dem Zettel, den er seiner Auftraggeberin mit der gleichen Weisung wie der andere ubergab, deren eigener Name Surama. Uis sich die Vogin entfernt batten, verbrannte jede der beiden Frauen ihren Zettel auf Khadira 3: Kohlen, und sogleich erblindeten sie beide selber. 174. Erzahlung Die Kaufmannsfrau Vafini oder Die Keuschheit In der Stadt Srinidasa wohnte ein Kaufmann Vafavadatta mit seiner Hausfrau Vasini, und beide hatten ein Sohnchen, welches Sundara hiess. Eines Tages ging sie, welche durch die Anmut ihrer Gestalt felbst Ratis i Schonheit ubertraf, in die Schule des Brahmanen Narayana, um ihr Sohnchen abzuholen, welches feinen Unterricht genoss. Kaum hatte Narayana fic erblidt, so war er auch schon liebesfrant; und von Stund ab ging er unter dem Vorwand, den Knaben abholen zu wollen, Tag fur Tag in ihr Haus und machte sich mit ihr befannt. Er unterrichtete und beaufsichtigte ihren Sohn mit ganz besonderer Sorgfalt, und eines Tages machte er ihr gar einen Liebesantrag. Da sie aber keusch war, hinterging sie ihn, indem sie ihn auf eine Musseftunde an diesem oder am folgenden Lage vertrostete, ohne dass es ihr damit ernst gewesen ware. Als er sie aber wieder und wieder mit seinem Antrag belastigte, beschloss fie, ihm eine Lektion zu erteilen und 3. Holy von Acacia Catechu. 1. S. 1,8. 159 For Private and Personal Use Only Page #164 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir gab ihm fur die nachste Nacht ein Stelldichein in ihrer Wohnung; und mit Blumen und anderen zu seinem Vorhaben geeigneten Dingen begab er sich am Abend in ihr Haus. Wahrend er sich nun bei ihr verborgen hielt und sie das mit beschaftigt war, Getreideforner zu zerstossen, die ihr ihre Schwiegermutter gegeben hatte, fam ihr Mann an ihre Zur. Da sagte sie zu Narayana: 2 Zieh' einstweilen Frauenkleider an und zerstosse die Korner, bis sich mein Mann, nachdem er sich mit mir ergosst hat, niedergelegt hat. Wenn er dann eingeschlafen ist, wollen wir beide nach Herzenslust in geheimen initeinander scherzen." Der Brahmane folgte ihrer Weisung, und als der Mann hereinfam und fragte, was das fur eine Frau sei, die da Korner zerstosse, gab seine Gattin sie fur eine Nachbarsfrau aus. Dann entfernte sich das Ehepaar, um begluckt zu schers zen, bis die ganze Nacht voruber war. Am Morgen aber verliess der Kaufmann sein Haus, und nun konnte auch Narayana, tief bekummert, weil ihm die erhofften Wonnen entgangen waren und ganz ermattet vom Kornerstossen, nach Hause gehen. Eines Tages traf Vafini den Brahmanen unterwegs und sagte zu ihm: Was gafft Ihr jesst und stosset nicht?" Er antwortete: ,,Ist denn schon alles alle, was ich das erstemal gestossen?" Und auf die Frage eines Jugendfreundes erzahlte er, was ihm begegnet war: ,,Die Bose tat und liess nicht fun (oder: Was die Bose tat, das liess sie mich nicht tun]; die ganze Nacht liess sie mich stossen! Zu welcher Arbeit, Mut: ter, habt Ihr mich nicht gezwungen! Lausend Ru pien solltet Ihr mir dafur geben!" 3 2. So mit dem Druct. In den beiden off. fehlt dieses einleitende Satchen. 3. Die Rede und die Gegenrede am Schluss, wie die 160 For Private and Personal Use Only Page #165 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 175. Erzahlung Asofabri oder Die ungleiche Verbindung In der Stadt Purasthala hatte ein Kaufherr namens Nanda eine Lochter, welche Usokasri hiess und alle 64 Kunste in fich aufgenommen hatte. 1 Da der Vater aber arm war, so verheiratete er sie nach dem Dorfe Burasthala an den dummen Bauern Dhanadeva. Wahrend sie nun in dessen Hause auf dem Lande wohnte, kam sie freilich so wenig zur Geltung, wie eine goldene Halskette am Halse einer Krahe; trobcem hing fie in treuer Liebe an ihrem Manne und genoss mit ihm die Freuden, die die Sinne gewahren. Als Stadterin speifte, retete, ging und schlief fie, Kleidete und schmuckte sie sich nach stadtischer Sitte, sang stadtische Lieder und lebte uberhaupt, wie es in der Stadt ublich ist, zur grossen Befriedigung aller Bewohner des Dorfes. Eines Lages war ihr Mann auf dem Felde mit Pflugen beschaftigt, und sie trug ihm das Essen hinaus. In das Gefass aber, in welchen sie das Essen trug, hatte sie aussers dem eine Betelrolle 2 gelegt, welche ihr aus ihres Vaters Hause zugeschickt worden war. Als sie auf dem Felde ans gekommen war und nach einem Brunnen ging, um Waffer zu holen, fand ihr Mann diese Rolle und dachte: ,,Was Schlussstrophe sind in Altgujarati geschrieben. Durch die Anrede ,,Mutter" gibt der Brahmane zu erkennen, dass er von nun an der Vafini entfagt. Der indische Drud lasst den Schlussabschnitt ein: fach weg. 1. S. 57,1. 2. Diese besteht aus dem Blatt des Betelpfeffers, in welches die mit Kalk und Gewurz vermengte Betelnuss, der Same der Katechu-Palme, gewidelt wird. Das Ganze wird als Genuss mittel gefaut. 11 Statharatnakara II 161 For Private and Personal Use Only Page #166 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir hab' ich doch fur eine gescheite Frau! Da hat sie auch fur meine beiden Stiere gleich einen Bissen Futter mitgebracht!" Und damit pacte der Lolpel die Rolle mit beiden Handen, riss sie entzwei und steckte gleichzeitig fedem der Stiere eine Halfte ins Maul. Als aber die Frau zurudfam und die roten Mauler der Stiere Fah, ward sie betrubt und fang auf ihren Mann dieses Liedchen: Es hat mein Schidfal mich gemacht Zu eines Bauern Frau; Es hat mir einen Mann gebracht, Der alles ist, als schlau. Der Schopfer zwar versagte ihm Die Horner und den Schwanz; Und hatt' er diese ihm verliehn, So war' der Ochse ganz. Mich hat, die Allerschonste hier, Mein Mann mit Schmach bededt; Das Schicksal zurnt; drum sind dem Stier Die Zahne rot geflect. 3 Als sie das gesagt hatte, kehrte sie nach Hause zuruck und schalt auf das Schicksal, weil es gar fo gut verstand, gerade das zu vereinigen, was sich nicht zueinander fugen will: 3. Der Betel farbt die Zahne rot. 162 For Private and Personal Use Only Page #167 -------------------------------------------------------------------------- ________________ sa kanan dan kesana kenda Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra u www.kobatirth.org sebutharga Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ataya sa kantauagen Gamans Achte Boge For Private and Personal Use Only Page #168 -------------------------------------------------------------------------- ________________ stan Mahasut Jan Arashana kondo Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org wa komlethora Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Acharya Shri Kalusugarak yenmanat For Private and Personal Use Only Page #169 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 176. Erzahlung Die Klugheit der Frauen oder Wie die Hetare Kamapatata den Minister Abhaya uber liftete In der Stadt Avanti herrschte vor Zeiten der Konig Canoapradyota. Dieser zog einst mit Heer und Wagen gegen die Stadt Rajagrha heran, und als Srenika, i der Konig dieser Stadt, davon Kunde erhielt, erschraf er gewaltig und fragte seinen Minister Abhaya:2 ,,Was sollen wir da beginnen?" Abhaya aber war ein Hort aller Liften, und darum liess er an Stellen, an denen das Heer lagern musste, eine Menge Goldes und anderer Kostbarkeiten niederlegen, und als Canoapradyota bort wirklich sein lager aufgeschlagen hatte, liess er ihm nachtlicherweile durch einen Boten folgendes sagen: ,,Da du der Gatte Sivas, der Schwester meiner Mutter bist, so sehe ich in dir meinen Vater und sende dir deshalb einen nusslichen Rat. Sreaifa hat dir namlich alle deine Lruppen abspenstig gemacht, so dass sie versprochen haben, dich ihm gefesselt auszuliefern. Drum sieh dir nur die mit Srenikas Namen gezeichneten Schasse an, die auf dem Gelande liegen, welches von den Zelten deiner Soldner umgeben ist, und tu, was dir be: liebt." I. S. 2,2. 2. S. 81,2. 165 For Private and Personal Use Only Page #170 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Canoapradyota nahm eine Besichtigung vor, fand alles, wie Abhaya es angedeutet hatte, glaubte darum seinen Worten und fluchtete noch in derselben Nacht nach seiner Hauptstadt. Als spater seine Soldaten gleichfalls dort eintrafen, erfuhr Canoapradyota aus deren Munde, dass alles nur ein liftiger Anschlag Abhayas gewesen war, und fragte inmitten seines versammelten Hofes: ,,Kann einer von euch Srenifas Sohn, den Minister Abhaya, gefesselt vor mich fuhren?" Da nahm seine Fachertragerin, die Hetare Ramapataka, die Erfullung seines Wunsches auf fich. Mit zwei anderen schonen Hetaren liess fie fich bei einer Nonne im Verhalten der Frauen der Iainalaien unterrichten und ging dann, als Jainafrau verkleidet mit grossem Gefolge angeblich auf eine Wallfahrt nach Raiagrha. Es war, als hatte sich der Schwindel in diesen Drei He: taren verforpert, um die Dreiwelt zu betrugen. Denn nun zogen sie in der ganzen Stadt umher, erwiesen zunachst den Monchen ihre Ehrfurcht, besuchten dann der Reihe nach alle Fainatempel, brachten in dem zum Konigspalaste gehorigen Tempel in ganz richtiger Weise den Sina ihre Verehrung dar und wurden dabei von Abhaya gefehen, der sich gleichfalls im Tempel befand. Sofort gaben sie sich mit verdoppelter Inbrunst der Gotterverehrung hin. Indem Abhaya diese ruhrende Andacht bemerkte, dachte er: ,,Selig find diese glaubigen Frauen, die ganz von der Religion durchdrungen sind!" Als sie nun in richtiger Weise die Gotter verehrt und mit Hymnen gepriesen und den Lempel verlassen hatten, redete Abhaya sie an, fragte sie, ob ihre Neise gludlich verla ufen war und dergleichen. Da bedeckte Kamapataka ihr Antlig mit ihrer Hand und erwiderte mit bescheidenen und freundlichen Worten: ,,Ich bin eine Kaufmannsfrau, mein 166 For Private and Personal Use Only Page #171 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Bruber im Gefess,3 heisse Srimati, mohne in Kausambi und bin eine Anhangerin der Jainamonche. Diese beiden Frauen aber sind meine Schwiegertochter, und ihr Gemahl, mein Sohn, ist in der Fremde gestorben. Da sind sie des Weltlebens uberdruffig geworden, beschlossen, sich der Aslese zu weihen und teilten mir diesen Entschluss mit. Ich sagte zu ihnen: ,,liebe Tochter, lasset mich zu den heiligen Statten wallfahrten, der Gemeinde meine Liebe beweisen, mein Vermogen fur Finatempel und fur fromme Zmede berwenden und dann mit euch Asketin werden." Und nun bin ich auf meiner Wallfahrt hierhergekommen." Als Abhaya diesen Bericht bernommen hatte, liess er fichs nicht nehmen, sie zu Gaste zu bitten und mit fich in seinen Palaft zu nehmen; die Frauen Tessten sich zum Essen nieder, und der Minister hatte seine Freude daran, wie sie dadurch ihre genaue Kenntnis der vierzehn Beschrankungen4 befundeten, dass fie alles zuruckwiesen, was aus les bendem bereitet und mit Zuderrohrsaft angemacht war, ebenso grunes Gemuse und andere verbotene Speise, und chatte sich aludlich, dass er sie eingeladen hatte. Darauf luten auch sie den Minister au fich zu Zilche und fehrten dann in ihre Herberge zurud; und der Minifter ftelite fich zur Essenszeit bei ihnen ein, ohne an etwas Boses zu denken. Als das Mahl aber feinem Ende nahte, reichten sie ihm stait saurer Milch einen Rauschtranf aus Kodelsfornern, welcher ihn betaubte. Dann legten sie ihm ftarfe fesseln an, brachten ihn auf einen Wagen und konnten ihn wenige Lage spater dem Konig Canoapradyota ubergeben. 3. Im Gesek deb Jina namlich. 4. Ninama. 167 For Private and Personal Use Only Page #172 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 177. Erzahlung Der Karawanenbesiker Govinda oder Durch Wasserbader wird innerer Schmuss nicht beseitigt i In Visnusthala lebte als getreues Mitglied der IaingGemeinde die Karawanenbesisserin Gautami; ihr Sohn Go: vinda dagegen war ein ebenso getreuer Anhanger des falschen Glaubens. Obwohl ihn seine Mutter zum Jaina-Glauben zu befehren suchte, so vermochte er sich von seinem Irrglauben ebensowenig freizumachen wie der Mond von seinen Fleden. Eines Tages machte er sich fertig, um sich an einer Wallfahrt zu einem heiligen Badeplatze zu beteiligen. Da sagte seine Mutter zu ihm: ,,Durch eine solche Wallfahrt nach einem Badeplasse, liebes Kind, gewinnt niemand die Frucht feines Daseins, so beliebt und ublich derlei Prozessionen auch sind; nur Geldausgaben und andere Nachteile springen dabei heraus; und wenn man in der Ganga, der Godavari, der Sarasvati, der Yamuna und an der Mundung Triveni Wasser-, Darbha-, Ton- und andere Bader nimmt, so kann man dadurch feinen Seelenschmuss nicht entfernen, der seinen Ursprung im Vernichten fremden lebens, in uns wahrhaftiger Rede und in anderen Sunden hat." Doch sie mochte ihn belehren, soviel fie wollte, er liess sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. Da gab sie ihm, in der Absicht, ihn zu belehren, einen kleinen, bitteren Kurbis 2 in die Hand und sagte zu ihm: ,, lieber Sohn! An allen Badeplassen, an denen du baden magst, bade diesen Kurbis in allen den verschiedenartigen Badern, die ou erfullen!" 1. Diese Erzahlung richtet sich gegen das religiose Bad der brah: manischen Inder. 2. Gemeint ist eine bestimmte Art. 168 For Private and Personal Use Only Page #173 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Der Sohn willigte ein, pilgerte nach allen den heiligen Statten, die zu besuchen ihn verlangte, fuhrte den Auftrag seiner Mutter aus und Fehrte unter grossem Festesgeprange, die Arnie mit einer Menge von Amuletten geschmuckt, in seine Vaterstadt zuruck. In der Erkenntnis, dass die heiligste Statte, heiliger selbst als die Ganga und alle ubrigen Mallfahrtsziele, die Statte ist, an welcher die Mutter schaltet, fiel er, wohlerzogen ivie er war, seiner Mutter zu Fussen und berichtete ihr, dass er mit dem Kurbis getan, wie sie es ihm aufgetragen hatte. Dann liess er sich zum Mahle nieder. Gautami bereitete ihm aus dem Kurbis ein Gemuse und fesste es ihin in einer Schussel sor. Kauin aber hatte er von dem Gemuse gekostet, so rief er: ,,Uch, das kann ja kein Mensch essen! Das ist ja das reine Gift!" Seine Mutter antwortete ihm: ,,Sage das nicht, mein Sohn! Wie konnte Gemuse aus einem Kurbis bitter sein, den du in den Fluten aller heiligen Badeplatze gemaschen haft?" ,,Und wenn ich ihn auch in diesen Fluten gewaschen habe, Mutter, wie konnte ihm dadurch die Bitterfeit genommen werden, da sie doch an seinem Inneren haftet!" ,,Du siehst, inein Sohn, dass alle Wasserbader das Gebrechen dieses Kurbisses, das in seinem bitteren Geschmack besteht, nicht haben wegspulen konnen; wie sollten da solche Bader die Menge der inneren Gebrechen wegzuspulen vermogen, welche durch Verlegung anderer, durch Unwahr: haftigkeit, durch Diebstahl, Unfeuschheit und andere Sun den entstehen und an der Seele haften?" Da sah Govinda ein, dass die Mutter mit ihrer Behauptung recht und er init der seinen unrecht hatte, liess sich im Beisein seiner Mutter von dem Geistlichen Dharmaghosa in die Faina-Gemeinde aufnehmen, deren Sassungen er zu befolgen gelobte, hielt zeitlebens, was er gelobt, und ward 169 For Private and Personal Use Only Page #174 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir nach seinem Tode als Gott in der zwolften Gotterwelt wiedergeboren. 178. Erzahlung Konig Wiframaditya oder Die Freigebigkeit Eines Tages Pam die Burgerschaft der Stadt Avanti zu Konig Viframaditya, als dieser inmitten seiner Hofvers sammlung sass, und flagte ihm, die ganze Stadt sei in Not, weil Einbrecher ihr fehr ubcl mitspielten. Da liess der Konig seine Polizisten heftig an; sie aber sagten zu ihm: ,,Majestat, es ist, als ob die Diebe aus Luft bestanden; alle unsere Bemuhungen, sie festzunehmen, sind vergeblich gewesen." Darauf entliess der Konig die Burger, indem er zu ihnen sagte: ,,Eurer Beschwerde wird abgeholfen werden." Sobald es aber Nacht warb, serkleidete er sich selbst als Rauber und stellte sich auf dem Schlossplass auf. Wahrend er bastand, kamen vier schwarzgekleidete und mit allen Diebeswerkzeugen ausgerustete Rauber herbei, welche Sricandra, Sunacandra, Bhuricandra und Dhiracandra hiessen. Indem sie das Diebeszeichen machten, winften sie den Konig heran. Der Konig folgte dem Winf, stellte sich ihnen als Rauber vor und fragte sie: ,,Worin zeichnet sich ein jeder von euch Herren aus ?" Da sagte der erste: ,,Meine Spezialitat ist das Durchs brechen der Mauern." Der zweite sagte: ,,Ich fann trefflich Vogelzeichen deuten; 1 Denn ich verstehe die Stimmen aller Vogel und anderen Tiere." Der dritte sagte: ,,Was sich in 1. Auspizien; dann allgemein = Omina. 170 For Private and Personal Use Only Page #175 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Koffern und Kisten befindet, das erlenne ich alles am Ges ruch." Und der vierte sprach: ,,Wenn ich die Stimme eines Mannes oder irgendeiner anderen Person hore, die ich nur ein einziges Mal gehort habe, sei es bei Tag oder bei Nacht, so erfenne ich diese Person an ihrer Stimme wieder, sollte ich sie auch erst nach hundert Jahren wieder horen." Darauf fragten sie den Konig: ,,Was ist nun an dir Besonderes und wie heisst du?" Und der Konig erwiderte: ,,Eine Rauberbande, in der ich mich befinde, kann niemals der auf ihre Laten stehenden Hinrichtung verfallen. Mein Name aber ist Viframa." Nachdem sie sich so miteinander bekannt gemacht hatten, begaben sie sich nach dem Konigspalast. Wahrend nun der Mann, dessen Spezialitat das Einbrechen war, einen Zugang durch die Mauern bohrte, liess sich die Stimme eines weiblichen Schafals horen. Viframa fragte den Renner der Vogelzeichen: ,,Was sagt das Tier ?" Dieser antwortete: ,,Sie sagt: Der Hausherr wacht! Der Hausherr wacht!" Wahrend sich der Konig noch wunderte, wie trefflich der Mann seine Kunst verstand, vernahm er den Schrei einer Eule und fragte jenen: ,,Was will die uns denn sagen?" Der andere sprach: ,,Sie ruft uns zu: ,Der Hausherr gudt! Der Hausherr gu&t!" Darauf brangen sie in das Schloss ein und sahen vor fich einen Hund angebunden, der Laut gab. Auf Wiframas abermalige Frage erklarte der Deuter der Lierstimmen: ,,Der Hund sagt: Bleibt draussen! Bleibt draussen!" Dars auf liess ein zweiter Hund seine Stimme vernehmen, der sich neben dem ersten befand, und als der Konig fragte: ,,Was sagt nun wieder der?'', gab ihm sein Genosse zur Antwort: ,,Er sagt zum ersten: ,,Halt deine Schnauze, Freund! Der Herr Pommt ja jelbst." Uls der Konig alle diese Erklarungen gehort hatte, war 171 For Private and Personal Use Only Page #176 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir er sehr erstaunt und dachte: ,,Der versteht eine herrliche Kunft!" Als die Rauber weitergingen, stiessen sie auf sechs Rofs fer. Da fragten sie den Dritten: ,,Was ist denn da drinnen?" ,,In allen sechs Koffern,' gab er zur Antwort, ,,bes finden sich Perlen und Edelsteine und Silber und Gold, Rubinen und viele andere Kostbarkeiten." Da liessen sie den einen Koffer vor dem Loche stehen, durch welches sie eingebrochen waren. Dann nahm jeder von ihnen einen der ubrigen Koffer; fie bestellten einander in weissen, roten, schwarzen, blauen und gelben Gewandern furs nachste Mal nach dem Rubinhof und kehrten dann zurud, ein jeder in seine Behausung. Am nachsten Morgen fand der Polizeimeister den sechften Koffer vor dem loch in der Mauer des Palastes. Da sagte er: ,,Ei! Der Konig spielt sich als Schirmherr auf, und muss nun in seinem eigenen Palast einen Einbruch er: leben." Damit hob er den Koffer auf und - trug ihn in sein eigenes Haus. Dann erst begab er sich zum Konig und ineldete ihin den Einbruch. Der Konig versprach, die Einbrecher in der nachsten Nacht zu fangen. Er fandte seine Beamten aus, nannte ihnen die in der Nacht ausgemachten Kleiderfarben als Erfennungszeichen und liess sich alle vier Rauber gefesselt vorfuhren, wahrend er sich inmitten seines versanimelten Hofes befand. Als er aber jegt rief: ,,Nichtet diese Nauber hin!", da sagte der vierte von diesen zu ihm: ,,In der vorigen Nacht hat deine Majestat sich als funfter zu uns gesellt. Was wir gesprochen haben, hat fich bez wahrheitet, was du dagegen gesprochen hast, das trifft nicht ein." Aus diesen Worten ersah der Konig, dass der Mann wirklich ein Kenner der menschlichen Stimme war, wie er behauptet hatte. 172 For Private and Personal Use Only Page #177 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Darauf schenkte er den vieren die von ihnen geraubten Koffer und nahm die Rauber in seine Dienste. Dem Polizeimeifter dagegen nahm er den entwendeten Koffer ab und verbannte den ungetreuen aus seinem Reich. Sricandra und seine Gefahrten hingegen gaben das schimpfliche Diebeshandwerk auf und verdienten sich das Vertrauen, welches der Konig ihnen entgegengebracht hatte. 179. Erzahlung Die Kaufmannsfrau Nupasri oder Die Keuschheit In der Stadt Vanasthata lebte einst ein Kaufherr Natnasena; ber hatte eine schone und in ihn verliebte Hausfrau, welche Rupasri hiess. Als einst ihr Gemahl verreist war, ward ihrer ein junger Mann namens Nanamalla ansichtig, der den Frauen anderer nachzustellen pflegte, und bat sie um ihre Gunst. Sie verstand rich trefflich darauf, ihre Keuschheit zu wahren. Und darum wusste sie zunachst Zeit zu gewinnen, indem sie ihn immer von einem Tag auf den andern ver trostete. Er dagegen sanote ihr schone Kleider, Geschmeide, Blumen, Betel und andere Geschenke ins Haus, und sie war so klug, alles zu behalten, was er ihr schicte. Sobald ihr Gemahl von seiner Reise zuruckgekehrt war, bestellte sie ihren Liebhaber auf die erste Nachtwache zu fich, was der sich naturlich nicht zweimal sagen liess. Sie schloss hinter ihm die Tur ihres Schlafgemachs und fuhrte mit ihm die liebevollsten Gesprache - obwohl fie gar keine Liebe zu ihm empfand -, als plosslich ihr Mann, den sie vorher bestellt hatte, vor der Tur erschien. 173 For Private and Personal Use Only Page #178 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Da sagte sie zu ihrem Liebhaber: ,,Da kommt mein Mann, um meine Liebe zu geniessen und dann zu schlafen. Kriech du inzwischen in diese lade!" Und nadt wie er war, steckte fie ihn in eine lade und legte vor dieselbe ein macha tiges Schloss. Darauf uberliess sie sich mit ihrem Gatten der Luft, worauf das Paar in einen tiefen Schlaf verfiel. Als das geschehen war, fugte es das Schicksal, dass eine Rauberbande auf den Gedanken fam, da der Kaufmann aus fernem fande zuruckgekehrt sei, so musse er ohne Zweifel eine Menge Geld in seinem Hause verwahren. Und das rum brach die Bande in der namlichen Nacht ein Loch in seine Wohnung und drang in dieselbe ein. Aber die Einbrecher bermochten in seiner Behausung nichts von Wert zu entdecken, bis ihr Blick auf die fade fiel, an der das Schloss hing. Da nahmen sie diese und schleppten fie in ihre Behausung. Am nachsten Morgen entdeckte der Kaufmann, dass die Lade verschwunden war, und jammerte laut: ,,Die fabe ift weg! Die Lade ist weg!" Seine Frau aber sagte vergnugt zu ihm: ,,Was er zu tun begann, das unterblieb; lind was er wirklich tat, das stahl der Dieb. Gut abgelaufen ist, was hier geschehn; Was dort geschehen wird, ist leicht zu sehn. Man wird umringen ihn, sich lachend freun; Er aber ringt die Hand und wird bereun.": 1. Da diese Uberlegung etwas frei ist, sei hier die wortliche Oberfessung gegeben: ,,Was wir daruber waren, zu tun, ist nicht getan. Was getan, das ist vom Dieb genommen. Gut geworden ist [es] hier. Was dort werden wird, [ist, dass] sieben (oder] funf [b. h. einige) zusammenfommen werden. Sie werden lachen, und [er] wird die Hande reiben." Lesteres ist eine Gefte der Reue. - Dass der Dieb ftahl, was getan worden, for wohl heissen, dass der Getauschte sich nach seiner Entfuhrung durch die Diebe huten wird, von seinem abens teuer zu erzahlen. Vielleicht deutet Nupasri damit auch an, dass et 174 For Private and Personal Use Only Page #179 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Nach diesen Worten erzahlte fie ihm ausfuhrlich ihr ganzes Abenteuer. Als die Rauber aber die labe geoffnet hatten und den nadten Mann mit aufgelostem Haar barin zum Vorschein kommen sahen, klatschten sie in die Hande und lachten und lachten, bis fie nicht mehr lachen konnten. 180. Erzahlung Der Konig Mtganka oder Lass ab von der Luge In der Stadt Sripura herrschte einst ein Konig Mrganka. In derselben Stadt wohnten vier initeinander befreun: dete Magdlein, Kanafasri, Yamuna, Srimati und Kamafena, die Tochter eines Handelherrn, des Oberhofpriesters, des Kanglers und einer Hetare. I Als der Konig eines Nachts in seiner Stadt umherstreifte, horte er, wie diese Freundinnen, ohne ihn zu bemerfen, einander fragten, was sie fur das beste hielten, und wie Kanafasri dem Fleisch, Yamuna dem Schnaps, Srimati dem Ehebruch und Kamasena der Luge den Preis gab. Da dachte er: ,,Seltsain! Wie kommen diese Madchen, die noch so jung sind, dazu, Fleisch, Schnaps und Ehebruch fur etwas Schones zu halten, Dinge, welche in den Familien der Kaufleute, der Brahmanen und der Minister doch verpont find! Und wie fommt diese Hetarentochter, ihr nur Geschenfe gemacht und ausserdem, da er nadt fortgeschafft wurde, ade Habseligkeiten zurudlassen musste, die er bei sich trug. In Wahrheit hat so fie selbst ihn bestohlen. 1. Die Hetaren sind oft sogar Freundinnen der Koniginnen. 175 For Private and Personal Use Only Page #180 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir trokdem sie noch ein Madchen ist, dazu, die Luge zu verherrlichen? Erfullt von diesen Gedanken kehrte der Konig heim. Am nachsten Morgen aber beschied er die Tochter des Kaufherrn in seinen Palast und fragte fie: ,,Inwiefern ist Fleischgenuss etwas Schones ?" Sie antwortete: ,,Als ich eines Tages spielend umher: tollte, o Herr, da sah ich, wie ein Fleischbehaftetes Knochenstuck vor einer Tur (ng, und wie sich Insekten, Krahen, Hunde, Geier, Fallen und viele andere Liere darauf sturzten. Da dachte ich: ,,Erst hat der Hausherr das Fleisch gegeffen und hat dann das Knochenstud herausgeworfen; und des Fleischrestchens wegen, welches noch daranhangt, laufen die Insekten und alle diese Liere um den Knochen heruin und zanken sich um ihn, und deshalb erklarte ich das Fleisch fur das beste. Da Beschenkte der Konig das Madchen, entliess es, liess die Tochter des Hofpriesters fommen und fragte sie: ,,Inwiefern ist der Schnaps etwas Schones ?" Sie antwortete: ,,Eines Lages, o Herr, hielten deine Diener ein Schnapsgelage ab und gerieten dabei miteinander in heftigen Streit. Da gog einer, der betrunken war, sein Schwert und erschlug einen deiner grossen Diener. Um der Feindschaft, welche er fich dadurch zugezogen hatte, ein Ende zu machen, gab der Totichlager dem Sohne des Getoteten seine Tochter zur Frau, und die Versohnung wurde inmitten einer grossen Gesellschaft wiederum mit Schnaps gefeiert. Da dachte ich: , Der Schnaps hat eines Menschen Lob verursacht. Wenn das Schnapstrinfen nun wiederum zur Versohnung fuhrt, so gibt es, wie ich sagte, nichts Besseres, als eben den Schnaps." Das Madchen ging, und der Konig liess des Kanzlers Tochter holen und fragte sie: ,,Inwiefern ist der Ehebruch etwas Schones ?" 176 For Private and Personal Use Only Page #181 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ,,Deine Polizei, mein Vater", erwiderte das Magdlein, ,,hatte in Erfahrung gebracht, dass hier in deiner Residenz ein junger Mann namens Dhanabatta mit Dhanasri, der Frau eines Kaufmanns, perfehrte. Da segte man ihn auf einen Esel, tat ihm Schimpf und Schande an, nahm ihm sein Geld ab und liess ihn schliesslich wieder frei. Nun habe ich bemerft, dass er trossben wieder derselben Dame huldigt. Da dachte ich: ,,Wenn der Mann tross der angetanen Schmach und der Geldstrafe nicht vom Ehebruch lasst, so muss, wie ich sagte, der Ehebruch das beste fein. Als sich auch dieses Madchen entfernt hatte, liess der Konig die Lochter der Hetare rufen und richtete an sie die Frage: ,,Inwiefern ist die fuge etwas Schones?" Das Madchen erbat sich sieben Tage Bedenkzeit, ging nach Hause und berichtete ihrer Mutter Kamapataka, wonach der Konig sie gefragt hatte. Die Hetare stedte ihre Tochter fieben Tage lang in ein unterirdisches Gemach, und als der Konig am fiebenten Tage nach ihrem Kinde sandte, ging fie selbft an dessen Stelle in die Hofversammlung und sagte zum Konig: ,,Meine Tochter, Majestat, muss immer zu dem Gotterfonig Indra fommen und vor ihm tanzen und darf nicht eher nach Hause gehen, als bis er sie beurlaubt. So kommt es, dass jetzt schon sieben Tage vergangen sind und sie noch immer nicht zurud ist." Uber diese Mitteilung war der Konig bass erstaunt, und ehe er die Hetare entliess, sagte er zu ihr: ,,Schide fie chleunigst her, sobald sie Heimkommt!" Einige Zeit darauf verliess Kamasena das unterirdische Gemach, pusste sich mit besonders schonen Kleidern und Geschmeiden beraus und begab sich nach des Konigs Audiengsaal. Da sagte der Konig unter dem Ausdrud seiner Hochachtung zu ihr: ,,Indra wurdigt dich seiner hochsten Gnade, meine Tochter. Darum bitte ich dich, da12 Katharatnakara II 177 For Private and Personal Use Only Page #182 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir fur zu sorgen, dass der Furst der Gotter Uns eine Audienz gewahre." ,,Majestat," entgegnete fie, ,,ich will den Gotterfonig Fragen und Euch seine Entscheidung mit: teilen." Darauf blieb fie abermals sieben Tage lang zu Hause, fam dann wieder in des Konigs Hofversammlung und sagte zu ihm: ,,Majestat! Ich besturmte Indra so lange mit Bitten, bis er schliesslich mein Flehen zu gewahren gerubte. Er sagte aber, niemand vermoge ihn zu sehen, der von vaterlicher Seite nicht reiner Abstammung sei. 2 fass darum ein schones geschmucktes Haus im Stile eines Himmelswagens 3 mit vier Eingangen bauen und begib dich in basselbe: dann wird sich dir der Herr der Gotter zeigen." Nach diesen Worten fehrte sie nach Hause zurud. Ausser dem Konig aber begehrten auch die Konigin, der fanzler und der Hofpriester den Gotterfursten zu sehen, und darum gingen alle vier, mit Huldigungsgaben in der Hand, an dem von dem Madchen angegebenen Tage nach bem inzwischen gebauten Hause und verharrten daselbst in andachtsvoller Erwartung. In der Mitte des Hauses befand sich ein prunkvoller Thronseffel; der war mit Yufschweif und Sonnenschirm 4 geziert und mit allerlei herrlichen Juwelen geschmudt, und vor ihm stand ein fostbarer Fussschemel. Neben dem Zhrone aber sass das Madchen in seinem besten Schinud. Plosslich erhob es sich und rief: ,, Konig der Gotter, Burgenzerstorer, dessen Hand den Donnerkeil schwingt, ziere, o ziere diesen herrlichen Siss!" Und wahrend sie den Yafschweif in Bewegung Tesste, legte der Konig seine Huldigungsgabe vor dem Throne nieder und warf sich vor ihm auf die Erde; 2. D. h. der nicht der echte Sohn seines Vaters fei. 3. Die Hims melkwagen sind fahrende Palaste der Gotter. 4. Den Symbolen der Herrschaft. 178 For Private and Personal Use Only Page #183 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir und die Konigin, der Bofpriester und der Kanzler folgten feinem Beispiel. Nach einer Weile erhob sich die Tochter der Hetare wiederum und sprach: ,,Der Gotterfonig entfernt sich wieder." Darauf fragte sie den Konig: ,,Hast du den Furst der Unsterblichen gesehen, o Herr ?" Als der Konig ihre Worte vernahm, uberlegte er: ,,Wenn ich sage: Ich habe den Herrscher des Himmelreichs nicht gesehen", so erfahrt sie, dass es bei mir von Vaters Seite hapert." Darum sagte er: ,,Durch deine Gnade, liebe Lochter, ward mir heute der Anblick des Gotterkonigs zuteil." Die Konigin aber und die ubrigen sagten dasselbe. Da aber sprach Dharana, ein Diener des Konigs, welcher dabei stand, zu diesem: ,,Was fchere ich mich drum, Majestat, ob ich zwei oder auch vier Vater habe: den Gotter: fonig hab' ich nicht gesehen!" Als der Konig das horte, antwortete er lachelnden Mun: des: ,,Auch ich nicht, Dharana!" Und als nun auch die Konigin und die ubrigen mit demselben Gestandnis her: ausrudten, sagte Kamasena zum Konig: ,,Siehst du nun ein, o Serr, was fur ein herrlich Ding die fuge ist? Wenn selbst ein Mann von deiner Weisheit meine fauftdicke fuge fur die reinste Wahrheit hielt, was foll man da von den andern mit ihrem beschrankten Verstand erwarten! Darum, o Herr, habe ich die Luge fur das beste erflart." Der Konig war ihr dankbar fur die Lehre, die sie ihm gegeben hatte. Er beschenkte die Tochter der Hetare, bevor er fie entliess, und mied von Stund' ab nich ts sorgfaltiger als die Luge. 12* 179 For Private and Personal Use Only Page #184 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 181. Erzahlung Der Zimmermann Sabala oder Die Dummheit In dem Dorfe Dhanavasa lebte ein Zimmermann namens Sabala. Der heiratete nacheinander sieben Frauen; aber alle fieben starben ihm wieder weg infolge von Schlangenbiss, Kolif, Gift, Cholera und anderen Ubeln. Da er aber reich war, so gelang es ihm trotz seines hohen Alters, eine achte Frau zu bekommen. Da er hochbetagt war, so trug er kein Verlangen nach ihr. Die Folge war, dass sie sich keinen Zwyang antat, son: dern ihre Lust mit anderen Mannern busste. Sagt doch ein Spruch: Gift ist ein Wissenszweig, wenn man ihn nicht wiederholt, Gift eine Speise, wenn man sie nicht verbaut, Gift die Gesellschaft fur die Armen (oder: Verbindung mit Armen], Gift ein junges Weib fur einen alten Mann. Eines Tages beobachteten Sabalas Angehorige sie, wie sie sich ihren zugellosen fusten hingab, und teilten ihm den Streich mit, den ihm seine Frau gespielt hatte. Er aber sagte in seiner Dummheit: ,,Solang ich das nicht mit eigenen Augen rebe, kann ich es nicht glauben." Darauf verliess er unter dem Vorwand, er musse fich nach einem anderen Dorf begeben, am Abend sein Haus. Seine ausschweifende Frau glaubte wirklich, ihr Mann babe fich entfernt, lud auf dieselbe Nacht einen Jungling zu sich, welchen sie liebte, pusste sich mit ihren schonsten Gefchmeiden und Kleidern und Texte fich mit jenem auf ihr Bette. Das Schicksal aber fugte es, dass sie noch rechtzeitig 180 For Private and Personal Use Only Page #185 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ihren Mann bemerkte, welcher durch eine Hintertur wieder ins Haus gefominen und unter das Bett gefrochen war; und darum sagte sie zu ihrem Buhlen, als er seine Hand auf ihren schonen, uppigen Busen legen wollte: ,,Beruhren darfst du mnich nicht, schoner Jungling!" Und als er zu ihr sagte: ,,Warum haft du mich dann rufen lassen, du Falsche, und warum wehrst du mich ab?", da entgegnete sie: ,,Ich verehre bestandig die Gottin Candita. 1 Eines Tages, als sie mir eine Gnadengabe freistellte, betete ich zu ihr und sprach: ,,Lass meinen Gemahl ein Alter von vollen hundert Jahren erreichen." Sie aber sprach zu mir: ,,Um siebenten Lage von beute ab muss dein Gatte sterben; wie soll ich ihm da langes Leben verleihen?" Crossdem aber flehte ich fie an: ,,So wahr du mir eine Gnadengabe zugesagt haft, o Mutter, so wahr erfulle mir diesen meinen Wunsch; denn etwas anderes begehre ich nicht." Da sagte sie zu mir: ,,Wenn Du auf deiner Bitte bestehst, meine Tochter, To besteige mit einem fremden und zwar mit einem jun: gen Mann dasselbe Lager, leide es aber nicht, dass er deine Bruft beruhrt. Wenn du das tust, fo wird deines Mannes Lebenszeit auf vollgemessene hundert Jahre berlangert werden. Was ich also getan habe, das habe ich nur auf Befehl der Gottin getan." Als der Zimmermann das horte, dachte er: ,,Wie uns endlich liebt mich diese Frau!" Und weil er ausser fich vor Freude war, so nahm er die beiden auf seine Schultern und tanzte mit ihnen umher. 1. S. 101,2. 181 For Private and Personal Use Only Page #186 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 182. Erzahlung Surupa, die Frau des Brahmanen oder uber die Kabgierigen hat die Liebe keine Macht In dem Dorfe Kesavavaja lebten Sarfara und Surupa, ein brahmanisches Ehepaar. Eines Nachts schwuren sich die beiden in gegenseitiger Zuneigung ihre fiebe. Der Brahmane sagte: ,,Nach deinem Lode, liebe Frau, werde ich nicht wieder heiraten,' die Brahmanin aber ich wur: ,,Und du, lieber Mann, darfst dich darauf verlassen, dass ich nach deinem Lode mit deiner Leiche ins Feuer gehe." Diese Schwure horte ein Kaufmann, welcher im Dorfe Punyavasa zu Hause war, Depa hiess und vor der Tur des Paares nachtigte. Er dachte: ,,Die Frauen geben sich keinem zu eigen, und wenn man sie niemals von seinem Schosse liesse. Heisst's doch: Entschlossenen Sinnes muss man ein Lehrsystem stets von neuem durchdenken; einen Konig muss man furchten, wenn man ihm auch stets mit der grossten Hingebung gedient hat; ein junges Weib muss man bewachen, selbst wenn man es auf seinem Schosse halt. Wie Fonnten fehrsystem und Konig und junges Weib bestandig sein? Dieser Dummfopf aber bildet sich ein, die Liebe seiner Frau zu ihm sei unerschutterlich. Ich will sie doch einmal auf die Probe stellen." Unter solchen Gedanken fehrte er nach Hause zuruck. Als er aber einige Zeit Darauf erfuhr, dass Sanfara in ein anderes Dorf gegangen war, begab er sich mit Getreide, in welches er goldene, filberne und andere Munzen getan hatte, nach dessen Wohnung und machte ein betrubtes Geficht. 182 For Private and Personal Use Only Page #187 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Surupa nahm das Getreide, fand in ihm das Geld und sagte zu dem Kaufmann: ,,Was soll das bedeuten?" ,,In meinem Hause," erwiderte der, ,,ist so viel Geld, dass auch in dem Getreidehaufen welches liegt. Als ich das Ges treide einsadte und mich hierher auf den Weg machte, war es noch Nacht, und so ist das Geld in das Getreide ge: tominen." Uls die Frau das horte, dachte fie: ,,Muss der aber reich sein!" Dann fragte sie ihn, warum er ein so trubseliges Gesicht machte. ,,Ich bin recht bekummert," sagte er; ,,mir ist namlich meine Frau gestorben." Da fagte die Brahmanin zu ihm: ,,Wenn ich dir recht bin, so will ich deine Frau werben." ,,Wie willst du denn das tun?" erwiderte der Kaufmann; dein Mann ist ja noch am leben!" Sie aber entgegnete: ,,Ich will's schon so einrichten, dass niemand mir auf meine Schliche kommt!" Da stimmte er zu und sprach: ,,Tu das, meine Schone, fo will ich dich zur Herrin meines Hauses machen." Da brachte sie an ihrer Stelle den leichnam einer Frau i und an Stelle der Stute, die ihr Mann besass, eine tote Eselin ins Haus, und als es Nacht geworden war, zundete fie das Anwesen an und liess fich von dem Kaufmann entfuhren. Als sie in das Haus des Kaufmanns famen, trat ihnen dessen Gemahlin entgegen, und er sagte zu ihr: ,,Umarme hier deine Schwagerin, liebe Frau, und fall ihr zu Fussen!" Und wahrend Surupa noch bei fich dachte: ,,Was redet er da fur Unsinn?", sagte er zu ihr: ,,Bleib nun in meinem Hause, liebe Schwester,2 und lass dir's bei uns wohl sein!" 1. Ein solcher war vom Verbrennung&plas leicht zu beschaffen. 2. S. 14,3. 183 For Private and Personal Use Only Page #188 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir So blieb ihr nichts anderes ubrig, als Witwenkleider anzulegen und in seinem Hause zu wohnen. Am nachsten Morgen aber fanden Surupas Angehorige in den Trummern des Derbrannten Hauses die verbrannten Leichen des Weibes und der Efelin, betrubten sich sehr baruber, weil sie in ihnen Surupas und der Stute Leichen fahen und hielten fur die Brahmanin die Totenfeier ab. Als aber Sankara heimtam und erfuhr, was mit seinem Hause geschehen war, bachte er an nichts anderes, als daran, fein gegebenes Wort zu halten, ward ein Yogin 3 und wan: derte davon. In einem Dorfe traf der Kaufmann mit ihm zusammen und rebete ihn an, und der Vogin erzahlte ihm getreulich, was ihm zugestossen war. Da sagte jener zu ihm: ,,Die Meisen betrauern nicht, was unwiederbringlich verloren ist. Drum zieh diese Tracht eines Vogin aus. Ich will dir meine Schwester geben, die Witwe ist, und eine Stute obendrein." Und weil ihm der Kaufmann gar lo sehr zuredete, so legte Sanfara wirklich sein Yogin-Gewand ab und liess sich von ihm nach dessen Wohnung fuhren. Beim Anblick der Stute, die der andere ihm dort gab, dachte er: ,,Lausche ich mich? Das muss doch meine Stute sein!" Wahrend er noch uber seinen Zweifeln grubelte, trat der Kaufmann, da der zur Vermahlung gunstige Augenblick eingetreten war, mit Surupa vor ihn bin, welche ein fchones Kleid angelegt, sich mit ihrem Geschmeide gepusst und ihr Gesicht mit einem Schleier verhullt hatte. Als sie ihn in seinem fleckenlosen Gewand erblicte, dachte sie: 0 Schred! Das ist doch mein Mann, der gekommen ist, mich zu holen. Da will ich nur kein Wort reden!" Und wahrend sie das dachte, wurde sie von ihm ums Hochzeitsfeuer gefuhrt. 4 3. S. 10,4. 4. Der wichtigste Teil der Erauung$jarimonie. 184 For Private and Personal Use Only Page #189 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Noch in der Nacht machte sich der Brahmane mit ihr und mit der Stute auf den Weg; und die Stute trug eine grosse Summe Geldes, die ihm der Kaufmann geschenkt hatte. Als es aber tagte, sah er seine Begleiterin an, erkannte in ihr seine Frau und fragte sie sehr erstaunt, was sich mit ihr zugetragen habe, seitdem fie einander nicht gesehen. Da beichtete sie ihm aufrichtig, was sie getan hatte, und fagte dann zu ihm: ,,Wir wollen funftig nicht mehr das von reden, o Herr; in unser Dorf aber fonnen wir unmoga lich zuruckehren." Das war auch seine Meinung. Und deshalb wanderte das Paar nach einem anderen Orte und legte daselbst sein Eheleben fort. 183. Erzahlung Der Kaufmann Kamala oder Ein Gelubde muss man halten In der Stadt Sripura lebte ein Kaufmann Kamala, der war der Sohn des Handelsherrn Sripati und seiner Gemahlin. Sein Vater hielt die zwolf Gebote, welche die Wurzeln rechten Glaubens und Handelns sind; soviel er aber auch seinem Sohne zusprach, diesem ging es wie der Fliege mit dem Sandel: er mochte von der wahren Religion nichts wissen. Eines Tages Eam nach der Stadt der erhabene lehrer Silamdhara, und da der Vater auf seines Sohnes Wohl bedacht war, so fuhrte er ihn jenem zu. Der Monch sagte zu Kamala: ,,Nun fieh mir einmal unverwandt auf den Mund!" Dann trug er ihm die Lehren der Religion vor, 185 For Private and Personal Use Only Page #190 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir und als er geendet hatte, fragte er ihn: Naft du etwas gemerkt? Der andere erwiderte: ,,Ja! Wahrend Ihr redetet, hat Euch der Riehltopf 108mal gewadelt. Ob es ihm etwa an seinem Plasse nicht gefiel, weil er so sehr gezappelt hat, das konnte ich nicht in Erfahrung bringen." Indem er so den Lehrer verhohnte, dachte sein Vater: ,,Mit dem Jungen ist nichts anzufangen," und fummerte fich nicht weiter um ihn. Einige Zeit darauf fam ein anderer Lehrer namens Gupasagara dorthin. Zu diesem fuhrte ber Vater seinen Sohn. Als der Monch horte, wie sich Kamala das erstemal be tragen hatte, sagte er zu ihm: ,,Verwende jesst deinen Blick nicht vom Boden!" Darauf erlauterte er ihm die Lehren der Religion, und als er damit fertig war, richtete er die: selbe Frage an ihn, die sein Vorganger an ihn gerichtet hatte. Kamala antwortete ihm: ,,Uus dem lochlein hier sind 108 Insekten herausgefrochen." Die andern Anwesen: den waren glaubige Leute und schalten ihn heftig, da fie sahen, dass Kamala nur auf Spott bedacht war. Danach kam der erhabene Lehrer Snanasagara dorthin, und als er horte, was vorgefallen war, beschloss er, Kamala zu belehren und liess ihn zu diesem Zwede zu sich fommen. Als er vor ihm ftand und ihm der Monch von der Neligion sprach, fragte ihn dieser: ,,Hore, Kamala, weisst du, was das Seer Konig Kamasi ift?'' Kamala verneinte. Da sagte der Monch: ,,Der grosse Held, welcher dem Herzen entstammt und die Welt besiegt, dankt seinen Sieg seinem un widerstehlichen Heere. Sein Gefolge bildet ein Schwarm grosser schwarzer Bienen, die Kokila 2 sind seine sangeskundigen Barden, sein Schirm ist der Kuh. lung strahlende Mond, sein Brunstelefant der Mind, der vom Malaya weht, 3 bas schlanke Weib seines 1. - Kamadevas; 1. 1,9. 2. S. 161,5. 3. Sudindisches, feiner 186 For Private and Personal Use Only Page #191 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Bogens Ranke 4 und der Schauer seiner Pfeile find des Weibes tandelnd Fosende Seitenblicke." Als Kamala das horte, ging er nach Hause; bei sich aber dachte er: ,,Dieser Monch ist ein gelehrter Mann." Am nachsten Tag bedurfte es schon keiner Einladung; Kamala fam aus freien Studen. Der Lehrer aber fragte ihn wie vorher und sprach: ,,Kennst du die verschiedenen Arten der Frauen, Kainala?" Kamala musste abermalsverneinen, und der Lehrer sprach: ,,Man unterscheidet die fotus frau, nachst ihr die Vielgezierte (Citrini), dann die Muschel: frau und fchliesslich die Elefantenfrau. Die beste ist die zuerst genannte; die ubrigen werden der gegebenen Reihenfolge entsprechend geringer." Der Lehrer erortert nun eingehend durch Zitate auf der erotischen Literatur - vgl. unsern lit. Anhang - an diesem zweiten Tag die Lotusfrau, am dritten bis funften Tag die ubrigen Frauen, worauf Kamala im Nach hausegehen denkt: ,,Dieser Lehrer ist in der Wissenfchaft gut beschlagen". Um sechsten Tage lehrt ihn der Mond, welche Tage den einzelnen Frauengattungen als Besuchstage angenehm find, durch welche Geheimmittel und Zauberspruche man sie sich ge: fugig machen kann und an welchen Korpergeichen man ihre Zuneigung ertennt. Dann folgen Regeln fur die Gewinnung weiblicher Wesen je nach ihren verschiedenen Lebensaltern und fur das Erken: nen der Zu- und Abneigung am Gebaren der Weiber. Dann fahrt der Lert fort: Als nun kamala bestandig diese Neden des Lehrers horte, die ihn gar lieblich dunften, weil sie die Liebe behan: delten, ward er ihm sehr geneigt. Der Monch merkte, wie Kamala an ihm hing, und wahrend er ihn vorher in den Empfindungen der Liebe unterrichtet hatte, lehrte er ihn nunmehr die Abkehr von den Sinnengenussen. Denn: Wenn weise Manner nicht vorher die Kohlen der Liebe entzundeten, sprich, wie konnte dann das GeSandelbaume wegen beruhmtes Gebirge, wahrscheinlich der sudliche Ieil der Ghats. 4. D. h. sein dunner, biegsamer Bogen. 187 For Private and Personal Use Only Page #192 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir richt der Empfindung der Gemutsruhe gar gekocht werden? Mit der Abkehr von den Sinnenfreuden aber verhalt sich's so: Das Dasein ist ein furchterlicher Wald, unser Leib ein Haus mit vielen Offnungen, die Zeit ein machtiger Rauber, die Verblendung eine ununterbrochen wahrende schwarze Nacht. Darum, ihr Menschen, ergreifet das Schwert des Denkens, den Schild der Entfagung, den Panger der Keuschheit, sammelt euren Geist und wachet mit unerschutterlich feftem Blick. Als dann der Monch weiterwanderte, begleitete ihn ftamala eine Strede. Da sagte jener zu diesem: ,,Nimm irgend eine Entsagung auf dich, o Samala!" Kamala war stets zu einem Scherz aufgelegt, darum erwiderte er: ,,Wohlan, Furst der Leiter der Monche! Ich will mir's versagen, zu sterben, wenn ich nicht muss, und die Unwahrheit zu reden das ganze Jahr hindurch, ausser in beiden Monatshalften, und eine Kokosnuss in den Mund zu stecken, bevor ich sie zerstuckelt habe. Von allem Bacwerf will ich niemals effen die Back fteine, von allen Grunwaren die Kuhfladen, und von allen Milchsorten will ich niemals trinfen die Milch, die aus der Wolfsmilch, der Mihira-s und anderen Pflanzen gemolfen ist." Der Monch fagte: ,,Treibst du auch mit mir deinen Scherz?" Atamala erwiderte: ,,Selbft mit seinem Lehrer soll man scherzen, aber ohne Falsch. Denn das Leben eines humorlosen Ge schopfo hat seinen Zweck verfehlt." Als ihn nun der Monch abermals mahnte, fagte er: ,,Meinem Haus gegenuber wohnt ein Lopfer; der heisst 5. Calotropis gigantea. 188 For Private and Personal Use Only Page #193 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Sina und hat eine Glasse. Die Entsagung, die ich mir auferlege, soll die sein, dass ich niemals mein Mittagsmahl einnehmen will, bevor ich seine Glage betrachtet habe." Der Lehrer wusste Gewinn und Verlust gegeneinander abzuwagen; darum sagte er: ,,So sei es!" und wanderte davon. Kamala dagegen sah Lag fur Tag, wenn er nach Hause kam, die Glasse des Topfers, der vor dem Hause stand, und nahm darauf sein Mahl ein. So hielt er sein Gelubde, ohne dass es ihm Muhe gemacht hatte. Eines Lages war der Lopfer in die Longrube gegangen, um Lon zu holen, und Kamala hatte darum auf seinem Heimweg die Glasse nicht gesehen. Als er sich zum Mahle niedersesste, fiel ihin sein Gelubde ein. Deshalb sagte er zu feiner Mutter: ,,Liebe Mutter! Ich habe heute die Glasse nicht gesehen. Ich will also erst tun, was ich zu tun auf mich genommen habe, bevor ich esse." Sprach's, machte sich auf die Suche nach dem Zopfer und ging in dessen Longrube. Der Topfer aber hatte gerade ein mit Gold und Edel: steinen gefulltes Kesselchen gefunden und lief hin und her, um es zu versteden. Kamala sah von weitem nur seine Glate, rief: ,,Gesehen! Gesehen!" und wandte sich zum Geben. Da rief ihm der Topfer zu: ,,Komm her, guter Mann! Die Halfte sei dein, die Halfte mein!"6 Ais Kamala das horte, wandte er sich wieder um, bekam durch die Zeilung eine Menge Gut an Gold und edelem Gestein und trug es nach Hause. Dabei bachte er: ,,Ei wie gesegnet ist doch die Lehre des Fina; denn ihr folgend habe ich dieses kleine Gelubde auf mich genommen, das mir so reiche Fruchte gebracht hat." Und als einmal jener felbe Monch wieder an den Ort fam, liess sich Kamala bei ihm in die 6. Da alles herrenlose Gut nach indifchem Gefess dem Stonig ge hort, so hatte der Lopfer, der die Worte ,,Gesehen! Gesehen!" missverstand, allen Grund, sich das Schweigen des Zeugen zu erlaufen. 189 For Private and Personal Use Only Page #194 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Gemeinde der Faina aufnehmen. Nach und nach befolgte er die fur die Jainalaien geltenden Gebote, ohne sie zu ubertreten, und ward ein Gott im zwolften Kalpa. 7 184. Erzahlung Der Brahmane Mukunda oder Die Menschen sind so geartet, dass sie nachahmen, was sie von anderen sehen Im Dorfe Subhavasa wohnte einst ein Brahmane, welcher Musunda hiess. Dieser unternahm einmal eine Wallfahrt nach den heiligen Badeplassen und fam an die Ganaa. Als er sich dort zu baden anschickte, verbarg er feine Pupferne Almosenschale im Sand, und um die Stelle wieder: zuerkennen, machte er darauf ein Sandhaufchen und steckte in dieses einen Grashalm. Dann ging er baden. Die anderen Leute, welche gekommen waren, um zu baden, sahen, wie er, ein gelehrter Brahmane, dies tat. Da dachten fie: ,,Wenn er das tut, der ein Brahmane ist, und zwar ein gelehrter und grosser Brahmane, so muss ein ganz besonderer Lohn in Aussicht stehen, wenn man es an diesem Badeplasse so macht." Und nun taten alle Leute dasselbe, bevor sie baden gingen. Als aber Mukunda sein Bad beendet hatte und wieder ans Ufer gestiegen war, da fah er nach allen Seiten hin eine Menge Sandhaufchen, bermochte sein eigenes nicht zu erfennen und war seine Almosenschale los. 7. Ein hoher Himmel; vgl. Jacobi, Jaina-Dogmatik, S. 321. 190 For Private and Personal Use Only Page #195 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 185. Erzahlung Die Asketen oder Was beim Streit herauskommt In einem Walde, welcher BHuramaniya hiess, lebte Des pasarman mit vielen anderen Asfeten. Eines Tages bemerkte Depasarman, das Haupt ber Usketen, mehrere Chamaleons, welche miteinander stritten, und sagte zu den anderen Monchen: ,,Ullenthalben in diesem Walde sieht man die Chamaleons miteinander kampfen; Sarum fuhrt es zu nichts Gutem, wenn wir hier bleiben." Obwohl er ihnen dies Tag fur Tag wiederholte, handelten doch einige von ihnen wie brunsttolle Elefanten; wie diese den Stachel, so verachteten fie feine Mahnung. Andere dagegen verliessen den Wald und begleiteten DevaBarman nach einem anderen Forste; und das sollte ihr Glud sein. Um folgenden Lage namlich kamen brunftige Elefanten in den See, der im ersten Waide gelegen war, und tranken Masser. Uuf dem Ufer dieses Sees wuchs ein Judendornbaum, in bellen oberstem Wipfel zwei Chamaleons mit: einander fampften. Dabei fielen beide herab und gerade in den Russel, den einer der Elefanten emporstreckte, nachdem er Wasser aus dem See in ihn eingesogen hatte. In dem hohlen Russel Fletterten beide empor bis in des Elefanten Stirnboder. Der Schmerz, den sie ihm dadurch verursachten, machte ihn ganz rasend, so dass er wie von einem bosen Geist besessen alle jene Aefeten totete und ihre Siedelei von Grund auf zerstorte, bis er selbst seinen Schmerzen erlag. 191 For Private and Personal Use Only Page #196 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 186. Erzahlung Konig Bhaja oder Die Klugheit In der Stadt Dhara regierte einst Konig Bloja 1 In der Umgegend der Stadt aber lag ein Dorf, welches Sa: rana hiess und in welchem ein ganz dummer Brahmane wohnte. Govinda war sein Name. Als dieser sich zu feiner Beschaftigung entschliessen konnte, sagte seine Frau Punyagri zu ihm: ,,Beschaftigungslosen Leuten, o Herr, fallt es schwer, ihre Familie durchzubringen. Darum sorge fur einen Ers werb, der deiner Kaste ansteht: tritt in den Dienst des Ko= nige oder sammle Almosen unter den Burgern oder tu irgend etwas dergleichen." Er antwortete: , liebe Frau, ich kenne Feinen Buchstaben und bin ausserstande, irgend etwas zu sagen oder zu tun. Wie soll ich denn da dein Konige dienen oder einer andern Beschaftigung obliegen?" Seine Frau aber war klug und sagte zu ihm: ,,Nimm diese beiden Lonfugeln, o Herr, geh nach der Stadt Dhara, und wenn der Konig dort inmitten seines Hofes im Uudienzsaal sisst und nach dir hinsieht, so zeige ihm hier diese erste Kugel. Wenn er dich dann trosdem nicht anredet und dir nichts gibt, dann zeige ihm die zweite." Der Brahmane fuhrte die Weisung, die seine Frau ihm gegeben hatte, aufs Wort aus und erhielt von Bhoja eineinviertel lakh.2 Das erregte bei den anwesenden Gelehrten ganz gewaltigen Neid, und sie sagten zum Konig: ,,Wenn deine Majestat felbft einem so dummen Tropf soviel Gold hat geben 1, S. 1,3. 2. S. 13,4. 192 For Private and Personal Use Only Page #197 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir konnen, wie steht es dann mit deiner Fahigkeit, wahre Vorzuge zu erkennen, und mit deiner Klugheit?" Der Konig aber tat die Gegenfrage: ,,Ei ihr gelehrten Manner! Habt ihr denn verstanden, was dieser durch seine Zeichensprache zu mir gesagt hat?" Und als sie eingestehen mussten, dass dies nicht der Fall war, fagte Bhoja weiter: ,,Dadurch, dass er mir die eine Kugel zeigte, wollte er sagen: Ich bin so arm und ungebildet wie diese Kugel. Als ich ihm trobdem nichts schenkte, zeigte er mir die zweite Kugel, womit er sagen wollte: ,,Ich bin die eine Kugel; die zweite aber bist du.' 3 Wollte ich ihm daraufhin nichts spenden, so musste ich entsesslich dumm Tein, selbst im Vergleiche mit ihm. Darum habe ich ihn besonders reich beschenft." Auf diese Antwort wussten die Gelehrten nichts zu erwidern. Der ungelehrte Brahmane hingegen Pehrte mit Ehren uberhauft nach Hause zuruck und lebte glucklich. 187. Erzahlung Sudarsana oder Das Schidsal In der Stadt Vittasara herrschte einst ein Konig, namnens Narasimha. Dieser hatte einen Sohn Sudarsana, dem die Freigebigkeit zur Leidenschaft geworden war. Eines Morgens, als er schon bei Lagesanbruch in der Schenkungshalle seine Gaben verteilte, sah ihn Padma, die 3. Denn wenn der Konig ihm nichts schenkte, so konnte das den dop: pelten Grund haben, dass er nichts besass - dann war er so arm wie der Brahmane --, oder dass er ihn nicht verftand - dann war er noch dummer als er. 13 Katharatnafara II 193 For Private and Personal Use Only Page #198 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Tochter des Handelsherren Nandin, als sie nach der Schule ging, und verliebte sich sogleich in ihn. Auch den Prinzen traf bei ibren Anblid der Gott der Liebe mit seinen peinigenden Pfeilen; denn sie war lieblich anzusehen, wie Rati felbst, des Liebesgottes Gemahlin. Da gab die Jungfrau ihm durch die Fingersprache zu verstehen, er werde sie am Abend unter dem Feigenbaume treffen, welcher sich vor dem nordlichen Lore der Stadt befand, und ging dann weiter. Mit der Fingersprache aber verhalt es sich wie folgt: Solangenhaube, Lotus, Streis, tamfal, Schmert, Hand, Jugend, Kopfbaur: durch diese Fingerbuchstaben sagt Sita augenblicklich: ,,Hore, Geliebter, liebe Rede!" Dabei bedeutet die Schlangenhaube (ahiphan) die a-Reihe (d. i. die Vofale und Diphthonge: a a, ii, u u, l', ?, !,!, e, ai, a, au), der Lotus (famal) die f-Reihe (=f, kh, g, gh, n), der Kreis (cafr) die c-Reihe (c, ch, i, ib, n), 1 das Schwert (teg) die t-Reihe (t, th, D, dh, n), die Hand (pani) die p-Reihe (p, ph [f], b, bh, m), die Jugend (yauvan) die y-Reihe (y, r, 1, ), Kopfhaar (Birvat) die -Reihe (6, $ 8). 2 Wahrend sie dort init allen sechzehn Arten des Schmuffes angetan auf ibn wartete, verstand naturlich der Pring - ein Haupijuwelz unter den Klugen - was fie begehrte und begab sich am Abend nach dem Orte des Stelldicheins. Dort unterbielten sich die beiden, indem sie sich Ratsel und Verierstrophen aufgaben, die einen verborgenen Sinn enthielten, und indem sie Fragen und Antworten vereinigten; 1. Ausgelaffen ist: ,,famfal die r-Reihe (t, th, 6, oh, m)"; jamfal bedeutet wiederholt schnelles Schlagen mit den Fingern der einen Hand auf die Flache der andern". Im ubrigen vgl. den lit. Anhang. 2, h, in der Gujarati taun horbar, wird also nicht bezeichnet. 3. S. 1,1. 194 For Private and Personal Use Only Page #199 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir und wahrend sie in diese Unterhaltung ganz vertieft waren, glitt Padmas Uberwurf von ihrem Kopfe. Dabei fam ihr Zopf zum Vorschein. Eine Schlange, welche in einer Hohlung des Feigenbaunies hauste, hielt diesen Zopf fur eine andere Schlange und biss die Jungfrau in den Scheitel. Allmahlich verbreitete fich das Gift in ihrem Korper; fie ward ohnmachtig, fanf um und starb. Als der Prinz sich versichert hatte, dass sie gestorben war, war er tief betrubt uber die ruchlose Tat der Schlange, suchte von allen Seiten Holzstucke zusammen, um einen Scheiterhaufen zu schichten, legte die Leiche auf diesen und ging auf einen Ort zu, an dem er - ganz in der Ferne - in der jesst vollig hereingebrochenen Finsternis einen Feuerschein gewahrte. Als er binkam, fand er einen Yogin bei dem Feuer uno bat ihn um ein brennendes Scheit. Der Zauberer aber sah, dass der Bittende die zweiunddreissig glucverheissenden Korperzeichen an sich trug und dachte: ,,Wenn ich diesen im Feuer opfere, so fann ich ihn zu einem goldenen Manne 4 machen." Darauf sagte er zu ihm: ,,Dieses Feuer, lieber Mann, ist unrein; denn es stammt vom Leichenverbrennungsplass. Sess' dich nur einstweilen hierher; ich will dir anderes Feuer von einem anderen Orte holen. Wenn du freilich hier bleibst, so fann dir allerlei Schlimmes zustossen. s Um das zu verhuten, will ich dir dieses Fadenamulett um den Hals binden." Der Prinz war mit dem Vorschlag einverstanden, und als der Zauberer ihm einen schwarzen Faden um den Hals gebunden hatte, hatte sich der Pring in eine Schlange ver 4. Durch einen besonderen Zauber fann man einen mit allen Glud6: zeichen versehenen Mann, den man opfert, in Gold verwandeln. Vgl. auch Erzahlung III. S. Der Zauberer befindet sich auf dem Verbrennungsplass, auf welchem nachtlicherweile allerhand menfchenfressende Damonen (pufen. 13* 195 For Private and Personal Use Only Page #200 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir wandelt. Da nahm der Zauberer die Schlange, steckte fie in einen Topf, der in der Erde eingegraben war, und deckte den Topf mit einem Steine zu. Darauf ging er, weil er Das Opfer noch in derselben Nacht vorzunehmen gedachte, nach seiner Klause, um in ihr nach dem notigen Krauterwerf Umschau zu halten. Dabei aber ward er von einer Schlange gebiffen und starb. Nun herrschte gerade damals in jener Stadt ein grosses Sterben unter den Kindern, welches durch die Herenplage verursacht wurde. Um diese Heren unschadlich zu machen, gingen die Polizeibeamten auf Streuzwegen und anderen geeigneten Orten umher. Und in dieser Nacht hatten sie ganz besonders strengen Befehl vom Konig erhalten und streiften uberall, weil ja leider, wie der Konig ihnen mit: teilte, der Prinz fich entweder entfernt hatte oder von jemandem ermordet worden war. Die Vorsehung aber hatte es gefugt, dass in den Scheiterhaufen, den der Prinz geschichtet hatte, ein Stuck Schlangenwurz 6 geraten war, welches die Jungfrau durch seine Beruhrung vom Gifte befreite. Als sie nach ihrer Heilung den Konigssohn nirgends erblidte, kehrte sie durch die Stadtschleusse in die Stadt zuruck, ward von der Polizei bemerkt, gefesselt und ins Gefangnis geworfen. Am Morgen verbanden ihr die Beamten die Augen,7 fuhrten sie vor den Konig und Tagten zu diesem: ,,Dieses Madchen, Majestat, ist eine machtige Here, welche die Burger in Mengen umbringt. Wir haben sie vorige Nacht festgenommen." Da das Madchen aber eine so liebliche Gestalt hatte und so schone Kleider trug, so war der Konig davon uberzeugt, dass fie feine Here war. Er liess ilyr die Binde von den 6. Wortlich ,,Schlangenbandigung': Artemisia vulgaris oder Alpinia nutans. 7. Wohl um die Wirksamkeit des in Indien To fehr gefurchteten ,,bosen Blicks" auszuschalten. 196 For Private and Personal Use Only Page #201 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Augen nehmen und befragte sie, und sie gab ihm zur Antwort.: ,,Majestat! Ich bin keine Here, sondern eine Staufmannstochter. Ich hatte ausserhalb der Stadt zu tun, und als ich in dieselbe zuruckkehrte, haben mich Eure Beamten festgenommen. Zweifelt Ihr an der Wahrheit meiner Worte, so will ich mich der Feuer- oder der Wasser- oder der Schlangenprobe oder irgendeinem anderen schweren Gottesurteil unterwerfen." Der Konig entschied sich fur die Schlangenprobe, und ben Leuten, welche er aussanote, ging es, wie der Krahe mit der Palmnuss:8 sie brachten gerade diejenige Schlange heim, in welche der Zauberer den Prinzen verwandelt hatte. Padma rief im Herzen den Namen ihrer Schussgottheit an und griff dann vor den Augen aller Burger mit ihrer Hand in den Schlangentopf. Die Schlange aber liess sich von ihr anfassen, als ware fie ein Blumengewinde gewesen. Da sah die Jungfrau den Faden, den die Schlange an ihrer Haube trug; zitternd entfernte sie ihn, und strahlend wie des Mondes Scheibe, wenn sie durch den Wollenschleier bricht, fo stand der schone Konigssohn Subarsana, mit allem reinem Geschmeide geziert, vor seines Vaters und aller Anwesenden Augen: und alles staunte. Nun befragte der Furst die beiden jungen Leute, und jedes von ihnen erzahlte, was ihm zugestossen war. Da dachte der Konig: Wenn ich sehe, wie Elefanten, Schlangen und Vogel gefangen, wie Mond und Sonne von Rahu 9 gemartert werden, und wie die Klugen in Armut le: ben mussen, so sehe ich ein, dass nichts gewaltiger ist, als das Schicksal. Das Schicksal fugt zusammen, was nicht fest ges fugt ist, und was fest gefugt ist, reisst es auseinan8. S. 106,5. 9. S. 56,1. 197 For Private and Personal Use Only Page #202 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir der. Es bringt zustande, woran Fein Mensch zu den fen wagt." Und in ihrer grossen Freude vermahlten Sudarsanas und Padmas Eltern ihre Kinder. 188. Erzahlung Der Kaufmann Naradatta oder Die gute Lat In der Stadt Bhojapura lebte einst ein reicher Kauf: mann namens Naradatta, welcher mit zwei Frauen vers mahlt war, die Bhanumati und Srimati hiessen. Srimati war jung und schon, und darum hing ihr Ges mahl mit grosser Liebe an ihr. Als dies die altere, Bhanumati, gewahrte, ward fie eifersuchtig und hielt Ausschau nach einem Zauberspruch, einem Amulett i oder sonst einem hinterliftigen Mittel, um den beiden ein leid anzutun. Eines Tages kam ein Vogin, Bandhunatha geheissen, in ihr Haus. Sie fullte ihm seinen Lopf mit Milchreis und anderen guten Speisen, womit sie ihm eine grosse Freude bereitete. Und weil er sich so ausserordentlich freute, forderte er, der mit Spruchen und Wurzeln und sonstigen Zaubermitteln trefflich umzugehen verstand, die Spenderin auf, ihn zu bitten, was ihr Herz begehrte. Da trug sie ihm ihren Wunsch vor, und er fagte zu ihr: ,,Nimm diese Wurzel, meine Tochter. Wenn ein Mensch an dieselbe riecht, so verwandelt er sich in ein Tier." Mit diesen Worten uberreichte ihr der Vogin die Wurzel und entfernte sich. 1. D. h. hier einem Gegenstand - 3. B. einem Faden - mit dem man, wie in der vorigen Erzahlung, einen Menschen verwandeln kann. 198 For Private and Personal Use Only Page #203 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Nis bald darauf Srimati einmal ausging, benusste Bhanumati diese Gelegenheit und legte dem Kaufmann die Wurzel vor. Er nahm sie und beroch sie und ward zum Stier. Seine Angehorigen merften wohl, dass es sich um einen Streich Bhanumatis handelte. Sie schalten sie: ,,Du schlecha tes Weib, du Feindin deines Mannes! Nun nimm nur auch den Stier und fuhr ihn auf die Weide!" Als sie das horte, ward sie sehr betrubt; aber es half ihr nichts: sie musste Tag fur Tag in eigener Person den Stier auf die Weide treiben. Eines Tages weidete fie ihn unter einem Feigenbaum und weinte dabei. Das merfte eine Yafsini, die auf dem Baume Fass, und sagte zu ihrem Manne, der sich bei ihr befand: ,,Weshalb jammert denn dies Weib so sehr, o Herr ?" Da erzahlte ihr der Yafsa alles, was sie getan hatte. ,,Ach Herr", sagte die Yaloini wieder, nenne mir doch ein Mittel, durch das sie sich aus ihrer fage befreien und diesen Stier wieder in einen Menschen verwandeln fann." Und da sie nicht nachliess, ihn mit Bitten zu besturmen, To sagte der Yafsa endlich zu seiner Frau: ,,Uuf dem Raum, liebe Frau, den zur Mittagszeit der Schatten dieses Baumes deckt, wachst eine Zauberpflanze. Wenn der Stier diese verzehrt, so wird er wieder zun Manne." Nach dieser Unterhaltung flog das Dafoapaar, welches auf einem Vergnugungsausflug begriffen war, wieder das von. Bhanumati aber, die das Gesprach belauscht hatte, uberlegte: ,,Woran konnte ich die Zauberpflanze erkennen? Und wie fonnte ich meinen Gemahl wieder zum Menschen machen? Aber was befinn' ich mich noch? Ich lasse ihn einfach den ganzen Rauin abgrasen, den der Baum zur 199 For Private and Personal Use Only Page #204 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Mittagsstunde beschattet. Auf ihm muss sich ja die Zauberpflanze befinden." Und nun achtete sie forgsam darauf, dass der Stier alle Graser und Schlingpflanzen und Straucher und Schilfhalme und Strauter, kurz alle Pflanzen abweidete, welche auf der Stelle wuchsen, auf die zu Mittag der Baum seinen Schatten warf; und als er die Zauberpflanze gefreffen hatte, die fich unter den anderen Gewachsen befand, so wurde er sogleich wieder zum Manne. So muss man unbedingt, wenn man die guten Laten vollbringt, namlich Freigebigfeit, Wahrung der Keuschheit, Kafteiung und Glauben, irgenowo, irgendwann, irgendwoher und auf irgendwelche Weise diejenige finden, welche zur Erlosung fuhrt. 189. Erzahlung Der Juwelenprufer Nanda oder Nur der Senner der Vorzuge weiss wirklich zu ehren In der Grossstadt Delhi lebte einst ein Juwelenprufer, welcher Nanda hiess. Der hatte zwei Sohne, Sipadatta und Ramadatta. Durch Schicksalsfugung starb ihm seine Frau, und er verarmte. Weil er nun den Gram nicht zu verwinden vermochte, welchen ihm der Tod seiner Frau verursachte, auch weil seine Schwiegertochter im Vertrauen darauf, dass er sein Vermogen seinen Sohnen ubergeben hatte, Frankende Reden gegen ihn fuhrten, ging er in die Fremde. Denn: Besser als das Leben ist der Lob fur einen Mann, der alt ist, dem seine Frau gestorben, der sein Vermogen seinen Sohnen gegeben hat oder der von 200 For Private and Personal Use Only Page #205 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir seinen Schwiegertochtern beleidigende Worte Horen muss. Er ging von Dorf zu Dorf und von Stadt zu Stadt und betrieb cifrig das Geschaft eines Edelsteinhandlers. Da geschah es, dass er in einer Stadt in ein Haus trat, um sich saure Milch zu kaufen, wobei er bemerkte, dass sich in dem Halsschmud, den die Hausfrau trug, mitten unter den Bergkristallen ein kostbarer Edelstein befand, der eineinviertel Kotii wert war. Den musste er haben! Er befreundete sich also mit der Frau, behandelte sie wie eine Schwester und schlug in ihrem Hause seine Wohnung auf. Bald schenfte er ihr Betel, bald Blumen, bald Safran, bald Mennige, auch Ninge und andere kleine Gaben, bis er sie vollig fur sich eingenommen hatte. Als dies geschehen war, las er ihr eines Tages einen angeblich von Sivadatta und Ramadatta geschriebenen, in Wahrheit aber von ihm gefalschten Brief vor, in welchem eb hiess: ,,lieber Vater! Unsere zweite Mutter hat das Fest der Scheitelziehung gefeiert." 2 Darauf sagte er: ,, Liebe Schwester, sollte deines Bruders Frau ein Sohn beschert werden, so willich, ehe ich heimziehe, meiner Schwester diesen Schmud von Bergkristall vom Halse nehmen, der doch gar zu geringen Wert hat, und will dir dafur eine filberne Kette umhangen." Und das sagte der Betruger mit zuckersussen Worten. Einige Zeit darauf fam er mit freudeftrahlendem Gesicht herein und behauptete wiederum auf Grund eines gefalschten Briefes, es sei ihn wirklich ein Sohn geboren worden. Darauf nahm er der Frau den Schmuck aus Bergfristall von ihrem Halse und hangte ihr dafur eine filberne Kette um. Das Halsband aber mit dem kostbaren Stein nahm er mit nach Hause; und der Erlos, den er dafur erzielte, ge= 1. . 24. 2. Ein Satrament. melches an Sdimanaeren im 6. oder 8. Monat der Sdwangerschaft vollzogen wird. 201 For Private and Personal Use Only Page #206 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir stattete ihm, wieder zu heiraten und fortan in grossem Reichtum zu leben. 190. Erzahlung Das Schidsal oder Der Blinde, der Budlige und die dreibrustige Konigstochter In der Stadt Bhabhusana herrschte einst ein Konig Nagaraja, welcher eine Tochter namens Sulocana hatte. Als diese im Laufe der Zeit herangewachsen war, bemerkte er zu seinem Schrecken, dass an ihrem Korper drei hochges wolbte Bruste zum Vorschein gefominen waren, und be: fragte darum die Renner der aus acht Unterabteilungen bestehenden Wissenschaft der Portenta. Diese Zeichendeuter sagten: ,,Das ist ein sehr schlimmes Zeichen." Und auf des Konige Frage, was da zu tun sei, sagten sie weiter: ,,Die Lochter zu toten, Majestat, oder fie unvermahlt zu ver: stossen, gebuhrt sich nicht fur gewissenhafte Leute. Denn: Ein Kind, ein Brahmane, ein Barhat, 1 eine Zoch: ter, ein Bruder, ein Stier: sollte ein Zor diese sechs toten, To tadelt ihn desipegen ein Kluger. Darum, o Herr, musst du sie vermahlen; du fannst sie aber dem ersten Besten geben, und dann verstossen." Als fie den Konig so beraten hatten, verheiratete er sie mit einem Blinden und zahlte ihm viel Gold, worauf er ihn mit einem budligen Freunde und der dreibrustigen Konigstochter, alle drei, nach einem sehr fernen, fremden fande bringen liess. Weil sie nun durch das Geld, welches ihnen der Konig 1. = Barot, besondere Abteilung der Rafte der Barden. 202 For Private and Personal Use Only Page #207 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir geschenkt hatte, reich geworden waren, so lebten fie dort zusammen im besten Wohlstand. Sulocana aber, die sich in Kamas 2 Gewalt befand, ver: liebte sich in den Budligen und beschloss darum, ihren blinden Gatten zu toten, weil er ihr dabei im Wege war. Denn: Zugellose Schone bringen ihren Gemahl, ihren Sohn, ihren Bruder oder ihren Vater, ohne sich zu besinnen, in Lebensgefahr, troboem sie sich bewusst find, wie verwerflich ihr Lun ist. Wahrend sie nun eines Tages auf allerlei Listen sann, ihn umzubringen, und dabei umherging, fah fie von ohngefahr eine tote Schlange am Boden liegen und trug fie verhullt nach Hause. Sie schnitt die Schlange in lauter kleine Stuckchen, tat diese in einen Topf, sagte, fie fei daruber, Fisch zu Pochen und postierte ihren blinden Mann an den Lopf, weil sie wusste, dass er Fischfleisch fur sein Leben gern ass. Dann aber traf fie, zugellos wie sie war, (hre Vorkehrungen zum fiebesspiel mit dem Budligen. Die Gunft des Schicksals fugte es indessen, dass in dem Dampf, den das Feuer aus der fochenden Schlange emporsteigen liess, das Dunkel zerfloss, welches des Blinden Augen umhullte, so dass er gewahrte, wie ubel sich die beiben anderen betrugen. Daruber geriet er in gewaltigen Zorn. Trofdem verstellte er sich. Wie ein Blinder stand er auf, ergriff dann aber einen Morserstossel und hieb damit auf den Budligen los; und da er ein starker Mann war, so traf er dessen Kopf mit gewaltiger Kraft. Der Kopf des Budligen schlug infolgedessen so heftig gegen die dritte Brust der Frau, dass fie vollig eingedrudt wurde. Da der Sieb aber einen empfindlichen Korperteil getroffen hatte, fo wurde durch ihn zugleich der Bucklige gerade. So fam es, dass alle drei gesundeten, weil das Schidfal sie mit freundlichem Auge angesehen hatte. 2. S. 1,. 203 For Private and Personal Use Only Page #208 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 191. Erzahlung Prinz Candracuba oder Wer das Treiben der Weiber sieht, der wird des Weltlebens uberbrussig In der Stadt Candrapura herrschte ein Konig Sandrasena, welcher einen Sohn Namens Canoracuoa besass. Eines Tages ging der Prinz in den Part spazieren und fah bei dieser Gelegenheit Lalita, die Gemahlin eines Ministers, die sich eben am Wasserspiele z belustigte. Ihre Haut leuchtete wie Gold; sie war in weisse Seide gefleidet, und ihre Augen blickten fokett umher; fein Wunder, dass sie in des Prinzen Herzen einen Sturm der Liebe erregte. Auch sie ward vom Gotte der Liebe verwundet, als sie den Konigssohn geroahrte, dessen Anblick das Auge erfreute wie der des Sohnes der Sri.2 Als sie darum das Wasserspiel beendet hatte und nach der Stadt zuruckehrte, tat sie es nicht, ohne ihren Kopf zu wenden und nach ihm zuruckzuschauen. Der Prinz befragte die Leute, bis er ihre Wohnung, ihren Namen und alles andere erfuhr, was er uber sie zu wissen begehrte, und Fehrte dann gleichfalls nach Hause zuruck. Ohne einen Augenblick unnuss berstreichen zu lassen, sandte er der Frau eine Liebesbotin und teilte ihr durch deren Mund mit, wie Tehr fein Herz nach ihr verlangte; und da sie alles andere war als eine treue Gattin, so erteilte fie ihm durch den Mund der Botin den folgenden Bescheid: ,,Schoner Mann! Ich wunsche nichts sehnlicher, als auf immer in dein Haus zu ziehen, werde aber nur unter der Bedingung fommen, dass niemand meinen oder deinen Ruf 1. S. 106,8. 2. Sri oder lafymi, die indische Aphrodite. Ihr Sohn ist Kama. 204 For Private and Personal Use Only Page #209 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir deswegen antasten kann. lass darum bis zu dem Zeiche, der sich unterhalb deines Palastes befindet, einen verborgenen Gang graben. Dann soll ohne Verweilen unsere gegenseitige Liebe ilyren Lohn erhalten." Die Liebesborin richtete den erhaltenen Auftrag aus, und der Konigssohn fam ihm getreulich nach. Als dies geschehen war, brach die Zuchtlose in der Nacht mit ihrem rechtmassigen Gemahl einen Streit vom Zaun, lief nach jenem Teiche, warf zunachst einen Felsbloc in denselben, begab sich dann durch den heimlichen Gang in die Wohnung des Prinzen und schwelgte mit ihm in allen Senusjen. Am nachsten Morgen aber traten ihre Eltern vor den Konig und teilten ihm mit, des Ministers Gemahlin sei in den Leich gesturzt. ,,Ohne ihr Verschulden, o Herr - so sagten sie - hat der rohe Minister, der sich vor keiner Sunde scheut, unsere Tochter geschlagen, so dass fie fich in den Leich gesturzt hat." Der Konig, der sich seiner Furstenpflichten wohl bewusst war, ward zornig und fandte seine Beamten zu dem Minister. Diese zogen seinen ganzen Besiss ein, taten ihm allen erdenklichen Schimpf an, fesselten ihn, wahrend es Stod: hiebe, Faufschlage und Fusstritte auf ihn hagelte, und fuhrten ihn nach einem offentlichen Plak. . Dabei sah ihn seine Frau; denn sie stand am Fenster an der Seite des Prinzen. Da sagte fie zu diesem: ,,Sieh nur hin, Gebieter meines Lebens! Das ist alles meine Kunstfertigkeit. Meinem Mann wird dort von des Konigs Fussknechten gar schmahlich mitgespielt: wir beiden aber, du und ich, geniessen nach Herzenslust, und keinem von uns beiden haftet der geringste Makel an. Der Konigssohn hatte Ohren, zu horen; darum dachte er: ,,Wie konnte ich mich so erniedrigen, zu einer Hand: lungsweise, die keiner zu unterbieten vermag! Ich trage 205 For Private and Personal Use Only Page #210 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir die Schuld daran, dass der Minister fo unschuldig misshandelt wird." Und indem er jo dachte, begab er fich zu dem Konig, por den jene inzwischen den Minister in der eben geschil: derten Weise gefuhrt hatten, und sagte zu ihm: ,,Nicht dieser, lieber Vater, verdient bestraft zu werden, sondern ich habe die Strafe verwirft." Darauf erzahlte er alles, was er selbst und was die Frau des Ministers getan hatte. Und als der Konig, sein Sohn und der Minister das alles in ihrem Herzen uberdacht hatten, wie es geschehen war, fasste sie alle der Widerwille gegen das Weltleben. Sie wurden Usfeten und wurden erlost. 192. Erzahlung Der Brahmane Srifantha oder Wie man weise redet Den Klugen genugt ein einziger Sass, um alles zu er reichen, was sie begehren. Die Klugen geraten nicht in Verlegenheit, sondern faffen in einen Sag eine ganze Menge von Dingen. Zum Beleg ist der Brahmane zu nennen, welcher sagte: ,,Ich mochte der Mann dieser drei Frauen werden." In der Festung Delhi lebten einmal drei Brahmanenfrauen, Narayani, Vaisnavi und Parpati geheissen. Denen ging es in jeder Beziehung schlecht; denn sie waren hochbetagt, hatten feinerlei Verwandte mehr und mussten sich dadurch muhsam ihren Unterhalt verdienen, dass fie bei fremden Leuten die Hauslichen Arbeiten verrichteten. 206 For Private and Personal Use Only Page #211 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Da sie nirgends eine Stusse fanden und ihre Leiber von dem Feuer des Unglucks verzehrt waren, fam ihnen eines Lages der Gedanke, fur ihr Seelenheil zu sorgen; also yerliessen fie, fede einzeln, ihr Haus, und begaben sich nach dem Himalaya, uin dort durch einen Sturz ihr Leben zu enden. Als sie an Ort und Stelle angelangt waren und eintreten wollten, sagten die Manner, welche mit der Bewachung lenes Platzes beauftragt waren, zu ihnen: ,,Gute Mutterchen! Wenn ihr feinen Befehl des Konigs vorweisen konnt, welcher der Herr des Himalaya ift, 1 fo durfen wir euch den Zutritt nicht gestatten.' Da begaben sie sich zu dem Konig, liessen sich von ihm den schriftlichen Befehl geben und ubergaben ihn den Wachtern. Diese ragten zu ihnen: ,,Jede von euch muss nun erklaren, was sie fur das gute, im Hinblick auf eine neue Geburt unternommene Werf, welches sie durch Herabsturzen vom Himalaya er: rpirbt, zu erlangen wunscht." Darauf sprach Narayani: Ich hatte einen Mann, der nicht einen Buchstaben lefen und schreiben konnte. Das Ungluck, einen dummen Mann zu besissen, hat mir schweren Kummer bereitet. Darum moge mir durch dieses gute Werk ein gelehrter Gemahl werden. Denn soviel steht fest, dass nur der Gelehrte den leuten angenehm ist. Heisst's doch: Die vertraulichen Gesprache mit Gelehrten begluden ficherlich, wie ich denfe. 2 Wenn man fie in seinen vertrauten Kreis einladt, so lassen sie einem beim Scbeiden einen Rubin zuruck. 1, Gemeint wird der Konig des Landes sein, in dem die heilige Stelle liegt, an der der religiose Selbstmord aufgefuhrt werden soll. Vgl. 16,3. 2. Diese Uberlegung ist wahrscheinlicher, als die oben Band I, S. 121 gegebene. 207 For Private and Personal Use Only Page #212 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Bessen Dhren die als Baliz gespendeten Worte eines Gelehrten horen, dessen Lippen Amfta ergiessen, dem erfreuen sie in hohem Masse das Herz." Darauf liess sich Vaisnavi gleichfalls vernehmen und sprach: ,,Mein Mann war uber die Massen arin, und seine Armut verschlang mich einer Schlange gleich, so dass ich elend wurde. Darum soll ein Konig mein Gemahl werden; denn nur der Reiche gilt den Menschen als ehrwurdig. Sagt man doch: Familie, fiebesscherz, Beluftigungen, Betragen [oder: religiose Handlungen),4 Wiffen, gute Erziehung, Klugheit, Kleidung, Grosse, Beredsamkeit: nicht eines ist schassbar ohne das Geld.5 Den Genuss schoner Frauen, Gesundheit, fchones Land, lohn fur Kupplerinnen, Kraft der Arme und auserlesene Speisen befisst der, in dessen Hause lafsmi66 Onade waltet." Darauf sprach Parvati: ,,Ich hatte einen Mann, der war so hasslich, dass man ihn fur die Fleischgewordene Hapa lichkeit felbst hatte halten konnen; und diese Hasslichkeit meines Mannes bekummerte mich uber die Manen. Dar: um soll mein Gatte so schon werden, wie der Gott der Liebe selbst. Denn nichts wird allerorten hoher geschasst, als die Schonheit. Das erste ist eines Menschen Erscheinung, das zweite eines Menschen Preis (guter Ruf?), das dritte eines Menschen Rede, das vierte eines Menschen Dichtkunst (oder: , die Frage, wer er ist".] 3. Mortlich: Die Worte eines die Bali darbringenden Gelehrten." Die Bali ist eine Opfergabe, ein Teil der taglichen Mahlzeit von Butter, Reiss usm., die man allen Geschopfen (Gottern, Halbgottern, Menschen und Tieren) darbringt. 4. Dder: Familie, Anstellen von Liebesscherz und (andern) Belustigungen. Die aufgezahlten Dinge beginnen in Gujarati-Zert alle mit v. S. Die genannten Gitter" beginnen im Gujarati-Lert alle mit bh. 6. S. 3, 4. 208 For Private and Personal Use Only Page #213 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir An der Schonheit freuen sich schone Frauen, die Schonheit gefallt dem Konig, an der Schonheiterfreuen fich die Kenner; darum ist die Schonheit ein Gut. Darum ist die Schonheit das beste." In diesen Augenblick trat ein hochbetagter Brahmane namens Srikantha vor, der aus labhapura ftammte und in derselben Absicht gekommen war, wie jene Frauen, und die Wachter richteten an ihn dieselbe Aufforderung und sprachen: ,,Bitte auch du, Brahmane, in einer Bitte um das Stuck, das du begehrst." Da sagte er: ,,Durch das gute, in Absicht auf meine funftige Geburt unternommene Werf, welches ich dadurch erwerbe, dass ich mich vom Himalaya herabsturze, moge ich der Gemahl dieser Frauen werden." Indem er aber so sprach, hatte er Gelehrsamkeit, Reichtum und Schonheit auf einmal erbeten. 193. Erzahlung Ramalasri und Vasubhuti oder Die Leidenschaft In der Stadt Vasantapura lebten zwei Bruder namens Sivabhuti und Vasubhuti. Eines Tages geschah es, dass Kamalasri, die Gemahlin des alteren, ihres Gatten Bruder fah; er erschien ihr aber wie der Bruder des Liebesgottes selbst, und so stark war die leidenschaft, welche sie fur den selben ergriff, dass sie ihn bat, mit ihr der Liebe zu pflegen. Denn selbst ihren Verwandten gegenuber fennen die Frauen Feine Herzensreinheit. Heisst's doch: Kalon eite patera, eit' adelphon, eite daera oroson ton gunaikon to aidoion notizetai, os ome khutra to Goati. 14 Katharatnakara II 209 For Private and Personal Use Only Page #214 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Selbft Brahmani muss daran berzagen, dem ein Hindernis zu bereiten, was die Weiber im wahn sinnigen Liebestaumel beginnen. Vasubhuti sah wohl, welche heftige Leidenschaft in ihrem Inneren tobte, dachte aber daran, dass er die Frau seines alteren Bruders wie seine Mutter ansehen musse, verliess darum das Haus und ward ein Monch. Hinweg, Freund, weit hinweg von der Schlange Weib! Das Gift ihrer Seitenblide entflammt ein verzehrendes Feuer; die Falschheit liegt in ihrer Natur, und beim Liebesgerandel erzittern ihre Nasenflugel [Wortspiel: fommt ihre Haube zum Vorschein]. 2 Wer von einer anderen Schlange gebiffen ist, kann durch allerlei Mittel geheilt werden. Wen aber das Weib, diese zierlich-bewegliche Schlange, gepackt hat, den geben die Beschworer auf. So erwog er, wie gefahrlich der Verfehr mit Frauen ift, und tapferen Herzens beschloss er, auf jede Beruhrung mit ihnen zu verzichten und zu wandern. Als Kamalasri horte, dass er dem Weltleben entsagt hatte, ftarb sie an ihrer ins Abermass gesteigerten Leidenschaft und kam in irgendeinem Dorfe als Hundin wieder zur Welt. Dort fam ihr der wandernde Monch wieder zu Gesichte, und im Banne ber feidenschaft, welche in ihrem vorigen Dasein in ihr entstanden war, mich nun die Hundin keinen Schritt von ihm, sondern folgte ihm uberall hin wie seines Reibes Schatten. Als die Leute sahen, dass fie immerdar und uberall hinter ihm dreinging, gaben sie ihm den Spisnamen ,,Pepengatte". Der Monch schamte sich, dass die Leute so von ihm redeten, und schliesslich gelang es ihm, das Auge der Hundin zu tauschen und ihr zu ents fliehen. Als sie ihn nicht mehr fah, starb sie wiederum in truben 1. S. 1,9. 2. Die Haube der Kobra. 210 For Private and Personal Use Only Page #215 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Gedanken und trat in einem Walde als uffin in ein neues Dasein. Wiederum erblickte sie ihn, als er auf der Strasse dahinschritt, und wieder tat sie, was sie als Hundin getan batte: sie wich nicht von seinen Fersen. Den Leuten konnte ihr Verhalten nicht entgehen; und darum nannten fie den Monch fesst den Mann der Affin". Wie er der Hundin entflohen war, so gelang es ihm auch, der uffin zu ents fliehen. Nachdem sich aber der Monch entfernt hatte, starb die Affin und trat in einem See als Mowe in ein neues Dasein. Als solche gewahrte sie ihn, da er einer Bildsaule. gleich am Wasser stand, um fich der Muhsal des Frostes auszusessen, und wie ein Weib mit seinen Armen tut, so umarmte sie ihn mit ihren Fittichen, die sie vorher mit Wasser gesattigt hatte. 3 . Wieberum entfernte fich der Monch, und als er fort war und sie ihn nicht mehr sah, starb sie, indem all ihr Denfen auf ihn gerichtet war. Sie ward zur Vyantari,4 und da sie als solche das avadhi-Wifsen s befass, so sah sie im Geifte alles, was zwischen ihr und dem Monche vorgefallen war, erfannte, dass er als ihr Schwager ihr nicht zu Willen gewesen war und begab sich in ihrem Zorn daruber zu ihm, um ihn zu toten. Infolge seiner Asfese aber war ihr das nicht moglich. Der Monch jedoch erreichte nach und nach die Allwissenheit, erzahlte den Menschen, in welchen Beziehungen er zu der Gottin in deren fruheren Eristenzen gestanden hatte und erlangte darauf die Vollendung. 3. Sie hilft ihm also durch Befeuchten mit Wafier bei seiner Atfele. 4. Weiblicher Vyantara; f. 125,2. s. Transzendente Erkenntnis materieller Dinge, den Gottern angeboren. Vgl. Jacobi, Jaina: Dogmatit I, 9. 21 ff. 14* 211 For Private and Personal Use Only Page #216 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 194. Erzahlung Der Fahrmann Nanda und der Monch Dugandhara oder Die Feindschaft Yugandhara, ein grosser Monch, welcher die feurige Seelenfarbungi und manche andere hohere Bofifommen: heit 2 erreicht hatte, hatte sich einst zur Sommerszeit auf einem Boot uber die Ganga regen lassen und wollte weiter wandern, als ihn der Fahrmann Nanda aufhielt und Fahr: geld von ihm forderte. Der Monch sagte zu ihm: ,,Suter Mann, wir Monche durfen nichts befissen, darum habe ich feinerlei Geld." Der Fahrmann entgegnete: ,,06 ou Geld haft oder Feins: Ich lasse dich nicht los, bis du mir den Fahrlohn entrichtet haft." Und damit begann er ihn heftig zu peinigen. Obendrein versengten die gluhend heissen Sanomassen dem Monch seine Fusse, und die Sonne mit ihren heissen Strahlen brannte ihm aufs Haupt, so dass er in gevaltigen Zorn geriet und mittels seiner feurigen Seelenfarbe den Fahr: mann zu Asche verbrannte. Dann seste er seinen Weg fort. Da Nanda in truben Gedanfen starb, welche durch seine Feindseligkeit hervorgerufen wurden, so ward er in seinem nachsten Dasein ein Gedo, und zirar in einem Asyl. 3 In dieses fam der Monch, und infolge der Feindschaft gegen ihn, die in seinem vorhergehenden Dasein in dem Gecko entstanden war, hatte dieser den Monch kaum erblickt, als 1. Die gelbe oder feurige Seelenfarbe (Jacobi, Jaina-Dogmatie IV, 2) ist eine Eigenschaft des feurigen Leibes, durch welchen Flud, und Segen wirtsam werden. Jaina-Dogmatit II, 37; vgl. Somm. zu II, 48. 2. Faina-Dogmatit II, 48. 3. Wer im nachsten Leben eins gludliches Dasein fuhren will, muss nach der Lehre der Jaina mit heiteren Gedanken sterben. 2 1 2 For Private and Personal Use Only Page #217 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir er ihm schon Staub auf seine Kleider, seinen Zopf und sein Essen warf; und wiederum verbrannte ihn der Monch zu Asche. Ain ilfer der Mrtangaganga 4 ward er darauf zur Mowe. und die Mowe storte den Monch hier wiederum, inbein sie ihn mit Wasser besprisste, welches fie mit ihrem Flugelpaar herbeitrug, ward von ihm wiederum verbrannt und ward auf dem Anjana:Gebirge zum Lowen. Dieser wurde abermals von ihm verbrannt, als er ihn toten wollte, und fam als Brahmanentnabe in Benares zur Welt. Hier erging es ihm genau so, als er als Junge dem Monch allerlei Unannehmlichkeiten bereitete, worauf er in derselben Stadt ats Prinz geboren wurde und Konig ward. Als Konig ging er eines Tages in seinem Part spazieren. Da gewahrte er einen Monch und dachte: ,,Ein solches Gewand muss ich schon einmal gesehen haben!" Er ward ohnmachtig, und durch die Dlynmacht fam ihm die Erinnerung an seine fruheren Eristenzen. Da er nun wusste, was in diesen geschehen war, so dachte er: ,,Uch, wenn man so gewaltige Manner erzurnt, so schlagt das nicht zum Heile aus! Darum will ich versuchen, jenen Monch ausfindig zu machen und will ihn um Verzeihung bitten." In dieser Absicht machte er sechs Perszeilen und liess uberall offentlich ausrufen, was folgt: ,,An der Ganga Nanda, der Ferge, Ein Gedo in der Herberge, Am leichengestad' eine Mowe, Auf dem Anjanaberge ein Lowe, In Benares Brahmanenknabe, Jesst als Konig gefesien allda. Dies sind sechs Berse. Wer die letzten beiden Verse zu 4. Leidenganga". In der ersten der unten folgenden Prakritstrophen steht dafur inayangatire am Leichenufer". 213 For Private and Personal Use Only Page #218 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir erganzen vermag, dein schenke ich die Halfte meines Reiches." Viele Gelehrte, welche diese Bekanntmachung vernom men hatten, gedachten sich ein Konigreich zu verschaffen, indem sie immer neue Schlussverse dichteten und dem Konig vortrugen. Weil aber die beiden Verse nicht darunter waren, die seinem Wunsche entsprochen hatten, mussten sie alle wieder abziehen, wie sie gekommen waren, ohne dass ihnen der Konig Beachtung schenkte. Jene sechs Perse aber waren in aller Leute Munde, und wo sie gingen, da sagten sie dieselben her. So fam es, dass auch der Monch, der sich dort in des Konigs Parf aufhielt, sie von einem Kuhhirten horte, welcher sie hersagte. Da dachte er: ,,Ei, woher weiss denn ber alles das, was ich zu tun beliebte ?" Er rief also den Hirten an und fragte ihn: ,,Guter Mann, wer hat denn diese sechs Verse gemacht?" ,,Der Beherrscher dieser Stadt hat sie gemacht," erwiderte der Hirt; und dann erzahlte er, was es init den Versen auf sich hatte. Da machte der Monch die beiden Schlussverse und pragte sie dem Hirten ein. Dieser aber sagte sie vor dem Konig her: ,,Ich, der fie getotet habe Und zu toten vermag, bin nah." Auf des Konigs Frage berichtete der Hirt, dass ein Monch im Haine die Verse gedichtet hatte, ward vom Konig reich: lich belohnt und zeigte ihm den Hain. Der Konig machte sich dorthin auf den Weg; und dabei zitterte er wie Espenlaub.6 Der Monch, der ihn in dieser Verfassung herankommen fah, sagte zu ihm: ,,Vor Leuten wie ich, o Konig, die s. Diefe Strophe ist also eine Samafya-Strophe. Vgl. 43,5. 6. Wortlid): ,,wie ein Blatt des Bitterblattes" (d.i. des Usvattha: Baums, ficus religiosa). 214 For Private and Personal Use Only Page #219 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir .. sich zu beherrschen wissen, brauchst du keine Angst zu baben." Darauf fiel der Konig vor ihm nieder und setzte sich dann. Und als der Monch zu ihm sagte: ,,Alles bas war nur die Frucht deines feindseligen Handelns", da antwor: tete ihm der Konig: ,,Erweise mir armem Menschen die Gnade, dieses Reich entgegenzunehmen." Aber der Monch erwiderte ihm: ,,Was follte ich mit deinem Reiche anfangen, das fur mich nicht mehr Wert besisst, als ein Halmchen Stroh? Habe ich doch alle Beziehungen zum Weltleben geloft! Aber - so fugte er mahnend hinzu - diese feindselige Gesinnung ist eine dichte Neihe von Waldern des Unheils; du solltest ihr unter allen Umstanden entsagen." Darauf stellte der Monch Betrachtungen uber seine Sunde an und gelangte dadurch auf den guten Pfad. Der Konig aber regierte noch lange sein Reich, fasteite fich, als sein Lebensabend gekommen war, und ging gleichfalls einen guten Gang. 195. Erzahlung Dhanasri oder Das Bose, das du andern getan hast, fallt auf dich zuruck in der Stadt Alhoranapura lebte ein Kaufherr Dhanya. Der hatte von seiner Gemahlin Dhanasri zwei Sohnchen. Nun ging in dieser Stadt bei Tag und bei Nacht ein Yogin umher, welcher Dhavalanatha hiess, und erbettelte auf der Konigsstrasse, an den Strassenfreuzungen, auf den offentlichen Plassen, in den Strassen der Kaufleute, in den Tempeln und an anderen verkehrsreichen Orten seine Nah 215 For Private and Personal Use Only Page #220 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir rung, und dabei sagte er immer die Worte: ,,Was einer tut, das wird er ernten." Eines Tages horte Dhanasri, was der Yogin sagte, und dachte: ,,Ob seine Rede wohl wahr oder falsch ist?" Um's zu erproben, gab sie ihm zwei Pfannkuchen, die sie mit einem sehr starfen Gifte versekt batte. Der Yogin nahm die beiden Pfannkuchen und reichliche andere Speisen, die ihm geschenft wurden, ging an einen Teich vor der Stadt, reinigte sich Hande, Mund und andere Korperteile mit dessen Wasser und wollte sich eben sessen, um sein Mahl zu verzehren, als Dhanasris beide Sohnchen dorthin famnen, um zu spielen. Der Anblick dieser schonen, zarten und wollgesitteten Knablein machte bem Yogin so grosses Vergnugen, bass er ihnen die beiden Pfannkuchen schenkte. Die Kinder assen sie, tranfen Wasser darauf und legten sich an Drt und Stelle unter einem Baume nieder; und da das Gift seine Wirfung tat, so starben sie beide. Der Yogin aber kehrte nach Hause zurud. Als Dhanasri erfuhr, dass ihre Kinder gestorben waren, glaubte sie, eine Schlange oder ein anderes giftiges Tier habe ihren Tod verursacht; und mit der Zeit legte sich ihre Lrauer. Eines Lages geschah es, dass sie denselben Yogin umherziehen sah und seinen gewohnten Spruch hersagen horte. Da erschraf sie und dachte: ,,Hat er denn die Pfannfuchen gar nicht gegessen?" Um ihren Zweifel loszuwerden, fragte sie ihn: Heba, Vogin! Habt Ihr die beiden Pfannkuchen, die ich Euch gab, gegessen, o Herr, oder habt Ihr sie wegges worfen oder verschenkt ? Da erzahlte er ihr auf ihre Frage alles, was sich ereignet und was sie sich selbst zugezogen hatte. Als sie das horte, ward ihr bei des Yogin Worten der 216 For Private and Personal Use Only Page #221 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Zusammenhang klar. Sie flarte den Vogin uber das ganze Ereignis auf und entliess ihn. Selbst aber fuhrte sie fortan ein der Religion geweihtes Leben. 196. Erzahlung Die vier weltfremden Brahmanen In dem Orte Haristhala lebten vier miteinander befreundete Brahmanenfohne. Der eine hatte Philosophie studiert, der zweite Astrologie, der dritte Grammatik und der vierte Medizin. Irossbem aber fehlte es ihnen an der klugen Urteilskraft, die sie befahigt hatte, das Getriebe des praktischen Lebens zu verstehen. Eines Tages machten sie sich alle vier, jeder von Stolz auf seine Gelehrsamkeit geblaht, auf den Weg, verliessen ihre Heimat und wollten sich die Wunder fremder lander besehen. Sie rasteten in einer Stadt, um ein Mahl zu fich zu nehmen, und jeder ging an sein Geschaft. Dem Philofophen namlich lag es ob, Schmelzbutter zu holen, dem Sterndeuter, die Stiere zu huten, 1 dem Grammatiker, das Mahl zu kochen und dein Arzte, fur Kompott zu sorgen. Wahrend sich der Philosoph mit der geholten Schmetzbutter auf dem Ruckweg befand, dachte er: ,,Ist die Butter das Substrat des Zopfes oder der Kopf das Substrat der Butter?" Um die Frage zu entscheiden, Fehrte er die Offnung des Topfes nach unten, und die Butter fiel heraus in den Schmutz. Dem zweiten, der die Stiere weiden sollte, geschah es, dass diese sich weit entfernten, indem sie die grunen Grashalme verzehrten, welche sie in Mengen vorfanden. Da 1. Sie sind also auf einem mit Stieren bespannten Wagen verreist. 217 For Private and Personal Use Only Page #222 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir rah er in seinem Lehrbuch der Astrologie nach, um festzu= stellen, ob sie sich unter einem ,,blinden" 2 Sternbild des Tierkreises entfernt hatten, oder unter einem ,,Ichielenden", oder unter einem triefaugigen", oder unter einem ,,mit himmlischem Auge", unter einem ,,beweglichen" oder festen" Zeichen des Tierfreises. Und wahrend er noch daruber nachgrubelte, waren seine Stiere uber alle Berge. Der Grammatiker fochte das Ellen. Er horte, wie das Mus aus Reis und Hulsenfruchten es immer ,,khad: bad, thao-bad" machte. Da dachte er: ,,In welcher Graminatif fteht doch das Wort, und nach welcher Regel ist es gebildet?" Und wahrend er daruber nachsann, verbrannte ihm sein Mus. Der vierte ging inzwischen, um Kompott zu holen, und fand auch auf dem Marfte eine schwere Menge Kompott: pflanzen, als da fino Bananen und Mangofruchte und Gurken und Waldapfel 3 und Senf und Jivanti und ivie sie alle heissen. Da dachte er: ,,Ich werde mich huten, diere Fruchte zuin Kompott zu nehmen. Denn sie verursacten schwere Krankheiten der drei Grundfafte des Korpers: des Windes, der Galle und des Schleims. Heil dem Nimba! 4 Er ist im Kali-Zeitalters der Gotterbaum, 6 voll von Aften und Zweigen. Er nimmt den Wind, zerstort die Galle, vernichtet die Wurmer, entfernt den Schleim und ublen Geruch, vertreibt Uussass und Gift, heilt die Wunden, bes fordert die Verdauung, reinigt und ist den Kindern gesund. Darum neiget euch vor dem Nimba!" Also nahm er die Bestandteile tes Kompotts vom Nimbas 2. ,,Blind" heissen Widder, Stier und Lowe in der Nacht, die Zwillinge, der Krebs und die Jungfrau bei Tage. 3. Acgle Marmelos, nicht mit unserm Holzapfel zu verived sein. 4. Azadirachta indica, ein Baum mit bitteren, aber als Heilmittel sehr geschassten Blattern. 5. S. 5,1. 6. S. 36,2. 218 For Private and Personal Use Only Page #223 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Baum, dessen zahlreiche Tugenden das Lehrbuch der Medizin in der eben angefuhrten Weise preist, und brachte fie seinen Gefahrten. Und so fam es, dass von den vier leuten, obwohl jeder Feine Wissenschaft grundlich studiert hatte, feiner seine Aufgabe bewaltigen konnte, weil es ihnen an der Kenntnis des praktischen Lebens gebrac). 197. Erzahlung Die beiden Brahmanensohne oder Eine zweite Erzahlung von weltfremden Leuten In der Stadt Dharavaja lebten zwei Brahmanensohne, welche Srilantha und Vaifuntha hiessen. Beide hatten zwar die verschiedenen Zweige der philologischen Wissenschaft studiert; in der Lehre von den Ursachen und Folgen und vom Zusammenhang der Dinge indessen waren sie nicht bewandert, und vom Handel und Wandel der Welt verstanden sie fein Haar. Eines Tages fiel es den beiden ein, dass ohne Auslandsreisen eine abgeschlossene Bildung nicht moglich sei. Denn ein Spruch besagt: Wie der Trager geistiger Vorzuge, so ist das Wifsen; der Trager des Wissens aber ist so, wie die Bila bung; der Trager der Bildung ist der Verkehr mit Weisen; dessen Trager aber sind die Reisen. In dieser Uberzeugung begaben sie sich mit der Absicht, ins Ausland zu reisen, ins Weichbild der Stadt, und als fie nun weiter wandern wollten, nahmen sie ihre Zuflucht zu Spruchen, 1 um sich durch fie leiten zu lassen. 1. Metrische Spritche aus Lehrbuchern find gemeint. 219 For Private and Personal Use Only Page #224 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Da fahen fie, ipie ein grosser Leichenzug einen toten Mann nach dem Verbrennungsplasse brachte; und sogleich erinnerten sie sich des Verses: ,,Wo viele Menschen schriften, ist der Pfad." 2 Darum gingen fie dem Leichenzuge nach. Die Teilneh. mer an demselben verbrannten ihren Toten und kehrten heim. Die beiden gelehrten Narren dagegen blieben stehen, wo sie standen, und fannen auf weitere Spruche. Da sie nun einen Esel in ihrer Nahe stehen sahen, fielen ihnen die Verse ein: ,,Wer an Konigsschwelle und Reichenstelle Treu bei dir ftand, Der ist dir verwandt." Da sagten fie: ,,Weil dieser hier bei uns steht, so ist er unser Verwandter." Also nahmen sie den Esel und gingen mit ihm weiter. Auf einmal sahen fie, wie ein Kamel mit schnellen Schritten auf sie zufam. Da dachten sie an den Spruch: ,,Schnell ist des Rechtes Gang" und hielten das Stamel fur das Recht. Und weil sie sich fo: gleich eines andern Verses erinnerten, welcher die Mahnung ausspricht: ,,Wer teuer dir, den fette du ans Recht!", fo stellten sie folgende Ermagung an: ,,Weil dieser Esel mit uns verwandt ist, so ist er uns teuer; und weil dieses Kameles Gang schnell ist, so ist es das Recht. Der Spruch aber mahnt: ,,Wer teuer dir, den feite ou ans Recht!" Also banden sie den Esel ,,ans Recht", namlich an den Hals des Kameles, und schritten furbass. Als es Mittag ward und die beiden einen tuchtigen 2. Der Vers kann auch bedeuten: ,,Wo ein grosser Mann geschritten ist, da ist ein Pfad." 220 For Private and Personal Use Only Page #225 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Hunger hatten, famen fie in einem Dorfe an das Haus eines Brahmanen, der ein leichenmahl fur seine Ahnen gab. 3 Da festen sie sich zum Mahle nieder. Sie fanden die Tafel mit ganz vorzuglichen Windbeuteln befesst, die grosse Hohlraume hatten und ihrer Verzehrer harrten. Doch die beiden Brahmanen folgten dein Spruche: ,,Wo etwas hohl ist, sammelt sich das Unheil." Sie liessen die Sprisskuchen stehen und gingen so hungrig weiter, wie sie gekommen waren. Da sahen sie vor sich einen machtigen Strom, dessen Wasserfulle das Ulfer und die Baumgruppen uberflutete, die auf demselben standen. Trotzdem versuchten sie, ihn zu durchschreiten. Plosslich bemerfte Vaikuntha, wie Srifantha in der Flut fortgerissen abwarts trieb. Da dachte er: ,,Ich stehe hier und rufe ohn' Unterlass Hari 4 an, und inzwischen wird mein Genosse tros feiner angeborenen trefflichen Korperfraft dahingetrieben!" Wahrend er so uberlegte, was er tun follte, kam ihm folgende Strophe ins Gedachtnis: ,,Droht dem Weisen das Ganze zu schwinden, Gibt er die Halfte aus seinen Handen. Mit der andern fann er sein Werf vollenden, Des Ganzen Verlust ist schwer zu verminden.' Diesen Spruch beherzigte Vaikuntha, der herrlichste aller gelehrten Tropfe, indem er seinen Bruder mit seinem scharfen Schwerte initten entzweikieb und die eine Halfte desselben aus dem Strom ans Ufer trug. Und auf diese Weise gerieten sie beide ins Unglud. s 3. Vgl. 157,18. 4. Den Gott Vinnu. 5. Beide fommen in die Holle, der eine als Morder, der andere, weil eine gewaltsamen Lodes gestorben. S. 46,3. 221 For Private and Personal Use Only Page #226 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 198. Erzahlung Die Konigin Kanafaseni oder Ubung macht den Meister In einer Stadt Namapura lebte Konig Durgesa init seiner Konigin Kanalasena. Dieser Furst war zwar in allen Kunsten bewandert, zeichnete sich aber wie Arjuna i gang besonders in der Kunst des Bogenschiessens aus. Als fich nun die Konigin einst zu sussem Schluminer gebettet hatte, drang ihr in der ersten Nachtrache das witerwartige Geschrei einer Eule wie Gift ins Ohr, und sie sagte zum Konig: ,,Ich furchte mich!" Und der Konig, welcher die Kunst verstand, mit seinem Pfeil etwas zu treffen, wenn er es nur horte, schoss seinen Pfeil in der Richtung des Eulenschreis ab. In der zweiten Nachtwache aber vernahm die Konigin an derselben Stelle wiederum den Schrei einer Eule, genau so wie das erstemal, und sagte zum Konig: ,,Ei, Herr! Wohin ist denn deine Pfeilfunft, die dem Schall nach zu treffen vermochte? Nun weiss ich genug! Deine Prahlerei, du verstandeft nach dein Schall zu treffen, lasseft du in aller Welt verbreiten, obwohl hinter ihr ebenso wenig steckt, als hinter dem Donner einer herbstlichen Molfe. Die Eule ist noch lebendig, sonst fonnte sie ja nicht wieder schreien." Als der Konig fie fo reden horte, fuhlte er sich ein wenig beschamt und schon einen zweiten Pfeil nach dem Eulenschrei. Aber in der dritten und in der vierten Nachtwache liess sich auf dem namlichen Baume wiederum die Eulenftimme bernehmen, und jedesmal, wenn die Konigin fie horte, teilte sie dies lachend dem Herrscher mit. Ihre Worte bes schamten ihn, und rrie vorher schosser jedesmal einen Pfeil ab. I. Vgl. 12,und 163. 222 For Private and Personal Use Only Page #227 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Um Morgen schichte der Konig seine Diener aus, die verschossenen Pfeile zu holen, und als sie zurucfamen, brachten sie die vier Pfeile und zusammen mit ihnen vier tote Eulen. Da sagte er zur Konigin: ,,Sieh hier die toten Eulen, welche ich getotet habe, weil ich die Kunst berige, nach dein Schall zu treffen!" Und nun ruhmte er fortwahrend felbft seine Kunstfertigkeit, wobei er gewaltig lachte. Die Konigin aber sagte zu ihm: ,,lass ab von diesem Stolz, o Konig; denn er ist fur die Tugenden dasselbe, was ein Waldbrand fur die Walder ist: er vernichtet sie. Sei nid)t hochmutig ohne Grund. Denn: Der Sonnengott, 2 der nur mit den Himmelsgegen: den umkleidet auf seinem Haupte den Mond tragt, duldet die Schmerzen, die ihm diese uberschwere last verursacht; mit Angst vor Nahu 3 wandert der Mond dahin, und die Menge der Schlangen furchtet sich por Saruda.4 Da das Haus der Perlen der Ozean ist und da das Gold fich noch heute auf dem Berge des Gotterfonigss befindet: was fann jemand da berschenfen oder behalten und was in der Welt er: werben, worauf er ein Recht hatte, stolz zu sein? Und ausserdem, Herr, wird durch Ubung das Schwierigste leicht." So sagte die Konigin, und dann ging sie hin, gurtete sich fest und hob ein Elefantenfalb auf, welches an dem= selben Lage geboren war. Und das wiederholte sie Lag fur Lag, bis der junge Elefant sechzehn Jahre alt geworden war. Als er dieses Alter erreicht hatte und sie ihn einst das hingehen sah, sagte sie zum Konig: ,,aft du jemanden in deinem Reiche, o Herr, der imftande ware, allein diesen 2. Der Sonnengott ist hier mit Siva gleichgesesst, weil die Sonne als einer der Leiber Sivas gilt. Vgl. das Einleitungsgebet zu Kalidasas Safuntala. Siva tragt auf seiner Stirn den Halbmond (1. 72,5). 3. S. 56,1. 4. S. 128,1. s. Dem Meru; f. 12,4. 223 For Private and Personal Use Only Page #228 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Elefanten emporzuheben?" ,,Ich habe niemand," sagte der Konig. Die Konigin aber machte sich bereit, gurtete ihr Kleid, und geivandt wie sie war, hob sie allein diesen Elefanten empor, als ware er erst an diesem Tage geboren gewesen. Als der Konig diese ihre gewaltige Kunstfertigkeit fah, war er hochlichft erstaunt, und die Konigin erzahlte ihm, wie sie sich geubt hatte. Ihre Rede wirkte auf ihn wie ein Heilmittel, welches das Gift seines Hochmuts entfernte, so dass auch er von nun an, solange er noch die Erde beschirmte, uberzeugt war, dass Ubung den Meister macht. 199. Erzahlung Der Brahmane, welcher Bharataka hiess oder Wie's die Toren treiben Im Dorfe Dhanasagara lebte ein Brahmane, welcher Bharatafa hiess. 1 Der hatte weder Weib noch Kind noch sonstige Angehorige, und als es eine Leuerung gab, so ging er bettelnd von Haus zu Haus, fam eines Abends in die Wohnung des Waschers Dhufara und verzehrte barin einen Meblbrei. Spater verliess er sein Dorf, wanderte uberall umher, in Dorfern, Fleden, Stadten und wo sonst noch Menschen wohnten, und da sein gutes Schidfal es wollte, so fam er nach der Stadt Asitipratisthita und ward der Oberhofpriester des Herrn derselben, des Konigs Naracandra. Er anderte seinen Namen und liess sich Govinda nennen, und reichlich ergossen sich die Gnadenbeweise des Konigs uber seine Person. Um's furz zu machen: er mochte angeben, was er wollte, ob's gereimt 1. S. 34,1. 224 For Private and Personal Use Only Page #229 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir war oder ungereimt, der Konig hiess es gut und sah's als Vorbild an. Denn das Gluc der Menschen ist an bestimmte Drte gebunden. In hundert Stadte muss man gehen, und Hunderte von Fertigkeiten muss man lernen, und hundert Fursten muss man dienen; denn jedes Menschen Gluck ruht an bestimmtem Drt. Eines Tages kam nach jener Stadt ein Schauspieler namens Kusala; der verstand ficty auf Gesang mit und ohne Lanz und Inftrumentalbegleitung, auf Pantomimen, kurz auf die Kunste der Schauspieler und ahnlicher Leute. Er fuhrte dem Konig feine Kunst vor, welche selbst die Gotter in Erstaunen gesesst haben wurde. Der Konig aber tat, als fabe er nichts von alledem und gab ihm feinen Heller dafur. Da sagte ein Mann, der vermitteln wollte, zu ihm: ,,Der Konig, bester Mine, gleicht einer schweren Wolfe; wie die nicht ohne den Nordwind ihren Regen ftromen lasst, so lasst dir der Konig seine Gaben nicht stromen, wenn ihin das Auge des Oberhofpriesters nicht zublinkt. Zeige darum vor diesem deine Kunst, um sein Herz zu er: freuen, damit er dich lobt und der Furft dir daraufhin reiche Gabe spendet!" Das liess sich Kusala nicht zweimal sagen, sondern begab sich nach des Hofpriesters Palaft. Alle leute stromten in den Gesellschaftssaal, und als er sich gefullt hatte, zeigte der Schauspieler seine Kunst, die diesmal ganz besondere Bewunderung hervorrief. Sie folgte genau den Sassungen, die die Dramaturgen der Vorzeit aufgestellt hatten, und zeigte in reicher Fulle die Taten der verschiedensten Manner des Altertums, und die verschiedensten Kostume erhohten ihren Reiz. Govinda aber fass unbeweglich, ba wie eine gemalte Puppe, verstand von alledem nichts und zeigte wee Der Zufriedenheit noch Freude. 15 Satharatnafara II 225 For Private and Personal Use Only Page #230 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Inzwischen war die vierte Nachtwache herangelommen, und der Schauspieler hatte sich mude getanzt. Zrossdem trat er nochmals auf, in der Absicht, im Kostum des Siva zu tanzen. In der Hand hielt er einen Menschenschabel. Der Schlangenschmuck, den er, seiner Rolle entsprechend, an Handen und Ohren, am Hals, an den Huften und ans deren Teilen seines Korpers trug, gab ihm ein furchterliches Aussehen. Von einem Band, das er um den Hals gelegt hatte, hing ein Kranz fopfloser Leiber herab. Seine Stirn schmucte ein drittes Auge, dessen Glanz weithin sichtbar war. Er hielt den Korper der Durga 2 an feiner Brust und liess die grosse Verblendung erscheinen. 3 Furchterlich Fleidete ihn ein mit herabrinnenden Blutstropfen behaftetes Elefantenfell, wahrend die Menge von Asche, init Der er seinen Leib bestrichen hatte, diesem eine schone weisse Farbe verlieh, die noch erhoht wurde durch reichliche Kampferblu: ten, durch Jasmin, lotusblumen und die Mondsichel, so dass seines Korpers leuchtender Glanz den Gott in den Schatten stellte, der mit sieben Rossen fahrt. 4 Ein Diadem von Feuerroten, wilden Flechten turmte sich auf seinein Haupte, und um den schrecklichen Anblick auf die Spisse zu treiben, fuhrte er, seiner Feinde Scharen bedrohend, den Speer und alle die anderen Waffen. Auf dem Haupte trug er den Gotterstrom. s Dazu ritt er auf einein machtigen Stier, den ein einziges hohes Horn schmucte. Indem er jo im Stostum eines grossen Buhnenhelden auftrat, in der Meinung, der Hofpriester werde einem solchen geneigt sein, sagte er, um sein Herz zu erfreuen: ,,Jesst will ich Bharatakas Laten verkunden." 6 Als das der Priester horte, dachte er: ,,Meine Laten, 2. Seiner Gemahlin. 3. Durch die man die sichtbare Welt all wirklich vorhanden betrachtet. Siva ist der Herr der Verblendung, darum der Gott der Zauberer und Heren. 4. Den Sonnengott. 5. Die Ganga. S. 8,1 und 55,7. 6. Bharatata ist ein Name Sivas. 226 For Private and Personal Use Only Page #231 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir wie ich im Hause des Waschers den Mehlbrei verzehrt habe, Foll der Schuft nicht ausplaudern!"7 Und um ihm die Gelegenheit dazu abzuschneiden, machte er ihm ein grosses Geschenk an Gold und anderen Kostbarfeiten. Als das die Anwesenden sahen - und nicht wenig Leute befanden sich in der Versammlung - liessen auch sie reichlich Geld und Gut auf ihn herniederregnen. Der Schauspieler, der diese Gabe erhalten hatte, dachte: ,,Ei, hat er mir schon vor Beginn der Auffuhrung der Laten des Bharatata, des heilgen Grossen Gottes, ein so reiches Geschenf gemacht, was wird er mir da erst schenken, wenn ich die vollstandige Geschichte erzahle!"8 Daruin fam er am nachsten Tage wieder und sprach dieselben Worte; und der Sofpriester fchnitt ihm auch diese Gelegenheit durch ein Geschenk ab. Als sich der Schauspieler aber am dritten Lage anschickte, dieselben Worte zu sprechen, rief ihm dieser Obererznarr zu: ,,Was willst du verkunden du elender Schuft! So rede doch, was du willst, und troll' dich! Ich hab' im Hause eines Waschers Mehlbrei gegessen. Hast du sonst noch was zu erzahlen?" Als die Anwesenden alle das horten, schmahten sie den Priester heftig und sagten: ,,Durch dies sein ubles Betragen hat er uns alle verunreinigt!" Und als der Konig davon erfuhr, ward er von diesein mit Schimpf und Schande aus der Stadt verbannt - infolge seiner eigenen Dummheit. Und von da an lebte er wieder im Elend, er mochte fommen, wohin er wollte. 7. Der Wascher gehort einer niederen Kaste an, mit der der Brahmane nicht in Beruhrung fommen durfte. 8. Die volkstumlichen Dramen (svang) sind in ihrem ganzen Bau episch; daher hier geradezu als Erzahlung" bezeichnet. Diese Dramen sind alter, als die 227 For Private and Personal Use Only Page #232 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 200. Erzahlung Der Goldschmied ober Der Undanfbare Nur wenige erinnern sich einer empfangenen Wohltat. Denn: Den sehe ich nicht, der eine Freundestat vergilt. Denn eines jeden Gesinnung schlagt um, sobald er seinen Zweck erreicht hat. Und ferner: Nicht die Gebirge sind mir zur Laft und nicht zur faft find mir die Meere: zur grossten fast aber sind mir die Undantbaren, zur fast diejenigen, die das Vertrauen missbrauchen. I Und man fann sagen, dass diejenigen Leute noch unter den Lieren stehen, welche der Wohltat, die ihnen andere erwiesen haben, nicht gebenfen. Denn: Nach unserer Meinung stehen diejenigen Menschen, die der Wohltat nicht gedenfen, welche andere ihnen erwiesen, noch unter den Tieren. Der Tiger, der Affe und die Solange ehrten den Brahmanen; ter Goldschmied sturzte ihn ins Unglud. Dies verhielt sich, wie folgt. Im Dorfe Bahalasara wohnte ein ehrlicher Brahmane, namens Sarafa. Der war so arm, dass es ihm nicht ges lingen wollte, feinen Hunger zu ftillen. Darum zog er in Stadten und anderen Wohnorten der Menschen umher, Teine Speise erbettelnd. Auf seiner Wanderung fam er hofischen Kunstdramen. Ich habe sie schon im Beda nachgewiesen. S. den lit. Anhang. 1. Woher das Zitat ist, ist mir unbefannt. Jedenfalls enthalt es Worte der Erde. 228 For Private and Personal Use Only Page #233 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir einst in einen Wald, als plosslich, Yamas 2 Nachen vers gleichbar, eine Zisterne vor ihm aufgahnte. Er jah hinein, bemerkte, dass in fie ein Liger, ein Affe, eine Schlange und ein Mensch hinabgesturzt waren, und vernahm ihr Flehen: ,,Du Diadem der Menschen, du Lotusblume unter den Mannern!3 Errette uns aus dieser Not und Pein! Denn das ist der Weg, welchen die Manner wandeln, die die Zier der Erde bilden: Wer einen Geangstigten stusst und einen ins Unglud Gesturzten herauszieht und einen Schussbegehrenden rettet: das sind die drei, die den Schmuck der Erde bilden. Die Edlen tun wohl, weil ihre Natur sie dazu zwingt; vermute dahinter feine aussere Ursache. Die Wolfe bewassert die Saaten und fullt die Seen, ohne dafur einen Lohn zu forbern." Als er sie in dieser Weise jammern horte, trat er hart an den Rand des Brunnens, um sie herauszuziehen. Sind doch die Guten ron felbst jederzeit bereit, anderen zu helfen! Denn: Auf wessen Weisung verscheucht der Gott, der mit sieben Rossen fahrt, 4 die Finsternis ? Oder von welchem der Geschopfe lassen sich die neugeborenen Wolfen um ihren Regen bitten? Wer muss erst flebend seine Hande zu den Baumen am Wege erheben, damit fie ihm ihren Schatten spenden? Sind doch diese Guten stets gegurtet, anderen wohlzutun: das erheischt die Sitte ihrer Familie.s Der Brahmane, dem sein reines Herz gebot, anderen zu helfen, flocht also aus Ranten von Schlinggewachsen, aus Baumbast und ahnlichem Material ein langes und 2. S. 1,8. 3. D. 1. ,,du edler Mann, du fchoner Mann!" 4. Der Sonnengott. 5. Darum ist also fur einen Mann aus guter Familie Wohltun Pflicht: noblesse oblige. 229 For Private and Personal Use Only Page #234 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir festes Seil und zog mit bessen Hilfe nacheinander den Tiger und die beiden andern Tiere heraus. Als er aber zulesst auch den Goldschmied emporziehen wollte, rief ihm der Uffe zu: ,,Das ist ein Goldschmied, bester Mann, also ein undanfbarer! Und darum ist es nicht geraten, ihm zu helfen; denn ihm mangelt die Selbstzucht. Wurfeln, dem Feuer, Pferdebesigern, 6 leuten die Schwerter tragen, Hetaren, den Frauen, dem Wasser und den Goldschmieden soll man nicht trauen, selbst wenn man volle hundert Jahre mit ihnen zusammengewohnt hat." Tross dieser Warnung zog der Brahmane auch den Gold: schmied heraus, weil es ihm Freude machte, andern bei: zustehen. Darauf sagten die Geretteten zu ihm: Komm' einmal nach Kaoambaripuri, unser Erretter!" Und dann gingen fie alle, jeder an seinen Ort. Saraka machte sich nach Kadambaripuri auf. Als er in der Nahe der Stadt war, sah ihn der Tiger, erfannte ihn, und da er ihm einen Gegendienst leisten wollte, totete er den in der Nahe spielenden Sohn des Konigs, schenkte dem Brahmanen dessen Foftbares Geschmeide und ging, nach bem er so seine Schuld abgetragen hatte, wieder in den Wald. In der gleichen Weise erfannte ihn der Uffe und bewir. tete ihn mit vielen Fruchten, Blumen, Blattern und anderen Dingen, die der Wald ihm bot. Darauf begab sich Sarafa in die Stadt. Dort sah ihn der Goldschmied, erkannte ihn und fuhrte ihn in seinen Laden. Der Brahmane gab ihm des Pringen Geschmeide mit der Bitte, es zu verkaufen. Als der Goldschmied aber sah, dass die Schmudstude mit des Konigs Namen gezeichnet waren, erkannte er, dass sie dem Konigssohne gehort 6. Wohl = Nosstauschern. 230 For Private and Personal Use Only Page #235 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir hatten und zeigte sie dem Konig. Dieser hielt den Brah: manen fur den ruchlosen Morder seines Sohnes und ubers gab ihn ben Canpala 7 zur Hinrichtung. Wie er nun so zur Richtftatt gefuhrt ward und auf dem Wege dahinschritt, erblickte ihn jene dankbare Schlange. Da dachte sie: ,, weh! Ein Unheil ift uber meinen Wohltater hereingebrochen, der so reinen Herzens ift. Ich will ihm einen Gegendienst erweisen und ihm auf diese Weise meine Schuld abtragen!" So dachte die Schlange und biss des Konigs Lochter, die in der Nahe spielte. Durch Anwendung eines Schlangenzaubers ging fie darauf in der Konigstochter Mund ein 8 und sprach: ,,Dieser Brahmane wird fie wieder bes leben; ausser ihm vermag es feiner zu tun." Kaum hatte der Brahmane das Madchen mit der Hand beruhrt, so war es wieder lebendig. Da der Konig aber seine Tochter uber alles liebte, so uberhaufte er den Brahmanen, welcher ihr einem Lebenselicier gleich das Leben geschenkt hatte, mit Ehren; und als er dessen ganze Geschichte von Anfang an erfahren hatte, ward er zornig und verbannte den Goldschmied aus seinem Land. 201. Erzahlung Der Brahmane Damobara oder Die guten Werfe in der Stadt Sanafaccha herrschte einst ein Konig namens Purambara; der behauptete, dass alles Gute und 7. S. 5,5. 8. Es ist an ein magisches Eindringen ihrer Seele in die Leiche zu denken, auf der sie dann spridit; vgl. 128. 164. 231 For Private and Personal Use Only Page #236 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir alles Schlimme von ihm herruhre. Und da er infolge dieser seiner innersten Aberzeugung sehr hochmutig war, fo fummerte er sich kein Haar um das Schicksal, die Gotter, die Damonen, die Menschen und die guten Werte. In seiner Hofversammlung fanden sich bestandig zwei Brahmanen ein, welche Damodara und Sundara hiessen. Der eine aber von diesen, Damodara, stimmte dem nicht bei, was der Konig behauptete, sondern sagte: ,,Ulles Gute und alles Schlimme fann nur die Folge der guten und bosen i Laten sein, welche die Menschen in fruheren Erifrenzen vollbracht haben. Denn: Weber fruchtet die Gestalt, noch die Familie, noch Charafter und Wiffen, noch schwerer Dienft, der durch die Geburt uber einen verhangt ift; nur die Guttaten, welche man durch fruhere fasteiung angesaminelt hat, die bringen zu ihrer Zeit dem Men ichen ihre Frucht, wie auf Erden die Baume. Und ferner: Mannern, welche sich anstrengen, bringt der Schat ihrer Werfe alle ihre Schicksale. Durch die Ausbuts terung des Meeres gewann Hari die fakymi, Hara das Gift."2 Der zweite Brahmane dagegen, Sundara, pries nur immer den Konig und sprach: ,,Es kann nichts Gutes und nichts Schlimmes eintreten, ausser durch den Konig." Die Folge war, dass der Furst den anderen weniger ehrte, als seinen fobredner Sundara. Eines Lages, als die beiden Bralinanen sich wieder darum firitten, ob die gegenwartige Tat oder die durch 1. pund bosen" fehlt im Lert. 2. Vgl. 7,3. 20,0. 47,1. A16 bei der Ausbutterung des Djeans das gewaltige Gift Balahala jum Vorfchein fam, welches die ganze Welt zu verbrennen drohte, trank Siva (= Hara) ess, um die Welt zu retten, und verbrannte sich das Durch den Hals, der seitdem schwarzblau gefarbt ist. 232 For Private and Personal Use Only Page #237 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir fruhere Daten angesammelten guten Werke den Ausschlag gaben, beschloss der Konig, diefem Streit ein Ende zu machen und die Nichtigkeit seiner eigenen Ansicht zu beweisen. Darum fchenfte er beiden schone Reisfrucht und schone Ges wander; aber vor den Augen aller Hoflinge schenkte er dem Sundara obendrein einen Wachsfurbis. 3 Sundara war ein Pantoffelheld; und so gehorchte er auch diesmal seiner Frau, als fie ihm befahl, den Kurbis sofort auf dem Gemusemarkt einem Handler zu verkaufen. Auch Damobara zeigte die Reisfrucht und die ubrigen Geschenke seiner Frau und erzahlte ihr, dass Sundara dasselbe erhalten hatte, wie er, und obendrein den Kurbis. Da schickte auch seine Frau ihn auf den Gemusemarkt, trug ihm aber auf, einen Wachsfurbis zu faufen; und als er hina Fam, fugte es das Schicksal so, dass er gerade jenen Kurbis wahlte und heimtrug. Als er dann allein war, schnitt er ihn auf. Da sah er, wie aus ihm eine Menge Kosibarfeiten zum Vorschein kamen, wie Perlen, Edelsteine, Gold und berrliches Geschmeide, und erfannte daran, dass eben diese die Frucht war, die der Konig verschenft hatte. ,,Der Konig'', dachte er, hat einen Unterschied machen wollen; aber durch den Schass der guten Werfe, die ich befisse, ist es gut abgelaufen." Am nachsten Tage trat Damodara in der Hofversammlung an, geschmuckt wie sein gottlicher Namensvetter; 4. denn er trug die vom Konig stainmenden Kleidungsstucke. Jus welen und andere Schmuckfachen, und entbot dem Konig seinen Segensgruss. Sundara dagegen trat ungeschmuckt und mit zerrissenem und schmussigem Gewand in die Versammlung. Der Konig sah Dainodara in seinem Geschmeide und Sundara in seinem hasslichen Anzug und fragte sie, wie beide dazu famen. Und als er die Ursache erfahren hatte, 3. Benincasa cerifera. 4. Damadara ist auch ein Name Visnus. 233 For Private and Personal Use Only Page #238 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir da sah er ein, dass alles, was er getan hatte, so nublos gewesen war, wie die Ziken am Halse der Ziege,s und dass die in einem fruheren Dasein von Damobara vollbrachten guten Laten gegen ihn recht behielten. Er erzahlte vor allen Mitgliedern feiner Hofversammlung, welches Spiel er mit den beiden Brahmanen getrieben hatte, und war von Stund an darauf bedacht, feinen Tag ohne gute Werke vergeben zu laffen. 5. S. 172,1, 234 For Private and Personal Use Only Page #239 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Neunte Woge For Private and Personal Use Only Page #240 -------------------------------------------------------------------------- ________________ stan Mahasut Jan Arashana kondo Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org wa komlethora Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Acharya Shri Kalusugarak yenmanat For Private and Personal Use Only Page #241 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 202. Erzahlung Die Hausfrau Vaiji oder Das Weib fiegt In dem Dorfe Bhanabhatafa lebte einst ein Hausvater, welcher Fayata hiess. Seine Hausfrau, namens Vazji, war gewaltig scharf, schredlich wie eine Ligerin, hasslich und boshaft in ihrem Wesen. Sie keifte ohn' Unterlass und fuhrte einen schlimmen Wandel, verunzierte ihre Familie, hatte allzeit einen Betrug zur Hand und liebte weder ihren Mann noch sonst wen in ihrer Umgebung. Mit legterer und vor allem mit ihrem Manne haderte fie fortwahrend nach Herzensluft. Um's kurz zu machen: da er die Erfahrung machte, dass sie ein uppiger Schossling am Baume des KaliZeitalters I [Wortspiel: des Streites] war, so dachte er ernstlich daran, sich das leben zu nehmen. Heisst's doch: ,,Ach, meine Schone! Warum betragst du dich nicht schon?" - ,,Warum tuft du selbst es nicht ?" ,,Scheusal! Du widersprichst mir Tag fur Lag!" ,,Dein Vater ist ein Scheusal!"2 - ,,Scham dich! Wenn du den Mund auftuft, dann musst du schimpfen!" - ,,Werist verlogenerundwer schimpft mehr als du?" - Welches Gluck soll zwei Gatten erbluhen, die immer 1. S. 5,1. 2. Die Beschimpfung der Eltern ist eine besonders schwere Beleidigung. 237 For Private and Personal Use Only Page #242 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir so miteinander zanfen, als wollten fie fich beissen, und die dadurch nur sich selbst zu qualen ftreben ?" Bei dem Hause der beiden stand ein Feigenbaum, und und in diesem wohnte ein Yaksa,3 der es mit anhoren musste, wie Mann und Frau Tag und Nacht so entsesslich miteinander haberten, sich alles erdenkliche Bose wunschten und einander alle ihre Schwachen vorwarfen. Ihre Worte drangen ihm wie Spiesse in die Ohren und peinigten ihn fo, dass er fich aus dem Staube machte und seine Woha nung auf dem Afte eines Baumes nahm, der im Weichbilde der Stadt am Ufer eines Zeiches stand. Bald darauf hielt auch Jayata die Pein nicht langer aus, sondern berliess bei Nacht und Nebel seine Wohnung. Keisst's doch: Schmadlose Speise, Vermogen der Lochter, ein Haushalt ohne Freude (oder: Liebe], und ein betrugerischer Mensch: wie konnte man auf diese vier seine Hoffnung sessen? Er lief ziellos umber und blieb gerade unter dem Baum am Leichufer stehen. Der Damon sah ihn, erschien ihm aus nachbarlicher Freundschaft, fragte ihn in aller form, ob seine Pfade gludlich gewesen und erwies ihm die Ehren, die man einem Gaste schuldet. * Fayata fragte ihn: ,,Wer bist du denn ?" Der Damon aber sprach: ,,Ich, lieber Freund, bin der Geist, der in dem Feigenbaume wohnte, welcher bei deinem Hause stand. Aber das fortwahrende Seifen deiner Frau hat mich so gequalt, dass ich an diesen Ort gezogen bin. So lonimt es, dass ich dich jest bervirte. Nun hore! Ich habe die Absicht, des Konige Tochter in Besitz zu nehmen, welche hier spielt, und will fie nur gesunden lassen, wenn du sie mit der Hand be: ruhrst. Das wird dem Konig solche Freude machen, dass er dir Gold die Menge Dafur schenkt." Nachdem der Damon dies gesagt hatte, ergriff er die 3. S. 29,4. 238 For Private and Personal Use Only Page #243 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir dort spielende Prinzessin. Da liess der Konig unter Trommelwirbel serkunden, er werde dem, der sein Kind gesund mache, so viel Geld dafur geben, als er begehren werde. Fayata beruhrte die Krommel 4 und heilte das Madchen genau so, wie der Geift es ihm aufgetragen hatte. Der Konig gab ihm eine schwere Menge Geld, und Jayata hatte fein Gluck gemacht. Eines Lages spielte unter dem Feigenbaum Surupa, der wunderschone Sohn eines Karawanenbefissers, und ward von demselben Damon ergriffen. Jayata erfuhr davon und Fam zu ihm, um ihn in derselben Weise zu heilen. Als ihn der Damon bemerfte, fuhr er ins Ohrs und sagte zu ihm: ,,Was willst du hier?!" Geistesgegenwartig antwortete ihm Jayanta: ,,Uch Damon, lieber Freund! Mach', dass du fortfommst! Meine Frau Baiji - ou fennft sie doch? - ist da, und ich bin gekommen, es dir zu melden, da du mein Freund bist." Kaum hatte das der Damon gehort, so war er auf und davon, wie eine Krahe, 6 Jayata aber erhielt nun auch noch von dem Karawanenbesisser eine schwere Menge Geld. 203. Erzahlung Saradananda oder Mancher fommt auch durch eine fachgemasse Angabe zu Schaden In der Stadt Vissala i regierte einst Konig Nanda; der batte einen Sohn Vijayapala, einen Minister, welcher 4. Zum Zeichen, dass er der Aufforderung nachfommen win. s. Wohl dem Befeslenen. Moglicherweise hat der Erzahler hier seine Quelle missverstanden. S. den literarischen Anhang. 6. S. 103,4. I. = Ujianini. 239 For Private and Personal Use Only Page #244 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Bahusruta hiess, und einen Oberhofpriester Saradananda. Die Konigin hiess Bhanumati. Da der Konig in seine Gemahlin gewaltig verliebt war, so musste sie auf seinen Wunsch selbst in der Hofversammlung ihm stets zur Seite bleiben. Kurz: Ob er sass oder lag oder ging oder badete oder sprach oder ass oder fang oder erwarb oder stand: der Konig liess die Grossfonigin nicht von sich. Da dachte der Minister: ,,Wenn ein Arzt, ein geistlicher Lehrer und ein Minister einem nach dem Munde reden, so ist es bald um seinen Leib, seine Moral und seinen Schass geschehen." Und da er feines Herrn Vorteil im Auge hatte, so sagte er zu ihm: ,,Es gezient sich nicht, dass die Konigin immerfort und uberall in deiner Majestat Nahe weilt. Denn: Der Konig, das Feuer, der geistliche Lehrer und das Weib fuhren ins Verderben, wenn sie uns allzu nahe sind, und sind sie fern, so gewahren sie keinen Nussen. Drum Toll man sich bei ihren Dienste massigen. fass darum die Konigin malen und stelle ihr Bild im Thronsaal dir zur Seite auf." Da liess der Konig ein Bild der Konigin malen und zeigte es dem Hofpriester. Saradananda aber vergass die Klugheitslehre und sagte, weil er feines Wissens Trefflich: feit zu zeigen begehrte: ,,Um linken Schenfel der Konigin, Herr der Erde, ist ein Leberfleck vergessen." Da dachte der Konig: ,,Dieser Leberfleck fann wohl mir befannt sein oder der Konigin; wie aber konnte dieser davon wiffen? Sicher steht er mit ihr in Verbindung." Und infolge dieser mangelhaften Uberlegung fagte er zu seinem Minister: ,,lass den Hofpriester hinrichten!" 240 For Private and Personal Use Only Page #245 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Der Minister dachte: ,,Vorschnell soll man fein Berf tun. Unbebachtfam. Feit zicht die schwersten ubel nach sich. Des Gludes Genien lieben gute Eigenschaften und werben selbst um den, der mit Vorbedacht handelt." Un diese Klugheitslehre dachte der Minister und vers wahrte den Hofpriester heimlich in seinem Hause. Eines Tages verfolgte des Konigs Sohn einen Eber, um ihn zu jagen, und drang dabei tief in den Wald ein. Als es Abend ward, tran er Wasser aus einem See und verbrachte dann die Nacht aus Furcht vor den Ligern auf einem Baume, In diesem Baume wohnte ein Yafoa.2 Der ging in den Leib eines Affen ein und bewirkte, dass dieser den Prinzen zuerst in seinen Schoss und sich selbst spater in des Prinzen Schoss bettete. Als aber das Schicksal einen hungrigen Tiger an diesen Ort fuhrte, warf der Prinz auf dessen Aufforderung hin den Affen hinab, so dass er bem Liger in den Rachen sturzte. Uber des Konigssohnes widersinniges Tun musste der Liger lachen, so dass der Uffe aus seinem Nachen entroischte. Da weinte der Affe und sprach auf des Ligers Frage: ,,Ich weine um die, o Liger, welche ihre eigene Sippe verlassen und am Umgang mit Leuten Ges fallen finden, die andern Sippen angehoren. Wie fann es solchen Loren gut gehen?" Da schamte sich der Konigssohn. Aber jetzt fuhr der Yaksa in ihn, so dass er besessen warb. Der Konig, welcher die Spur des Nosses verfolgte, das sein Sohn geritten hatte, fand ihn auf und brachte ihn nach seinem Palafte zurud; doch uberall, wohin der Pring auch kam, sprach er nichts als die vier Silben vi se mi ra. Der Konig wandte eine Menge von Zauberspruchen, 2, S. 29,4. 16 Katharatnakara II 241 For Private and Personal Use Only Page #246 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Diagraminen und Formeln an, musste aber erkennen, dass fie wirkungslos blieben. Da erinnerte er sich Saradanandas und dachte kummervollen Herzens: ,,Wo ist mein Hofpriester, der in allen Kunsten bewandert war und mir durch seine Gute nufte, in der ihm niemand gleichkam!" Und er liess die Trommel ruhren und versprach dem Helfer die Halfte seines Reichs. Als der Minister den Schall der Trommel und des Konigs Versprechen horte, ging er zum Konig und sprach: ,,Majestat! Meine Tochter weiss hier flugen Rat." Da bes gab sich der Konig mit seinem Sohne in des Ministers Haus. Dort stand der in allen Kunsten erfahrene Saradananda, hinter einem Vorhang verborgen, und sagte mit einer Madchenstimme: visvasapratipannanam pancane ta vidagdhata ? anfam aruhya suptana hantum kim nama paurusam? ,,Welche Schlauheit gehort dazu, vertrauensselige Leute ju betrugen? Und welcher Mannesmut, diejenigen zu toten, die sich auf unseren Schoss gelegt haben und da entschlummert sind ?" : Als der Prinz dies gehort hatte, sprach er die erste Silbe nicht mehr aus. Sarabananda sprach weiter: setum gatva samudrasya gangasagarasamgame brahmaha mucyate papaih; mitrabrohi na mucyate. ,,Wenn ein Brahmanenmorber an das Meeresufer pilgert, wo sich die Ganga in den Ozean ergiesst, so wird er seiner Sunden ledig; nicht aber wird ihrer ledig, wer einen Freund verraten hat." 242 For Private and Personal Use Only Page #247 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir * Da liess der Prinz auch die zweite Silbe weg; Saradananda aber fagte: mitradrohi fptaghnas ca, steni, visvasaghatafah: catvaro narafam yanti, yavac candradivafarau. ,,Der Verrater feines Freundes und der Undankbare, der Dieb und der, der das Vertrauen missbraucht: diese vier fahren zur Holle, solang der Mond und das Gestirn des Tages scheint.'' Jeft liess der Prinz auch die dritte Silbe weg, und Sa= radananda sprach: rajains tvam ralaputrasya yadi kalyanam icchaft, dehi danam fupatrebhyo: grhi danena subhyati. ,,Konig! Wenn dir deines Sohnes Wohl am Herzen liegt, so spende Gaben an wurdige Empfanger. Der Hausbewohner z lautert sich durch Gaben." Als Prinz Vijayapala das vernommen hatte, sprach er auch die vierte Silbe nicht mehr aus. Er ward gesund und erzahlte, was er im Walde getan und wie er den Affen an den Liger verraten hatte. Kaum hatte er geendet, so sagte der Konig: ,,Du wohnst in der Stadt, gutes Madchen; wie fommt's, mein Lochterchen, dass dir bekannt ist, was sich im Walde zwischen Affen, Liger und Menschen zugetragen hat?" Da nahm der Hofpriester wieder seine eigene Stimme an und sagte in der Absicht, aus des Konigs Herzen den Dorn zu ziehen, der ihn qualte: 3. Gegensat: der Monch, der hauss- und heimatlos ist. 243 16* For Private and Personal Use Only Page #248 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ,,Durch Gottes und meines Lehrers Gnade rigt Sarasvati 4 auf meiner Zungenspisse. Darum, o Konig, ist mir's bekannt, genau so wie Bhanumatis feberflect." Darauf traten Hofpriester und Konig einander gegenuber, und beide freuten sich febr. 204. Erzahlung Der Goldschmied Sefhara oder Der Betrug In dem Drte Samkalasara herrschte einst ein Konig Mahasena, und in demselben Orte wohnte ein Goldschmied, welcher Sekhara hiess, der Flug war wie kein zweiter und ausgelernt in den liftigsten Gaunerstreichen. Einst trug der Konig diesem Goldschmied auf, ihm eine fofibare, aus herrlichen, in Gold gefassten Edelsteinen bestehende Halskette herzustellen. Tagsuber arbeitete Sefhara in Gegenwart des Konigs an dieser Kette; in der Nacht dagegen machte er fur sich selbst eine ahnliche Kette aus kunstlichen Glasjuwelen, die er in Messing fasste. Wenn er nun an des Konigs Halskette arbeitete, so warf der truggewandte Goldschmied immer ein Stod Fleisch aufs Dach 1 unter dem Vorwande, es der Safti als Opfergabe darzubringen,2 und taglich fam ein Geier und holte sich das Fleisch. 4. Die Gottin der Weisheit; 1. 8,8. 1. Die Arbeit nimmt er auf dem Dache vor. 2. Safti, von der Sivaitischen Sefte der Safta verehrt, ist Sivas als deffen Gemahlin gedachte wirkende kraft, die unter dem Symbol des Weibe8 verehrt wird. 244 For Private and Personal Use Only Page #249 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir In dieser Weise wurden die beiden Halsbander, das des Konigs in des Konigs Gegenwart und das des Gold: schmieds in des Goldschmieds Hause, beide dem Aussehen nach einander gleich, im Laufe von sechs Monaten fertig. Als aber der leste Lag gefominen war, warf der Goldschmied sein eigenes Halsband in einen mit Wasser gefalla ten Lopf und nahm ihn mit sich nach des Konigs Palast. Darauf bestrich er vor des Konigs Augen dessen Halsband mit Rotel und warf es in seinen Topf, nahm dann an des echten Stelle sein eigenes heraus und legte es aufs Dach, wo er sonst das Fleisch hinzulegen pflegte. Der Geier, der wie bisher lustern auf das Fleisch gelauert hatte, nahm wie vorher das Fleisch so diesmal des Konigs Halsband und flog mit ihm davon in weite Ferne. Als der Goldschmied sah, dass er weg war, liess er seinen Heuchlertranen freien Lauf, schlug mit seinem Kopf auf die Erde und rief: ,,Ach, Konig! Ach, Schicksal! Wohin ist mein Lohn, den ich mir durch schwere Arbeit erworben? Wohin das Geschenk, das mir der Konig obendrein als Zeichen seiner Zufriedenheit gegeben hatte!" und dabei warf er fich wieder und wieder auf den Boden. Der Konig, der diese starken Ausserungen seines Schmerzes sah, sprach zu ihm: ,,Grame dich nur nicht, guter Mann! Die Schuld liegt ja an mir, weil ich das Halsband nicht gut genug verwahrt habe. Nur meiner Nachlassigkeit ist es zuzuschreiben, dass dieses Edelsteingeschmeide meiner Hand entrissen ward." Mit diesen und ahnlichen Worten trostete er ihn und zahlte ihm den Lohn fur seine Arbeit aus. Sekhara aber nahm ihn und trug ihn heim. 3 3. Dass er seinen Topf mit dem Halsbande des Konigs mitnahm, wird als selbstverstandlid nicht erwahnt. Da bei einem derartigen Auftrag der Konig das Gold und die Juwelen liefert, so hat der Goldfdhmied den Konig naturlich auch um diese geprelt. 245 For Private and Personal Use Only Page #250 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 205.--208. Erzahlung Die vier Kenner In der Stadt Sundarapura herrschte einst ein Konig namens Narasundara. In dessen Hofversammlung traten einmal Rupacandra, Rupasena, Sandrasena und Gunaratna, vier Manner von gewinnendem Aussehen, sprachen den Segensgruss und fugten hinzu: ,,Wir suchen einen Dienst." Der Konig fragte sie, welche Kunst ein jeder von ihnen verstande, und sie sagten: ,,Majestat! Wir sind der Reihe nach Kenner der Rolle, der Speisen, der Betten und der Menschen." Als der Konig das bernahm, behielt er sie in seinen Diensten. 205. Erzahlung: Nupacandra der Rofsekenner Eines Tages sagte der Konig zu demjenigen von ihnen, welcher fich auf die Rosse verstand: ,,In meinem Marstall, Freund, befinden sich schone Rosse. Sie staminen von Fehr kraftigen edlen Hengsten ab, erhalten das gleiche Futter und sind eines To alt, wie das andere, als ob sie demselben Wurfe angehorten, und doch ermatten die einen von ihnen in allen funf Gangarten, wahrend die andern es nicht tun. Wie kommt das?" Der Rosselenner erwiderte: ,,lasst mich fie einmal sehen, Majestat! Dann will ich sogleich den Grund angeben." Und als er fie betrachtet hatte, fuhr er fort: ,,Die einen von diesen Nossen, Majestat, sind mit Milch von Buffelfuhen getranft worden, die andern mit der Mitch von gewohnlichen Kuhen; daher kommt dieser Unterschied in ihrer Gangart." Der Konig fragte: ,,Woran kann man das prufen ?" Der andere sprach: ,,lass fie eine Weile ganz gehorig umhertreiben und dann an einen Teich zur Tranke 246 For Private and Personal Use Only Page #251 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir fuhren. Dann will ich bestimmen, zu welcher der beiden Gruppen ein jedes von ihnen gehort." Da tat der Konig, wie der Rosselenner ihm geraten hatte, und als es geschehen war, fagte dieser zu ihm: ,,Diejenigen Pferde, Majestat, die sich im Wasser gesert haben, nachdem sie davon getrunken, die haben als Fohlen Buffelmilch getrunken; diejenigen dagegen, welche das Wafser sofort wieder verlassen haben, nachdem sie ihren Durst gestillt, haben gewohnliche Kuhmilch getrunken." Der Konig liess die Leute kommen, welche die Fullen gepflegt hatten, liess sich uber die Aufzucht von Anfang an Bericht erstatten, ersah daraus, dass der Rossekenner in den Stennzeichen der Pferde tatsachlich erfahren war und ehrte ihn mit einem reichen Geschenke. 206. Erzahlung: Rupasena der Speiselenner Am folgenden Tage wollte der Konig fehen, wie der zweite, Rupasena, fich auf die Speisen verstand. Rupasena musste sich zum Essen auf ein goldenes Stuhlchen regen, und dann ward ihm in einem aus Edelsteinen bez stehenden Teller und einem Kruglein aus Juwelen ein Kuchen aus Kodrava i und schlechtein Korn nebst D1 und ein Salat aus Blattern aufgetragen. Da der Speisefenner aber sogleich merkte, dass die Speist des Stuhles und des Tellers unwert war, nahm er den Kuchen in die Hand, segie sich auf den Boden und ass. Der Konig staunte uber diese Sachkunde und fragte ihn: ,,Guter Mann! Seit meiner Kindheit bis heutigen Lages effe ich Speisen, welche aus den Reisfornen bereitet sind, die das nahe Aderbaudorf liefert, und ich litt nicht im geringsten an Verdauungsstorungen, Galle und Winde, Schwache, Magerfeit und wie die Krankheiten alle heissen. 1. Ein von den Armen gegelsenes Getreide. 247 For Private and Personal Use Only Page #252 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Heuer habe ich von demselben Reis gegessen, und eine Menge Erfrankungen war die Folge. Woher fommt das ?" Darauf antwortete Rupasena: ,,Ich will von dem Reise essen und dann die Ursache angeben." Am nachsten Lage liess er fich den Reis auf angemesTenem Zeller auftragen und nahm von ihm mit der Hand, um zu essen, stand aber auf, ohne es zu tun; und auf des Konigs Frage erflarte er: ,,Majestat! Auf dem Felde, auf welchem diese Reis: forner gewachsen sind, ist im vorigen Sommer ein raudiges Kamel verendet. Daher sind diese Reisforner ungesund ausgefallen." Da liess der Konig den Eigentumer des Feldes kommen, liess sich von ihm genau berichten, wie er seinen Reis ges sat hatte und was sonst mit dem Felde vorgegangen war, erfah daraus mit Staunen, welche Kennerschaft Rupasena besass und machte ihn, weil er in der Kunst des Essens erfahren, ganz besonders zu einem Gefasse seiner Gnade. 207. Erzahlung: Candrasena der Bettenrenner Am folgenden Tage wollte der Konig den Dritten, Candrasena, auf seine Bettenfenntnis prufen und sagte zu ihm: ,,Wenn ich in diesem Bette und auf dieser Matrasse liege, guter Freund, so geniesse ich niemals das Gluck eines guten Schlafes. Ich empfinde viele forperliche Beschwerden und habe eine Menge schlinime Traume. Woran liegt das?" Candrafena sprach: ,,Majestat! Ich will mich einmal hineinlegen, dann werde ich sagen, woran es liegt." Der Konig gestattete es; Sandrasena aber stand sofort wieder auf, fprang heraus und sagte zu ihm: ,,Dieses Bett, o Herr, ist aus mangelhaftem Holze gezimmert. Die MangelhaftigFeit des Holzes ergibt fich aus diesen Spruchen: Man meide eine Bettstelle, die voll lebender Wesen, 248 For Private and Personal Use Only Page #253 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir fury, zerbrochen, unbequem, schmugig, mit einem Fussbrett (?) versehen und aus Agallocheholz ges zimmert ist. Das Holz fur Betten und Stuhle ist nur dann gut, wenn es aus nicht mehr als vier Teilen zusam: mengefugt ist. Sind funf oder mehr Holzteile dazu verwendet, so geht der Besiger nebst feiner Familie zugrunde, und in dieser Matrasse befindet sich eine Eberborste. Kein Wunder also, tass es niemandem in diesem Bette wohl sein fann! Um's furz zu machen: auch zu mir wurde, wenn ich auf dieser Matrasse lage, des Schlafes Bonne feinen Augenblid fommen, so wenig wie eine grollende Geliebte." Der Konig dachte: ,,Wie ist es moglich, dass der Mann den Mangel des Holzes und in einer Matrasse, die so weich ist, weil sie aus den dunnsten Fadchen der feinsten Baums wolle besicht, eine Eberborste erfennen kann!" Er liess also den Tischler und den Tapezier fommen, stellte die Bes schaffenheit des Holzes und das Vorhandensein des Eber: haares fest, war hochst erstaunt, und da er Vorzuge zu schassen wusste, so belohnte er auch diesen Kenner so, dass ihm nichts mehr zu wunschen ubrig blieb. 208. Erzahlung: Gunaratna der Menschenfenner Endlich wollte der Konig die Fahigkeiten Gunaratnas prufen, welcher sich auf die Kenntnis der inneren und ausseren Eigenschaften der Menschen verstand. Darum sagte er zu ihm: ,,Guter Freund! Ich habe da eine wunderschone Konigin - Subhaga beisst fie -, die ist mir teurer als mein leben. Da fie aber Jahr fur Jahr gebiert, so muss ich mir stets eine Zeitlang den Genuss ihrer Liebe versagen. Woran liegt das? 249 For Private and Personal Use Only Page #254 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Als Gunaratna das gehort hatte, fagte er: ,,Du, o Herr, bist mein Vater, die Konigin ist meine Mutter.2 Wenn sie nun heimlich einmal in der Nacht zu mir kommen wollte, nachdem fie fich gebadet, gesalbt, gekleidet, Betel gefaut, Blumen, goldenes Geschmeide und ihren andern Schmud angelegt hat, so will ich dir wahrheitsgetreu berichten, wie es mit ihr steht.". Der Konig war sehr neugierig und befahl darum der Konigin, nach Gunaratnas Worten zu tun. Kaum aber fah diefer sie kommen, so entsesste er sich vor ihr wie vor einer Schlange, lief aus dem Zimmer hinaus und sagte zum Konig: ,,Majestat! Als sie noch ein Fleines Kind war, ift ihr die Mutter gestorben. Darauf wurde sie mit Ziegenmilch grossgezogen. Daher kommt es, dass sie alle Jahre gebiert. Ja, aus dem unertraglichen ublen Geruch, welcher allen ihren Leibesoffnungen nach allen Seiten hin entstromt, habe ich erkannt, dass sie in ihrer Kindheit eine sehr grosse Menge Ziegenmilch getrunken hat." Da zog der Konig aus ihrem Vaterhaus Erkundigungen ein, erfuhr, dass es mit dem Tode der Mutter wahrend der Kindheit der Konigin und mit dem Ziegenmilchtrinfen der lessteren seine Richtigkeit hatte, freute fich noch mehr uber Gunaratna, als uber die anderen und erwies ihm, dem trefflichsten aller Menschenfenner und Menschenprufer, seine ganz besondere Huld. 2. Dadurdy weist er von vornherein jeden Verdacht ab, dass er zu der Konigin unerlaubte Beziehungen anknupfen konnte. 250 For Private and Personal Use Only Page #255 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 209. Erzahlung Die drei Freunde ober Man soll sich der Religion befleissigen Diese Erzahlung ist bis auf die moralisierende Einleitung wortlich Hemacandras Parisistaparvan III, 149 ff. entlehnt. Wir unterlassen darum hier den Abdruck und verweisen auf Hertels Uusgewahlte Erzahlungen aus De macandras Parigistaparvan, Leipzig, W. Heims 1908, 6. I 39 ff. 210. Erzahlung Der Goldschmied Khemala oder Des Freundes Klugheit In Vasantapura lebte einst ein Kaufherr Dhana; ben batte seine Gemahlin Srimati mit vier Sohnen beschenkt, welche Sura, Pura, Dhira und Vira hiessen. Als aber Srimati in den Himmel eingegangen war, grundete jeder der vier Sohne, die verheiratet waren, einen besonderen Hausstand. Sie teilten unter sich das Geld, das Getreide, das Gold, das Silber, die Dienerschaft und den sonstigen Besitz ihres Vaterhauses und nahinen ihn mit sich, und jeder bekostigte abwechselnd den Pater in seinem neuen Heim. Als nun der Kaufmann Dhana in seinem Alter so be: kostigt wurde, war er fehr unglucklich; denn das Geld war in den Handen seiner Sohne; seine Schwiegertochter aber, welchen gemeinsam seine Pflege oblag, waren gegenein 251 For Private and Personal Use Only Page #256 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir ander voll Missgunft bis obenan, und so kam es, dass ihm beim Bad, beim Essen, beim Sissen und liegen und in allen sonstigen Beziehungen jede Pequemlichkeit abging. Der Goldschmied Khema, der von Kind auf mit ihm befreundet war, horte davon, wie schlecht es Dhana ging, und suchte ihn in seinem Hause auf, um sich nach seiner Gesundheit zu erfundigen. Und als er uber die ganze Lage unterrichtet war, in der sich der Kaufberr befand, sagte er zu ihm: >>Du hast nicht recht baran getan, lieber Freund, dass du all dein Geld deinen Sohnen geschenkt haft, ohne dich vorher bei mir zu befragen." Der Kaufmann erwiderte: ,,Das Geld ist alles in den Handen meiner Sohne, und meine Schwiegertochter haben nur beissende Worte fur mich. Und da mir obendrein meine Frau gestorben ist, so ist auch fur mich das beste der Lod. Denn: Fur einen Alten, dem seine Gemahlin gestorben, dessen Vermogen in der Gewalt feiner Sohne ift und den die Reden seiner Schwiegertochter verlegen, ist der Tod besser als das Leben." Diese fummervollen Worte seines Freundes betrubten den Goldschmied, und er sprach: Nimm diese Kassette, lieber Freund. Sie ift voll falscher, messingener Dinare, und obenauf liegt ein echter Golds dinar. Wenn sich nun eine deiner Schwiegertochter nur ein wenig liebreich gegen dich erweist, so nimm bor ihren Augen den Golddinar aus der Kassette, gib ihr denselben und sprich zu ihr: ,,Beforge mir Konfeft und anderes, etwas recht Gutes zu essen und zu trinken!" Der Kaufmann hielt diese Fluge Erfindung seines Freun: des fur ein unfehlbares Mittel und handelte nach seiner Weisung. Die Schwiegertochter zeigte den Dinar heimlich ihrem Mann, und dieser liess von nun an aus Habgier seinem Vater taglich die allerbeste Pflege angedeihen, bei 252 For Private and Personal Use Only Page #257 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Sitz und Lager, bei Mahl und Bad, in der Kleidung und wo er ihrer sonst bedurfte. So erwies sich die Lift seines Freundes fur den Kaufmann als eine wahre Wunschliane; I denn da sein Sohn ihn jert in dieser Weise verpflegte, so hatte sie ihm ein bochst angenehmes Leben beschert. 211. Erzahlung Die Brahmanentochter oder Des Schidsals Schrift kann niemand andern In Valasaragrama lebte einstein Brahmane Didyananda, welcher nicht nur in Grammatif, Nhetorik und Poetif, Metrik und vielen anderen Wissenschaften ludenlose Kenntnisse besass, sondern auch ganz besonders in der Astrologie bewandert war. Diesem Brahmanen schenkte in seinem Ulter seine Gemahlin Yamuna noch ein Tochterchen. Der Greis ftellte seinem Kinde felbft das Horoskop, und als er uber dem siebenten astrologischen Fause, welches ,,Gemahl" heisst, nachsann, fand er, dass im sechsten Monat nach seiner Tochter Hochzeit deren Gemahl sterben musse. Da dachte er: ,, wely! Meine Tochter muss schon als Kind zur Witwe werden. Doch da lasst sich nichts tun. Denn daran ist kein Zweifel, dass die auf dem Sorosfop stehenden Planeten das feit Alters Feststehende Schicksal funden. Und das Schicksal ist allerorten ubermachtig. Denn: Warum schilderst du jede einzelne Lat Ramas, die dem zehnhalsigen Damon Ravana i Entsegen ein1. S. 36,2. I, S. 49,1. 253 For Private and Personal Use Only Page #258 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir flosste: wie er als Kino Sivas Bogen zerbrach, z wie er Samadagnis Sohn besiegte, welcher auf feines Lehrers Wort die Erde aufgab), 3 und wie er den Dzean durch eine Brude in Fesseln schlug? 4 Das Schidsal schildere, das selbst diesen mit Gewalt davongefuhrt, so dass nur noch die Sage von ihm kundet. Was bedeutet dies mein armes Tochterlein dem Schida fal gegenuber, und was bedeute ich ihm gegenuber, ich Grashalm unter den Menschen?" So dachte er und unterwies mit Seelenruhe seine Schuler weiter in den Wissenschaften, bis seine Tochter in das Alter fam, in dem es galt, sie zu vermahlen. Eines Tages, als er in einem Lehrbuch der Astrologie las, stiess er auf eine Stelle, in der es hiess: ,,Ein Madchen, welches sich unter dieser Konstellation vermahlt, fann unter feinen Umstanden Witwe werden.'' Er stellte fest, um welche Konstellation es sich handelte, und dachte: ,,Seltsam! Meine Tochter muss sechs Monate nach ihrer Hochzeit verwitwen, und diese Konstellation ist so beschaffen, dass ein Madchen, welches unter ihr die Ehe schliesst, nicht Witwe werden kann. Da will ich doch sehen, was machtiger ist, das Schicksal oder die Sterne." In dieser Absicht gab der Vater sein Lochterchen einem reichen Brahmanensohn und traf seine Anstalten, es unter jener Konstellation zu vermahlen, deren Eintritt durch ein von ben 18 Fehlern freies Lopfchens festzustellen war. Da er in allen astrologischen Lehrsystemen vollig bewandert war, sorgte er fur Safran, Neis und Sesam. Wenn man ein Gefass, welches aus zehn Pala6 geschmolzenen Kupfers hergestellt ist, gerundet hat, 2. Ramayana I, 67. 3. Ramayana 1, 75 f. 4. Ramayana VI, 2. 21. 22. 5. Eine Wafseruhr. 6. Ein Gewicht und Sohlmass. 254 For Private and Personal Use Only Page #259 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir so gebe man diesem Topfchen eine Hohe von sechs Fingerbreiten. Sein Durchmesser muss zwolf Fingerbreiten be: tragen. Und 60 Pala muss es fassen: ein solches Lopfchen wird von den Guten begehrt. Ein Topfchen also, welches genau diesen und den anderen Vorschriften entsprach, legte er, als die heilige Sonne unters ging, in eine mit reinem Wasser gefullte Schuffel. Er rezitierte: ,,Schlafe nicht am unerwunschten Knotentag 7 An dem Drte, der dem Himmel abgewandt." 8 Weil er nun, wahrend er diesen und die ubrigen PalaVerse hersagte, seine ganze Aufmerksamkeit auf seine Rezitation richtete, weil er den festlichen Augenblick faum erwarten konnte, in dem seine Tochter ihrem Brautigam die Hand reichte, und weil er schliesslich eben ein alter Mann war, fiel in dem Augenblice, in welchem er das Topfchen in die Schussel seben wollte, ein Reisfornchen von seinem Stirnzeichen in das Loch des Lopfchens und verstopfte es. Die Folge war, dass der Augenblick der gunstigen Konstellation voruberging. Dem Brahmanen dauerte es zu lange, bis sich das Lopfchen fullte; er sah nach und fand, dass das Kornchen das Wasser am Eindringen in das Topfchen hinderte. Da dachte er: ,,Wie zuverlassig ist doch die Astrologie! Weil meine Tochter der Witwenschaft nicht entgehen kann, so durfte sie im gunstigen Augenblic ihrem Brautigam nicht die Hand reichen." So dachte er und vermahlte seine Tochter, trofdem die Konstellation voruber war. Ehe aber der sechste der folgenden Monate ablief, biss eine Schlange ihren Gemahi; und sie ward Witwe. 7. Der is. und 30. Lag des Monats. 8. Diese Worte find an die Sonne gerichtet. Sie druden den Wunsch ans, dass fie nicht im Madir vecharre, sondern wieder aufgehe. 255 For Private and Personal Use Only Page #260 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 212. Erzahlung Der Kanzler oder Die Klugheit In der Stadt Vasantapura herrschte einst ein Konig namens Puramdara. Als dieser eines Lages ganz plosslich starb, ward sein noch kleiner Sohn vom Kanzler uber das Reich gesesst. Diese Gelegenheit benugte der ihm feindliche Konig von Ratsch, welcher Parafila i hiess und gehort hatte, dass der neue Konig noch ein ganz kleiner Knabe war, und ruckte heran, um ihn anzugreifen. Als er aber in das Weichbild der Stadt Vasantapura gekommen war, sagte sein Kanzler zu ihm: Majestat! Wie auf der Saule ein Haus, so ruht das Reich jenes Konigs auf der Klugheit feiner Minister. Ift sie hervorragend, so ist es fest gegrundet. Liegt dir darum dein Reich, dein Leben und dein sonstiges Heil am Herzen, so solltest du dich erst danach umsehen, ob er einen betagten Minister hat, oder nicht. Je nach dem Ergebnis magst du dann entscheiden, ob du gegen ihn ziehen willst." Als der Konig das gehort hatte, sagte er: ,,Gib dir Muhe, das herauszubringen, und zwar schnell!" Um nun die Minister des Feindes zu prufen, sandte der Kanzler des Konigs von Katsch zu jenem einen redegewandten Boten mit einem Schreiben. Der Bote ubergab dem Fursten den Brief, und dieser las ihn. Er lautete aber, wie folgt: ,,Es ist hier, dort ist es nicht. Dort ist es, hier ist es nicht. Es ist sowohl hier als dort. Es ist weder hier noch dort. Dergleichen sende mir!" 1. ,,Der Perser". 256 For Private and Personal Use Only Page #261 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir * Der Konig geriet in die grosste Perlegenheit; denn er wusste weder, was er darauf antworten, noch was er tun Tollte. Da trat sein alter Rangler Subuddhi in die Hofversammlung, fragte seinen Herrn nach dem Grunde seiner Ver: legenheit, erfuhr von ihm, welchen Brief der feindliche Konig gesandt hatte und sagte: ,,Warum macht sich deine Majestat daruber Gedanken? lass mich nur machen! Ich will die Antwort nicht schuldig bleiben." Darauf ging er nach Hause, uberlegte sich die Sache in der Nacht und liess sich am nachsten Morgen folgende Leute kommen: eine Hetare, die den zutreffenden Namen Rupafundari L, die Lieblich gestaltete'] fuhrte, einen fainamonch, der aussah, wie das fleischgewordene Asfetenleben, einen Kaufmann, welcher passend Subera 2 hiess und einen Bettler, der nur mit einem zerrissenen Fessen bekleidet war, einen Scherben von einem zerbrochenen Topfe trug, von erbettelter Speise lebte, und dem es schwer ward, seinen Hunger zu stillen. Diese alle gab er jenem Boten mit. Als der feindliche Kangler die Setare und die anderen fab, sagte er zu seinem Herrn: ,,Uuf dieses Konigs Reich, o Herr, mache dir nur keine Hoffnung. Denn seines Ministers Klugheit macht ihn un: uberwindlich." Der Konig sagte zu ihm: ,,Wonach hattest du denn gefragt? Und was hat denn sein Minister geantwortet ?" Da sprach der Minister: ,,Majestat! Ich hatte ihm die Ratselfragen ,,Es ist hier" usw. gesandt und ihn um Antworten ersucht. Nun hat er uns die Hetare und die drei anderen Leute geschickt. Damit will er folgendes fagen: Hier, in diesem Dafein, ist dieser Hetare die Seligkeit 2, S. 1,9. 17 Katharatnakara II 257 For Private and Personal Use Only Page #262 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir bereitet, welche in allen den reichen Genuffen besteht, die ihr der Verlehr mit geliebten Mannern verschafft; dort aber, d. h. in ihrem nachsten Dasein, ist fur sie feine SeligFeit vorhanden, weil sie da in die Holle kommt. Das ist die erfte Antwort. Dort, im nachsten Dasein, ist diesem Monche die Freude bereitet, welche ihm die Erlangung des Himmels und der Erlosung gewahrt; hier, in diesem Dasein, ist ihm fein Glud beschieden; denn er darf nur schmacklose, erbettelte Speise geniessen, darf nicht baden, muss fich das Haar auss raufen und auf dem Erdboden schlafen. Das ist die zweite Antwort. Sowohl dort, sowohl in der andern Welt, ist diesem Kaufmann himmlisches Gluck beschieden, weil er ein Jaina ist und darum auf alle Falle zu einem Gotte wird; als auch hier, in diesem Leben, weil sein Reichtum ihm das Gluck beschert, welches ihm alle die mannigfachen Genusse der Sinne bereiten. Das ist die dritte Antwort. Weder hier, in diesem Dasein, ist dem Bettler Gluck beschert, weil er sein Brot erbetteln muss, noch bort, im anderen Dasein, weil er fein religioses Leben fuhrt und darum in die Holle wandert. Das ist die vierte Antwort." Als der Konig fo den Sinn dieser Ratselantworten bez griffen hatte, rief er: ,,Alle Achtung! Dieser Minister hat einen ganz hervorragenden Verstand!" - Und mit Staunen im Herzen fehrte er in sein eigenes land zuruck. 258 For Private and Personal Use Only Page #263 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 213. Erzahlung Der Vyasa laghufa oder Die Klugheit In der gesegneten Festung Champaner, der Zierde der Provinz Gujarat, regierte einst ein alter (oder: machtiger] Schah, der gesegnete Mahimunda Vegaoa. 1 Bei ihm stand in hohen Ehren ein Brahmane, namens faghufa, ein Vyasa, 2 den er seiner Weisheit wegen zum Gefasse seiner Gnade gemacht hatte. Da nun die Kazi, die Mulla, die Scheiche 3 und alle die ubrigen Muhammedaner sahen, wie der Schah diesen Laghuka bei jeder Gelegenheit auszeichnete, so sagten sie zu dem Fursten: ,,Herr, nach unserm Koran fuhrt es zur Holle, wenn man am Morgen einen Hindu bei sich sieht. Darum darfst du auch diesem laghuka bei Tagesanbruch keine Uudienz gewahren." Um es also mit ihnen nicht zu verderben, sagte der Schah zu laghuka: ,,Du darfst am Morgen nicht mehr vor mich treten." Das tat faghufa uber die Massen leid. Denn: Wenn man eines Edlen Ohr mit Beschimpfungen beleidigt, so begehrt dieser gewaltig auf. Wie soll der Mann, der einen Parf betrachtet, dafur Schmahun gen (oder: Peitschenhiebe] eroulden? Darum verliess der Pyasa die Stadt und schlug seine Wohnung im Dorfe Kati auf. Ebenso leid aber war es dem Schah, dass Laghufa nicht mehr bei ihm weilte, und um ihn wieder in seine Nahe zu 1. D. i. Mahmud Begara, 1459-1511. 2. Ein Erklarer der religiosen Epen (Purana). 3. Kazi, muhamm. Nichter; Mulla, muhamm. Gelehrter, Lehrer, Jurist, Priester; Scheich, Stammes: oder Dorfoberhaupt; Lehrer des Gesesses und der Religion. 17* 259 For Private and Personal Use Only Page #264 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir bringen, gebrauchte er eine lift. Er legte namlich seinen Mulla, feinen Kazi, seinen Scheichen und den ubrigen diese vier Fragen vor: ,,Was ist aller Dinge Same? Was ist aller Dinge Wurze? Welches ist das dankbarste, und welches das undanfbarste Gefchopf?" Daruber zerbrachen sich nun diese Erznarren die Kopfe, vermochten keine Antwort zu finden und gingen nach Hause. Und als er ihnen am folgenden Lage dieselben Fragen vorlegte, da mussten sie gestehen: ,,Wir wissen es nicht." Der Schah aber sagte: ,,Laghufa ift ausserordentlich flug; ohne ihn ist mir alle Freude benommen." Und um ihnen seine Klugheit zu beweisen, liess er ihn mit allen Ehren aus Rati zu sich entbieten und richtete an ihn in ihrer Gegenwart dieselben Fragen. Raghufa erwiderte: ,,Morgen fruh werde ich darauf die Antworten geben." Dann kehrte er nach Hause zurud. Als der Morgen dammerte, begab er fich, angetan mit einem Gewand, in dem er wurdig an dem Hofe des Schahs erscheinen konnte, in ausserst glanzendem Aufzug in die Hofversammlung. Er brachte Wasser, ein Stuck Salz, einen Hund und einen Schwiegersohn mit und sprach: ,,Aller Dinge Same, o Herr, ist das Wasser, und aller Dinge Wurze das Salz; das dankbarste Geschopf ist der Hund, und der Eidam ist das undankbarste. Denn: Bring mir zum Trunke Wasser geschwind, Du holdes, lotusantlissiges Kind! Dhne das Wasser, das sie erhalt, Musste im Nu verdorren die Welt. Du, Salzmeer, warst das erste aller Meere; Und hat es deine Wurze nicht, Verdient das wurzigste Gericht Nicht des Genusses Ehre. 260 For Private and Personal Use Only Page #265 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Ein schlechter Mensch fann sich Mit feinem Hunde messen, Der treu dem Herren dient Nur fur das bisschen Essen. Gross aller Wohltat wird Kein Schurfe dir geneigt, Wie sich am Himmel nie Ein schwankend Reislein zeigt. 4 Der zehnte der Planetens ist der Schwiegersohn. Bald naht er freundlich rich und bald mit Droh'n. Mit Gaben will er fters begutigt sein Und stellt fich immer bei der Jungfrau ein. 6 Zu einem Schurken, Eidam und Barbier, Der schwarzen Kobra und dem Schwestersohn Zugute, was du magst ersinnen dir: Ein Dank der funf wird niemals dir zum lohn." Als der gesegnete Schah Mahimunda so die richtigeni Antworten auf seine Fragen vernommen hatte, beschenfte er den Vyasa vor den Augen aller seiner Neider init Gold, Rossen und anderen Kostbarkeiten, uberhaufte ihn mit Ehren und Gnaden wie nie zuvor, und machte ihn hinfort zu seinem Gunstling. 4. Zweig (Ranke) am Himmel" (prichwortlich fur etwas unmog liches. Byl. 214,25, S. Als Unheil bringend. 6. Wie der Planet ins Sternbild der Jungfrau tritt, so besucht der Schwiegersohn fort: wahrend feine noch jungfrauliche, bis zur Hochzeit im Elternhause wohnende Frau und muss dann nach indischer Sitte immer reid be denet werden. 261 For Private and Personal Use Only Page #266 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 214. Erzahlung Vijaya und der Kaufmann Vijaya oder Die Keuschheit Im fande Katsch liegt Ratnapura, die Krone aller seiner Stadte. Sri, die Gottin der Schonheit, des Reichtums und des Gluces, weilte in ihr ohne Unterbrechung, so dass die Stadt dem Weltmeer glich, dem Fundort der Perlen. In dieser Stadt herrschte einst als Gemahl der Erde ein Konig Simha [,,Lowe''], einem fowen gleichend an Majestat und Macht, dessen Glut seine Feinde versengt hatte, so dass fie kraftlos geworden, wie Baume, deren Saft das Feuer verzehrt hat. Seine Hauptgemahlin hiess Srimati, ein Weib so schon wie Sri, dessen wundervolle Anmut nur auf Bildern ihresgleichen fand. Zu derselben Zeit bekleidete dafelbst das Amt des Stadtfaufmanno i ein Mann namens Arhaddafa, der zeitlebens dem Arbat 2 in Liebe ergeben war und einem Hause glich, das sich das Gluck in allen seinen Gestalten zur Wohnung erforen hatte. Seine Semahlin hiess Arhati, die Krone aller treuen Frauen, die ohne Falsch ihrem Gatten ergeben war wie Sri dem Visnu, ihrem gottlichen Gemahl. Beiber She war mit einem Sohne gesegnet, der an Schonheit den im Herzen entstandenen Gott3 ubertraf und Vijana hiess. So fonnte man die Familie mit der des Gotterfonigs vergleichen, denn donnerFeilbewehrten Gotte, 4 seiner Gemahlin Indrani und ihrem Sohne Sayadatta. Bei einem Lehrer erlernte Vijana nacheinander alle gesellschaftlichen Kunftes und wuchs dabei bestandig, lieblich anzuschauen, wie der Mond, und mit der Zeit reifte er zum 1. S. 9,. 2. S. 1,2. 3. Den Gott der Liebe (Kama). 4. Indra, 5. S. 57,1. 262 For Private and Personal Use Only Page #267 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir reinen Jungling heran. Wenn er dahinwandelte, so glich er einem Nesse, in welchen sich die Blide schoner Frauen wie Gazellen verstridtten. Kein Wunder! denn an Kunsten [Wortspiel: Mondphasen] kam er dem Geliebten des Nachtlotus, dem Monde, gleich, an Schonheit dem Gott, der das Krokodil im Banner fuhrt, 6 an Gelehrsamfeit dem Lehrer der Gotter, 7 an majestatischer Macht dem Siva, an Tiefe dem Gemahl der Strome, 8 an erhabenem Glud dem Fursten der Gotter. So ipuchs er heran, indem er allen Wesen seine Liebe zuteil werben liess. Freigebigkeit vernichtet das Unglud, Steuschheit fuhrt zu glucklicher Ehe, Kasteiung zerstort die Folge der Laten, und vollige lauterung der Seele beseitigt das Dasein. Unter diesen Dingen aber sog der verstandige Jungling vor allem - wie ein Catafa das Wasser der Wollen , - die Majestat der Keuschheit in sich ein, wie sein Lehrer fie ihm enthullte: ,,Die Keuschheit ist das hochste Gut; die Reuschheit ist der beste Segen fur alles, was da lebt; die Keuschheit ist Erreitung aus allem Unglud; dic Keuschheit ist das Vaterhaus des Gluckes in allen seinen Gestalten. Die Gefahren, welche von Wasser, von Feuer, von Krankheit, von Schlangen, von Elefanten und von Lowen drohen, werden durch die Keuschheit verweht wie eine Wolfenmasse durch den Sturm. Mem es spielend gelingt, ohn Unterlag feusch zu leben, dem mussen ubernaturliche Fahigkeiten zuteil werden, wie Zauberspruche u. dgl. 6. S. 88,5. 7. S. 12,%. 8. D. h. er weiss seine Gedanten fo zu verbergen, dass er unergrundlich ist, wie das Meer. 9. Der Catata, eine Kududlart (Cuculus inelanoleucus) lebt nach Anschauung der Inder nur von Negentropfen. 263 For Private and Personal Use Only Page #268 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Wen das Geschmeide der Keuschheit ziert, dem dienen die Gotter, dem vereinigen sich die ubernaturlichen Fahigkeiten, dem steht das Gluck bestandig zur Seite." Diese wahre Lehre, die ihm die erhabene Macht der Keuschheit pries, vernahm Vijaya und freute fich ihrer, wie sich ein Pfau des Drohnens der Wolfen freut; und frei von Berblendung nahm er, bevor er noch bermahlt war, das Gelubde auf sich, in der hellen Halfte des Monato 10 strengste Reuschheit zu bewahren. Und so verbrachte er weise feine Tage in unbefleckter Keuschheit, da er in ihr wie im leben selbst einen hohen Schass unendlicher Tugen: den zu sehen gewohnt war. Nun lebte in derselben Stadt ein reicher Kaufmann Dhanadaha, der an der Spisse aller Reichen stand wie der Mond an der der Sterne. Dessen Freude war die Tochter, die ihm seine Gemahlin Dhanasri gefchenft hatte; mit ihrer erfindungsreichen liebe erfreute sie ihn, wie die Got: tin Sri den Djean. 11 Wie der Konig der Gebirge 12 und Mena ihre Tochter Gauri Bijaya C., die Sieghafte'] nanna ten, so erhielt auch Dhanadabas Lochter diesen Namen, weil er alles Gluckes Hulle ist. Ate kleines Madchen erlernte sie alle gesellschaftlichen Kunste 13 [Wortspiel: Durchs lief fie alle Phasen] wie eine Mondsichel; und indem sie sich durch ihre tatige Liebe die Liebe ihrer Eltern erwarb, erbluhte sie allmahlich zur Jungfrau. Sie war ein Ness, in dem sich als Gazellen der Junglinge Blicke fingen, ein Wald, in ben sich als Elefanten deren sehnende Wunsche fluchteten; und wenn die Manner sie sahen, horte der Wunsch, Urvasio 14 Schonheit zu sehen, fur sie auf, etwas Verlockendes zu haben. Diese Vijaya horte nun gleichfalls 10. D. h. bei zunehmendem Mond. n. Aus dem sie bei defien Quebutterung entstand und als defien Lodyter fie daher gilt. 12. Der Himalaya. 13. S. 175,1. 14. Beriihmte Apsaras (Himmelshetare). 264 For Private and Personal Use Only Page #269 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir und zwar von einer Nonne eines Lages das lob der grens zenlosen Macht der Keuschheit, das ihr wie ein Segen in die Dhren drang: ,,Befleissiget euch stets der Keuschheit; denn sie vernichtet allen Samen, ist ein Hebel, der die Wurs zeln aller Ranfen des Ungluds ausrottet und be: fchert euch Gluck und Heil. Reichtum, Ruhm, Mut, Grosse, Gesundheit, eine Menge von Vergnugen, und die Erfullung aller Wunsche fann man schon in diesem irdischen Das sein auf Grund seiner Keuschheit erlangen. Und in jener Welt erlangt der Keusche, nachdem er alle Herrlichkeiten der Gotter und der Menschen genossen hat, indem sich die ganze Dreiwelt zu feinen Fussen neigt, ohne Kampf die ewige Seligkeit.rs Die Keuschheit ist das Leben des guten Wandels und fuhrt allein in die hochste Brahma-Welt; 16 wer sie beobachtet, dem wird felbft von denen gee huldigt, die Gegenstand der Huldigungen sind. Wer feusch lebt, wird alt und hat einen schonen Lob, bekommt einen feften und Fraftigen Korper, wird tatfraftig und mutig. Die Keuschheit ist nach aller Meinung der liebliche Schmud der Frauen, wie die volle Scheibe des Kuhle strahlenden Gestirns 17 die Zierde der Nachte ift. Denn: Den Elefanten ziert die Brunft, das Wasser die fotosblumen, die Nacht der Vollmond, Keuschheit das Weib, Schnelligkeit das Ross, bestandige Feste das Haus, grammatische Richtigkeit die Rede, Par IS. Wortlich: das Glud der Vollendung. - Dreimelt = Welt der Menschen, der Gotter und Unterwelt. 16. Ein Aufenthalt von Got: tern, die nach nur einer Wiedergeburt die Erlosung erreichen. 17. Des Mondes. 265 For Private and Personal Use Only Page #270 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir chen von Wasservogeln die Flusse, Gelehrte die Hofversammlung, gute Sohne die Familie, Blumen die Walder und Staatskunft das Konigtum. Die lange Reihe der Frauen ist tross ihrer Hilfs losigkeit zum Gegenstand des Preises der Gotter, Damonen und Menschen geworden durch einige wenige Frauen von fleckenloser Reinheit, die sich durch eheliche Treue auszeichneten." Da Vijaya, die schon war wie Jayanti, dies einsah, so legte fie bas Gelubde ab, in der dunklen Monatshalfte keusch zu leben. Und derselbe Zufall, der es fugt, dass manchmal der Insektenfrass im Holz oder in einem Buche Schriftzeichen bildet, 18 knupfte zwischen Vijaya und Vijana, die einander an Schonheit glichen, ein Ehebundnis, bers gleichbar dem der Gottin der Schonheit und ihres Gemahls. Da legte Vijaya ein neues Kleid an, schmuckte sich mit ihrem Geschmeide und schritt anmutigen Ganges, einer Gottin gleich, die auf die Erbe herabgestiegen, in der ersten Nachtwache in ihres Gatten vom Scheine der Lampen hell erleuchtetes Schlafgemach, in welchem der Gott der Liebe Wache hielt. Als fie so im herrlichsten Schmucke von Gold, Perlen und Nubinen vor Vijaya stand, fagte dieser zu ihr: ,,Einem Gelubde zufolge, das ich einst vor einem edlen Monch abgelegt habe, muss ich in des Monats heller Halfte feusch leben, mein schones Kind. Noch drei Tage sind ubrig, in denen ich diese Beschrankung einhalten muss. Sind fie voruber, so wollen wir miteinander Fosen im genussreichen Liebesspiel." Als sie das horte, verfiel ihr schones Untliss wie ein for tud, auf den der Reif gefallen; und als er sie nach dem Grunde ihrer Betrubnis fragte, erwiderte sie ihm: ,,Ein gleiches Gelubde habe auch ich abgelegt, aber fur die dunkle Monatshalfte. Der Kuinmer daruber ist's, der mich era 18. Sprichwortlich. 266 For Private and Personal Use Only Page #271 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir blassen liess, wie der Tag des Mondes Sichel." Sie gewahrte das Staunen, welches diese Mitteilung auf dem Untlig ihres geliebten Gemahls auslofte, und darum sagte sie, flug erwagend, wie sie ihre Keuschheit retten konnte: ,,Vermahle dich mit einer andern Gemahlin, o Herr, und geniesse mit ihr im Frieden. Ein Mann darf la viele Gattinnen haben, dem Monde gleich, der alle Lochter Daksas freite." 19 Vijaya horte ihre Rede, die ihre Keuschheit gewahrleisten sollte; aber wie Rahu des Neftars Aufbewah: rungsort vernichtet, 20 so vernichtete er sich selbst das Neltar liebender Vereinigung, indem er ihr entgegnete: ,,Schon lange, liebe Frau, ftand mein Begehr nach der Monchsweisse; aber meine Eltern vermahlten mich, und ich musste mich dem Zwange fugen. Doch enipfinde ich fein Verlan: gen nach Gemahlinnen, die ia doch nur Gefangnisse des Samsara 21 sind, und in dem Sinnengluck bermag ich nichts zu sehen, als die Wurzel, die die Ranken des Schlinggewachses nahrt, welches Samsara beisst. Das Weib ift das Samenforn des Daseins, die Fadel, welche die Strasse beleuchtet, die zur Holle fuhrt, der Wurzelstock der Sorgen, die Wurzel des Zwists und ein Bergwerk alles Unheils. Al die Sinnenfreuden fuhren nur zum Leiden, indem sie ungludliche Eriftenzen bereiten; und Darum, liebe Frau, finde ich keinen Gefallen an ihnen. Doch zwischen Sinnengluck [visa y a) und Gift [visa] besteht ein grosser Unters schieb. Das Gift totet nur den, der es genossen, das Sinnengluck dagegen schon den, der seiner nur gedenkt. Denn: Die Gazelle, der Elefant, die Motte, die Biene und der Fisch find funf und werden nur von funfen 22 19. Daksa, ein Schopfer (Prajapati), einer der zehn Sohne Brah: mans. Die Sage, auf die hier angespielt wird, f. in des Vf. Indisden Marchen", Nr. 5. 20. Den Mond; f. 56,1. 21. De6 Streislauf der Eristengen. 22. D. h. jedes durch einen Sinn: die Gazelle durchs Gehor, weil sie nach indischem Glauben durch Musik 267 For Private and Personal Use Only Page #272 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir getotet. Wie follte da ein einzelner Fahrlassiger nicht ins Ungluck geraten, der mit funfen funfen dient ? 23 Wie darum jemand, der sich fatt gegessen hat, von weiteren Speisen nichts mehr wissen mag, da diese nur zu Uns fang des Mahles fostlich erscheinen, fo mag auch ich nichts von den Sinnenfreuden wissen, die allen leiden Raum gewahren. Das reine Spiel des Geistes, der Rede und des Leibes von Kindesbeinen an ist nicht das der Liebe, sondern das der Keuschheit, meine Schone! Es soll mir immerdar zur Lauterung dienen, wie das Feuer bem Golde. Doch wollen wir beide als Geheimnis in unser Herz verschliessen, wie es mit uns steht, und uns sorgsam huten, es jemals unsern Eltern oder sonst einer Menschenseele zu verraten. Sollte aber jemand hinter diese Lebensweise kommen, die wir beiden uns ausgedacht haben, so wollen wir uns ges loben, uns dem geistlichen Leben zu weihen, dem Vorboten der Erlosung." Nachdem das Paar diesen Entschluss gefasst hatte, wahrte es ohne Unterbrechung seine Keuschheit so sorgsam wie sein Leben. Wenn des Nachts die beiden Gatten beisammen auf gemeinsamem fager ruhten, so glich die Wirklichkeit einem Gemalde; denn feine Lust fam uber sie, um sie in Liebe zu berauschen. So lebten die beiden schonen Menschen miteinander dahin, ohne dass ihre Umgebung gemerkt hatte, wie fie miteinander lebten. Und da fie in der Ehe und im besten Lebensalter die Keuschheit wahrten, so mussten selbst die Himmelsbewohner ihren Wandel preisen. Denn: Selbstbeherrschung im Gluck, geduldige Nachsicht bei eigener Macht, asfetisches leben in der Jugend angelockt wird; der Elefant durch den Tassinn, da er durch zahme Elefantenweibchen angelodt wird; die Motte durch das Gesicht; die Biene durch den Gerud), da er sie in den Lotus lodt, der sich in der Nacht dhliesst; der Fisch durch den Geschmad (Koder). 23. Mit den funf Drganen den funf Sinnen. 268 For Private and Personal Use Only Page #273 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir und tross aller Armut eine Gabe, auch wenn sie nur flein ist, fuhren zu grossem Gewinn. So verbrachten die beiden Gatten ihre Zeit, indem sie ganz erfullt waren von ihrem guten Wandel, der auf die fauterung ihrer Seelen gerichtet war, und Keuschheit fur sie das Kosen der Liebe bedeutete. Da begab sich's, dass nach der Stadt Campa der allmissende Monch Vimala [,,der Reine"] fam, ein Mann von reinem Herzen, und sich im Parfe niederliess, um zu prebigen. Als er seine Predigt geendet hatte, fragte ihn der verstandige Hausvater Jinadasa, indem er fich mit dem Staub ein Stirnzeichen machte, der am Lotus der Fusse des Monches haftete: 24 Heiliger Mann! Frohlichen Herzens will ich 84000 Monche bewirten und so einen Schas gute Werke fammeln. Wann wird, einem Baume gleich, den man mit reichlichem Wasser begiesst, dieser liebste Wunsch meines Herzens in Erfullung gehen? Ich bin sehr bekummert." Auf diese Frage des glaubigen Familienhauptes Jinadasa erwiderte der allwissende Monch Vimala: ,,Wie sollen denn fo viele nach Erlofung Strebende zugleich mit dir zusammenkommen? Ift es doch, als standest du in der Wufte und begehrtest soviel Gotterbaume um dich zu haben. Und wenn das Schidfal dir wirklich gunstig ware und sich soviele Monche um dich versammelten, so sollte dir's ebenso schwer fallen, fur sie die notigen Vorrate an koscheren Speisen und Getranfen zusammenzubringen, wie eine am Himmelsgewolbe hangende Blume zu finden. 25 Dein Wunsch, wur: digen Leuten zu schenken, tragt den Schmuck der Seelenlauterung eines zur Erlosung bestimmten Mannes und mag etwa leuchten wie dein juwelenbesegter goldener Siegelring. Willst du dir dagegen ein grosses religioses Verdienft er: 24. D. h. indem er sich vor ihm niederwarf und mit der Stirn seine Fusse beruhrte. 25. Sprichwortlich fur etwas unmoglicheb. Vgl. 213, 4. 269 For Private and Personal Use Only Page #274 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir werben, worauf ja bein Streben gerichtet ist, so spende in liebevoller Verehrung Speisen, Gewander und kostbares Geschmeide dem Kaufmannsehepaar Vijaya und Vijaya, die im fande Katsch wohnen, einen Wandel fuhren, welcher nur auf ihrer Seelen lauterung gerichtet ist und darum in strengster Keuschheit leben." Als das der treffliche Laie horte, fullte sich sein Herz mit Verwunderung, und er fragte liebevoll den allwissenden Monch, der seine Zweifel heben sollte: ,,Wenn diese beiden im Ehestande leben, o Herr, wie kann dann eine so erhabene Tugend aus ihm emporsteigen, dass ihr religioses Verdienst leuchtet wie das Meer, aus welchein sich der Mond erhebt?" Auf diese wissbegierige Frage hin erzahlte der allwissende Monch ihm in Gegenwart aller der reichen Kaufleute, aus denen die Versammlung bestand, wahrheitsgetreu die Geschichte der beiden. Nachdem Jinadasa fie bernommen, machte er sich auf nach dem Lande Katsch und huldigte jenem Ehepaar in einer Weife, die zu schildern alle Worte zu schwach find. Als aber die Burger Zeugen dieser ausserordentlichen Huldigungen waren, fragten sie ihn alle nach dem Grunde derselben. Er erzahlte ihnen ihre Geschichte, wie der Allwissende sie ihm mitgeteilt, und die Angehorigen des Paares freuten sich ihrer wie eines Neftartrunfes. Die weisen Ehegatten aber fosten das Versprechen ein, welches sie einander gegeben hatten; sie nahmen bei einem Monch die Beihe und wurden teilhaftig des Genusses der Herrlichkeit der Erlosung. Der gelehrte Schuler des geregneten Kamalavifaya, der weise Hemavijaya, hat biese sundlose Erzahlung geschrieben, die einem Meere gleicht, welches die Menge der Perlen enthalt, die auf den Faden der Keuschheit gereiht zu werden bestimmt find. 270 For Private and Personal Use Only Page #275 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 215. Erzahlung Der alte Minister oder Die Klugheit In der von den platschernden Wellen der Mandalini bespulten und snit Lusthainen gezierten Stadt Sundarapura regierte einst ein Konig Mahasena. Ais diefer eines Tages plosslich an der Cholera starb, kam sein Sohn Narasena auf den vaterlichen Thron. Narasena war noch sehr jung, und seine Jugend, reine Schonheit und seine Konigsherrlichkeit berauschten ihn dermassen, dass er seine vielen alten und von alters her angestammten Minister in Ungnade fallen liess. ,,Was konnen sie mir nugen?", so sagte er. ,,Sie begeifern sich wie Fleine Kinder; wie die Zauben horen sie nicht, wie die Blinden fehen sie nicht, wie die Stummen reden sie nicht, selbst wenn man sie nach etwas fragt: kurz, sie haben ihre Fahigkeiten eingebusst, als waren sie verrudt geworden. Was soll ich also mit diesen Leuten, die ebensowenig Nussen bringen, wie die Zissen am Halse der Ziegen, 1 die welfen Blumen gleichen, welche ihren Duft verloren haben." So schmahte er seine Minister und verbannte sie samt und fonders. Denn: Wenn der Mensch zu Macht und Ehren fommt, so haben drei darunter zu leiden: der Freund, den er fich fruher erworben, sein Weib und sein Haus. Die alten Minister fonnten nun daran denken, ihres Alters Frucht zu geniessen; jeder von ihnen begab sich zu der heiligen Statte, die ihm beliebte, und widmete sich eifrigst ihrem Dienste. Von dem Tode Mahajenas hatten indessen Gitasatru 1. S. 172,5. 271 For Private and Personal Use Only Page #276 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir und vier andere ihm feindliche Konige gehort, welche im fande Sindhu wohnten, machtstolze Fursten, die funf Lowen glichen. Diese rudten in der Absicht, sich sein der Flugen Minister beraubtes Reich anzueignen, mit Heeresmacht an dieses Reichs Gemarkung. Da sagte zu ihnen einer ihrer eigenen alten Minister: ,,Vernehmt, ihr Herren! Wenn in Narasenas Reich noch einer von jenen betagten Raten zurudgeblieben sein sollte, so ist zu vermuten, dass es mit dem Glude, welches Euch Eures eigenen Konigtums und anderer Dinge Herrlichfeit gewahrt und wohl gar mit Eurem Leben so bald zu Ende ist, wie mit einem Bassertropfchen, das an der Spisse eines Grashalms hangt. Bevor Ihr einrudt in sein Reich, ist es unerlasslich, dass Ihr genau erforscht, wie sich's damit verhalt." Die Konige gaben ihin recht, und mit ihrer Zustimmung uberreichte er einem in seinen Diensten stehenden redes gewandten Boten drei Puppen, um sie Narasena zu uberbringen. Diese Puppen waren einander vollstandig gleich und waren sehr schon, da sie hochst anmutig gestaltet und mit fostbarem Schmucke geziert waren. Als der Bote zu Narasena fam, sagte er zu ihm: ,,Funf Fursten, die in Sindhu regieren, o Konig, Jitasatru an ihrer Spige, stehen an deines Reiches Mark und senden dir diese drei Puppen mit der Bitte, ihren Wert zu bestimmen." Reiner von den jungeren Ministern, die noch im Amte waren, wusste hier zu raten; und darum taten sie alle, was die Sterne tun, wenn es tagt: sie verschwanden. Auch der Konig betrachtete sich die Gestalten der drei Puppen, bermochte aber zwischen ihnen keinerlei Unterschied zu ents decken, weder an ihrer Bekleidung, noch an ihrem Ges schmeibe oder an ihrer Korperbildung. Und so schaute er denn gar trubfelig brein, dem Monde gleich, wenn ihn die Strahlen der Sonne treffen. Um's kurz zu fagen: die ganze Hofversammlung glich in diesem Augenblicke einem Lotus 272 For Private and Personal Use Only Page #277 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir teich, wenn der Frost uber ihn gekommen ist und alle feine Lotusblumen erfroren sind. Die Mutter des Konigs, welche Dharini hiess, liess sich uber den Vorfall genau berichten, war daruber sehr betrubt und sagte zu ihrern Sohne, als dieser nach Beendigung der Uudienz zu ihr fam: ,,Mein Sohn! Wenn auch nur einer von den alten Miniftern, gleichgultig welcher, noch im fande fein sollte, lo fann noch alles gut werden." Der Konig fragte nun seine Minister 2 aufs eindringlichste und so erfuhr er schliesslich von einem derfelben, dass sich sein Vater, welcher Subuddhi [,,der Kluge"] hiess, in einem unterirdischen Gemach verborgen hielt. Diesen fragte er und erhielt zur Untwort: ,,Morgen, o Herr, wird sich alles zum Guten wenden." Und init diesem Bescheid fehrte er nach Hause zuruck. Noch in der Nacht machte sich dieser Minister an die Untersuchung. Er sah, dass an den Puppen, die ihm uber: geben worden waren, Stieidung, Geschneide und alles ubrige gleich und demnach ausserlich ihr Wert derselbe war. Darum suchte er zu ergrunden, wie es mit ihrem Inneren bestellt war. Er nahm einen dichtgedrehten, festen Faden und fteckte sein Ende der einen Puppe in die Offnungen ihrer Augen, ihres Mundes, ihrer Nase; aber das Fadenende drang nicht ein. Als er es ihr dagegen in den einen Gehorgang steckte, drang es nicht nur zu dem einen Ohr hinein, sondern auch zum andern wieder heraus. Jesst wusste er, was er zu tun hatte, und bestimmte den Wert der Edelsteine, des Goldes und was die Puppe sonst am leibe trug. Als er dasselbe bei der zweiten versuchte, fand das Fadenende hier nicht einmal einen Eingang ins Ohr. Daraus folgerte er, dass dic an ihrem Korper hangenden Dinge gar nicht in Betracht famen und die Puppe wertlos war. Als er aber der dritten Puppe das Ende ins Ohr 2. Diese find nach indisdem Brauch die Sohne der alten Minifter. 18 Katharatnafara 11 273 For Private and Personal Use Only Page #278 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir stedte, glitt es in ihren leib hinab, und ihm nach der ganze Faden. Aus dieser Beschaffenheit derselben schloss er richtig, dass sie die edelste war und dass es keinen Preis gab, der ihrem Wert entsprodhen hatte. Am nachsten Morgen handigte er dann dem Boten die Puppen wieder ein. Jede von ihnen trug an einer Hand einen darangebundenen Zettel. Damit sandte er den Boten zu seinen Herren zuruck und sagte zu ihm: ,,Die Zettel, die an ihren Handen befestigt sind, werden ilyren Wert verfunden." Der Bote ubergab sie seinen Herren. Diese befragten ihren Minister, der ihnen erflarte, welche Bewandtnis es mit den Puppen hatte. Er sprach: Meine Gebieter! Diese Puppen sind die Abbilder dreier Arten von Menschen. Diejenige, bei der der Faden zum einen Ohr hinein und zum andern wieder hinausgeht, gleicht dem, der des lehrers Wort zwar hort und auch fur gut erfennt, aber nicht im geringsten danach handelt. Die Puppe, in deren Ohr der Faden nicht einbringt, gleicht dem, der des Lehrers Wort uberhaupt nicht hort. Die aber, in deren Ohr der Faden bringt, um in ihr Inneres hinabzugleiten, gleicht demjenigen, welcher des Lehrers Wort nicht nur vernimmt, sondern es auch vollstandig und richtig befolgt. Das ist der Unterschied zwischen diesen Puppen. Die Klugheit jenes Ministers aber ist so gross, dass fie Euren Sieg unmoglich macht." Als das die funf Konige Horten, Pehrte jeder von ihnen in seine Stadt zurud, und wenn Narasena vergonnt war, sein Neich noch lange zu schirmen, so danfte er dies nur der Klugheit dieses seines Ministers. 274 For Private and Personal Use Only Page #279 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 216. Erzahlung Der Bhilla Ksenala oder Eine Beschrankung, die man sich auferlegt hat, soll man balten In cinem undurchdringlichen Walde haufte in einem Rauberdorf, welches Bhisana [., Furchtbar"] hiess, der Hauptling Bhima (,,Furchtbar'']; und mit ihm hausten darin viele andere Rauber, furchtbar wie des Todesgottes Yama Diener und grenzenlos grausam, den Nakschasa I gleich, die in der Nacht ibyr Wesen treiben. Als sie eines Lages den schreckenvollen Wald durchfireiften, trafen sie darin einen edlen Monch. Der erbarmte fich ihrer und lehrte sie die Gebote der Neligion. Die Folge war, dass die Rauber allerlei Beschrankungen auf sich nahmen. Der eine gelobte, sich hin fort des Fleischgenusles, ein andrer, sich des Essens zur Nachtzeit zu enthalten; andere wieder gelobten Enthaltung vom Genuss geistiger Getranke, vom Verkehr mit anderer Frauen, vom Wurfelspiel usw. Einer von den Bhilla aber namens Koemala sagte mit fpottenden Worten zu dem Monch: ,,Auch ich will eine Befchranfung auf mich nehmen: ich gelobe dir, niemals einen Wagen mit Stier und Fuhrmann zu fressen!" Der Monch besass hoheres Wissen, und darum sagte er: ,,Siehe zu, dass du diese gelobte Beschrankung streng einhaltst!" und mit diesen Worten bewirfte er, dass fener sich dieselbe im Ernste auferlegte. Eines Tages hatten die Rauber einen Ort ausgeplundert. Mit einer Menge von Gold, Edelsteinen, Silber und anderem Gut beladen zogen sie ab. Die Sonne ging auf, und sie derbargen sich wie Eulen bei Tagesanbruch irgendwo 1. S. 39,5. 275 18* For Private and Personal Use Only Page #280 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir im Walde. Das Umherstreifen hatte sie hungrig gemacht. Als sie darum in einem Durga-Tempel eine Schnabelweide 2 fanden, die dorthin gebracht worden war und einen Wagen mit Fuhrmann und Stier darstellte, assen sie alle davon mit alleiniger Ausnahme Ksemalas, welcher Bedenfen trug, sein Gelubde zu brechen. Kaum aber hatten sie davon gegelsen, fo ftarben sie alle. Als dies stsemala fah, begab er sich in das Dorf Golafa, welches ganz in der Nahe lag, um zu erkunden, was es mit der Schnabelweide und dem Tode seiner Gefahrten auf fich hatte. Da erfuhr er denn, dass ein Brabiane diese Schnabelweide zur Speilung der gesamten Ortseinwohner hatte herstellen lassen, um da: durch von der Gottin einen Sohn zu erbitten. Sie war in der Nacht bereitet worden, und so war es gekommen, dass fie mit Gift vermischt war, welches wahrend der Zurustung durch eine hineingefallene Schlange in fie gefommen war. Der Brahmane mit den Seinigen und alle Bewohner des Ortes fahen nun in Ksemala ihren Lebensretter und uberhauften ihn mit Beweisen der Ehrerbietung, die sie ihm in Gestalt von Geschenken an Gewandern und Ge: (chmeiden darbrachten. Da sah er nun, dass die Macht der Beschrankung, welche er auf sich genommen hatte, nicht nur allen diesen Leuten, sondern auch ihm selbst das Leben gerettet hatte, und dies spornte ihn dazu an, ausserdem die Enthaltung vom Fleischgenuss, vom Genuss geistiger Getranke und eine Menge anderer Beschrankungen auf sich zu nehmen und auch wirklich durchzufuhren. 2. Lananasri, wortlich ,Mundschonheit" oder ,,Mundreichtum". Was das bisher unbekannte Wort bedeutet, ergibt sich aus unserer Erzahlung und aus Bharatakadvatrimsita, namlich eine aus Kon: ditormare hergestellte Figurengruppe, die zur Speisung der Bewohner cines ganjen Dorfes hinreicht und zur Erreichung eines Zwecke$ der Gottin Durga geweiht ist. 276 For Private and Personal Use Only Page #281 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 217. Erzahlung Die Schlange, der Elefant, der Jager und der Schakal oder Das Spiel des Schicksals Eine Schlange, schwarz wie die Haarflechte der alles tragenden Erde, froch aus ihrer Hohle Hervor, indem sie ihren Sinn auf einen Wunsch richtete, der ihr frommen sollte, und dachte: ,,Ich will mich vor die Mundung des Erdipalts legen und mir in gewohnter Weise eine grosse Gute tun und all die fuhlenden, duftenden, weichen Winde atmen." Ein Elefant aver, dessen Korper so gewaltig war, dass er wie ein Bruder des Vindhya-Gebirges erschien, und welcher durch den Schwarm der nach seinem Brunstwasser i lufternen Bienen leuchtete, kam aus dem Vindhya-Gebirge heraus, weil er dachte: ,,Ich will mich baden in den laben: den Fuhlen Fluten des Narmadaflusses, welche die Elefantenweibchen mit ihren Russeln emporsprissen, und dann an seinen Ufern mit den Weibchen lange kosen." Ein Sager aber dachte: ,,Ich will einen brunstigen Elefanten erlegen, will seine Stirnhoder spalten, daraus die herrlichsten Perlen nehmen 2 und mit ihnen in einem Augenblick alle Wunsche der Meinigen erfullen." Darum nahm er, das Herz von unbandiger Habgier erfullt, seinen Bogen in die Hand, ging nach dem Vindhya-Walde und geriet beim Anblick jenes Elefanten in gewaltige Freude. Ein Schafal aber fam aus seiner Wohnung, die im Innern des Gebirges im Gebusche lag, in den Wald, liess seine Blicke nach allen Seiten schweifen, und dachte, da sein Herz von den Pfeilen der Wunsche und Hoffnungen 1. S. 49,4. 2. Diese finden fidh nach indischem Glauben im Kopf der Elefanten. 277 For Private and Personal Use Only Page #282 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir durchbohrt war: ,,Wenn ich die feiche eines Elefanten, einer Antilope, eines Ebers oder eines Buffels Finde, so will ich mit dem Fleische dieser Ziere meinen Hungersqualen bie Wasserspende geben."3 Die Schlange biss den Jager; dieser fiel zu Boden und erschlug in seinem Sturz die Schlange, und in der Besturs zung liess er seinen Pfeil abschnellen, wodurch er auch den Elefanten totete. Als aber der Elefant zu Boden fane, erschlug er den Schafal. Und so begaben sich alle vier nach dem Palaft des Beherrschers der Vater. 4 Seltsam ist das Walten des Schicksals! 218. Erzahlung Der Sohn des Candata Puna oder Die Klugheit Ein Zurke machte einst eine Reise aus dem Lande Gud: (carat nach Manoapacala und mietete einen Sanpala i als Lasttrager, der in einem Dorfchen zwischen der Strasse nach der Feftung Campanera und zwischen Manoapacala wohnte und Puna hiess. Da der Mohammedaner mit den Diensten, die ihm der Mann leistete, sehr zufrieden war, so behandelte er ihn unterwegs sehr gut und lohnte ihn nach seiner Ankunft in Manoepacala mit einer grosseren Selts summe ab. Puna blieb in der Stadt und begann mit dieser Summe einen Duft- und Gemusehandel, verdiente bamit so viel Geld, 3. Wir wurden sagen: ,,fie begraben". 4. D. i. der Toten. Gemeint ist Yama, der indische Pluton. 1. S. 5,8. Hier ist darunter ein Angehoriger eines von Wilden ge: bildeten Waldierslamms zu verstehen. 278 For Private and Personal Use Only Page #283 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir dass er einen Getreibehandel eroffnen konnte, und weil ihm das Gluck hold war, so wurde er nach und nach reich. Wenn ihn aber die Leute fragten: ,,Wer bist du?", so gab er ihnen zur Antwort: ,,Ich bin ein Kaufmann". 2 Und da er sich wirflich wie ein Kaufmann Fleidete, fo ward er allgemein fur einen solchen gehalten. Obwohl er feiner guten Kaste angehorte, war er reich geworden; gedeiht doch die Gottin des Glucks gewohnlich am besten im Hause eines Mannes aus niederem Stande. Den mit edler Geburt Geschmuckten begehrft du nicht; die ou die fotusspige verlasst und dich empora schwingft auf die Latfraft, Biene Gluck, deren We sen das Ordnungswidrige ist: dich muss ich preisen. Da die Burger ihn nur noch ,,Kaufmann Puna" nannten, fo berinahlte er sich sogar mit einer Kaufmannstochter, und schliesslich ward er der Vater einer grossen Familie, deren Kern seine Sohne und Tochter und deren angehefratete Verwandte bildeten. Eines Tages aber sah jener Mohammebaner ihn in seiner Markthalle stehen, erkannte ihn und verlangte von ihm Getreide, Butter, S1 und andere Waren, und wcil Puna sich vor ihin schamte, fo gab er ihm von allem dem besonders viel und besonders gut. Von nun an fam der andere Tag fur Tag, und der Kaufmann gab ihm, und das ging so fort, vier Monate lang. Schliesslich sagte Punas Sohn: ,,lieber Vater, was soll ich davon denken, dass dieser Mohammedaner fich unaufhorlich Getreide, Butter und andere Waren holt, ohne auch nur einen Heller zu bezahlen?" Da erzahlte ihm fein Vater wahrheitsgetreu, welche Beziehung zwischen ihm und dem Zurfen bestand. Der Sohn aber war flug, und als sich der Mohamme: 2. Damit behauptet er seine Zugehorigkeit zu der 3. (Vaisya:) Kaste. 279 For Private and Personal Use Only Page #284 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir daner am nachsten Morgen wieder einstellte, um das Ge: treide und die anderen Waren zu holen, sagte er zu ihm: ,,Bezahle uns endlich den Reis und was du sonst in den vier Monaten von uns bezogen hast, o Herr; sonst muss ich dich beim Schah verklagen." Us das der Turke horte, sagte er: ,,Wisst ihr denn gar nicht ...? Ich werde den Leuten alles erzahlen." Da sagte Punas Sohn: ,,Erzahl doch, was du willst! Wenn wir mit einem Menschen wie du Geschafte gemacht haben, sind wir nicht einfache, sondern hundertfache Tans bala. Jesst aber rude mit unserm Geld heraus!" Diese Seistesgegenwart verschloss dem Zurfen den Mund; er bezahlte, was er schuldig war, und kehrte nach Hause zuruck. 219. Erzahlung Der Freund oder Die Klugheit Ein Freund ohne Falsch bringt uberall Gluck. Wer nicht lasst von einem falschen Freund, einem treulosen Weibe, einem Sohn, der seine Familie zugrunde richtet, einem bummen Minister, einem un: geduldigen Konig, einem fahrlassigen Arzt, einem mit Leidenschaften behafteten Gott, 1 einem Religionslehrer, der den Sinnen frohnt, einer Religion, die Fein Mitleid fennt, 2 der wird infolge seiner argen Verblendung vom Heil verlassen. Freilich ist ein guter Freund schwer zu bekommen. 1. D. h. einem der von den brahmanischen Indern verehrten Gotter, denen die Jaina ihre leidenschaftslosen Jina alb die einzigen entgegenstellen, die geeignet seien, die Menschen zu erlosen. 2. Wie die brahmanische, welche Tieropfer verlangt. 280 For Private and Personal Use Only Page #285 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Durch irgendeine gute Lat sind auf dem Erdenrund die Gludsguter leicht zu erlangen. Diejenigen guten Laten aber sind schwer zu erlangen, durch die man zu einem trefflichen Mannesjuwel fommt. Durch den Verstand eines Freundes fuhren die Mens fchen selbst eine schwierige Uufgabe Durch. Denn: Wessen Freund ein Haus fluger Gedanfen ist, fur den gibt's nichts, was er nicht vollenden fonnte. Seine Frau nebst zwei Kamelen fuhrte der Kaufmann von dannen infolge der Klugheit seines Freundes. Das verhielt sich wie folgt. In der Stadt Sravana lebte ein Mann, welcher Dhanadatta hiess und eine wohlerzogene und schone Frau namens Dhanasri besass, die ihn begludte. Eines Tages aber kam Bharama, der Hauptling eines Rauberdorfes, 3 mit seiner Bande, entfuhrte Dhanasri und machte sie zu feinem Weibe. Als Dhanadatta von ihr getrennt war, famen ihm alle Freuden dieser Welt nichtig vor wie ein Strohhalm, und sein Haus ward ihm zur Holle. Denn: Der Mond, der Sandel, der Wind, das Wasser: 4 wenn selbst diese vier sich vereinigten, so wurden sie trokdem sicher einem von lieben Menschen Getrenn ten nur Hisse [Qual] bereiten. Als es ihm endlich nach vielen Muhen gelungen war, sie aufzuspuren, da wollte er sich mit einem Kaufmann, den er als Gefahrten mitnahm, auf den Weg machen, fie zu holen. Dem legte er, um ihn zu prufen, ein dides und ein dunnes Zahnholzs vor. Der Kaufmann nahm das dicke Holzchen. Da dachte er: ,,Der Mann ist eigennutig und wird daruin nicht mein Unternehmen 3. Ein Bhila;. 137,3. 4. Jedes einzelne von diesen ist ein Kuh: lungsmittel. S. Um sich die Zahne zu reinigen, fauen die Inder ein Stitct Shadira:(Acacia Catechu.) Holz. 281 For Private and Personal Use Only Page #286 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir fordern." So entliess er ihn denn, wahlte irgendeinen an: dern zum Begleiter und machte sich abermals auf den Weg. Diesem Manne legte Dhanadatta vier Betelblatter 6 vor, ein Paar kleine und ein Paar grosse. Auch dieser er: wies sich als eigennukig, indem er das grosse Blatterpaar nahm, so dass Dhanadatta dachte: ,,Der sieht gleichfalls nicht auf meinen Nussen. Denn: Der Eigennuss zerstort alles Heil; denn er ist eine Fundgrube aller Fehler, ein Rafsasa, 7 der alles Gute verschlingt und eine Knolle, der die Nanken der faster entfeimen." Darum entliess er auch diesen, stellte einen Dritten auf die Probe, nahm ihn als Begleiter mit und zog mit ihm nach jenem Rauberdorf. Als Schadelbettler 8 verkleidet ging er barin umher und liess durch die Frau des Barbiers 9 Feiner Gattin seine Anfunft melden. Seine Gemahlin bestellte ihn auf die Neumondnacht unter einen bestimmten Feigen: baum. Um init ihr zu fluchten, faufte er eine Kamelsstute, welche Dafa hiess und in einer halben Stunde eine Meile lief. Dann nahm er seine Frau, die sich unter dem Baume eingestellt hatte, bestieg mit ihr das Kamel und ritt mit ihr und seinem Freunde babon. Der Kauptling bemerkte die Flucht, bestieg einen Kamelsbengft namens Samca, der in einer halben Stunde zwei Meilen lief, und jagte ihm, der Fahrte folgen, nach. 6. Blatter des Betelpfeffer (Piper betle), in welche Nuse der Sa: techu-Palme (Areca Catechu) mit Gewurzen geivitete Werten. Das Ganze wird gekaut, wodurch die Zahne rot gefarbt werden. Solche Betelrollen bietet man auch seinem Besudy, namentlich, wenn man mit ilyen einen Vertrag abschliesst zum Zeichen des A6fdylufjes. Der Kaufmann legt dem zu Prufenden darum nur die Blatter, also feine Betelrode vor. 7. S. 39,5. 8. Also als sivaitischer Usket - der Sekte von der linken Hand. Diese Asfeten tragen einen Kranj von Menschenschadeln um den Hals und essen und trinken aus Schadern. 9. S. 6,4. 282 For Private and Personal Use Only Page #287 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Als Dhanadattas Gemahlin ihn herankommen sah, fagte fie zu ihrem Gatten: ,,Dieser Kamelshengst, o Herr, lauft doppelt so schnell, ale unsere Stute; darun wird der Bhilla und bald eingeholt haben." Dhanadatta fragte seinen Freund: ,,Lieber Freund, was sollen wir jesst beginnen?" Sobald sie sahen, dass jener ihnen schon nahe gekommen war, ftiegen sie alle drei von ihrem Kamel herab. Der fluge Freund wickelte Binden um seine Fusse, rigte sich mit einem Steine oder dergleichen blutig und blieb neben dem Kamel, das sich gelebt hatte, indem er rief: ,,Ich muss sterben! Ich muss sterben!" Inzwischen versteckte sich das Ehepaar in einem nahen und sehr dichten Baumwollen: didicht. Als der Hauptling an die Kamelostute Herankam, fragte er den Freund: ,,Du Schuft! Wo sind die beiden andern Schufte hin?" Der Freund wies ihn nicht nach jenem nahen, sondern nach einem anderen Dickicht und sprach: ,,Ich bin berabgesturzt und habe meine Glieder gebrochen. Irokdem haben mich die Falunfen hier im Stiche gelassen und sind aus Furcht vor dir geflohen, um nur ihr Leben zu retten." Sobald aber der Rauber in das andere Dickicht eins gedrungen war, kam das Ehepaar schleunigft aus seinem Versted hervor und bestieg die Stute Laka, wahrend der Freund den Hengit Samca bestieg, worauf sie alle drei davonritten. Als der Rauberhauptling fie enteilen sah, rief er: ,,Wer kann fie jesst einholen, da Zala und Samca miteinander vereinigt fino! Daher stammt das uberall bekannte Sprichwort: ,,Sairca ist mit Tafa vereint." Dhanadatta aber hatte seine Gemahlin nebst den beiden Samelen gewonnen und kam unbehelligt nach seinem Wohnort zuruck. 283 For Private and Personal Use Only Page #288 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 220. Erzahlung Der Barde Vetala oder Sein Wort muss man halten Im lande Kasi lebte einft ein Barde, welcher Vetala hiess. Der befass in der Dichtfunft folche Fertigkeit, wie der Lehrer der Damonen, i war wie der Lehrer der Gotter 2 bestandig von Scharen gelehrter Manner [Wortspiel: der Gotter] umgeben und beherrschte all die Mengen der gesellschaftlichen Kunste 3 wie Sarasvati selbst.4 Er war beftandig auf der Neise, die ihn nach allen Orten fuhrte, und kam dabei eines Tages an eine Stadt, die die Vorzuge der beruhmtesten Stadte in sich vereinigte. Sie bestand aus herr: lichen Stadtteilen (Wortspiel: ihre Zierde bildeten die Gotter] wie Indras Residenz Amaravati, gewahrte ipie Bhogavati, die Hauptstadt des Schlangenreichs,s einen glanzenden Anblick durch die Menge reicher und genussfroher Menschen [Wortspiel: der Schlangen), die sie beherbergte, bot, wie Kluberas Residenz Alata 6 liebliche Statten der Erholung [Wortspiel: ihre Zierde bildete .... Stubera), heimelte wie Parvati durch die strenger Askese obliegenden Monche an, die in ihr weilten [:Wortspiel: ... durch Siva an, ber... weilte] und wie Dvarka7 durch die vorzuglichsten Manner, die in ihr lebten [Wortspiel: Visnu, der ... residierte]. Sie glich einem See, ba Kamala (= die Gottin des Glucks und des Reichtums" und ,,lotusblumen''] sie schmudte: fury, es war die Stadt Avanti, die Zierbe der Provinz Malava. Er zog in fie ein und begab sich nach dem 1. Sufra, der geistliche Lehrer der Damonen (Daitya), vermochte durch seine Zauberlieder die in der Schlacht gefalleneu Damonen wieder zu beleben, 2. Brhaspati. 3. S. 57,1. 4. S. 8,5. 5. In der Unterwelt. 6, S. 1,0. 7. Hauptstadt Kyonas in Weftgujarat. 284 For Private and Personal Use Only Page #289 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Palast der Hetare Mabanamanari. Vor dem Lore blieb er stehen und schlug auf einen grossen Gong. 8 Eine Sklavin meldete ihn ihrer Herrin. Madanamanjari aber liess ihm sagen: Begehrt ein Mann, eine Nacht in meinem Hause zu weilen, so muss er 1000 Dinare zahlen." Er antwortete ihr: ,,Mein schones Kind! Ich werde dir alles geben, was Konig Vikramarkag mir auf meine Bitte schenken wird." Sie war's zufrieden, und so genoss er in der folgenden Nacht mit ihr zusammen alle Wonnen der Liebe. Als der Morgen graute, begab er sich zu Viframaditya, grusste ihn mit einem gluckwunschenden Segensspruch und weilte dann in seiner Hofversammlung, deren Glanz die anwesenden Gelehrten [Wortspiel: Gotter] bildeten, so dass sie der Hofbersammlung Inoras glich. Da bat der Konig einen der Anwesenden, der Wasser trank, 10 um einen Trunf: Bringe mir Wafser, rein wie eines guten Menschen Herz, ganz leicht (oder: angenehm, oder: lauter; Wortspiel: elend] wie ein betrubter Bettler, fuhl wie die Umarmung eines Sohnchens und wunderlieblich, wie dessen Geplauder, und durchbuftet init Karda: momen, Bartgras, u Gewurznelfen, Sandel, leuchtendem Kampfer, Mofchus, Ketali, 12 blauem Lotus und Bignonien. 13 Als dies Vetala vernahm, der Ohren hatte, zu horen, und der die Gelegenheit zu nussen verstand, sagte er folgende Strophe, welche die Herzen der Kenner durch ihren poetifchen Zauber gefangen nahm: 8, Uberfessung unsicher: mahanisvanam badanan das Laut: schalende ertonen Cafsend". Et fonnte sich also auch um eine Glode handeln. 9. ,,Sonne des Heldentums" = Vikramaditya. 10. PA: ninapayin: Die Bedeutung des sonst nicht belegten Wortes (wort*** lid Wallettunter") dheint dem Zusammenhang nach freilich ,,Wasser dhent" zu sein. i1. Andropogon muricatus. 12. Pandanus odoratissimus. 13. Bignonia suaveolens. 285 For Private and Personal Use Only Page #290 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Deines Mundes Lotus ist der Sig Sarasvatis, 14 beine lippe ist iminer rot [Wortspiel: Sona 15); Heere [Wortspiel: Flusse] stehen dir bestandig zur Seite und verlaffen sich unter feinen Umstanden. Dein rechter Arm, der lebhaft an das Heldentum der Nachkommen Kafutsthas 16 erinnert, tragt einen Siegelring [Wortspiel: ist das Meer]. Wie kann da, Gemahl der Erde, in deinem reinen Herzen (Wortspiel: in diesem reinen Manasa-See 17] der Wunsch entstehen, Wasser zu trinfen? Der Konig war ganz entzuckt [Wortspiel: leuchtete; erhob sich 18], wie unter dem Einfluss des nektarstrahlenden Mondes das Meer, und schenkte dem Dichter den gesamten Tribut, den der Konig Panoya gesandt hatte. Viframarka fagte namlich: ,,80 000 ooo Goldes, 93 Tula 19 Perlen, so Ele: fanten, welche der Zorn uber die Bienen, die sie nach dem Dufte ihres Brunsisaftes 20 lustern umschwarm: ten, wutend machte, 10000 Rosie, 100 in allen Listen gewandte schone Frauen hat mir Konig Panoya aio Zribut gesandt. Hier ist er: ich schenfe ihn hier mit dem Barden Vetala." Alle diese Schasse nahm Vetala und ging. Seine Diener sagten zu ihm:, Herr, du Tiger unter den Gelehrten! Wie fannst du diesen ungeheueren Reichtum der Hetare schenfen? Hetaren sind doch unter allen Umstanden vera achtliche Geschopfe. Denn: 14. Gottin der Redekunst, Dichtung und Gelehrsamteit; zugleich Name eines Flufjes. 15. Nebenfluss der Ganga, der bei Pataliputra in dieselbe mundet. 16. Beruhmter Konig der Sonnendynastie, bem einst der in einen Stier verwandelte Indra als Reittier diente. 17. Beruhmter See auf dem Himalana. 18. Es wird auf die durch den Mond verursachte Flut des Meeres angespielt. 19. Ein Gewidst. 20. S. 49,%. 286 For Private and Personal Use Only Page #291 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Wie kann inan Fjetaren zurnen, wie fann man sie lieben, denen Langer und Wolfustlinge die Kopfe schlagen und deren Gesichter und Lenden den Steinplatten der Wascher gleichen? Kaufliche Weiber suchen ihren Liebhaber, wenn er ihnen sein ganzes Vermogen geopfert und seinen Reichtum verloren hat, bei seinein Scheiben noch sein Gewand wegzunehmen." Uis Vetala das horte, erwiderte er: ,,Nechtliche Manner halten aufs peinlichste ihr Wort, und nichts gibt es, was sie nicht taten oder verschenkten, um es zu halten. Denn: Durch sein Wort wurde Konig Bali betrogen, 21 durch ihr Wort die Familie der Kuruiden 22 der Vernichtung preisgegeben; infolge seines Wortes gab Karna seine Rustung hin, infolge ihres Wortes lebten die Panouiden im Walde; weil er an seinem Worte festhielt, reichte Hariscandra in eines gemeinen Mannes Hause Wasser dar; weil er sein Wort hielt, Herr, setzte der gesegnete Nama in Lanka den Bibhisana zum Konig ein. Da darum Betala mit seinem Munde untruglich 21. Der Damon Bali, der die Welt durch feine Ustese unter seine Herrschaft gebracht hatte, wurde von Visnu betrogen. Dieser fam in seiner Internation als Zwerg zu ihm und bat ihn um so viel Land, alb er mit drei Schritten durch messen fonne. AI$ Bali ihm dieses gewahrte, durchschritt er mit dem ersten Schritt die Erde, mit dem zweiten den Himmel und trat mit dem dritten auf Balis Haupt. Dann fandte er Bali mit seinen Damonen in die Unterwelt Patala, in welcher er feitdem berts(ht. 22. Die Erzahlung, auf die hier angespielt wird, bildet die Nahmenerzahlung des Mahabharata; ebenso die Oe[dichten von Karna und von den Panouiden. Konig Hariscandra gab alles, felbst Weib und Kind dahin und verkaufte sich einem Cancala als Sllaven, um sein Wort einzulosen, das er Bisvamitra gegeben hatte. (Dramatisch behandelt von Kichemisvara, Kausitas Born: gute Ubersessung von Fribe, Leipzig, Reclam.) Bibhisana (Vibhisana) Bruder des von Nama getoteten Navana; 1. 44, 1. 287 For Private and Personal Use Only Page #292 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir gesprochen, seine Hand gegeben, sich mit seiner Zunge gebunden, so mogen Viframas gewaltige Schasse in Flammen aufgehen, ehe er sein Wort widerruft." In dieser Gesinnung ubergab Vetala, der sein Wort zu balten verstand, diesen ganzen Tribut der Hetare. 221. Erzahlung Der Brahmane Susala oder Folge feinem schlechten lehrer! In dem Dorfe Nandisara, welches in der Nahe des Gotterflusses : liegt, lebte einst ein Lehrer, ein Brahmane narnens Rusala,2 ber aber im Treiben der Welt ganzlich unerfahren war. Dieser Mann bemerfte eines Nachte, wie die Gotterfub 3 vom Himinel herabgestiegen fam und die Gerste auf dem Felde abgraste, welche er selbst gesat hatte. Als sie nun eines Tages wieder zum Himmel emporfteigen wollte, fasste er sie mit beiden Handen fest am Schwanze und gelangte so mit ihr in den Hinmel. Dort sah er Inbra und die anderen Gotter, Paulomi4 und die anderen Apsarasen, den Korallenbaums und die anderen Wunschbaume, den Park Nandana, den See Nandisaras, das Ross Steifobr, 6 den Elefanten Airavana, den Thronsaal Sudharma, die Gotterspeise Umsta 7 und eine Menge mit Gold und Edelsteinen verzierte Palaste, kurz die ganze Herrlichkeit des Himinelreichs, wie sie in den 1. Der Ganga, die vom Himmel stromt, an dem fie als Milch strasse sichtbar ift. 2. Klug", ,,Erfahren". 3. Die Wunschfuh; f. 24,1. 4. = Saci; 1,'. s. Der bei der Ausbutterung des Dje: ans zum Vorschein gefommene Wunschbaum (Erythrina indica). 6. Uecaihfravas; - 7,8. 7. S. 20,%. 288 For Private and Personal Use Only Page #293 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Buchern beschrieben ist. Da ftaunte er und dachte: ,,Gelegnet sei diese Kuh, die mich in den Himmel getragen hat, dieweil ich noch am Leben bin!" Wahrend fich der Brahmane so glucklich schasste, gempahrten die Bewohner der Himmelsielt den Unfommling; und weil sie ihre Freude an dem Abenteuer hatten, so uberhauften fie ihn mit Ehren, indem sie ihn mit Kleidern und Geldmeide beschenften und ihn bewirteten. Und als ihm schliesslich der Sinn danach stand, wieder zur Menschenwelt zuruckzufehren, schenkte ihm Paulomi Amsta-Gebad, damit er sich durch dasselbe uber seine Reise nach der Gotterwelt auszuweisen verinochte. Seine Angehorigen fosteten von dem Gebad, wurden dadurch begierig, gleichfalls die Gotterwelt zu besichtigen uno solche Kuchlein zu essen und fragten ihn darum, wie fie dorthin gelangen konnten. Da sagte er: Zuerst pace ich mit beiden Handen die Rub feft an ihrem Schwanze; dann padt ein anderer mich an meinen Fussen, die Fusse des Zweiten packt ein Dritter, und so werden wir mit leichtigkeit in den Himmel fommen." Also traten sie die Fahrt nach dem Himmel in der Weise an, die dieser Erznarr fich ausgedacht hatte. Unterwegs aber fragten ihn seine Verwandten: ,,Wie gross ist denn das Geback?''8 Da liess diefer Torenkonig den Schwanz der Gotterfub los und breitete seine Arme aus, um die Grosse der Kuchen zu zeigen, so dass die Himmelsreisenden herabpurzelten, einer uber den andern, und sich zu Tode fielen. 8. Der Verfasser vergisst hier, das der Brahmane nach seiner Dar: ftedlung ja seinen Verwandten solches Gebad mitgebracht hat. Bei Somadeva -1. den lit. Anhang - erzahlt er den Seinen nur davon. 19 Katharatnafara II For Private and Personal Use Only Page #294 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 222. Erzahlung Der Kaufmann Kunoala oder Sorge fur dein Heil, solang es Zeit ift! In der Stadt Eitravasa lebte mit seiner Gemahlin Kanala der Kaufherr Kungala, ein Mann, der so reich war wie der schafcspendende Gott Kubera selbst. 1 Eines Tages wurde dieser Kaufmann plosslich franf, und als seine Umgebung sah, dass infolgedeffen seine Krafte vollig verfielen, mahnten ihn seine Leute, Gaben zu spenden auf das Feld des Heils, 2 wie es fur jemand ratlich ist, dem sein Ende bevorsteht. Gesammelten Geistes, aber mit einer Stimme, die infolge feiner forperlichen Schwache ganz leise war, fagte Kunoala zu seiner Gemahlin: ,,Bringe mir eine goldene Kette!" Seine Diener fragten fie: ,,Was hat der Kaufherr gesagt?" Sie antwortete truglich: ,,Jesst, da ihr noch am Leben seid, fann ich mich noch nicht zur Durftigkeit entschliessen." (Sie gebrauchte das Wort der Volkssprache fa infadum.3) Kunoala staunte uber ihre Falschheit; doch rebete er sie wieder an und sprach: Hole inir meinen Siegelring, liebe Frau!" (Er gebrauchte das Wort der Volkssprache anguthalo). Als die Diener sie wieter fragten, gab sie zur Antwort: ,,Da ich nur auf einer Seite liege, brennt mir der Korper; wendet mir doch den Leib auf die andere Seite!" (Ang uthalo in der Volks: sprache.)" Darauf bat er sie wieder: ,,Bringe mir ineinen Schat! (nidhanam)". Sie sagte: ,,Er verlangt nach Reis (dhangam)." 4 Da fagte er: Hol' mir mein Laharifa!" - eine Art Goldschmuck.s - Sie sagte: ,,Er spricht: 1. S. 1,4. 2. Die fog. 7 Selber; 1.71,2. 3. famtacum ,,Durftig(teit)" und ein Kettchen" (in der heutigen Schriftsprache famkalum). 4. In der Volkssprache Schass=nidhan, Reis, Speise=dhan. 5. Mrugujarati laherium, geprochen und auch geschrieben lerium, 290 For Private and Personal Use Only Page #295 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir lahari, d. i. eine Ohnmacht, befallt mich." Darauf er: Hole mir Gold (fuvarnam)." Und wieder sie: ,,Der Herr fagt: wenn ich abgeschieden bin, ist alles verlassen (sunyan)."6 So wusste sie immer und immer wieder seine Worte zu verdrehen. Da dachte der Kaufberr: ,,Ich merke schon, fie ist ein serschlagenes Weib und gibt alle meine Worte falsch wieder, weil sie nur auf ihren Eigennus be: bacht ist. Denn: Der Kaufinann, die Hetare, der Dieb, der Spieler, der Ehebrecher, der Eigennussige und der Schlaffuch tige, in diesen sieben haust die Falschheit. Wie unbedacht son mir, dass ich fruher meiner Frau Vollmacht uber mein gesamtes Vermogen eingeraumt habe. Sollte ich lebt von dieser Krankheit genesen, so will ich aber auch fur mein eigenes Heil sorgen." Wahrend er fo dachte, brachte es biese lauternde Bes trachtung mit sich, dass mit der Nacht auch seine Krankheit von ihm wich. Als er darauf ganz allmahlich wieder gesundet war, sagte er zu feiner Gemahlin: ,,Liebe Frau! Wahrend meiner Krankheit war mein Geist umnachtet; Darum habe ich an sie feinerlei Erinnerung mehr und weiss nicht, was mit mir geschehen ist, was ich gesagt und was ich gegessen habe." Darauf erzahlte sie ihm die ganze eben berichtete Geschichte. Da liess er seine Klugheit walten. Indem er seine Frau unter dem Vorgeben einer Handelsreise uberlistete, nahm er sein ganzes Gut, zog in ein fernes Land, sate fein gesamtes Vermogen auf das Feld des Heils und nahm bei einem guten Lehrer 7 die Monchsweihe. Als er sein Studium der heiligen Bucher abgeschlossen hatte, machte er sich auf die Wanderschaft, fam in seine Vaterstadt und predigte vor seinen fruheren Hausgenossen und vor der gesamten Burgerschaft. Dabei erzahlte er seine eine Art Saltretts. 6. Gold = guj. fonum, verlassen = funum. 7. D. h. bei einem Jainamond. 19* 291 For Private and Personal Use Only Page #296 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir eigene Geschichte, beginnend von seiner Krankheit bis zu seiner Monchsreihe. Kanala, welche naturlich den erhabenen Lehrer in seinen ganglich veranderten Umstanden nicht wiedererfannte, 8 dachte: ,,Des erhabenen Lehrers Wiffen ist so gewaltig, dass er fraft seiner sogar weiss, was ich ganz im geheimen getan habe. So will ich ihn denn fragen, was aus meinem in die fremde gezogenen Mann geworden ist. Sic fragte ihn also nach dem Schicksal ihres Gemahls. Der Monch antwortete ihr: ,,uber Deinen Mann, gute Frau, bin ich unterrichtet; denn dieser dein Mann und ich sind vollig eins." Und als sie Fragte: ,,Wo ist er?", erwiderte er: ,,Er ist da." Nach dieser Untwort des Monches merkte sie, da zu der Erzahlung jenes Vorfalls noch gewisie Korpermerkmale kamen, an denen sie ihn erfannte, wer er war. Auf ihre Frage gab ihr der Monch wahrheitsgetreue Auskunft. Da kam uber sie die Erleuchtung, und sie ward eine Nonne. 223. Erzahlung Die Natur oder Der Kaufherr Sobhana und die Hetare Kamamanjari Pross aller Abrichtung lasst ein niedriges Wesen nimmermehr von seiner Natur. Obwohl der Kater im Dienste des Konigs stand, warf er die Lampe weg und fing die Maus. 8. Da sich die Fainamonche Haar und Bart ausraufen mussten und ein ganz adfetisches Leben fuhrten, so erzahlt der Verf. hier nichts Unglaubliches. 292 For Private and Personal Use Only Page #297 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Dies verhielt sich, wie folgt: In der Stadt Asitipratisthita herrschte Konig Jitasatru, bei welchem ein Jungling namens Sobhana in hohen Ehren ftand. Dieser Jungling war das Haupt der Kaufmannsgilde der Stadt, Flug, schon, beliebt, reich und gludlich. Eine Hetare aber namens Kamamanjari war Facher: tragerin beim Konig. Wahrend sich nun einst der Handelsherr in der Hofversammlung befand, sagte die Hetare: ,,Durch Abrichtung fann man jedes Wesen dahin bringen, dass es seine Natur verleugnet und sich ganz artig betragt." Als sie diese ungereimte Ansicht mehrmals ausserte, ward der Kaufmann unmutig und redete. Denn: Obwohl man selbst feinen Schaden davon hat, dass ein Esel den Weinstock eines andern abweidet, so tut einem doch der Unblick dieses ungereimten Vor: gangs in der Seele roen. ,,liebes Kind! Ein niedriges Wesen mag man noch fo viel anlernen; seine Natur gibt es doch nicht auf. Denn: Wem der Verstand nicht angeboren ist, was nugen bei dem viele Reden? Wenn man des Hundes Schwanz auch dauernd in eine Rohre ftedt, so wird er doch nicht gerade." So ftritten sich die beiden Tag fur Tag; da sagte endlich der Konig zu der Hetare: ,,Hore, Fachertragerin! Wenn ich deine Behauptung fur wahr halten soll, so musst du mir etwas zeigen, wodurch sie erhartet wird; sonst muss ich dem Kaufmann zustimmen und dir unrecht geben." Nach diesem Bescheid machte sich die Hetare daran, einen jungen Kater abzurichten. Da sie das Kasschen von seiner Jugend an dressierte, so lernte es wie ein sehr geschicfter Diener Betel darreichen, eine Lampe halten, mit dem Yaf: schweif Facheln, Getranke anbieten, beim Ankleiden behilf= 1. Der ,,facher", aus dem buschigen Schweif des Yal(Bosgrunniens) beftchend, gehort zu den Insignien des Konigs. 293 For Private and Personal Use Only Page #298 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir lich sein und alle anderen Dienste leisten, deren der Konig zu seiner Korperpflege bedurfte. Als der Konig den Stater dies alles verrichten fah, lobte er die Hetare und sprach: ,,Sie hat wirklich die Wahrheit gesprochen. Obwohl dieser Kater nur ein Tier ist, fuhrt er doch infolge der Dressur dies alles vollig richtig aus wie ein sehr geschickter Mensch." Bei diesem lobe berzog die Hetare den Mund und sprach zuin Konig: ,,Was weiss denn so ein armseliger Kaufmann, o Herr, welcher nichts fann, als Teufelsdreck, Salz, Ol und ahnliche Waren verhofern! Bei uns da: gegen burgt schon die Abftammung fur unsere Klugheit, wie inan denn sagt: Das Wandern durch die Lande, die Freundschaft mit Klugen, Hetaren, der Zutritt zuin Hofe des Konigs und das Durchbenfen des Inhalts vieler Wissenszweige: das sind die funf Wurzeln der Klug heit." Ats fich nun einst der Konig in der Nacht mit Wurfel: spiel die Zeit vertrieb und der Kater neben ihm ftand und eine Lampe hielt, liess plosslich Sobhana eine Maus laufen. Kaum hatte der Kater das Mauschen erblickt, so warf er die Lampe weg und fing es. Das Ol der fallenden lampe verdarb des Konigs kostbares Gewand; sein Thronfessel fing Feuer, das Spiel nahm ein Ende, und er selbst war sehr argerlich. Aber Sobhana sagte mit freundlicher Stiina me: ,,Dieses niedrige Wesen, o Herr, verleugnet tross aller guten Abrichtung nicht seine Natur. Sieh nur den Streichy, den bir der Kater gespielt hat! Naturlich! Denn die Feind: schaft zwischen diesen beiden, dem Stater und der Maus, ist in ihrer Natur begrundet, und seine Natur streift man nicht leicht ab. Denn: Wenn man den Sinoblauch auch mit Moschus, Sandel, Kainpfer und anderen Wohlgeruchen behandelt, so behalt er doch seinen Geruch, weil dieser Mangel 294 For Private and Personal Use Only Page #299 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir in seiner Art begrundet ist, die ihm seine naturlichen Eigenschaften verleiht. So kann man jemandem Gesang, Tang, geiftliches und weltliches Wissen und Gewandtheit in anderen dergleichen Kunften anlernen; die Natur aber lasst sich nicht austreiben." Der Konig sah das ein und liess die Hetare seine Ge: ringschassung fuhlen, wahrend er dem Kaufherrn seine Hochachtung bezeigte. 224. Erzahlung Konig Vikramaditya oder die Freigebigkeit In dem beruhmten {ande Malava, welches mit 9 200 000 Ortschaften geschmuckt ist, in der beruhmten Stadt Ujjayini herrschte einst der beruhmte Konig Viframaditya. Dieser schickte einst, als er seiner Tochter Saubhagyamanjari Hochzeit feiern wollte, vier Brahmanen aus, von denen ie einer einen der Welthuter, den Gotterfonig Indra, den Lodesgott Yama, den Meeresgott Varuna und den Gott des Reichtums Vaisramana i laden sollte. Den Brahmanen Srifantha sandte er, um dem machtigen Dzean, 2 welcher dadurch, dass er um den ganzen Erdfreis eine Mauer bildet, ein so grosser Wohltater ist, die Einlabung zu uberbringen. Srikantha begab sich an das Felsens ufer des Weftmeeres, verehrte die Meeresflut mit Weihrauch, Blumen, Sandel, Sriphala 3 und anderem und redete zu ihm, nachdem er den Meereszauber gemurmelt 1. Kubera; 1. 1,9. 2. D. I. Baruna. 3. Aegle Marmelos. 3 295 For Private and Personal Use Only Page #300 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir hatte. Der Zauber lautet: Om! Du bist das Meer. Du bist der Perlenschacht. Du bist der Ort der Krokodile. Du bist der Herr der Strome. Du bist Varunas Wohnung. Du bist der Herr der Seeungeheuer. Du bist der Ort der Fluten. Du bist Paravara. 4 Du bist Sagaras Sohn.s In eigener Gestalt erschein! Erschein! Svaha!" Da erschien ihm der Dzean, feine Tochter Sri 6 an der Hand fuhrend, einen Perlenschoss als Geschenk tragend und ein Gefass mit Amfta haltend. Srifantha verneigte sich vor dem Ozean, als er herangefommen war, und richtete des Konigs Botschaft aus. Der Dzean sagte zu ihin: ,,Wenn ich fommen wollte, Srikantha, so wurde ich die ganze Welt uberfluten. Darum bin ich nur segensreich, wenn ich an meinem Ort verharre. Sage aber meinem Bruder Bifraniaditya, dass ich mich vor ihm verneige, und uberbringe ihm diese vier Perlen, von denen die eine allen Reichtum, die andere alle Speifen, die dritte alle Heere und die vierte alle Geschmeide. verleiht, welche man begehrt." Mit diesen Worten ubergab ihm der Djean das Geschenk und verschwand. Srifantha nahm die Perlen, ging mit ihnen nach Hause und erklarte in der Nacht seinem Sohne, seiner Schwiegertochter und seiner Frau die Zaubermacht dieser Juwelen. Als seine Gemahlin das gehort hatte, sagte sie zu ihm: ,,Gebieter meines Lebens! Wenn dir morgen fruh der Konig in seiner Freude eine von den Perlen schenft, welche wilift du dir wahlen ?" Der Brahmane sagte: ,,Es gibt kein Ungluck ausser der Durftigkeit. Denn: Der Besiglose verfallt der Scham; der Beschamte verliert feine Wurde (oder: Macht); der Wurdelose wird verachtet; infolge der Verachtung verzweifelt er; der Verzweifelte gramt sich; der Vergramte ver: liert den Verstand, und ift er um diesen gekommen, 4. ,,Das diesfeitige und jenseitige Ufer besissend." 5. S. den lit. Anhang. 6. S. 3,4. 296 For Private and Personal Use Only Page #301 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir To geht er zugrunde. Die Armut, wehe! ist die Statte alles Unheils. Nur der Reichtumn fesselt die Verehrung der Welt an einen Menschen. Denn: Will man zaubern, so ist der ftarfste Zaubersprud Sri [dem Neichtum] nicht uberlegen. Darum wird Visnu verehrt, trobem er nur ein Kuhhirt ist, weil er mit Sri verbunden ist. 7 Deshalb werde ich diejenige Perle wahlen, welche die Armut bekampft und Reichtum verleiht." Seine Frau erwiderte: ,,Dann, o Herr, will ich nicht langer mit dir in einem Hause wohnen. Bin ich doch ganz gebrochen 8 vom Zerkleinern, Zerschneiden, Zerstossen und Kochen und anderer Kuchenarbeit, mit der ich mich Tag und Nacht plage. Darum sollst du um diejenige Perle bitten, welche Speisen Derleibt, wie sie fur den Mund der Unsterblichen bestimmt sind, damit auch ich wie eine Unsterbliche mir's wohl sein laffe nach meinem Bes lieben." Als der Sohn die Worte der beiden vernommen hatte, rief er: ,,Nein, Vater! Du darfst dir nur die Perle schenken lassen, welche Heere verleiht, damit ich mich, mit einem viergliedrigen Heereg ausgerustet, wie ein Konig belustige. Lust du's nicht, so sind wir geschiedene Reute." Da aber rief die Schwiegertochter: ,,Uch Vater! Diese Perlen sind alle drei nicht der Rede wert. Aber die Perle musst du nehmen, welche Geschmeide verleiht, damit ich mich init Edelsteinen und Gold und Perlen und anderem Schmuck puben und mich wie die leibhaftige Sri beluftigen kann! Weigerst du dich, so verlasse ich euer Haus und kehre in mein Vaterhaus zurud." 7. In feiner Infarnation als Krena lebte Vienu unter den Olinders hirten und heisst darum Gopala (Kubhirt). Sri ist Wienus Gemah: lin. 8. Wortlich: Derbrannt". 9. S. 81,4. 297 For Private and Personal Use Only Page #302 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Und so gab es in dieser Nacht im Hause dieser Leute einen gewaltigen Streit. Um Morgen aber trat Srikantha mit einem Segenswunsch vor den Konig, erklarte ihm die Zaubermacht der Perlen, handigte ihm dieselben ein und erzahlte ihm sein nachtliches Missgeschick. Als Viframaditya dies horte, erinnerte er sich seines Ehrennamnent, welcher besagte, dass er nur die Furcht vor anderer Menschen Ungluck kaunte, und als ein leibhaftiges Wunschjuwel der Freigebigkeit machte er alle vier Perlen Srikantha zum Geschenke. 225. Erzahlung Die Gemahlin des grossen Ministers Bhima oder Die Frau ist des Hauses Zier In der gesegneten Grossstadt Pattana, der Zierde des Landes Gujarat, regierte einst ein Konig Karna, welcher den gleichnamigen beruhniten Helden I turch seine Freigebigkeit in den Schatten stellte. Defien Rangler, die Krone der Kaufinannschaft, hiess Bhima und war fur die Staatsfunft wie fur die Liebe das, was der gleichnamige Held 2 fur Draupadi gewesen war. Der Ruhm seiner ausserordentlichen Freigebigkeit, die die Bewunderung der ganzen Welt erregte, drang auch zu einem Barden, dem in Kasi wohnenden Dichter Balabhadra, und in der Hoffnung, dass Bhima auch ihn beschenken werde, zog er nach dem Lande Gujarat. Mit grossem Gefolge, welches aus Rossen, Wagen, Kriegern zu Fuss und anderer Dienerschaft bestand, machte er im Stadtpark von Pattana Halt 1. S. 12,6. 2. S. 12,8. 298 For Private and Personal Use Only Page #303 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir und rastete, um sein Mahl einzunehnen, am Ufer des Sees der tausend kinga. Da fegte ganz unerwartet Konig Karna wegen irgendeines Vergebens feinen Minister Bhima gefangen. Balabhadra horte das. Da er aber der Ansicht war, dass schon der Unblick des Untliges eines so freigebigen Mannes, wie Bhima war, grossen Segen bringen musse, begab er fich mit dem Wunsche, ihm seine Aufwartung zu machen, nach seinem Hause und richtete an Bhimaladevi, Bhimas Gemahlin, ein Gedicht, welches ihr Lob sang. Da ihr die AnFunft eines Bittstellers ein Feft war, so nahm sie ihn mit grossen Ehren auf wie einen von der Sonne gebrachten Gast. 3 Als ihm solcher Empfang von ihr zuteil ward, fam sie ihm vor wie die Gottin Sri4 in menschlicher Gestalt. Als es tagte, begab er fich mit der Sklavin Surupa, die zu ihrein Herrn ging, zu diesem und pries den Kanzler mit folgendem Segensspruch: lang mogest du leben, lange dich freuen und lange die Erde beschirmen! Unbegrenzt ist Bhimas Gludes Herrlichkeit,gesegneter Bhima,trefflichsterder Minister! En deines Rubines Perlen, du Wohnung des Gluds, die lieblich leuchten wie Kampfermengen und benen die Fulle der Feste [Wortspiel: des Wassers] den hochsten Wert verleiht, sind keine Lochlein zu entdecken. Wie ist es trozdem moglich, dass rehaugige Frauen in der Unterwelt, auf Erden und in der Fa: milie der Gotter sie zu Perlenketten haben vereinigen fonnen und als Gefasse alles Glucks auf ihren Herzen tragen?" Diese Segensstrophen, welche feinen Ruhm so uberschwenglich feierten, erfullten Bhinas Herz mit bewundern: dem Staunen, so dass er zu seiner Sklavin sagte, als sie ihn wieder verliess: ,,Surupa! Wenn dieser Herr fich ver3. D. h. einen Gast, der am Abend eintrifft. 4. S. 3,4. 299 For Private and Personal Use Only Page #304 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir abschiedet, so reicht ihm eine Betelrolle!''s Die Sklavin teilte des Kanglers Weisung ihrer Gebieterin mit. Daraufhin bewirtete Bhimaladevi den Gast mit Gerichten, die so fostlich waren, dass man hatte glauben konnen, der Wunsch baum 6 hatte sie gespendet, und wahrend des Mahles diente fie ihm selbst als Fachertragerin. Zum Schlusse aber schenkte fie ihm ihr linfes Ohrgehange, welches durch seinen Glanz die Sonne mit ihrem ganzen Strahlenkranz beschamte. * Als Balabhadra dieses Schmudstuck erhalten hatte, ents fernte er sich eiligst. Die Gemahlin des Kanzlers sah, dass ihr Antlit, da es nur noch mit einem Ohrschmuck versehen war, seinen Schein verloren hatte, wie die Scheibe des Mondes, wenn Rahufie verschlungen hat. Da dachte sie: ,,Mein Gemahl wird mir sogleich wieder einen neuen Ohrschmuck machen lassen. Woher soll aber dieses Bittstellers Frau ein zweites Ohrgehange nehmen?" In dieser Einricht bestieg sie einen mit Rossen bespannten Wagen und fuhr eiligft Balabhadra nach. Dieser sah sie heranfommen, hielt seinen eigenen Wagen an, empfing ben Schmuck ihres rechten Dhres, welchen sie ihm uberreichte und sprach hocherfreut die folgende Strophe: Zu Betelblattern wurde das Gold, die Edelsteine wurden zu duftendem Pulver, und zu Arefanussen und Salben die Perlen. Wenn ich sechzehn andere Konige bitte, so verehren fie mir nicht soviel, wie Bhima mit feiner Betelrolle. Bhimalateri horte dieses hochpoetische lob ihres Gemahls und war daruber so erfreut, dass fie Balabhadra noch weitere Geschenfe an Gold und andern Kostbarkeiten machte. Dann fehrte sie zuruck in ihr Haus, dessen schonsten Schmud fie bildete. 5. S. 175,2. 219,6. 6. S. 36,2. 7. S. 56,1. Ende des zweiten Bandes For Private and Personal Use Only Page #305 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Verzeichnis der Erzahlungen Seite 102, Nandari, die Frau des Brahmanen Mahesa .... 3 103. Die laus Mandavisarpini . . . . . . . . . . 5 104. Dhanasri . . . . . . . . . . . . . TOS. Der Brahmane . . . . . . . . . . . 106. Damini, die Frau des Handelsherrn . . . . . . . 107. Premavati, die Geliebte des Gelehrten Trivikrama . 108. Der Lehrer Hemacandra . . . . . . . . . . . 109. Der Brahmane Bhurfanda . . . . . . . . 110. Der Rauber Kharpara und die Gottin Harasiddhi.. III. Der Konig Vikramaditya . . . . . . . . 112. Der Konig Balasara . . . . . . . . . . 113. Der Gelehrte Kabava . . 114. Der Yogin Suranatha . . . . . . IIS. Der Brahmane Danobara.. 116. Siddhi . . . . . . . . . . 117. Die Kaufmannsfrau Kusumafri .. 118. Der Kanzler Dambha . . . . . . . 119. Die Brahmanentochter Rupafena . . . . 120. Der Brahmane Visala . . . . . . . . . 121. Der Sdafal Ohoratara . . . . . . . . . . . 122. Der Kaufmann Suradatta . . . . 123. Sandanabri . . . . . . . . . 124. Der Weber Manthara . . . . . . 125. Der Hund und der Dieb... 126, Die drei Asketen . . . . . 127, Der Zuckerbader Dharana . . . 128. Der Weber Kalala . . . . . . . 129. Die Diebe Gatura und Bafana.. 130. Priyangu, die Frau dc6 Brahmanen. . . . . T31, Die Brahmanin Vaisnavi . . . . . . . . . . 301 For Private and Personal Use Only Page #306 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Scite SP 102 132. Der Goldschmied Sarana . . . . . . . . 133. Konig Madhumathana . . . . . . 134. Die Eluge Alte . . . . . 135. Der fluge Papagei . . . . . . . . . . 136. Der Konig und sein Affe . . . . . . 137. Der Rauber Sambhara . . . . . . . 138. Der Monch Sobhana und Dhanapala . . . . 139. Munja. . . . . . . . . . . . . . 140. Die Schlange Seca . . . . . . . . 141, Dir Minister Matifekhara . . . . . . 142. Der Stallmeister Saranga . . . . . . . . . 143. Die Brahmanin Harini . . . . . . . . . . 95 144. Die funfhundert Blinden . . . . . . . . . . 145. Dir Hirtenknecht Kurana. . . . . . . . . . 146. Die Mowe und die Maus. ... 147. Der Frosch Sarfara und die Krolodile Baranaund Sarana 101 148. Das Hablein Balata ... 10. was asten batata . . . . . . . . . 149. Der Lowe und die Schatale . . . . . . . . . 103 150. Der Kaufmann Jinadatta . . . . . . . . . 105 151. Der Kaufmann Derasi . . . . . . . . . . . III 152. Der Hausvater Murana und Lasana... 112 153. Konig Vikramaditya oder die Freigebigkeit . . 113 154. Die vertauschten Kopfe . . . . . . . 116 155. Die vier Freier . . . . . . . . . 118 156. Die belebte Puppe ... 157. Die vier Vater... . 122 158. Der Kaufherr Sandra .. 159. Schelmenftriche. .. 160. Die Hausmutter Kalasi . . . . . . 127 161. Manimati . . . . . . . . . . . . 129 162. Die alte Nagini . . . . . . . . . 133 163. Arjuna . . . . . . . . . . . . 164. Bikramadityas Gemahlin Tilakasri.. 137 165. Der Minister Bastupala . . . . . . 142 166. Die Kunst der Nede. . . . . . . . 143 167. Der Lowe Durdhara . . . 147 168. Der Brahmane Suradasa . . . 148 169. Der Efel Sarata . . . . . 150 170. Pusspavati . . . . . . . . . . . . . . . 171, Mahabala . . . . . . . . . . . . . . 154 120 . . 126 302 For Private and Personal Use Only Page #307 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir . . . . 156 sKH 198 200 204 Site 172. Der Kaufherr Candra ... 173. Die Kaufmannsfrauen Suthama und Surama... 158 174. Die Kaufmannsfrau Vafini. . . . . . . . . 159 175. A sota ssri . . . . . . . . . . . . 161 176. Die Klugheit der Frauen . . . . . . . . . . 165 177. Der Karawanenbefiber Govinda . . . . . . . . 168 178. Konig Wifrainaditya . . . . . 179. Die Kaufmann6frau Rupasri.. 173 180. Der Konig Mrganta . . . . . 175 181. Der Zimmernann Sabala . . . . 180 182. Surupa, die Frau des Brahmanen .. 182 183. Der Kaufmann Stamala.... 185 184. Der Brahmane Mufundra . . 190 185. Die Affeten . . . . . . 191 186, Konig Bhoja. . . . . . . . . 192 187. Sudarsana . . . . . . 193 188. Der Kaufmann Naradatta . 189. Der Juwelenprufer Nanda . . . . . 190. Das Schidal . . . . . 202 191. Prinz Sandracuda . . . . . . . . . . . 192. Der Brahmane Srikantha . . . . . . . . 206 193. Kamalasri und Vasubhuti . . . . . . . . . 209 194. Der Fahrmann Nanda und der Monch Yugandhara. 212 195. Dhanasri . . . . . . . . . . . . . . . 196. Die vier weltfreunden Brahmanen . . . . . . 197. Die beiden Brahmanensohne . . . . . 198. Die Konigin Kanafasena . . . . . . . 199. Der Brahmane, welcher Bharataka hiess . . . . 224 200. Der Goldschmied . . . . . . . . . . . . 228 201. Der Brahmane Damodara . . . . . . . . . 231 202. Die Hausfrau Vaiji . . . . 203. Saradananda . . . . . . 239 204. Der Goldschmied Sethara . . 205. Rupacandra der Nofsekenner . . 246 206. Rupasena der Speisekenner . . . 247 207. Candrasena der Bettenfenner ... 248 208. Gunaratna der Menschenkenner.. 249 209. Die drei Freunde . . . . . . . . . . . . 251 210. Der Goldschmied Khemala .251 211. Die Brahmanentodster. . . . . . . . . . 253 303 215 237 244 For Private and Personal Use Only Page #308 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir 271 Seite 212. Der Stanzler . . . . . . . . . . . 213. Der Vyasa Laghuka . . . . . . . . . . . 259 214. Vijaya und der Kaufmann Vijana . . . . . . . 262 215. Der alte Minister . . . . . . . . . 216. Der Bhida Ksemala . . . . . . . . . . . 275 217. Die Schlange, der Elefant, der Jager und der Schakal 277 218. Der Sohn des Sangala Puna . . . . . . . 278 219. Der Freund . . . . . . . 280 220. Der Barde Betala . . . . . 284 221. Der Brahmane Slusala . . . . . . . . . . 288 222. Der Staufmann Rundala . . . . . 290 223. Die Matur . . . . . . . . . . 292 224. Konig Vitramaditya . . . . . . . . . . . 225. Die Gemahlin des grossen Ministero Bhima. ... 298 For Private and Personal Use Only Page #309 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Dieses Wert wurde im Auftrag von Georg Muller in Munchen in der Druderei von Manide und Jahn in Rudolstadt hergeftellt. For Private and Personal Use Only Page #310 -------------------------------------------------------------------------- ________________ stan Mahasut Jan Arashana kondo Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org wa komlethora Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir Acharya Shri Kalusugarak yenmanat For Private and Personal Use Only Page #311 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Shri Mahavir Jain Aradhana Kendra www.kobatirth.org Acharya Shri Kailassagarsuri Gyanmandir For Private and Personal Use Only