Book Title: Traditionell Indische Vorstellungen Uber Die Fuse In Literatur und Kunst
Author(s): Fur Klaus Fischer
Publisher: Fur Klaus Fischer
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Willem B. Bollée ebenfalls um eine Teilbetrachtung handeln, denn gelegentlich wird auch das Badewasser überhaupt benutzt, wie z. B. das des ersten Tirthakara Rşabha, welches die Götter sich, sobald es auf die Erde gefallen war, über den Kopf gossen oder sich damit den Körper besprengten.7s Als Lösungsmittel diente es der Vergiftung der Mira Bai.76
Der Fuß als pars pro toto kann an sich wiederum von einer Zehe repräsentiert werden: so trinkt die fromme Ehefrau Waschwasser der linken Zehe ihres Mannes.77 Der Prinz Malladinna von Mithilā läßt von einem Künstler, der nur einen Körperteil von jemandem zu sehen braucht, um ihn ganz darstellen zu können, ein Bildnis seiner Schwester Malli malen, nachdem er ihre große Zehe einmal erblickt hat.78 Weiter berührt der Vedastudent bei seiner Einführung mit der rechten großen Zehe einen Stein, um dadurch symbolisch dessen Festigkeit und Gewicht auf sich zu übertragen,79 und in Gujerat stößt der Bruder der Braut beim aśmarohana leicht die Zehe des Bräutigams mit einem Mühlstein an als Symbol der auf dem Wege der Ehe zu überwindenden Widerstände.80 Damit ferner der Tote nicht wiederkommt, werden in Indien81 wie früher in Westpreußen seine großen Zehen zusammengebunden.82 Die Nägel der Zehen von Fürsten usw. dienen in der Kunstdichtung oft zum Reflektieren der Kronjuwelen niedriger Könige 83 oder würdigen die Erde mit ihren Strahlen.84
Abschließend ein Wort über den Eid bei den Füßen. Wie Oldenberg dargetan hat, ist der altindische Eid die Verfluchung der eigenen Person, später auch deren Besitz und ihrer Angehörigens zur Vernichtung bzw. zum Tode für den Fall der Unwahrheit ihres Wortes. 86 Die eigene Person kann von den Füßen vertreten werden, wie wenn
27, 1898, 158 (Beispiele aus Käthiāwās und Dhārwar (östl. von Goa)); J. Campbell Oman, The Mystics, Ascetics and Saints of India (London, 1905; Nachdr. Delhi 1973), 195; B. Saraswati, Brahmanic Ritual Traditions in the Crucible of Time (Simla 1977) 193 (Bräutigam trinkt Brautfußwaschwasser in Nepal). 287 (Braut trinkt usw.) - Ähnliches erwähnt H.S. Levy von chinesischen Liebhabern (Chinese Footbinding [N.Y. 1966) 51).
75 Hemac Trişaşți 1, 2, 526. Siehe auch infra S.239. 76 M. Macauliffe, The Legend of Mīrā Bāī the Rajput Poetess: IA 32, 1903, 331. 77 M.S. Stevenson (vgl. Anm. 181) 388.
78 W. Schubring, Näyādhammakahão (Wiesbaden 1978) 28; G. Roth, Malli-jñāta (Wiesbaden 1983) 195 ff. Ferner J. Hertel, Jinakīrtis ,,Geschichte von Pāla und Gopāla" (Leipzig 1917) 100.
79 VaikhānasaGS 2,5.
80 B. Saraswati, Brahmanic Ritual Traditions (vgl. Anm. 74) 191; s. auch J. v. Negelein, Weltgeschichte (vgl. Anm. 82) 54 f.
81 W. Caland, Die Altindischen Todten- und Bestattungsgebräuche (Amstersdam 1896) 14 f. 82 J. von Negelein, Weltgeschichte des Aberglaubens I (Berlin 1931) 55. 83 Hcar 52,8 etc. 84 U.m. Hcar 72, 6. 85 Sape, Satvata, putrābhyām istena sukytena ca (Mbh cr. ed. 7, 131, 6).
86 H. Oldenberg, Die Religion des Veda (Stuttgart 21917) 518; J. v. Negelein, Weltgeschichte (vgl. Anm. 82) 224 „Die Schwur als Selbstverfluchung ist zugleich ein eventuelles Selbstopfer (...), wie beim Opfer berührt der Schwörende den eignen Körper oder die statt dessen verpfändeten lebenden oder leblosen Dinge, so z. B. das Haupt des Sohnes oder der Gattin, in jedem Falle aber natürlich einen integrierenden Teil des eigenen Selbst (...)"