Book Title: Traditionell Indische Vorstellungen Uber Die Fuse In Literatur und Kunst
Author(s): Fur Klaus Fischer
Publisher: Fur Klaus Fischer
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Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst
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Bereits das AitĀr (2, 1, 4, 1) von Stella Kramrisch zitiert 420 - kennt ferner die Vorstellung, daß das Brahman als prāṇa, d. h.,(Lebens) hauch; Leben' (PWB) über die Fußspitzen in den Körper eindringt und, wie sie wohl aus tantristischer Quelle zufügt: "this inflation swells them to a great extent before Prāņa proceeds and equally distributes itself through the limbs while it ascends the high road of the Suşumnā." Auch die folgende, von Perera mitgeteilte Anschauung in Ceylon ist in diesem Zusammenhang von Interesse: "The principle of life (kalāva) that is in man rises with the new moon and travels every month from the left foot to the head and down again on the right side; its movement is reversed in a woman, where it goes up the right side and comes down the left; it resides every day in a particular place, an injury to which causes death. The course it takes is the big toe, sole of the foot, calf, knee cap, yoni or lingam, stomach, pap, armpit, neck, throat, lip, cheek, eye, part of the head and down the other part of the head, eye, cheek etc."421 Bei kalāva (~ sa. kalā) handelt es sich nicht um ein Lebensprinzip, sondern um einen 'supposed influence of the moon on the human body'.422 Auffällig ist, daß diese ,,Mondkraft“ von den Zehen an nach oben wirkt, also auch wieder über die Füße Zutritt zum Körper findet.423
Auf unsere Frage nach der Anwesenheit einer besonderen Macht oder Seele in den Füßen, wie es z. B. Onians für eine procreative power/substance/life soul/spermatic soul in unserem klassischen Altertum herauszuarbeiten versucht hat," 424 lassen die
420 S. Kramrisch, Emblems of the Universal Being: Journal of the Indian Society of Oriental Art 3, 1934/4, 1936, 160 (Anm. 2 lies: AitĀr statt AitUp.).
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A. A. Perera, Glimpses of Singhalese social life: IA 32, 1903, 434. - Ein ähnlicher,,Einfluß“ der Mondkraft liegt wohl auf der Insel Bali vor bei dem,,asmara wanita (Erweckung des geschlechtlichen Begehrens der Frau), worunter man eine bestimmte Körperstelle versteht, deren Berührung die Begierde der Frau erregt. Diese wechselt täglich ihren Sitz entsprechend den einzelnen Monatstagen. Ein kluger Mann kennt diese Stellen, sie sind am 1. Tage des Monats die rechte große Zehe, am 2. Tage d. M. die Fußsohle (...), am 15. Tage des Monats die Stirn. Vom 16. bis zum 30. Tage kehrt man in umgekehrter Reihenfolge zurück, doch folgt man zum Schlusse dem linken Bein bis zur großen Zehe. Wenn der Mann am richtigen Tage die betreffende Stelle sanft streichelt, und mit dem Mädchen spricht, so gerät es in sexuelle Erregung (...)" (W. Weck, Heilkunde und Volkstum auf Bali [Stuttgart 1937] 127).
422 Ch. Carter, A Sinhalese-English Dictionary (Colombo 1924). - Siche für den Mondeinfluß im allgemeinen z. B. Suśruta I21, 6.
423 Über den Glauben hieran schrieb mir Professor N.A. Jayavickrama am 5.4.1983,,even the most sophisticated Sinhalese who has been trained to spurn native lore will think twice before he undergoes a surgical operation on a part of the body with the visa-kalava falling on it or near it on the day of the operation. I do not know of any literature on this." Siehe auch z. B. F. Nowotny, Eine durch Miniaturen erläuterte Doctrina mystica aus Srinagar ('s-Gravenhage 1958) 54.
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R.B. Onians, Origins of European Thought (Cambridge 21954) 246. 524ff. Onians weist in diesem Zusammenhang op. cit., S. 529 auf die Schamgefühle italienischer und spanischer Damen hinsichtlich ihrer Füße hin. Den dort angeführten Belegen kann ich dank der Aufmerksamkeit von Herrn Dr. N. Rivero Salavert folgendes Zitat aus Ch. de Montesquieus Lettres persanes Nr. 78 zufügen:,,Ils [die Spanier] permettent à leurs femmes de paroître avec le sein découvert; mais ils ne veulent pas qu'on leur voie le talon, et qu' on les prenne par le bout des pieds." Ferner siehe A.D.