Book Title: Traditionell Indische Vorstellungen Uber Die Fuse In Literatur und Kunst
Author(s): Fur Klaus Fischer
Publisher: Fur Klaus Fischer
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Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Willem B. Bollée Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst* für Klaus Fischer In der Fußnote zu seiner 1917 erschienenen Übersetzung der Haris Lotosfuß gewidmeten Hymne des südindischen Vaisnava-Lehrers Yamuna (11. Jh.), dessen Schülersschüler Rāmânuja war, vergleicht Rudolf Otto eher Metaphern seiner Zeit und Umgebung mit indischem Brauchtum, wenn er sagt: „Der Fuß spielt in der religiösen Bildersprache Indiens die Rolle, die in der unsrigen die Hand spielt“ und anschließend hiervon einige Beispiele aus seiner Praxis als Theologe gibt: „Wir befehlen uns in Gottes Hände, seine Hand leitet uns, mit der Hand segnen wir, die Hand Gottes vom Himmel her war in frühchristlicher Zeit die Andeutung der Gegenwart Gottes selber. Das Kind küßt und kost Vater und Mutter die Hand. In Indien aber neigt man sich Vater und Mutter zu Füßen, ehrt ihren Fuß. Der Schüler legt sich des Meisters Fuß aufs Haupt zum Segen. Der Gläubige flüchtet zu Bhagavant's Füßen. Man denke auch daran, daß den östlichen Völkern und besonders den Indern bei Gewerbe und Gestikulation der Fuß gradezu eine dritte Hand ist.“1 Anderes dagegen hat anscheinend Carstairs im Auge, wenn er darlegt, daß im indischen Kulturbereich die Füße Aspekte eines Tabu-Gegenstandes haben.? * Die vorliegende Abhandlung ist aus dem Plan zu einem Vortrag erwachsen. - Für ihre bereitwillige Hilfe bei der Beschaffung von Büchern und Artikeln möchte ich mich bei den Damen und Herren der Universitätsbibliothek Bamberg herzlich bedanken. Abkürzungen: Buddhistische Texte folgen dem Abkürzungssystem der Epilegomena zum C(ritical) P(äli) Dictionary) (Copenhagen 1948). Jainatexte wurden wie in W. Schubrings, Lehre der Jainas (Berlin 1935) abgekürzt. Sanskrittexte haben ihre Sigel nach M. Monier-Williams, A Sanskrit-English Dictionary (Oxford 1899) xxxiiif. PWB = 0. Böhtlingk/R. Roth, Sanskrit-Wörterbuch (St. Petersburg 1855-75). 1 R. Otto, Vişnu-Nārāyana (Jena 21923) 75.- Ragionare coi piedi tun die Inder aber z. B. nicht. 2 G.M. Carstairs, The Twice-Born (London 21961) 79: „In contrast (zum Kopf), the feet are considered to be the lowliest part of one's anatomy. Ordinarily people take great care not to come in contact with each other's feet, even in the press of a seated, barefooted crowd. (...) It was not the fact of this discrimination between the head and the feet which was unfamiliar; to some extent Westerners share in this evaluation. The difference lies in the intensity of feeling which Hindus invest in this subject." - Jemandem auf den Fuß treten verlangt sofortige Entschuldigung durch Ausstrecken beider Hände zu dem betreffenden Fuß hin (J.A. Dubois, Hindu Manners, Customs and Ceremonies (Oxford 1906] 329). Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 228 Willem B. Bollée Diese verschiedenen Anschauungsweisen laden zu einer näheren Betrachtung des untersten Körperteils – adhamanga, wie einer der Sanskritwörter für Fuß lautet - ein, und damit zu einer wenigstens andeutungsweisen Ergänzung der bereits von anderen behandelten verwandten Themen wie ,,heiliger Fußabdruck“,3 ,,Circumambulatio“,4 „Weg“Sund ,,Fußgestell“.6 Befassen wir uns zunächst etwas mit der pars infima in Redensarten, Metaphern, Eigennamen und als Symbol oder pars pro toto, um danach auf den Fuß mit und ohne Erdberührung einzugehen, und zwar jeweils unter den Aspekten von Ruhe und Bewegung, wobei letztere zumeist ergiebiger ist. Der Fuß in Redensarten, Eigennamen und als Symbol (pradakşiņā, Proskynese, Fußberührung, Fußwaschwasser, Eid bei den Füßen) Für die Redensarten entnehme ich einer von Böhtlingk zitierten einheimischen Sammlung den Spruch ,heftiger Schmerz peinigt einen Niedrigen ärger denn einen Hohen: das Gefühl der Kälte bemächtigt sich schnell der Füße, nicht aber der Augen, weil er, verglichen mit unsrem Ausdruck ,,kalte Füße bekommen“, ein gutes Beispiel für die semantische Entwicklung desselben Bildes in zwei letztlich doch verwandten Sprachen bietet. Als hapax legomenon erwähne ich ferner eine Wendung des Jätaka-Kommentators, wenn er einen Candāla dem arroganten Veda-Schüler Setaketu sagen läßt: „Wenn Du meine Frage nicht beantworten kannst, nehme ich Dich zwischen meine Füße“, welche Berührung eines Kastenlosen für einen Brahmanen natürlich sehr schlimm ist. Der Gehvorgang veranlaßte schon einen alten rgvedischen Sänger zu folgendem Bild: wie man die Füße einen um den anderen vorsetzt, so macht er (d. h. der Gott 3 J. Low, On Buddha and the Phrabāt: TRAS 3, 1835, 57-127; R. Karutz, Von Buddhas heiliger Spur: Globus 89, 2, 1906, 21 ff. 45 ff.; J. Charpentier, Heilige Fußabdrücke in Indien: Ostasiatische Zs. 7, 1928, 1-30. 179-200 (handelt de facto hauptsächlich über die Fußabdrücke auf dem Adamsberg in Ceylon); P. Wirz, Buddhas Füße und Fußabdrücke: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums, Ethnographische Abt. 27 1947, 59-66; E.F.C. Ludowijk, The Footprint of the Buddha (London 1958) 11-23; U. Poley, Der Buddhapada (Diplomarbeit Berlin-Ost 1967 mit ausführlicher Bibliographie). 4 W. Caland, Een Indogermaansch lustratiegebruik: Med. AdW Amsterdam, Afd. Letterkunde 4 II, 1898, 287 ff.; A. Hillebrandt, Circumambulatio: Mitteil. d. schles. Ges. f. Volkskunde (Breslau) 13-14, 1911, 3-8. S. auch die von F. Heiler in seinem Buch Erscheinungsformen und Wesen der Religion (Stuttgart -1979) 179 aufgeführte Literatur (bis 1923!). S J. Gonda, ,Ways in Indian religions (Selected Studies IV, Leiden 1975) 317 ff. 6 Ders., ,,Pratiştha“ (Sel. Stud. II) 340 ff. 70. Böhtlingk, Indische Sprüche (St. Petersburg 21870) Nr. 214Page #3 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 229 Indra) den Vorderen zum Hintermann durch seine Macht (RV 6, 47, 15). Ganz anders aber heißt es viel später in einer Pañcatantra-Strophe (I 83) ,Der Weise setzt sich mit einem Fuße in Bewegung, mit dem anderen steht er still; bevor er den andern Platz genau angesehen hat, verläßt er den früheren Standort nicht'. Ferner sei noch an das der ganzen älteren Literatur geläufige Idiom ,,7 oder 8“ für mehrere" erinnert, 10 das Hemacandra gerne von Schritten gebraucht, z. B. bei dem Zurücktreten vor einem Lehrer" oder zum Schlagen 2 oder anderen Zwecken auf jemanden Zugehen.13 Wir kommen jetzt zu den Fußmetaphern, von denen bereits der Rgveda Beispiele liefert, so, wenn von dem einfüßigen Ziegenbock (Aja Ekapad) – vielleicht die Bezeichnung der Himmelstütze 14 - oder von Regenwolken, die mit dem Fuß, d. h. durch die Strahlung der Sonne, Wasser aufziehen,1s gesprochen wird. Den Sonnenstrahl als Fuß setzt Varuņa - der Gott der Königsmacht - auf Zaubereien der nächtlichen Unholde und unterwirft sie so.16 Später haben auch Gegenstände wie Bäume und Berge Füße.17 Ebenfalls rgvedisch ist aber die semantische Entwicklung von Fuß zu Teil, wobei das vierfüßige Tier Ausgangspunkt gewesen sein mag: so wird z. B. das Jahr nach den Jahreszeiten fünffüßig genannt, 18 während das Strophenviertel in Indien und Griechenland unabhängig entsteht.19 Ferner eignen der ChUzufolge Brahman - dem religiösen Summum - vier Füße: Rede, Auge, Ohr und Atem.20 Hierhin gehört auch die Pada-Münze in Magadha, 4 eines kahāpaņa,21 und pāda 9 Böhtlingk, Ind. Spr., Nr. 2264; Lokanīti 159 (7:22). 10 Sa. saptâştau in den Epen; pāli satt'-attha im Jātaka II 101, 25 (von Tagen), 369, 6 (von Tausenden von Menschen). - Vgl. noch N. Balbir, Dānâştakakathā (Paris 1982) 93; Caraka, Sūtrasthāna 14, 46 (7-8 aratnis). 11 Trişaşti--salākāpuruşa-caritra 1, 4, 10. 12 Ebd. 1, 4, 294. 13 Ebd., z. B. 1, 2, 328; 1, 6, 152. 14 Siehe z. B. P.E. Dumont, The Indic God Aja Eka-pāda, the one-legged goat: JAOS 53, 1933, 326–334; A.K. Coomaraswamy, The inverted Tree: QJMS 29 1938, 113 Anm. 3; P. Horsch, Aja Ekapād und die Sonne: IIJ 9, 1967, 1-30. - Zu Roths Auffassung von Aja als Genius des Sturms sei hier darauf hingewiesen, daß im Frühjahr und Herbst tatsächlich in Nord-Pakistan Zyklone auftreten können, die im Golf von Bengalen entstehen und sich in NW Richtung über Indien bewegen oder, nachdem sie Zentralindien oder Rajasthan erreicht haben, nach N und NW umbiegen oder gar nach W weiterziehen und der unteren Indusebene Regen bringen: siehe K.U. Kureshy, A Geography of Pakistan. (London/Karachi 1977) 31. 36, für welchen Hinweis ich Herrn Dr. J.D. Janzen in Berlin zu danken habe. 15 RV 1,164, 7, vgl. Matsya Pur 11, 30. 16 RV 8, 41, 8. Eine ähnliche Darstellung mit Mondstrahlen findet sich z. B. bei Böhtlingk, Ind. Spr., Nr. 4036. 17 Siehe PWB s.v. päda. 18 RV 1, 164, 12. 19 AitBr 4, 4 etc.; Aristophanes, Ranae 1323. 20 ChU 3, 18, 2 ff. 21 Vinaya II 294, 16; Ja I 340, 30; in der pt ad Ja II 240, 12 jangha-kahāpaņa gleichgesetzt. Siehe auch CPD s.v. atireka-päda. Page #4 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 230 Willem B. Bollée im Sinne von Vedaschule .22 Des weiteren nenne ich die eiserne „Hundepfote“, die Unzüchtigen in die Stirn gebrannt wurde,23 sowie den ,,Elefantennagel" (hasti-nakha) „eine Art Schutzwehr an einem Stadtthor' (PWB)24 und die Lotosfüße von Respektspersonen, welches Gleichnis Carstairs recht zu geben scheint, indem es das offenbar normalerweise unmentionable durch das Bild der Blüte hebt.29 Ob in diese Kategorie auch die goldenen Elefantenpfoten fallen, womit der Gildemeister Sotthiya zur Zeit des Buddha Vessabhu ein Gelände bedeckte, um es so zu kaufen und darauf ein großes Kloster bauen zu lassen, vermag ich mangels Parallelen noch nicht zu sagen (Jātaka I 94, 14). Als ,,3 Schritte" lehrt bei Hemacandra ferner ein Heiliger Entstehung, Vergehen und Dauer, in Übereinstimmung womit die Hauptjünger alsdann den Kanon erschaffen.26 Schließlich seien hier die drei Schritte des Buddha erwähnt, mit welchen er den Tāvatimsa-Himmel bestiegen (Dhp-a III 216, 20), und die 7, die er nach seiner Geburt nach Norden gemacht haben soll. Es dürfte hiermit seine symbolische Besteigung des Weltgipfels gemeint sein.Ebenfalls allegorisch gemeint scheinen die vier mit einem 22 Cf. Bāņa, Hear 122, 2. 23 KSS 13, 148 sunah padena dattvärkam lalāte; Rājat 6, 109. - Die Pfote ist wohl auch gemeint, wenn von „Zeichen des Hundes" als Strafe für Leute, die sich an Brahmanen versündigen, die Rede ist, wie Rāyapaseņaiya im Suttâgame (Gurgaon 1954) II S. 94 Z. 9 (sunaga-lacchana); Kautilya ed. R.P. Kangle (Bombay 1960) 4. 8. 28 (83 am Ende). - Die „Tigerkralle" - Wagh nakh - genannte Waffe zeigt P. Holstein, Contribution à l'étude des armes orientales (Paris s.d.) Taf. XXII: 92 zitiert nach M.-Th. de Mallmann, Les enseignements iconographiques de l'Agnipurāņa (Paris 1962) 246 Anm. 19. - Als weitere Tiermetaphern nenne ich die Krähenfüße, womit Verunreinigungen in Diamanten verglichen (VarBỊS 80, 15), vielleicht in Fachkreisen auch so bezeichnet wurden. Ebenfalls hieran denkt man bei Rissen oder Sprüngen im Firmament als „Naturkatastrophe" (Buddhaghosa, Sāratthappakāsini I 174, 4 kāka-padam viya hira-hiraso ad SNI 107,3* nabham phaleyya (vgl. Ja iv 462, 20*]), bei mit einem Hackmesser in dieser Form zugefügten Wunden (ders., Visuddhimagga 179, 10; betrifft dies auch den viduşaka, Nātyaśāstra 23, 151 (Calcutta 1967]?), und bei Sternchen zur Andeutung von Auslassungen in Listen (Rājat 4, 117). - Ein bestimmtes Nägelmal nannte man „Pfauenfuß“ (mayūra-padaka, Kāmasūtra 117. 120; für die Pfau als erotisches Symboltier s. Kl. Fischer, Erotik (vgl. Anm. 142] 63), ebenso wie ein aus zwei Pfosten mit Verbindungsbalken bestehendes Gestell (mayura-pada) als Basis für eine Holzwaage (Bhattasvāmi ad Kaut 2, 19, 25; s. J.J. Meyer, Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben (Leipzig 1926; Nachdr. Graz 1977) 160 Anm. 3. 24 Siehe ferner A.K. Coomaraswamy, Indian Architectural Terms: JAOS 48, 1928, 258 f.; ders., Early Indian Architecture I: EA II, 1930, 221; ders., Early Indian Architecture III: EA III, 1931, 207f. „the technical term ,elephant nail' is evidently derived from the projection of the elephant's feet beyond the abacus (einer Säule) making the nails conspicuous when seen from below." 25 Vgl. C. W.M. Verhoeven, Symboliek van de voet (Assen 1956) 108. Freilich bezeichnen die Inder die menschlichen Extremitäten gleichermaßen als Hand- bzw. Fußlotus oder -sproß. 26 Hemac Trişasti 1, 4,784; 2, 3, 815; 3, 1, 374; 3, 2, 152 et passim. 27 Siehe A.K. Coomaraswamy, Some Pāli Words (Selected Papers II, Princeton 1977) 306. - M. Winternitz, Gesch. der ind. Litt. II (1920), 196 Anm. 2; M. Eliade, Les sept pas du Bouddha, in: Pro Regno, pro Sanctuario (Festschrift G. van der Leeuw, Nijkerk 1950) 169-175. Für die Darstellung in Nāgārjunīkonda (3. Jh. n. Chr.) s. H. Härtel/J. Auboyer, Indien und Südostasien (Frankfurt a. Main 1971) Abb. 32. Ferner noch D. Seckel, Jenseits des Bildes (Heidelberg 1976) 13 u. Abb. 8. Page #5 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 231 Elefantenfußstapfen (hatthi-pada) verglichenen Füße bzw. Fußabdrücke des Buddha MajjhimaN I 176, 3, wo man pada vielleicht als , Kenn- oder Wahrzeichen, Merkmal' auffassen kann. 28 Von dem - von Hilka behandelten29 - Fuß in Eigennamen wird jetzt die Rede sein. Es sei zunächst das fabelhafte Volk der Einfüßer genannt, das im Mahābhārata u.a. zusammen mit den Einwohnern Keralas aufgelistet wird- sie erinnern an die legendären XxLátodes oder Schattenfüßler, die der griechische Indienfahrer Skylax im 6. Jh. v. Chr. als Wunder des Morgenlandes in die europäische Literatur einführte31 - und, als Übergang zum nächsten Punkt, den Vaiśeșika-Philosophen Praśasta-pāda, dessen Name etwa ,der Gute oder der Hervorragende zu heißen und wobei pada seine Bedeutung verloren zu haben scheint, es sei denn, Prasasta wäre ein Göttername. Śivarāmamūrti spricht hier von einem ,suffix, when respectful mention is intended“ – wozu er als Beispiele bhagavat-pāda (so, mit kleinem bh-), Śrī-Sankarâcārya-pāda und Gaudapāda anführt –, auch spöttisch gemeint wie in Kukkuța-miśra-pāda.32 Diese Bildungen wären dann in etwa den periphrastischen, formelhaften Verbindungen mit dem appositiven Genitiv vom Typ Bin Alouńdeos in Homer (E 781) und Jous in der Tragödie33 vergleichbar, 34 wobei letzterer aber kommende Personen umschreibt, mithin noch etwas von seiner ursprünglichen Bedeutung bewahrt hat. Formationen mit -pāda erscheinen besonders in vişnuitischen Kreisen in Bengalen und Orissa, z. B. 28 Buddhaghosas Glosse ñana-pada, ñāna-valanja (Ps II 197, 10) erscheint wenig hilfreich. 29 A. Hilka, Die altindischen Personennamen. Beiträge zur Kenntnis der indischen Namensgebung (Indische Forschungen 3. Heft, Breslau 1910) 130. 30 Eka-pădas: Mbh cr. ed. 2, 28, 47, 47, 16. Die von Varāhamihira in der BrS 14, 31 genannten Eka-caranas wohnten aber angeblich im Nordosten Indiens. Siehe auch P. O. Bodding, ,,The Santals and Disease". Mem. As. Soc. Bengal 10, 1. Calcutta 1925. S. 126 ,,The traditional Kamru country is a country of strange people with strange powers; the inhabitants can at will turn a man into a dog or any other animal. In those parts of the world the fabulous ekagudia and ghormuha are found, with one leg and heads like that of horses, otherwise human beings, who buy and eat people." Vgl. noch infra, S. 264. 31 Siehe Fr. Pfister, ,,Von den Wundern des Morgenlandes": Deutsches Jahrbuch für Volkskunde 1, 1955, 127 ff.; G.B. Gruber, Historisches und Aktuelles über das Sirenen-Problem in der Medizin: Nova Acta Leopoldina NF. 117, Bd. 17 (Leipzig) 1955, 106. 118. 32 C. Sivaramamurti, Sanskrit Literature and Art - Mirrors of Indian Culture (New Delhi 1970) 86. - Vgl. S.R. Marathe, der zu tāta-pädah in Bhavabhūti, Uttararāmacarita I 19 bemerkte: „pada when an uttara-pada in such compounds (d.h. karma-dhārayas), indicates praśamsā. The samāsa is regulated by the rule praśamsā-vacanais ca (Pāņini 2, 1, 66). The plural is due to gaurava - revered father" (Bhavabhūti's Utt. II. Poona, n.d. 1939[?], 33). Ähnlich äußerte sich bereits R. Pischel in seinem Beitrag ,,Abhinavagopānasīpāda“ zur Festschrift A. Weber (Gurupūjākaumudi, Leipzig 1896) 102: „Bei Mammaţa ist pādāḥ in Abhinavaguptapädāḥ lediglich Ausdruck der Hochachtung vor Abhinavagupta." Vgl. L. Renou, Grammaire sanskrite (Paris 21961) 276. - Den Dichter Nārāyaņa Bhatta-päda aus Kerala (15. Jh.) erwähnt Sivaramamurti in seinem Buch Rishis in Indian Art and Literature (New Delhi 1981) 220. 33 Liddell-Scott, A Greek-English Lexicon (Oxford 1940) s.v. 34 Siehe ferner E. Schwyzer/A. Debrunner, Griechische Grammatik II (München 1950) 122. Page #6 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 232 Willem B. Bollée Prabhu-pāda3s und Bhagavat-pădâcārya 36 Obwohl Gauda eine alte Bezeichnung für Bengalen ist, gehört Gauda-pada offenbar ebensowenig wie Akşa-pada in diese Kategorie. Den Namen des Nyayasūtra-Verfassers erklärt Monier Williams mit ,having his eyes fixed in abstraction on his feet', obschon man auch an dessen Füße mit einem Rad versehen / wie ein Würfelstein o.ä. sind denken könnte. Eigennamen sind mit Hilka oft Spottnamen, deren Ursprung unklar ist, oder Abkürzungen. Auch -pada kommt in Bengalen vor, und zwar in modernen Eigennamen wie Tārāpada und Bishnupada Bhattacharya, Haripada Chakraborti etc. Dr. Dasgupta zufolge hat -pada hier den Sinn von Zuflucht oder ,Hingabe 38, und bei Lexikographen wird es als Synonym von trāņa ,Schutz' (pwb) verzeichnet. Ferner erhielten einige KhmerKönige postum solche Namen: Jayavarman IV Parama-siva-pada, Jayavarman V Parama-kaivalya-pada und Suryavarman I Nirvāņa-pada.39 Dieser symbolische oder synek dochische Gebrauch von pāda tritt schon RV 6, 29, 3 auf, wo der Dichter zu Indra sagt ,Dir zu Ehren kommen die Huldigungen zu deinen Füßen (Geldner), und im Mbh lesen wir, daß König Drupada den Füßen eines Asketen Gehorsam lobt;40 bei Somadeva sucht ein Sabara Zuflucht zu den Füßen der Göttin Bhavāni, 41 und Hemacandra setzt tantis verbis die Füße Rşabhas - des ersten Jaina-Heilands - mit dessen Person ins eins.42 Die Vorstellung lebt auf der Insel Java im Titel des Herrschers von Surakarta - Susuhunan - weiter, welcher eigentlich was man sich respektvoll auf den Kopf stellt', sodann ,Füße des Fürsten' bedeutet.43 Einen interessanten Fall bilden auch die Füße der südindischen Reisgöttin Gaurī, 35 Caitanya-caritâmrta, Madya-lilā 10,23 (Bhaktivedânta Book Trust, Vaduz 1981) mit ,Herr der (aller) prabhus' übersetzt. 36 In MW, wie üblich, mit ,name of an author' aufgeführt war er der berühmte bengali Übersetzer und Favorit Caitanyas (freundliche Auskunft von Herrn Dr. A. Dasgupta/Heidelberg). 37 Hilka (vgl. Anm. 29) 124. 38 Bh. Datta, A Linguistic Study of Personal Names and Surnames in Bengali (Calcutta 1981) war diesbezüglich leider unergiebig. 39 Siehe M.K. Sharan, Studies in Sanskrit Inscriptions of Ancient Cambodia (New Delhi 1974) 139.259.264. 40 Mbh cr. ed. 1, 155, 10 (Drupado rājā ...) päda-śuśruşane yuktah. 41 Somadeva, KSS 22, 88 aham Bhavani-padaika-saranah Sabaradhipah. Vgl. BhāgPur 4, 29, 50 (Zuflucht zu Haris Füßen). 42 Hemac Trişaşti 1, 3, 378 kuliśánkuśa-cakrabja-dhvaja-matsyâdi-lanchitaih drsțaih svāmi-padanyāsair drstah svämy eva bhāvatah. - Auf dem Titelblatt des Visesavasyakabhāşya (Ahmadābād V.S. 2489) erhält der Autor Jinabhadra das Honorifikum pujya-päda. - Hierher gehören auch zwei Ausdrücke, die ich aus A.K. Chatterjee, A Comprehensive History of Jainism (Calcutta 1978) notierte: „This inscription [Epigraphia indica Bd. 38, 5 ff.] tells us that (...) Indra III who mediated on the feet of his grandfather Krsna II (...) granted two villages to a Jain monastery (...)“ (S. 165) und ,,Sivarya, who studied the Mula Sūtras under the feet of Arya Jinanandi Gaņi (...)“[S. 297]. 43 Vgl. den Titel ,,Göttliche Füße“ des siamesischen Königs, für letzteren siehe R. Karutz, Von Buddhas heiliger Fußspur: Globus 89, 2, 1906, 24 Anm. 33, wie sich der Khmer-König ,,Vrah pada ,heilige Füße nennen ließ (M. Giteau, Angkor (Stuttgart 1976] 194). Page #7 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 2 33 die während des Erntefestes mit rotem Puder auf dem Boden des Hausflurs gemalt werden. 44 Hierhin gehört ferner noch die Fußumwanderung - pradakşiņă - als Ehrerbietung, wie von Lakşmaņa bei Rāma im Rāmâyaņas (die Zirkumambulation der Person selbst ist bereits im RV bezeugt). 46 Sie weist auf eine gewisse Dienstbarkeit, in Zusammenhang, womit ein Vergleich einiger Wörter für Sklave bzw. Sklavin in den alten indogermanischen Sprachen gestattet sei: das seit Herodot belegte, nach Tetpároda , Vierfüßer' gebildete åveganoda Menschenfüßler bezeichnet ursprünglich die Kriegsgefangenen, sodann zu Sklaven gemachten Ausländer im Gegensatz zu doulou, den unfrei Geborenen; - der servus a pedibus oder ,Laufbursche', vgl. engl. footman;47 der pādôpajivin ,von jemandes Gnade, eigentlich: Füßen oder Person lebend im Divyâvadāna,48 womit der pāda-mülika im Lalitavistara49 und der päda-paricărika (wahrscheinlich ,Diener von jemands Füßen“) bei Hemacandraso zu vergleichen wäre; und schließlich das zweifüßige Vieh in PVB 20, 14, 6 gacchati paśūnām bhūmānam dvi-padām catuṣ-padām ya evam veda, womit wohl Sklaven gemeint sind. Schließlich ist die homerische aucíolos, die um ihre Herrin sich bewegende Dienerin, engl. ,handmaid' hier nebenzustellen. Gilt die Ehrbezeugung also die Füße stellvertretend für die Person, so nimmt es nicht Wunder, daß Respektsverweigerung mit Abhauen eines Fußes geahndet wird, wie ein junger Brahmane seitens eines Hirtenfürsten erfahren mußte.Si Die königlichen Füße, die selbst die Erde nicht betreten dürfen, wie wir unten sehen werden, und die somit meistens beschuht sind, S2 gelten auch so für die Person des Herrschers, wie klar aus dem Rāmâyaṇa hervorgeht, wenn Rāma nämlich vor Antritt seiner Verbannung dem Prinzen Bharata seine Sandalen als Symbol seiner Autorität 44 W. Kirfel, Symbolik des Hinduismus und des Jinismus (Stuttgart 1954) 46. 45 Rām 2, 60, 6 Lakşmanas câpi Rāmasya padau paricaran vane. - Umwanderung eines Toten: Rām 4, 25, 50; Hemac Trişaști 2, 6, 463. - Der Gott Sakka ehrt den Pratyekabuddha Nami: Utt 9, 59. 46 Bezüglich Agni RV 5, 60, 1. 47 ,,Orig., a man who ran on foot beside his master's horse or carriage" (Webster's New World Dictionary of the American language. 2nd College ed. N. Y. 1976). 48 Divy 537, 4 (Schmidt, Nachträge zum pwb). 49 LV 2, 20; auch im Sekundärpāli. So Mahāviracaritra laut MW (ohne Beleg). Daß Diener zu Fuß gehen, ist wohl zu evident (so 'nvagāmi nrpaih päda-caribhih kim-karair iva, Hemacandra ebd., 2, 4, 12), als daß sie danach bezeichnet würden. 51 Somadeva, KSS 18, 36. Bāņa, Hcar (Bombay 1946) 78, 5 erwähnt als Milde seitens Harşa, daß während seiner Regierung das Abhacken der Füße (als Strafe für lèse-majesté) ausnahmsweise nur im Metrum vorgenommen wurde. Im Rayapaseņaiya (Suttâgame II 87, 15) ist es die Strafe für den Nebenbuhler des Königs, während Manu 8, 280 sie für Sūdras empfiehlt, die einen Arya treten wollen. Vgl. die Verfluchung des Yama weiter unten (S. 276). S2 Sandalen (pādukā) gehören zu den 5 Insignien eines Königs (sa. panca-kakudāni; pāli panca kakudhāni), z. B. JB I 22; Ja V 264, 24* ; s. auch R.C. Temple, Notes on a Collection of Regalia of the Kings of Burma of the Alompra Dynasty: IA 31, 1902, 444. Page #8 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 234 Willem B. Bollée übergibt.53 Dieser umwandert sie voller Respekt und stellt sie sich danach auf den Kopf.$4 Auf der Insel Java spricht man bekanntlich zum Sultan von Jogyakarta lediglich über seine Sandalen – pāduka(h) -, weil die persönliche Anrede nur zwischen sozial Gleichen möglich wäre. Deshalb erhielt pādukah die Bedeutung ,Herr, Maie stät.55 Die Anrede des Fürsten ist zumeist mit einem Fußfall verbunden. Er findet nicht nur aus reinem Respekt,$6 sondern auch beim Wiedersehen statt,57 aus Dankbarkeit 58 oder begleitet eine Bitte um Schutz,99 Vergebung oder Sonstiges. 61 Oft erwähnen die Texte zusätzlich Fußberührung mit Händen oder Haaren; im letzteren Fall streift der oberste und damit beste Teil des oder der Ehrerbietenden in einer Polarisierung den untersten, mithin niedrigsten Teil einer Respektsperson. Beispiele sind Rājā Pasenadis Begrüßung des Buddha, bei dem er dessen Füße küßte und streichelte; 62 das 3. Avassaya des Jainamönchs, mit verehrungsvoller Anrede an den Vorgesetzten unter Berührung seiner Füße mit den Händen, anschließend eine Bitte um Nachsicht gegen die Verstöße während des Tages und der Nacht;63 der Brahmanenschüler Megha, der den Buddha Dīpamkara über seine ausgebreiteten Haare $3 Rāmo (...) pāduke câsya (Bharatasya) rājyāya nyāsam datvā (Rām 1, 1, 37b), vgl. 2, 112, 21 und 23; 115, 15 f. - Siehe ferner z. B. J. Auboyer, Le trône et son symbolisme (Paris 1949) 63. 54 Răm 2, 112, 29 dargestellt z. B. im 15. Jh. in Vijayanagar, s. C. Sivaramamurti, Panorama of Jain Art. South India (New Delhi 1983) Abb. 5. SS J. Gonda, Sanskrit in Indonesia (Nagpur 1953) 78. 132. 333 f. 56 So heißt es z. B. bei T. Ramakrishna, Life in an Indian Village (London 21911) 165 von Schwiegersöhnen, die mit ihren Frauen deren Eltern zum Pongalfest besuchen und von diesen Geschenke erhalten, daß dann ,,they fell at the feet of their fathers-in-law and mothers-in-law as a token of gratitude and respect". $7 Mbh 3, 204,7 f. sieht ein frommer Jäger seine Eltern; Rām 7, 44, 17 (Wiederbegegnung seiner Brüder mit Rāma); Ja VI 33, 1; KSS 29, 181; Jinakīrti (15. Jh.), Pāla-Gopāla-kathānaka Str. 218 neigen zwei Prinzen sich auf die Füße ihrer Mutter. 58 Somadeva, KSS 71, 7 (beim Erblicken des Lebensretters). 59 Rām 6, 19, 3. 60 Mbh 13, 12, 37 bittet der Rşi Bhangâsvana, der Indra beleidigt hat, diesen um Vergebung; das gleiche tut die Affin Tärā Rām 4, 20, 25 ihren sterbenden Gatten Bali, wenn sie ihn unwissend beleidigt haben sollte; KSS 74, 308 versucht der König Bhimabhața den Eremiten Uttanka, der ihn verflucht hat, in dieser Weise zu beschwichtigen. 61 Rām 2, 112, 14 (zur Bekräftigung einer Bitte); 2,12, 36 (als Zeichen von Treue/Gehorsam); KSS 27, 54 (beim Abschied/aus Dankbarkeit über eine vernommene Heilslehre); ebd. 69, 62 fällt ein Mahout, dessen Frau mit seinem Geld durchgebrannt ist, einem Asketen zu Füßen, in der Hoffnung auf Auskunft, die zur Wiedererlangung der Flüchtigen führen könne. 62 Majjhima-Nikāya II 120, 1f. 63 Siehe W. Schubring, Die Lehre der Jainas (Berlin 1935) 170 und vgl. die Avarta-Verehrung, bei welcher der Gläubige ein Sūtra rezitiert und an sechs Stellen darin die Füße des Lehrers, wenn anwesend, berührt (sonst die Erde), v. Pañcapratikramaņasūtra, Suguruvandanasūtra 72 ff. zitiert nach H.M. Johnson, Trişastiśalākāpuruşacaritra V (Baroda 1962) 120 Anm. 134. - Ein Beispiel der Fußberührung zum Abschied findet sich u.m. noch Mbh cr. ed. 12, 58, 27; aus Sorge um einen Kranken (KSS 73,218); vor Freude (Rām 1, 49, 17; KSS 73, 8; 74,319, 75,6). Page #9 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 235 Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst schreiten ließ,64 und die Proskynese der Königin Sunanda vor dem Mönch Sambhūta, wobei sie mit ihren langen Haaren seine Füße berührt, was den Mönch wiederum nicht unberührt läßt.65 Selbst sah ich 1965 in Burma eine Frau ihre Haare über die Füße des mumifizierten Sun Lun Saya in Myingyan werfen. Einen postumen Fall bilden noch die Haare des hingerichteten Ministers Sandhimati, die auf die Füße seines Gurus fallen, wenn dieser dessen Körper vom Pfahl abnimmt.66 Menschliches auf Tiere übertragen findet sich im Falle vom Kaṇṭhaka, der beim Abschied vom Bodhisatta auf der linken Vorderhand kniet und die Füße seines Herrn mit Tränen benetzt.67 Die Fußberührung soll heute nurmehr auch bei Politikern vorgenommen werden,68 z. B. als die,,bandit queen" Phoolan Devi sich im Februar 1983 mit ihrer Bande dem Chief Minister von Madhya Prades, Arjun Singh, ergab (The Observer vom 13.2.1983). Sie findet aber besonders auch noch im religiösen Bereich statt," wobei Vişnu-Devotees sich stellvertretend für die Füße ihres Acaryas sogar die Abdrücke auf einem Seidentuch regelmäßig auf den Kopf legen.70 69 Die Handlung als solche eignet naturgemäß bestimmten Tieren, wie z. B. eine Antilope die Füße eines Asketen leckt"1 oder ein Hund seinen Kopf auf die Füße seiner Besitzerin legt." Schwer vorstellbar ist für uns das Trinken des Fußwaschwassers – pādôdaka oder caranâmṛta73 heiliger oder auch nur geliebter Personen.74 Hierbei dürfte es sich 64 Mahāvastu I 238, 13 (...) Bhagavato Dīpamkarasya (...) keśehi pada-talāni samparimārjanto; siehe Abb. 72 in M. Hallade, Indien (Fribourg 21975) (Shotorak, Afghanistan); A. Foucher, L'art grécobouddhique du Gandhara (Paris 1905) Abb. 139-141. 65 H. Jacobi, Ausgewählte Erzählungen in Māhārāṣṭrī (Leipzig 1886) 3, 33; vgl. Hemacandra, Trişaşţi 9, 1, 96 tasyaś câlaka-samspṛśam Sambhūta-munir anvabhut. - Vgl. Hemac, ebd. 1, 3, 280 Bhartur luthitva pāda-pankaje Śreyâmso 'marjayat keśaiḥ und die Darstellung von Radha, die mit ihrem Kopf den rechten Fuß Kṛṣṇas berührt, im Victoria and Albert Museum, abgebildet in V. Ions, Indian Mythology (London 1967) 56; G. Frazer, The Golden Bough (London 1922 [1950]) 235. 66 Rājatarangini 2, 88. 67 Siehe Kl. Fischer, Zu erzählenden Gandhara-Reliefs: AVA-Beiträge 2, 1980, 265. 286 < Buddhacarita 6, 53. 68 "A generation ago it was still customary to touch the feet of the father and other older and respected persons, and it is still possible to see people touching the feet of politicians" (P. Spratt, Hindu Culture and Personality [Delhi 1977] 53). Der Brauch ist nach wie vor aber üblich. 69 Siehe z. B. Thomas Ross in seinem Artikel,,Erlösung in Kurukshetra" in bezug auf Dudu Bābā, einen,,heiligen Mann", der seinen äśram bei Hardvär hat (FAZ vom 18. 12. 1982, Beilage Bilder und Zeiten, S. 2). 70 W. Kirfel, Symbolik des Hinduismus und des Jinismus (Stuttgart 1959) 90. Bāna, Hear 237, 12. 72 J. and R. Godden/St. Snead, Shiva's Pigeons. An experience of India (London 1972) 334. 73 Die Lexika (PWB mit Schmidts Nachträgen, MW) führen diese Wörter nicht mit Belegstellen auf. Pādôdaka erscheint VaikhānasaGS 3, 22, 13; apokryph im Mbh und z. B. in dem Halbsloka mir unbekannter Provenienz, den ich Herrn Prof. K. C. Lalwani, Calcutta, verdanke: Viṣṇupädôdakam pītvā sirasa dharayamy aham. Ferner z. B. im Vinaya pali I 9,8 et passim. 74 Siehe z. B. BhagPur 10, 87, 23 (von Kṛṣṇa); W. Crooke (vgl. Anm. 219) I, S. 242; M.S. Stevenson (vgl. Anm. 181) 388; J. M. Campbell, Notes on the Spirit Basis of Belief and Custom: IA Page #10 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 236 Willem B. Bollée ebenfalls um eine Teilbetrachtung handeln, denn gelegentlich wird auch das Badewasser überhaupt benutzt, wie z. B. das des ersten Tirthakara Rşabha, welches die Götter sich, sobald es auf die Erde gefallen war, über den Kopf gossen oder sich damit den Körper besprengten.7s Als Lösungsmittel diente es der Vergiftung der Mira Bai.76 Der Fuß als pars pro toto kann an sich wiederum von einer Zehe repräsentiert werden: so trinkt die fromme Ehefrau Waschwasser der linken Zehe ihres Mannes.77 Der Prinz Malladinna von Mithilā läßt von einem Künstler, der nur einen Körperteil von jemandem zu sehen braucht, um ihn ganz darstellen zu können, ein Bildnis seiner Schwester Malli malen, nachdem er ihre große Zehe einmal erblickt hat.78 Weiter berührt der Vedastudent bei seiner Einführung mit der rechten großen Zehe einen Stein, um dadurch symbolisch dessen Festigkeit und Gewicht auf sich zu übertragen,79 und in Gujerat stößt der Bruder der Braut beim aśmarohana leicht die Zehe des Bräutigams mit einem Mühlstein an als Symbol der auf dem Wege der Ehe zu überwindenden Widerstände.80 Damit ferner der Tote nicht wiederkommt, werden in Indien81 wie früher in Westpreußen seine großen Zehen zusammengebunden.82 Die Nägel der Zehen von Fürsten usw. dienen in der Kunstdichtung oft zum Reflektieren der Kronjuwelen niedriger Könige 83 oder würdigen die Erde mit ihren Strahlen.84 Abschließend ein Wort über den Eid bei den Füßen. Wie Oldenberg dargetan hat, ist der altindische Eid die Verfluchung der eigenen Person, später auch deren Besitz und ihrer Angehörigens zur Vernichtung bzw. zum Tode für den Fall der Unwahrheit ihres Wortes. 86 Die eigene Person kann von den Füßen vertreten werden, wie wenn 27, 1898, 158 (Beispiele aus Käthiāwās und Dhārwar (östl. von Goa)); J. Campbell Oman, The Mystics, Ascetics and Saints of India (London, 1905; Nachdr. Delhi 1973), 195; B. Saraswati, Brahmanic Ritual Traditions in the Crucible of Time (Simla 1977) 193 (Bräutigam trinkt Brautfußwaschwasser in Nepal). 287 (Braut trinkt usw.) - Ähnliches erwähnt H.S. Levy von chinesischen Liebhabern (Chinese Footbinding [N.Y. 1966) 51). 75 Hemac Trişaşți 1, 2, 526. Siehe auch infra S.239. 76 M. Macauliffe, The Legend of Mīrā Bāī the Rajput Poetess: IA 32, 1903, 331. 77 M.S. Stevenson (vgl. Anm. 181) 388. 78 W. Schubring, Näyādhammakahão (Wiesbaden 1978) 28; G. Roth, Malli-jñāta (Wiesbaden 1983) 195 ff. Ferner J. Hertel, Jinakīrtis ,,Geschichte von Pāla und Gopāla" (Leipzig 1917) 100. 79 VaikhānasaGS 2,5. 80 B. Saraswati, Brahmanic Ritual Traditions (vgl. Anm. 74) 191; s. auch J. v. Negelein, Weltgeschichte (vgl. Anm. 82) 54 f. 81 W. Caland, Die Altindischen Todten- und Bestattungsgebräuche (Amstersdam 1896) 14 f. 82 J. von Negelein, Weltgeschichte des Aberglaubens I (Berlin 1931) 55. 83 Hcar 52,8 etc. 84 U.m. Hcar 72, 6. 85 Sape, Satvata, putrābhyām istena sukytena ca (Mbh cr. ed. 7, 131, 6). 86 H. Oldenberg, Die Religion des Veda (Stuttgart 21917) 518; J. v. Negelein, Weltgeschichte (vgl. Anm. 82) 224 „Die Schwur als Selbstverfluchung ist zugleich ein eventuelles Selbstopfer (...), wie beim Opfer berührt der Schwörende den eignen Körper oder die statt dessen verpfändeten lebenden oder leblosen Dinge, so z. B. das Haupt des Sohnes oder der Gattin, in jedem Falle aber natürlich einen integrierenden Teil des eigenen Selbst (...)" Page #11 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 237 Rāma bei seinen Füßen und seinem Leben schwört, alle als Feinde zu betrachten, die ihn davon abbringen wollen, Sītā in Vālmīkis Einsiedelei führen zu lassen.87 Man kann sogar bei den Füßen eines Freundes schwören, wie Sātyaki bei denen Krşņas und den eigenen guten Handlungen.88 Die Fußschwur ist mit der vereinzelten Schuhschwur bei uns zu vergleichen: „Ich treib si in ain enges hol, tůt si icht anders dann ich tů, das han ich gesworn bei meinem schů. 89 Ein anderes Eidverfahren findet sich später in Kalhaņas 1150 nach Chr. verfaßter Geschichte von Kaśmir: nach Verlust seines Throns geht der König Cakravarman den Damara Samgrāma um Hilfe an, der ihm, der sprichwörtlichen Undankbarkeit von Königen eingedenk, diese nur im Rahmen eines mit einer Schwur besiegelten reziproken Beistandsvertrages zusagt. Dazu stellten beide ihren (rechten?) Fuß auf eine mit Blut besprengte Schafshaut und schwuren sich, Schwert in der Hand, mit einer Libation Treue. Für dieses Verfahren gibt es anscheinend sonst in Indien keine Parallelen. Ferner wird aus Käthiāwās die Eidesleistung mit der Hand auf Sivas Fuß berichteto!, und schließlich sei noch als Steigerung der Eid bei dem Fußstaub des Königs erwähnt, den uns Bāņa beschreibt.92 Wir erreichen jetzt den Punkt „Fuß mit Erdberührung“, der in Menschen-, Tierund Dämonenfüße sowie in Podest, Basis oder Sockel unterteilt wird, die Menschenfüße wiederum in Mahāpuruşa- und gewöhnlicher Sterblicher Füße. 87 Śāpita hi maya yüyam pādābhyam jivitena ca (Rāmāyaṇa (Bombay, 1930] 7, 45, 21). Füße und Leben scheinen - wie oben Söhne und gute Taten – zusammenzugehören. Ferner sagt Mệcchakatika 8,37 Śakara zum Vița ,,savāmi Bhāvaśśa śiśam attana-kelakehim pädehim". ** Sape 'ham Krsna-caranair iştå pürtena câiva ha (Mbh cr. ed. 7, 131, 14). - G.A. Grierson, Bihar Peasant Life (Calcutta 1885) S 1451 erwähnt einen Eid bei den Beinen eines Brahmanen, die man berührt. 89 Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 9 S. 1851 Art. „Schwören beim Schuh“ sub xanta. 90 Rājatarangini 5, 326 mit Steins Anm. - Vgl. aber das ÖQXLQ TéuveLv, bei dem der Schwörende seinen Fuß auf die abgeschnittenen Testikel des Opfertieres stellte (s. M. Nilsson, Geschichte der griechischen Religion I (München 1940] 129; W. Burkert, Homo necans (Berlin 1972] 46; ders. Griechische Religion der archaischen und klassischen Epoche (Stuttgart 1977] 381). 91 J.M. Campbell, Notes (vgl. Anm. 74), 158; vgl. Rājat 7,561 ,Bijja (...) ever swore by the feet of (King) Kalasadeva as if she were] a deity' (Ubers. A. Stein). 92 Hcar 194,5 śrüyatām me pratijñā: ,,šapāmy aryasyaiva pada -pāmsu-sparsena, yadi (...) na karomi, (...) pataki pätayami ätmanam". Page #12 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 238 Willem B. Bollée Der Fuß mit Erdberührung Menschenfüße Mahāpuruşafüße Ein Mahāpuruşa ist bekanntlich jemand, den besondere Körpermerkmale als künftigen Erleuchteten oder Weltherrscher auszeichnen. Eins dieser laksanas ist ein Rad, das vielleicht an die Sonne erinnert, die einmal bei einer Differenz mit dem Gott Indra unter dessen Fuß geriet und darin einen Abdruck hinterlassen haben mag. Jedenfalls heißt es im späten JB (2, 369), daß Indras Nachfolger Prajāpati ebenso auf einen Feind, das materialisierte Übel, das seinen Fuß umklammerte, auftrat und daß in dieser Weise die Wölbung in seinen Füßen entstand.94 Nach einer anderen Theorie entstammt das Rad der Vişnu-Mythologie. Es ist bekanntlich schon kanonisch sowohl auf den Füßen des Buddha wie auf denen des jinistischen Pratyeka-Buddha Abb. 1. Buddhafuß in Bodh Gaya (aus: N. Douglas, Tantric Yoga New Delhi 19711 45). 93 Siehe W. Bollée, A Note on Evil and its Conquest from Indra to Buddha (Studies in Honor of Edward Conze, Berkeley 1977) 373 ff. 94 Entsprechend die Fußwölbung beim Buddha: D II 17, 24; III 143, 20; – beim Jina Aup S 16 (Leumann, S. 31, 6), Tandulaveyaliya (ed. W. Schubring, AdW Mainz. Wiesbaden 1969), S. 8 Z. 2 95 Mbh cr. ed. 12, 331, 25. Weitere Literaturangaben bei A. Mette, Vedhas in Lalitavistara und Divyâvadāna: WZKS 17, 1973, 21 Anm. 3 (freundlicher Hinweis von Herrn Prof. Kl. Bruhn). 96 D II 17, 13f.; - Abbildungen finden sich z. B. bei J.E. van Lohuizen, The Scythian Period (Leiden 1949) Abb. 31 (Katrā); W. Macquitty, Buddha (London 1969) 46 f. (Bodh Gaya); R. Karutz, Von Buddhas heiliger Fußspur: Globus 89,2, (Braunschweig) 1906, 23 (thailändische Holzschnitzerei im Lübecker Museum für Völkerkunde); I. Armelin, Le roi détenteur de la roue solaire en Page #13 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 239 Nami belegt. Ein anderes hier interessierendes Merkmal sind die (Hand- und) Fußmembranen (jāla) von göttlichen Wesen wie Nara und Nārāyaṇa und von Mahapu 98 rusas. Die Füße des hl. Rṣabha reinigen die Erde," ihre bloße Ansicht ist bereits karmantilgend; die Heilung körperlicher Leiden durch Fußauflegung von Respektspersonen wie das von Kaiser Vespasian überliefert wird,101 kommt unten bei der Fußgeburt zur Sprache. 102 In Anbetracht dieser Eigenschaften verwundert es nicht, daß zur Reinigung von ,,Sünden" Gläubige sich den Körper mit dem Waschwasser der Buddha-Füße besprengen." Schließlich sind hier noch Dinge zu behandeln, die an oder unter den Füßen entstehen, zunächst Haare, wonach ein König von Anga Lomapāda hieß.104 Ein verbreitetes Märchenmotiv 105 bilden Pflanzen, die infolge des befruchtenden Kontaktes in den Fußstapfen heiliger Personen, bes. von Frauen, sprießen,106 denn der Fuß gehört zu 103 révolution (cakravartin) selon le Brahmanisme et selon le Bouddhisme (Paris 1975) 68 (Wat Jetubon); H. Zimmer, The Art of Indian Asia II (New York 21968) Abb. 556 (Angkor Vät). 97 Utt 9, 60; vgl. von Mahāvīra Aup $16 (ed. Leumann, S. 31, 12) und Tandulaveyāliya (ed. Schubring), S. 8 Z. 4 v. u.; bei Rşabha, in Hemac Trişaşţi 1, 2, 686. - Hemacandra, ebd. 1, 3, 380 wird ein dharma-cakra über den Fußabdrücken Ṛşabhas gestellt, damit nicht auf sie getreten wird. Die Fußabdrücke des Śrutakevalins Bhadrabahu wurden im Märg-Heft 33 (1980),,In Praise of Gommateśvara. Śravana Belgola" abgebildet, die des Pārsvanatha in Hampi, welche in entgegengesetzter Richtung nebeneinander die Allwissenheit ihres Besitzers andeuten mögen, in C. Sivaramamurti, Panorama of Jain Art. South India (New Delhi 1983) 12 Abb. 3. 98 Mbh cr. ed. loc. cit. jala-pada-bhujau tau tu padayoś cakra-lakṣaṇau. Vom Buddha D II 17, 23 (jäla-hattha-päda); III 143, 19. Beim Jina sind sie nur an den Händen: Aup § 16 (ed. Leumann, S. 30. 6). Auch Kalidasa spricht beim Cakravartin nur von Membranen zwischen den Fingern: cakravartilakṣaṇam (...) jäla-grathitânguliḥ karah (Sak 7, 16), im VişņudhPur dagegen gibt es sie ebenfalls zwischen den Zehen (37,5). 99 Hemacandra, ebd. 1, 3, 298; 1, 6, 258; -vgl. 8, 3, 698. 100 Hemacandra, ebd. 1, 4, 780; ebenso ihre Berührung 1, 6, 179 tvat-padâmbhoja-samsparśād diryate karma dehinām. 101 Sueton, Vesp 7. Siehe ferner z. B. E. Bozzano, Übersinnliche Erscheinungen bei Naturvölkern (Bern 1948) 202 (behandelt einen Fall in S-Afrika); H. Webster, Magic (N. Y. 1973) 107 (Gegenzauber b. d: Todas). 102 Der Fall von Ahalyas Fluchbefreiung ist nicht eindeutig: Răm 1, 48, 31 sagt Agastya zu ihr yada tv etad vanam ghoram Ramo (...) / agamisyati (...), tadā pūtā bhaviṣyasi, was 7, 30, 43 beim Erblicken geschehen soll: tam drakṣyasi yada, bhadre, tatah pūta bhavisyasi. Zur Unsichtbarkeit verflucht nimmt sie schon wieder Gestalt an, wenn Rāma und Lakṣmaṇa den Aśram betreten. Die letzteren berühren daraufhìn ihre Füße, während sie die Füße der Brüder wäscht (1, 49, 13-18). - Die Szene wurde z. B. abgebildet in Deogarh im 5. Jh., siehe C. Śivaramamurti, Indien (Freiburg 1978) Abb. 332. 103 Siehe J. Low, On Buddha and the Phrabat: TRAS 3, 1835, 62. 104 Mbh 3, 110, 19 (BhagPur 9, 23, 7 heißt er Romapada). - Vin I 179, 8 erwähnt einen Mönchen Sona mit haarigen Füßen. 105 St. Thompson, Motiv Index of Folk Literature (Copenhagen, 1955-58) Nr. A 2621.1; 26200. 106 Wie z. B. bei der Königin Padumāvatī - der Tochter des Sehers Mänḍavya und eines Rehs-, in deren Fußstapfen Lotos aufkommen (Mvu III 155, 4f.; 156, 2; 170, 1; - E. Chavannes, Cinq cents contes et apologues [Paris 1910-34; Nachdr. 1962] A 81; D 98). Page #14 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 240 Willem B. Bollée den männlichen Körperteilen.107 So werden Buddhastatuen häufig auf einem Lotos stehend abgebildet.108 Wachsen sie nicht von selber, helfen Götter oder Menschen nach, wie im Falle des Tīrthakara Rşabha, für den die Götter 9 Loten schufen, auf die er dann nacheinander seine Füße stellte, 109 oder bei den Fußabdrücken des Buddha, worauf Gläubige Blüten werfen.110 Unter den Füßen des Jaina-Heiligen Vrsabha entstehen neun Schätze wie goldene Lotosblüten.111 Neben Blumen ist ferner der Staub zu erwähnen. Laut Mahāvastu (I 168, 12*) haftet er an des Buddhas Füßen nicht, was sonst ein Göttermerkmal ist. Hemacandra dagegen sagt von den Füßen des Rşabha: „der Staub Deiner Füße, wenn Du auf Erden wandelst, ist zu einem großen Elefanten zum Aufwurzeln des Baumes des Übels für die Menschen geworden“,112 möglicherweise ist dabei an eine Art Staubbad der Frommen gedacht. 113 Die Füße weltlicher Mahāpuruşas, wo nicht metaphorisch, werden meistens in Verbindung mit ihren Merkmalen erwähnt,114 die übrigens ihre Frauen ebenfalls aufweisen.115 Ruben zufolge deuten diese Körperzeichen auf eine mögliche Auffassung der Fußsohle als Seelensitz hin, 116 d. h. daß in ihnen das Leben des Individuums besonders ausgeprägt wäre (was, wenn richtig, vieles der indischen Fußtabuisierung erklären könnte). Die Fußsohlen wären dann in etwa ein Gegenstück zu Samsons Haaren. Dem Schwarzen Yajurveda zufolge darf der König im ersten Jahr117 – in einem etwas späteren Text ist sogar von lebenslänglich die Rede 118 - nach seiner Weihe nicht mehr ohne Schuhe die Erde berühren, 119 damit diese seine magische Aufladung nicht 107 Varähamihira, BS 51, 8. 108 Siehe z. B. C. Sivaramamurti, Sanskrit Literature and Art - Mirrors of Indian Culture (MASI 73, New Delhi 1970) 85 f. mit Zeichnung von carana-kamala nach Malerei in Ajanță (5. Jh.). - In einem Graben mit glühenden Kohlen entsteht Ja I 233, 18 ff. als Schutz ein Lotus unter den Füßen des Bodhisatta. 109 Hemacandra, ebd. 1, 3, 461. Auch verleiht, wie Foucher gezeigt hat, der Lotus, auf dem sich bestimmte bedeutende Wesen befinden oder gestellt werden, ihnen göttlichen Ursprung (zitiert nach O. Viennot, Le culte de l'arbre (Paris 1954] 155). 110 W. Macquitty (vgl. Anm. 96) 46 f. 111 Hemacandra, ebd. 1, 4, 715. 112 Hemacandra, ebd. 1, 5, 400. 113 Siehe W. Bollée, Anmerkungen zum buddhistischen Häretikerbild: ZDMG 121, 1, 1971, 87f. 114 Z.B. Spk II 188, 10f.; Mp I 171, 26 ff.; Pv-a 74, 18 ff. (Fußsohlen mit 2000 Inseln, die ihren Besitzer zur Alleinherrschaft sich eignen lassen); Ja VI 39, 30; KSS 86, 76; Varāhamihira, BS 69, 17 und 34. 115 Varahamihira, ebd., 70, 3. 116 W. Ruben, Krishna (Istanbul 1944) 244. Sehr wichtig hier der marathi-Begriff pāya-guna "man's inherent qualities" (Abbot, Keys (vgl. Anm. 293] 20 ff.). Eine nur innerhalb der englischsprachigen Psychiatrie mögliche Assoziation ist sole-soul: "the basis of personality and that which must be in contact with the earth" (A. Faraday, The Dream Game [London 1975] 294). 117 KathakaS 15, 8, 29. 118 ŚBr 5,5, 3, 6f. 119 Laut ĀpsS 18, 17, 12 und 18, 22, 1 sollen es Schuhe aus Wildschweinleder sein, eines seines Aufwühlens der Erde wegen als deren Partner betrachteten überaus starken Tieres (SBr 14, 1, 2, 11). Page #15 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 241 absorbiert,120 – und Gleiches gilt mutatis mutandis für sein Ausgehen ohne Sonnenschirm. Tut er es trotzdem, ist das ein Zeichen besonderer Demut.121 So geht König Sagara von vielen Königen zu Fuß, wie Diener, gefolgt aus, zur Verehrung des RadJuwels, - denn eine Näherung zu Fuß ist mehr als eine Pūjā-Adoration,122 - während der Thronfolger Śreyâmsa sogar ohne Schirm und Slipper dem hl. Rşabha entgegenrennt.123 Ebenfalls zu Fuß schreiten im Rāmâyaņa (4, 25, 44) Königinnen hinter der Bahre ihres Gatten und zeigen so durch Fußbetätigung den Unterschied zwischen Lebenden und Toten. Bei Gemütsbewegungen anderer Art spielen Füße auch eine Rolle: die goldene Stickerei in Form der Füße des Königs von Ceylon auf der Bluse seiner Frau veranlaßt König Mihirakula von Kaśmir zu einer Expedition gegen die Insel und zum Sturz ihres Herrschers. 124 - Das hiervor Gesagte betrifft lediglich normale Füße, denn weder Heilige noch Könige können theoretisch körperlich defekt sein, 125 sonst könnten sie auch nicht heilen. 126 120 Vgl. G. Frazer, The Golden Bough (London 1922 [1950]) 594.- Der König berührt die Erde nicht, weil er göttlichen Ursprungs ist (A.M. Hocart, Flying through the Air: IA 52, 1923, 80 ff.) und tatsächlich ein Gott (s. weiter unten). Für ihn gilt, was für die Götter gilt, und diese berühren vielleicht deshalb die Erde nicht, weil dieses Merkmal von Totengeistern auf sie übertragen wurde (s. S. 267, Anm. 358). 121 Prinz Sankaravarman von Kaśmir wurde von seinem Vater Avantivarman gezwungen, diesen barfuß zu begleiten, um die Misere des gemeinen Mannes kennenzulernen (Rājatarangini 5, 196) und bei E. Chavannes, Cinq cents contes et apologues (Paris 1910) Nr. 13 wurde ein Königspaar gezwungen, einem Brahmanen mit nackten Füßen zu dienen. 122 Hemac Trişastio 2, 4, 11 (...) pada-carenopasthānam pujāto 'py atiricyate (12...) so 'nvagami nộpaih pada-caribhih kim-karair iva. 123 Hemac, ebd. 1, 3, 277 f. yuva-rajo 'pi (...) adhāvat padacarena (...) chatropanaham utsrjya (...). Vgl. 2, 4, 11 f. Oft scheint „zu Fuß“ Schuhe nicht auszuschließen, z. B. Hear 160, 16 upasthapite pi turange caranābhyām evâjagama, wenn ein König aus Kummer so geht. 124 Rājat 1, 294 ff. - Vgl. BhāgPur 10, 89, 12. 129 Die religiösen Orden disqualifizieren schon für die Aufnahme Aspiranten mit kranken Gliedmaßen, weil sie für das Wanderleben ungeeignet sind: Vin I 91, 8 ff.; ein Bodhisatta wird niemals als Krüppel geboren (Pj II 50). - Thānanga 164b und 165 a (Komm.). - Ein König wird nicht nur mit ,,deva“ angeredet, er ist auch einer (Manu 7, 5 ff.). Siehe ferner Frazer, The Golden Bough (London 1922 (1950]) 100 f. Ein fußkranker König war anscheinend Vakrânghri Samgrāma von Kaśmir (Rajat 6, 128), eine gehbehinderte Königin Didda (Rājat 6, 276), während König Nirjitavarman nur den Sportnamen „Pangu" erhielt, weil er am Tage schlief und nachts debauchierte (Rajat S, 254). Auch von Mahavira wird als deya gesprochen (P.S. Jaini, The Jaina Path of Purification [Delhi 1979] 162; M.S. Stevenson, The Heart of Jainism (London 1915] 222). 126 Die Heilung durch Berührung der Füße eines Königs mit dem Kopf (oder durch Fußauflegung von seiten des Königs) begegnet in der Literatur selten, z. B. in der mittelalterlichen Danâştakakathā 1, 6 (ed. N. Balbir (Paris 1982] 116, 29) etasya (...) pādau (tvam) sirasă sprsa yena śighram nirogo bhavasi. Es handelt sich hierbei freilich um den zum Asketen gewordenen Vidyadhara-König Vajravega. - Sie findet zumeist durch Handauflegung statt, so von einem Rşi bereits RV 10, 137, 7 hástābhyam (...) an-āmayitnúbhyam (...) tvópa sprśāmasi und von Zauberern 10, 60, 12 von Geldner als Segen aufgefaßt: ayam me hásto (...) viśvá-bheşajo, 'yám sivábhi-marśanah. - Der Buddha bezeichnet sich als Heiler: Sn 560; AN IV 340, 15*; Ja VI 331, 11 wird der Bodhisatta mit einem Heilkraut in der Hand geboren, das Sakka (Indra) ihm geschenkt hat, und erhält deshalb den Namen Page #16 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 242 Willem B. Bollée Ferner führt den Fuß von der Erde zu heben, wie es der Mönch gewordene König Bāhubali tat, bisweilen zu einer Satori-artigen Erlösung. 127 Eine für Indien außergewöhnliche Fußbekleidung, nämlich Stiefel, trugen die aus dem Nordwesten eingefallenen Kuşāņa-Könige wie Kaniska und Vima Kadphises. 128 Royalty schießlich liebt mitunter schnellere Transportmittel als das Pferd, und so verfügte der legendäre König Vikrama über Zauberschuhe - yoga-pădukā-, womit er sich über das fehlende Fernstraßennetz hinwegsetzen konnte. 129 Von den Mahāpuruşa-Füßen gehen wir jetzt zu denen des gewöhnlichen Volkes über, wobei wir misgestaltete und gesunde unterscheiden. Profane Füße Ruhende Füße (Fußgeburt, sexuelle Bedeutung des Fußes, Fußsalbung, -waschung, -zuwendung) Krüppel gehören einerseits mit Behinderten und Waisen zu den Schutzbefohlenen eines Königs, 130 andererseits zu den Verachteten, 131 zu denen hinzugehen Frauen ihrer Osadha-kumāra. Siehe noch O. Viennot, Le culte de l'arbre (Paris 1954) 192; M. Eliade, Myth and Reality (N. Y. 1975 (1963]) 85; sowie die Primär- und Sekundärliteraturangaben in P. Pfandt, Mahāyāna Texts translated into Western Languages (Bonn 1983) 14. - Für die Heilkraft des Königs siehe z. B. Mbh cr. ed. 15, 6, 28 pāņi-sparsena rājñas tu rājā samjñām avâpa ha; Harsa, Priyadarśikā 4, 10 hastam upasamhrtya; ferner G. van der Leeuw, La Religion (Paris 1948) 109 f.; besonders in Europa A.M. Hocart, Kingship (London 1927) 37 ff.; F. Paudler, Scheitelnarbensitte, Anschwellungsglaube und Kulturkreislehre (Brünn 1932) 209 ff., Anm.93; B.J. Feijóo, Cartas eruditas y curiosas I, 25 (freundliche Mitteilung von Herrn N. Rivero Salavert). Außerhalb Europas: durch Fußaufsetzen, s. Paudler, ebd. 211 f. 127 Hemacandra, Trişaşti 1, 5, 795 f. Vgl. Kathākośa (ed. I. Hoffmann. München 1974) 473,20 yävad visito munis caranam utpätayati, tato (...) utpede kevala-jñanam ,als der Asket (Bahubali) (die kāyôtsarga-Haltung) aufgegeben hatte und einen Fuß hob, erlangte er zugleich die Allwissenheit!', denn einen Fuß heben heißt weder schweben noch normal stehen - ein in between wie das Morgengrauen, in dem Indra den Namuci tötete: "It is no wonder, then, that the Mahāvīra's feat is so often described as having performed 'suddenly' and 'once for all' (sakst, etc.), for whatever is done when it is neither day or night (vgl. RV x. 129.3) is done ex tempore, sub specie aeternitatis, and for ever." (A.K. Coomaraswamy, "Symplegades" [Selected Papers I. Princeton 1977] 528, auf den Eliade in seinem Rites and Symbols of Initiation [N. Y. 1975, 1958] 65 verweist). - Für den gehobenen Fuß Sivas, der die Erlösung verleiht, siehe Anm. 390. Vielleicht kann man den Tanz Sivas wegen der raschen, auf- und abgehenden Bewegung der Füße auch als eine Spielart des Symplegadenmotivs betrachten. 128 Siehe z. B. R.C. Craven, A Concise History of Indian Art (London 1976) 105, 103; M. Taddei, Indien (Wiesbaden 1972) 83. 129 Simhâsana-dvātrimśikā 11 in A. Weber, Indische Studien 15 (Leipzig 1878) 348. Vgl. Somadeva, KSS 3, 47. Siehe auch S. Thompson/J. Balys, The Oral Tales of India (Bloomington 1958) Nr. D 1065.2 und 5. 130 Mbh 2, 5, 113 pangun vyargäna-bandhavan pitêva pasi, vgl. 13, 25, 11 pangulasya jadasya vā hareta yo vai sarvasvam, tam vidyād brahma-ghātinam. Ferner z. B. AVPar XIX b 5.3. 131 Bereits VS 30, 21; TB 3,4, 1, 17. Page #17 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 243 generellen Depraviertheit wegen sich nicht unterstehen.132 Sie sind von der ratgebenden Versammlung des Fürsten ausgeschlossen 133, und ihre Begegnung stellt ein schlechtes Omen für einen ausziehenden König dar, 134 wie das im klassischen Altertum auch der Fall war.135 In den Rahmen dieser Assoziationen fallen vielleicht auch Tierfüße wie Aśvapada,136 Kroșțupāda137 und Vyāghrápad als Spitznamen, 138 worüber unten mehr. Der Name Khañjadeva eines überstarken, aber hinkenden Kriegers dürfte eigentlich nicht so gemeint sein, 139 soll doch Manu (8, 274) zufolge die Bezeichnung einer Person als khanja, selbst wenn zurecht gebraucht, mit mindestens einem kārşāpana Bußgeld geahndet werden. Eigennamen haben aber oft aus apotropäischen Gründen negative Bedeutung. Ferner gelten bisweilen körperlich Verunstaltete, ja schon Fußgebürtige, als immun gegen den bösen Blick, Zauberei etc. (s. weiter unten). Bei den gesunden Füßen befassen wir uns zunächst mit ihren Merkmalen, sodann mit ihrem Gebrauch. Von den ersteren gelten lange Frauenfüße im Epos als schön.140 Die Sohlen werden mit roter Farbe angemalt, 141 was ein Ehemann bei seiner rechtmäßigen Frau als 132 Mbh 13, 38, 21 zitiert und übersetzt in W.B. Bollée, Kuņālajätaka (London 1970) 118 f. - Die Auffassung A. Aigremonts in seiner Fuß- und Schuh-Symbolik und Erotik (Leipzig 1909) 24 ,Männer und Frauen mit verkrüppelten Füßen erscheinen in der Tat wohllüstiger als die mit normalen Füßen" entzieht sich meiner Beurteilung, wenn sie in Indien auch gelegentlich in misogynen Geschichten Unterstützung findet. - Die qualvolle Praxis im kaiserlichen China des letzten Jahrtausends, Mädchenfüße einzuschnüren, findet sich im indischen Bereich nicht. Laut H.S. Levy, Chinese Footbinding (New York 1966) 151, 295 ff. verursachte diese Verkrüppelung Anderungen im Beckenbereich (vgl. dagegen ebd. 145) und beeinflußte die sexuellen Empfindungen (ebd. 135, 169, 281). 133 Manu 7, 149. Wie im Falle des Prinzen Temiya (des Bodhisatta) konnten sie ferner getötet und begraben (Jätaka VI 12, 24* et passim) oder ohne Mantras kremiert werden (Gobhila GS 3, 8, 12). 134 Karmapradipa II 10 zitiert nach D. J. Kohlbrugge, Atharvaveda-Parisista über Omina (Wageningen 1938) 12. 135 Siehe z. B. E. Stemplinger, Antiker Volksglaube (Stuttgart 1948) 65. 136 Name eines Pseudo-Pāśupata-Asketen (Rajat 3, 267). 137 Zu Panini 2, 4, 63 Yaskâdayah: 31. 138 Über Spottnamen s. A. Hilka, Die altindischen Personennamen (Breslau 1910) 124. 139 Mahavamsa XXIII 78. Vgl. oben Rājat 5, 253f. (Pangu). 140 Ram 2, 9, 44 pädau ca vyāyatāv ubhau von Mantharā, der buckligen Dienerin der Königin Kaikeyi. 141 Siehe P.K. Gode, Studies in Indian Cultural History I (Hoshiarpur 1961) 347 ff. - Lack und Henna werden öfter erwähnt, ersterer z. B. Hcar 133, 9; 242, 14; dem letzteren widmete Sarojini Naidu ihr Gedicht , In Praise of Henna", in: The Golden Threshold (London 1905) 39: "Hasten maidens, hasten away To gather the leaves of the henna-tree. The tilka's red for the brow of a bride, But, for lily-like fingers and feet, The red, the red of the henna-tree." Die von J.C. Jain in seinem Life in Ancient India (Bombay 1947) 103 angeführten Stellen habe ich nicht gefunden. Für den Gebrauch von Henna beim Hochzeitsritual in Malaysia s. W.W. Skeat, Malay Magic (London 1900) 375. Page #18 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 244 Willem B. Bollée Ehrung vornimmt.142 Bei Männern deuten Füße wie Getreideschwingen auf Armut und Kummer,1 143 rotbraune Füße verursachen den Untergang der Familie, solche in der Farbe von gebranntem Ton führen zu Brahmanenmord, gelbe Füße zu Umgang mit verbotenen Frauen." 144 Der Gebrauch des Fußes ließe sich nach seiner Funktion als Stütze oder ohne Spezifizierung; als Gehmittel, und als Werkzeug oder Waffe einteilen, das zweite nach ,,unbeschuht" oder nicht angegeben" und ,,mit Schuhwerk versehen"; schließlich trennen wir noch die nackten Füße als solche von den Spuren, die sie hinterlassen. Die Füße als Stehmittel145 dienen dem Inder vorzüglich zum Zwecke der Askese, und zwar beide bei dem käyôtsarga der Jaina-Mönche - einer Übung, bei der man leicht vorübergebeugt mit steif nach unten gehaltenen Armen stehend verharrt - oder auch als stante pede à l'indienne nur einer.146 Letzterer Fall begegnet ebenfalls im Epos, 147 um dadurch die Götter für sich zu gewinnen148 oder z. B. einen Sohn zu erlangen. Die Askese quält nicht nur denjenigen, der sie ausführt, sondern auch die Götter, die in dieser Weise zur Wunscherfüllung gezwungen werden. Campbell Oman photographierte ferner bei Lahore einen Bairagi auf einem Bein bei der Sonnenanbe 149 150 tung. Von anderen Vorstellungen in dieser Rubrik sei zunächst die Fußgeburt in medizinischem Sinne (es gibt auch eine mythologische) genannt. 151 Galt sie in unsrem Alter 142 Vielleicht schon Suyagada 1, 4, 2, 5 erwähnt. - Der linke Fuß ist zuerst zu schminken (Kalidāsa, Kum 4, 19). Siehe auch Kl. Fischer, Erotik und Askese im Kult und Kunst der Inder (Köln 1979) 52, 198 Abb. 99. 143 Vgl. GarudaP 65, 3. 144 Varahamihira, BS 68, 3. Die Farbe kasaya ist so unbestimmt,roth, dunkelroth; gelbroth'; sie kann von Mäusen, best. Schlangen und von menschlichem Samen gebraucht werden (PWB), daß eine Beziehung hier schwer festzustellen ist, was entsprechend auch für die anderen Farben gilt. Gelb wird freilich gelegentlich mit Liebe assoziiert; gelb ist auch das 2. cakra im Linga (F. Nowotny, Eine durch Miniaturen erläuterte Doctrina mystica aus Srinagar ['s-Gravenhage 1958] 28 f.). 145 Der Fuß als pratiṣṭhā des Menschen: AV 10, 2, 1; SB 8, 7, 2, 17. 146 Abgebildet z. B. in Kl. Fischer, Erotik und Askese (vgl. Anm. 142) 225. Diese mit dem Anstarren der Sonne verbundene Exerzitie ist Jainanonnen untersagt (W. Schubring, Das Kalpa-Sūtra [Leipzig 1905] 33 [5, 22]). 147 Mbh cr. ed. 13, 27, 39; Ram 7, 10, 6. 148 Mbh 13, 14, 86 steht Upamanyu tausend Jahre auf seiner linken Fußspitze, um Śiva für sich einzunehmen, und in Mamallapuram sieht man den Asketen Bhagiratha sich ähnlich betätigen, damit der Ganges auf die Erde herabströme und sie mit seinen Gewässern fruchtbar mache (s. Craven [vgl. Anm. 128] 145 f.; R. Singh, Ganga. Sacred River of India [Hongkong 1974] 23). 149 Mbh 13, 82, 25. 150 J.C. Oman, The Mystics, Ascetics and Saints of India [London 1905] 231f. 151 Die Fußgeburt ist die erste der acht schwierigen Geburten (müḍdha-garbha), s. R. F. G. Müller, Eigenwertungen in altindischer Medizin: Nova Acta Leopoldina NF. 138 Bd. 20 (Leipzig 1958) 51. Zur Einschätzung der ungefähren Häufigkeit der Erscheinung überhaupt, deren Auftreten bei Frühgeburten und Mehrlingsschwangerschaften begünstigt wird, sei hier noch erwähnt, daß gegenwärtig in der Bundesrepublik die Zahl der Fußgeburten sich auf etwa 1% beläuft; davon sind 0,4% unvollkom Page #19 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 245 tum als unheilvoll oder zumindest als Zeichen eines künftigen Fußleidens152 und wurden z. B. bei den Baganda in Ostafrika mit den Füßen zuerst geborene Kinder erwürgt und an Wegkreuzungen bestattet,153 so meint man in Indien lediglich, daß sie gegen den bösen Blick gefeit sind und Rheuma sowie andere Krankheiten durch Fußreibung heilen können.154 Angesichts der asiatischen Empfindlichkeit gegen das mene Fußlage (1 Fuß), 0,6% vollkommene (beide Füße); siehe K. Knörr / H. Knörr-Gärtner/F.K. Beller / Ch. Lauritzen, Lehrbuch der Geburtshilfe und Gynäkologie (Berlin 1982] 364 f. (freundliche Auskunft von Herrn Dr. med. M. Holzschuh, Würzburg). 152 Stemplinger (vgl. Anm. 135). 153 J. Roscoe, The Baganda (London 1911) 124 f. 154 W. Crooke, Popular Religion (vgl. Anm.74) II, 36; J. M. Campbell, Notes (...): IA 27, 1898, 158 (in Dhārwär). Ein solches Kind (pāyālu) kann auch Geister und verborgene Schätze sehen, wenn seine Augen gesalbt sind, ist aber von Wasser und Blitz gefährdet und bringt der Hebamme Unglück, so daß es vor Kindermord geschützt werden muß (J. Abbott, Keys (vgl. Anm. 293] 65). - Bei den Schweden Estlands galten fußgebürtige Kinder dagegen als gerade mit dem bösen Blick behaftet (S. Seligmann, Der böse Blick und Verwandtes I [Berlin 1910) 170). Uber Massage mit den Füßen gegen Rheuma im allgemeinen s. Paudler, Scheitelnarbensitte (vgl. Anm. 126) 175 Anm. 25. In Italien wird sie bis auf den heutigen Tag vorgenommen, wobei als Heiler besonders Mütter von Zwillingen auftreten. So schreibt A.M. Di Nola «In Abruzzo, fino a qualche decennio addietro, chi soffriva di dolori lombari, doveva distendersi bocconi a terra e una donna che era stata madre di gemelli, reggendo un aspo in mano, poggiava uno dei suoi piedi sulle reni del paziente e lo scavalcava pronunziando una particolare formula che è riportata nelle raccolte del Finamore. Codesti usi erano (e in parte sono) molto diffusi in Italia. Un potere eccezionale sembra attribuito alle madri di gemelli. Di Nola sah selbst 1968 in Lettere bei Neapel eine solche Heilung von Rheuma u.a.: «La donna, che operava da guaritrice, intervenica con estrema energia, circondando il paziente, disteso a terra, con il ventre volto in alto, con un passo ritmato di tripudium classico. La formula, per quanto ricordo, invocava, secondo una ripetizione ceremoniale, San Callisto: Leva, leva, Sante Calliste, lu male ch' hai fatte a quiste (Togli, togli, San Callisto, il male che hai dato a costui).» [Artikel «Le pratiche terapeutiche nelle tradizioni popolari» im Corriere della Sera vom 27.9.83, S. 14.] - Hierzu muß man noch wissen, daß der meridionale Heilige San C. in Norditalien volksetymologisch/scherzhaft mit callo Schwiele assoziiert wird (Frau Dr. L. Schram Pighi mündlich). - Bei den Einwohnern von Salsette, der Insel nördlich von Bombay, wurde früher, wenn die Obstbäume nicht trugen, gegen den bösen Blick eine alte, linke Sandale aufgehängt (G.F. D'Penha, Superstitions and Customs in Salsette: IA 28, 1899, 117), anderswo ist es aber der Fuß oder ein anderer Knochen, der gegen den Malocchio eingesetzt wird, wie bei den Italienern, besonders in Neapel, die zampa di coniglio, oder bei den Tataren, die an ihren Bienenstöcken einen Pferdekopf, einen Fuß oder andere Knochen aufhängen, damit das Auge zuerst auf diese Dinge falle, wodurch ihrer Ansicht nach der schädliche Einfluß des zauberischen Anblickens abgelenkt wird“ (A. Bastian, Der Mensch in der Geschichte (Leipzig 1860] II 292 mit Pallas als Quelle). - Fußabdrücke mit nicht spezifizierter apotropäisch-beschwichtigender Wirkung erwähnt R. E. Enthoven in The Folklore of Gujarat: IA 45, 1916, 117 “Most high caste people, on the death of their first wives, take an impression of their feet on gold leaves or leaf-like tablets of gold and cause their second wives to wear them round their necks. These impresses of feet are called shok-pagalāns or mourning footprints. Among the lower castes, the hands or the feet of the second wives are tattooed in the belief that this prevents the deceased wife from causing injury to the second wife." Heute auch stilisiert in Medaillonform, s. B. Fischer, Indische Stoffbilder. Figürliche Applikationen einer Schumachersfrau in Gujarat (Frankfurt 1980) 19 (die Trägerin, Saroj, scheint nachts manchmal vom Geist einer früheren Frau ihres Mannes besessen zu werden). S. auch J. Abbott, Keys (vgl. Anm. 293) 293. Page #20 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 246 Willem B. Bollée jemandem Zuwenden der Füße wäre die afrikanische Reaktion verständlicher gewesen, denn das erstgenannte findet sich schon im Palikanon - wenn König Pasenadi Kosala bemerkt, daß zwei seiner Offiziere sich mit den Füßen ihm zugewandt, mit dem Kopf aber in Richtung des Buddha hinlegen, und ihm somit weniger Respekt zeigen als dem Herrn.159 Daß solche Kinder vor dem Malocchio sicher sein sollen, hat vielleicht damit zu tun, daß die Füße als männliche Köperteile gelten. Auf eine sexuelle Bedeutung 156 der Füße könnten die nachfolgenden Stellen hinweisen. In einem Liebeszauber zur Gewinnung der Zuneigung einer Frau im Atharvaveda heißt es: ,Verlange nach meinem Körper, meinen Füßen; verlange nach (meinen) Augen, verlange nach meinen Oberschenkeln : 157 Was der Mann erwartet, könnte entweder streicheln oder kratzen/kitzeln sein. Das erste drückt wohl Hemacandra aus, wenn er eine Vidyādhara-Frau, die einen in einem Luftkampf abgehauenen und auf die Erde gefallenen Fuß sieht, ausrufen läßt: ,Das ist meines Mannes Fuß, den ich lange eigenhändig eingeölt, gerieben, gewaschen und eingecremt habe; (...) der nie müde wurde, in meinem Schoß von meiner Lotoshand gestreichelt zu werden. 158 Das machte auch Śarada Devi bei ihrem Mann Rāmakrsna159, und für Ähnliches bei den Göttern siehe weiter unten (S. 270). Das Gefühl schließlich, das der Anblick der Füße seiner Geliebten Rädhā bei Hari hervorruft, kennzeichnet Jayadeva als herzerregend (hrdaya-rañjana); er würde sie liebend gern schön lackieren. 160 Auf Kratzen, oder Kitzeln?, könnte eine Passage in der Brhat-Samhită hindeuten, die besagt, daß der Klient eines Wahrsagers an eine Sklavin denkt, wenn er seine Füße kratzt.161 Die Fuß-Massage ist sonst ein Dienst, den der Sohn seinen Eltern erweist, 155 MajjhimaN II 124, 6 (thapatayo) yato assosum kho Bhagavantam, tato sisam katvā mam pădato karitvå nipajjimsu. Vgl. Mahavamsa XXV 92. 156 Siehe hierfür z.B. O. Fenichel, The Psychoanalytic Theory of Neurosis (London 1946) 341; N. Fodor, The Search for the Beloved (New Hyde Park 1949) 162 (Futt: foot); M.L. Peerbolte, Psychic Energy (Wassenaar 1975) 427; fuseln, füßeln; footsie 'amorous play with the feet' (COD) etc. Für den Fuß als männlicher Körperteil vgl. supra S. 240. Auch bei den Taubenfüßen der Apsaras geht es vielleicht nicht nur um die rosa oder rote Farbe, sondern ebenfalls um den Charakter dieser Vögel in der Wertschätzung der Inder, s. unten Anm. 366. - Indirekt erhalten die Füße auch bei Aristoteles sexuelle Bedeutung, wenn er in seinen Problemata IV 5 (877 a) meint, daß nackte Füße Trockenheit verursachen und somit nachteilig für den Sexualverkehr seien. 157 AV 6, 9, 1. 158 Hemac Trişaști 2, 6, 424–9. Wie aus dem Nachstehenden hervorgeht, könnte hier die Wade (mit)gemeint sein, eine Unklarheit des Ausdrucks, welche auch im klassischen Altertum bezeugt ist: C. Sittl, Die Gebärden der Griechen und Römer (Leipzig 1890) 164. Die Fußmassage durch die Frau, welche ihr Mann als sexuell stimulierend empfindet, beschreibt H.S. Levy, Chinese Footbinding. The History of a curious erotic Custom (New York 1966) 131. 159 P.C. Roy Choudhury, Tempels and Legends of Bengal (Bombay 1967) 16. 19. 160 Gitagovinda (Bombay 1949) 10, 19,6. 161 Varāhamihira, BS 51, 13 hastena pādau kandüyet tasya dāsi-mayi ca să (cintaya). Ist devadāsto gemeint? - Die vordergründige Deutung der Assoziation mit den Füßen als Sklaven des Menschen steht ihre Zugehörigkeit zu den männlichen Körperteilen im Wege. Page #21 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 247 wie z. B. Suvaņņa-sāma in Sāma-Jātaka, 162 oder jüngere Mönche älteren leisten, 163 aber auch eine Dienerin ihrer Herrin, wie auf einer Miniatur der Mewar-Schule zu sehen ist, die eine Lalitarăgini darstellt.164 In Verbindung mit der obigen AV-Stelle sei hier die Anwendung von Fußsalbe gestreift, die mehrfach zusammen mit Augensalbe erwähnt wird, z. B. beim Pinda-pitr-yajña, dem Ahnenkult des Srauta-Rituals, werden neben Fußwaschwasser den Vätern diese beiden angeboten.165 Als Fußsalbe konnte Schmelzbutter dienen.166 Ferner salbt man, um eine Behexung auf ihren Urheber zurückzuwenden, Füße und Augen einer Zauberpuppe.167 Auch soll die Fußsalbung Frauen willig machen:168 einem Purāņa zufolge wird die betreffende Substanz von Prostituierten - also von auspiziösen Personen 169 – zum Glück und Wohlsein von Haus zu Haus gratis verteilt oder gar - wie Meyer meint - auf die Füße der Bewohner aufgetragen.170 Nebenbei nenne ich hier zwei ganz andere Anwendungen von Fußsalbe: eine aus dem alten Mārkandeya-Purāņa (61, 15), die es einem Brahmanen ermöglichte, 1000 yojanas zum Himalaya in einem halben Tag zurückzulegen. Sie erinnert uns an arabische Märchen wie das von Bulūkiya.171 Die andere betrifft den Milchreisrest des Durvāsas, womit der epische Held Krşņa seinen ganzen Körper mit Ausnahme seiner Fußsohlen einrieb; diese wurden ihm dann zur Achillesferse.172 Der Salbung geht eigentlich die Waschung voran, die verschiedentlich vorgenommen wird: natürlich normal, dann aber nicht nachts.173 Vieles darf bekanntlich nachts 162 Ja VI 80, 17*. 163 Dhp-a I 38, 20 asanam abhiharitvä päda-sambahanam katam? fragt der Buddha den gerade ordinierten alten Tissa, der dienstälteren Mönchen diese Ehre nicht erwiesen hatte und darob von ihnen beschimpft worden war. - Vgl. Hemac Trişaşti 8, 3, 260, wo ein Hirt pranamya muniśvaram pada-samvähana-purvam ity uvāca krtânjalih (...). 164 D. Barrett/B. Gray, Indische Malerei (Genève 1980) 135. 165 W. Caland, Altindischer Ahnenkult (Leiden 1893) 63. Der pädabhyanga gilt bei Suśruta als gut für Augen und Schlaf (Cik 24, 46).- Augen und Füße werden öfter zusammen erwähnt, z. B. OhaNijjutti 326 und in der Legende von Kannappa, der mit seinem einen Fuß mit cappal versuchte, das linke Augenloch des mukhalinga zu finden, während er sich mit beiden Händen sein eigenes linkes Auge ausschnitt, um es Śiva zu schenken. Abb. in Vellur (140 km W von Madras), worauf Herr Prof. Fischer mich hinweist (s. G. Jouveau-Dubreuil, Archéologie du sud de l'Inde, II [Paris 1914) 15 f.). - Es ist hier vielleicht auch an unsere Hühneraugen und Krähenfüße zu erinnern. 166 Mbh Poona ed. 3, 200, 23 (cr. ed. 3 App. 21 A 47) yatasvätithi-bhojane pädôdakam padaghrtam dipam annam pratiśrayam. 167 Kauss 39, 18. 168 AVPar 35, 2, 2 yaś ca striyo 'bhigacchanti, tā vaśāh pada-lepatah. 169 Siehe z. B. J. J. Meyer, Trilogie altindischer Mächte und Feste der Vegetation (Zürich 1937) 18; II 152 ff. 170 Bhavisyôttara Pur 140, 31 veśyā vilãsini-sardham svasti-marigala-kārini / grhad grham vrajanti ca pădabhyarga-pradayini // Das letzte Wort „bedeutet wohl eher: den Füßen Einsalbung gebend" (Meyer (vgl. Anm. 169) II 154). 171 Die Erzählungen aus den tausendundein Nächten übersetzt von E. Littmann III (Wiesbaden 1953) 778 ff. (487. Nacht und folgende). Es geht hier freilich um den Saft eines Krauts. 172 Mbh 13, 144, 39. 173 Manu 4, 129; W. Crooke, Religion and Folklore of N. India I (Westminster 1896) 242. Page #22 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 248 Willem B. Bollée nicht gemacht werden, u.a. weil man im Dunkeln nicht deutlich erkennbare Kleinund Kleinstlebewesen leicht töten könnte, und Wasser gilt, zumindest bei den Jainas, als belebt. Ein Veda-Student muß täglich die Füße seines Gurus waschen174 (nicht aber die dessen Familie),175 und ein snātaka - also jemand, der sein Studium beendet hat - soll seine Füße gegen Westen waschen, 176 außerdem nicht den einen mit dem anderen 177 und nicht in einem Messinggefäß.178 Auch nach dem upanayana - der Einführung eines jungen Ariers bei einem Lehrer – unterbleibt die Fußwaschung. 179 Laut Gobhila (GS 6) soll man seine rituelle Selbstreinigung mit den Füßen anfangen. Das Fußwaschen beim Totenopfer geschieht bei einem Brahmanen in einem Viereck, bei einem Ksatriya in einem Dreieck, bei einem Vaisya in einem Kreis, während bei einem Sudra lediglich eine Besprengung der Füße stattfindet. 180 Angesichts der Beschaffenheit indischer Aborte schließlich ist das Waschen der Füße nach einem Besuch dort verständlicherweise vorgeschrieben.181 Es geht aber nicht nur um Reinigung von Schmutz, wie die Geschichte des epischen Königs Nala beweist, der diese Handlung vergaß und sich so zur Abendandacht hinsetzte. Der Würfeldämon Kali konnte sich alsdann durch seine Füße einschleichen und sich seiner bemeistern.182 Fußwasser reichen ist natürlich Teil der Bewirtung eines Gastes. 183 Ein Hausvater 174 ApDhS 1, 2, 6, 1. 175 GautamaDhS 2, 32. 176 ĀpDhS 1, 11, 31, 1. 177 GautamaDhs 9,32. 178 Manu 4, 65. - Weil sie dann mit dem gelben Metall in Berührung kommen bzw. gelb scheinen können? Für die Assoziation von gelben Füßen und (Umgang mit) verbotenen Frauen siehe die obige Varāhamihira-Stelle 68, 3. 179 KhădiraGS 2, 5, 12. 180 Saurapurāņa übersetzt von W. Jahn (Straßburg 1908) 19, 13 f. 181 Solche den französischen ähnlichen Abtritte, abgebildet im ersten Memoir des Archaeological Survey of Ceylon (Colombo 1924), Taf. 50, sind mit im Vinaya passāva-pădukā genannten (II 141, 3) „privy-shoes (Horner) versehen, welche laut Buddhaghosa aus gebrannten Ziegeln, Stein oder Holz bestehen (Sp 1214, 26) und das gleiche gelte für die vacca-pădukā (ib., Z. 27). Man benutzt den Abort immer sitzend (Vinaya IV 205, 16) und die Arier mit übers rechte Ohr gehängter heiliger Schnur (M.S. Stevenson. The rites of the twice-born [London 1920] 211). Rāy 62 (Suttâgame II 88, 22 f.) vacca-gharamsi thiccă wird von R. C. Tripathi, Rayapaseniyasutta (Ahmedabad, o. J. 1936/37[?]) 26 fälschlich mit standing in a latrine übersetzt. Urinieren im Stehen verbietet aber schon AV 7,102 und sthā- kann ja auch ,sich befinden (PWB) heißen. - Uber die „privy shoes" schrieb m. W. zuletzt J.E. van Lohuizen de Leeuw, An Aspect of Sinhalese influence in Thailand: in S. Paranavitana Comm. Vol (Leiden 1978) 137-141. 182 Mbh cr. ed. 3, 56, 3 (...) sandhyām āste sma Naişadhah / a-krtvā pādayoh saucam; tatrâinam Kalir avisat; - vgl. z. B. noch J.A. Dubois, Hindu Manners, Customs, and Ceremonies (Oxford *1906) 239 und den Fall der Diti, deren Unachtsamkeit Indra die Gelegenheit gab, das Kind in ihrem Schoß in sieben Stücke zu teilen (Matsya Pur 7, 53f.), sowie weniger explizit MS 2, 5, 6 gātrāni devā abhisamvisantu von den Todesgöttern Varuņa u. Yama. Wichtig ferner J. Abbott, Keys (vgl. Anm. 293) 162. 183 U.a. Rām 2, 91,2 = 1, 49, 18. Page #23 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 249 kann seinen Gästen selber die Füße waschen oder es zweien Śūdras überlassen;184 im KSS nehmen es bei königlichen Reisenden einmal Sklavinnen vor (18, 113). Die Fußwaschung gilt nicht nur der Entfernung des Wegstaubes, sondern Crooke zufolge vor allem der Beseitigung eventueller fremder Geister. 185 In diese Richtung ist vielleicht auch der Grund der Vorschrift zu suchen, wonach Jaina-Mönche vor Betreten des Dorfes zum Almosengang sich die Füße abreiben müssen - der Sadhu darf sich ja nicht waschen 186 -, obwohl der Kommentator Droņa sie damit begründet, daß der Staub an den Füßen entweder ganz oder teilweise belebt sei, der Staub im Dorf aber sicherlich frei von Leben.187 Zum Schluß sei hier noch das Auftreten der Fußwaschung als Märchenmotiv gestreift, das schon im 5. Jh. v. Chr. mit dem Namen Skiron verbunden ist. 188 Dieser Skiron war bekanntlich ein Räuber, der am Isthmus von Korinth Reisende seine Füße waschen ließ, um sie dabei mit einem Tritt ins Meer zu stürzen.189 In der indischen Version ist es der Dakoit Mandiya, der seiner Schwester befiehlt, dem Bettler Müladeva, den er seine Beute von einem Einbruch in seine Höhle hat schleppen lassen, die Füße zu waschen und ihn dabei in den Brunnen zu werfen. 190 Baden tut man oft mehrmals am Tage; man soll jedoch nach alter Tradition sich nicht mit nassen Füßen schlafen legen.191 So essen soll jemandem hingegen ein langes Leben bescheren.192 Für die chinesische Jātaka-Uberlieferung, derzufolge man ein Schlangendämon (nāga) werden kann, wenn man Wasser unter die Füße bekommt, habe ich keine indische Quelle gefunden.193 Ein Fußbecken figuriert ferner im Svabhāva-vāda als Beispiel für die Lehre der natürlichen Veranlagung als Ursache der Ungleichheit der Menschen, wird es doch aus derselben Sorte Stein wie z. B. ein Rudrabild gefertigt. 194 184 ApDhS 2, 3, 9. Hierüber gehen die Auffassungen gleichwohl auseinander: laut BaudhGS 1, 2, 23 tun es in der Regel Gastgeber und Gastgeberin beide, aber ebd. 21 heißt es, ein Brahmane soll den rechten Fuß, ein Śūdra den linken waschen. JB I 69 gilt die Fußwaschung als ein Sūdra-Lebensunterhalt. Weitere Stellen bei J. Gonda, Vedic Ritual (Leiden/Köln 1980) 330, der unter Hinweis auf einen Kauss 42, 6 erwähnten Ritus zur Bewirkung von Eintracht, welcher an zwei Personen mit befeuchteten Füßen zu vollziehen ist, die Vermutung geäußert, die feierliche Handlung diene in beiden Fällen weniger der physischen Reinigung als der Entfernung von Feindseligkeit usw. Es ist aber auch zu berücksichtigen, daß die Straße nicht nur von (fuß)reinen Wesen wie Brahmanen benutzt wird (N.C. Chaudhuri, Hinduism (London 1979] 205 f.). 185 Crooke (vgl. Anm. 173) 1 242; vgl. Campbell, Notes on the Spirit Basis of Belief and Custom: IA 27, 1898, 158 186 W. Schubring, Die Lehre der Jainas (Berlin 1935) 168. 187 Ohanijjutti 433, s. À. Mette, Pind'esana, AdW Mainz. Abh. d. geistes- u. soz.-wiss. Kl. 1973 Nr. 11 (Wiesbaden 1974) 63. 188 Siehe Liddell/Scott, Greek-English Lexicon (Oxford 1940) s. v. 189 H. J. Rose, A Handbook of Greek Mythology (London *1953) 264; W.H. Roscher, Lexikon der griechischen und römischen Mythologie (Leipzig 1909 ff.) s. v. Skīron. 190 H. Jacobi, Ausgewählte Erzählungen (vgl. Anm. 65) 66,2 f. 191 BhagPur 6, 18, 51 und 60: Varahamihira, BS 53, 124. 192 Manu 4,76 = Mbh 13, 107, 29. 193 E. Chavannes, Cinq cents contes (vgl. Anm. 106) No 207. Siche W.B. Bollée, Studien zum Süyagada I (Wiesbaden 1977) 66. Page #24 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 250 Willem B. Bollée Oben wurden schon die intensiven Gefühle der Inder betreffs der Fußzuwendung berührt, die sich zuweilen zu einer persönlichen Beleidigung steigern können.195 Hierum handelt es sich wahrscheinlich auch, wenn es einem snătaka untersagt wird, seine Füße am Feuer zu wärmen oder Feuer ans Bett-Fußende hinzustellen.196 Eine andere Fußzuwendung betrifft die der Toten zu einer bestimmten Himmelsrichtung. Die meisten brahmanischen Schulen schrieben hierfür den Norden als regio fausta vor,197 die āśvalāyanīyas den Westen oder Nordwesten, 198 der Buddha aber ließ sich sein letztes Ruhelager mit dem Kopf nach Norden, folglich mit den Füßen nach Süden errichten,199 zum Reich des Todesgottes Yama hin. Der Norden ist die Region Kuberas, des Herrn der Yakşas, dessen Wagen von Tausenden von Bhūtas gezogen wird (Rām 5, 5, 40);200 vielleicht heißt Kubera darum auch Naravāhana (Rām 3, 36, 15), wie Sharma meint.201 Ist es also im allgemeinen ungehörig, jemandem seine Füße zuzuwenden, so ist in zumindest einem Falle auch das Umgekehrte unzulässig: mit den Füßen nach hinten sitzen ist nämlich schwangeren Frauen verboten,202 möglicherweise, weil das Dämonen anziehen könnte, deren Zehen ja ebenfalls nach hinten zeigen (s. weiter unten). Hiermit gehen wir vom ruhenden Fuß auf den gehenden über. Bewegende Füße (Schritte, Feuerlauf usw., Fußspuren, Schuhe) Es interessieren diesbezüglich vor allem besondere Schritte und die Verwendung des rechten oder linken Fußes bei einer bestimmten Handlung. Da wäre zunächst die Umkreisung - pradaksiņă - des Feuers durch das künftige Paar im Rahmen des Hochzeitsrituals zu nennen, wonach die Braut auf einen Stein auftritt, um so fest wie dieser zu werden. Der Feuergott Agni ist hier Vertragszeuge und -garant, ebenso wie beim Schließen der Freundschaft zwischen Rāma und dem Affenkönig Sugriva. 203 195 G.M. Carstairs (vgl. Anm. 2) 79. 196 Manu 4, 53f. 197 W. Caland, Die Altindischen Todten- und Bestattungsgebräuche (vgl. Anm. 81) 16. 198 Ebd. 17 Anm. 73. 199 Digha-Nikāya II 137, 13 uttara-sisakam mañcakam paññāpehi. - Vgl. S. Beal, Buddhist Records of the Western World, II (London 1884) 37. Die bildende Kunst hält sich nicht immer an die Tradition: so liegt z. B. der sterbende Buddha in Wat Jetubon mit den Füßen nach Westen (A. Clarac, Thailand (Stuttgart 1979] 87; J. Dittmar, Thailand und Burma (Köln 1981] 254. - In der Gegend von Benares gefundene Gräber aus der Eisenzeit sind sowohl ost-west- als nord-süd-orientiert (P. Singh, Burial Practices in Ancient India (Varanasi 1970) 134). Singh erwähnt die Grabrichtung in Lauria nicht (vgl. ebd. 133) und T. Blochs Artikel, den er zitiert, war mir nicht zur Hand. 200 Für die Beziehung zwischen Buddha und Yaksa s. Anm. 348. Bhūts und Pretas werden bekanntlich oft verwechselt (s. E. W. Hopkins, Epic Mythology (Straßburg 1915] 30). 201 R. Sharma, A socio-political study of the Vālmīki Rāmāyana (Delhi 1971] 202. 202 P. Thomas, Hindu Religion, Customs and Manners (Bombay, n. d. (um 1950]) 85. 203 Rām 4, 5, 15 tayor madhye tu su-prīto nidadhau su-samahitah tato 'gnim dipyamānam tau cakratuś ca pradakşiņam. 16 Sugrīvo Rahavas câiva vayasyatvam upâgatau. Solches Freundschaftsritual gab es laut Stevenson (s. folgende Anm.) in Colleges noch mindestens zu ihrer Zeit. - Über die Bedeutung der Freundschaft zwischen Gleichaltrigen s. W.B. Bollée, The Indo-European Sodalities in Ancient India: ZDMG 131, 1, 1981, 187 ff. Page #25 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 251 204 na Die Ehe wird jedoch erst durch die sieben Schritte unwiderruflich, die der Bräutigam seine Braut gen Nordosten tun läßt und wobei sie jeweils ihren rechten Fuß zuerst bewegt. Ursprünglich trat sie dabei auf sieben Häufchen Reis, aber bereits Anfang dieses Jahrhunderts - wie Margaret Stevenson berichtet 205 - blieb sie sitzen und berührte die Häufchen nur mit ihrem ausgestreckten Zeh. Mit sieben Schritten anderer Art haben wir es bei dem General Suşeņa zu tun, wenn er auch vorbereitenden Zeremonien wie Fasten und Weihrauchverbrennung sich damit dem Tor der Khanda-prapätä-Höhle nähert und es durch bloße Berührung mit seinem Stab öffnet.206 Die gleiche Schrittzahl (hat oder sat adiya) dient ferner auf Ceylon zur Austreibung von Krankheiten und zu diversen anderen Exorzismusarten; der Fuß wird hierbei mit Buddhas Kräften, die Sohle und Zehe mit Kataragama Deva verbunden.207 Mit der Universalzahl von fünf Schritten, welche die Himmelsrichtungen und den Zenit darstellen, nimmt in einem vedischen Ritus der Opferherr vom Weltraum Be208 Mehrmals fünf Schritte macht der Schauspieldirektor als Repräsentant von Brahma, dem Totalitätsgott der 2. Schöpfung, mit dem jarjara (dem Indrabaum des Dramas) in der Hand auf der Bühne (Nätyaśästra 5, 85; 94; 125; 133),209 sitz. ⚫ Drei Schritte sind zumeist eine Nachahmung der Vişņu-Schritte (worüber unten mehr) so z. B. zur Überwindung von Feinden.2 Bei diesen rituellen Schritten sind mithin sowohl die Zahl wie auch ein bestimmter Fuß, die Gehrichtung und der Gegenstand, worauf aufgetreten wird, von Bedeutung. Ebenso wie die Braut211 stellt der Junge, der bei einem Lehrer eingeführt wird, seinen rechten Fuß auf einen Stein,2 von dessen standfestem Wesen durch diese Handlung beide Besitz ergreifen und so standhaftig werden. Von der Schwelle ihres neuen Hauses darf die Braut allerdings keine Besitzergreifung vornehmen. Deshalb muß sie ihren 212 210 204 W. Caland, Een indogermaansch lustratiegebruik (vgl. Anm. 4) 280; J. Jolly, Über einige indische Hochzeitsbräuche, in: Album Kern (Leiden 1903) 177-181; M.S. Stevenson, The Rites of the Twice-Born (London 1920) 89 f.; P. V. Kane, History of Dharmasastra II, 1 (Poona 1974) 534.Auch die Hochzeit von Śiva und Parvati wird einmal in einer Skulptur der Pala-Zeit durch Umdeutung des Motivs des,,schönen Bräutigams" (kalyanasundara) mit der sapta-padi-Zeremonie dargestellt; s. C. Śivarāmamurti, Indien (Freiburg 21978) 82. 205 Stevenson, s. Anm. 204. 206 Hemac Trişaşți° 1, 4, 560 padany apêtya "saptâtha" (v. 1. saptâṣṭa) kapātôdghaṭanāya sa / upâdade danda-ratnam. Die v. 1. scheint mir die auch von Helen Johnson abgelehnte lectio facilior zu sein. Für das Märchenmotiv der Öffnung einer Höhle durch Zauber vgl. S. Thompson, Motiv Index of Folk Literature (Kopenhagen 1955-58) bei D 1552 und F 92.3. 207 L. D. Barnett, Alphabetical Guide to Sinhalese Folklore from Ballad Sources: IA 45, 1916, 29 f. 208 KatyŚS 15, 5, 23 et alibi. 209 S. ferner F. B. J. Kuiper, Varuna and Vidūṣaka (Amsterdam 1979) 168. 210 TS 5, 2, 1, 1. 211 Im ceylonesischen Hinduismus als Erinnerung an die unkeusche Rşi-Frau Akälikai, die in einen Stein verwandelt wurde (J. Cartman, Hinduism in Ceylon [Colombo 1957] 155). 212 BaudhGS 2, 5, 10. Page #26 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 252 Willem B. Bollée rechten Fuß zuerst darüber heben und nicht darauf stehen,213 denn sonst würde sie wie die Schwelle werden, d. h. weder Hausfrau noch Hausfremde, weder Laie noch Religiose sein. Hier enthält der Fuß also bereits Werkzeugfunktion. Um Glück und Sicherheit auf Reisen zu haben, macht man ferner den ersten Schritt mit dem rechten Fuß,214 im Traum nach Süden gehen ist indessen ominös.215 Bevor wir den festen Untergrund verlassen, sei noch der Tanz gestreift, eine Fußbewegung, die es wohl schon in der Mohenjodaro-Kultur gegeben hat216 und die z. B. auch in Fruchtbarkeitsriten eine Rolle spielte.217 Zum Schluß ist hier der schon von Strabon für Kappadozien bezeugte218 Feuerlauf zu erwähnen, der z. B. in den ehemaligen North-Western Provinces beim Rāhu-Kult einiger niedriger Stämme,219 und im Süden Indiens infolge eines Gelübdes zur Genesung von einer Krankheit vorgenommen wird. 220 Nach Beschreitung der Feuergrube wird man oft mit den beblätterten Ästen eines bestimmten Baumes geschlagen.221 Es 213 ApGS 6, 8. - Tabus, auf die Hausschwelle zu treten, dürfte es viele geben, bes. in Verbindung mit dem ersten Schritt. Mrs. E. Dawson/Oxford macht mich auf das ,,first footing“ aufmerksam, bei dem die erste Person (die stattlich und hübsch sein muß, aber keine Blonde sein darf), die am Neujahrstag mit einem Stück Kohle in der Hand jemandem über die Schwelle kommt, Glück ins Haus bringt. 214 Kauss 50, 1; Bāņa, Hcar 57,8. 215 Jagaddeva, Svapnac II 71; 92. 216 Craven (vgl. Anm. 128) 20 f. 217 Meyer, Trilogie (vgl. Anm. 169) 1 57. 218 Geographia XII 537 (2,7) Ovềv toi. Kaotaßáhous toti tò uns Ilegaoias 'Agréuldos iegóv, όπου φασι τάς ιερείας γυμνοις τοις ποσί δι' ανθρακιάς βαδίζειν άπαθείς. 219 W. Crooke, The Popular Religion and Folklore of Northern India I (Westminster 1896) 19; - in Bihăr: S.C. Mitra, On the fire-walking ceremony of the Dusadhs of Bihār: QJMythSoc 27, 1936, 172-181; V. Rosner, Fire-walking the tribal way: Anthropos 61, 1966, 177-190; - in Bengalen: P.C. Roy Choudhury, Temples and Legends of Bengal (Bombay 1967) 122 Anm. 6 ,,Fire-walking rituals are common among some of the tribals. The tribals of Ranchi district regularly observe this ritual at (the) villages (of) Tupudana, Bikuadag etc. near Ranchi. The participants are known as Pat-Bhaktas and they even play by picking up and throwing burning cinders."; beim Siva Ekapada Tempel in Ekteśvar (2 Meilen von Bankur) am letzten Tag des Monats Caitra heißt der Feuerlauf agun sannyās. (Roy Choudhury, ebd.); - in Rajasthan, wie mir Herr J. Raendchen, Bamberg, 1982 aus Jodhpur bezeugt. 220 J.A. Dubois, Hindu Manners, Customs and Ceremonies (Oxford '1906) 598; C. G. Diehl, Instrument and Purpose (Lund 1956) 256 f.; A.C. Haddon, Fire-walking in southern India: Folklore 13, London 1902, 89 f.; P. G. Brewster, Fire-walking in India and Fiji: Zs. f. Ethnologie 87, 1962, 56-62 (behandelt den Feuerlauf zu Ehren der Göttin Kali in Cochin); A. Hiltebeitel: Sexuality and Sacrifice: convergent Subcurrents in the Fire-walking Cult of Draupadi, in: Conference on Religion in S. India, at Wilson College, Chambersburg (Pa.), 1978. F. W. Clothey, The many Faces of Murukan (The Hague, 1978) bes. 126 (über das Vaikāci Vicākam Fest in Tirupparankunram bei Madurai an Murukaņs Geburtstag). G.F. D'Penha, „A Fire and Car Festival, Travancore". IA 31 (1902) S. 392 „The object of this 'feast' is to enable the devotees of the goddess Amman - better known, perhaps, by the name Kali - to walk down a pathway of hot cinders (...). There were about 500 men, each with a stick in his hand, decorated (...)". 221 Im Tahiti-Archipel auf der Insel Raiatea sowie auf Hawaii werden hierfür Blätter der ti-Pflanze Page #27 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 253 handelt sich hierbei wohl um einen Reinigungsritus bzw. Abwehrzauber und kommt auch außerhalb Indiens vor.222 Außer Feuerlauf ist auch das Gehen auf Wasser in Indien nicht unbekannt.223 So wirkte der Buddha einmal bei Śrāvasti zwecks Überzeugung und Bekehrung von Ungläubigen ein Wunder, indem er das Phantom eines Mannes kreierte, der über dem Aciravati-Fluß lief.224 Der Traum vom Wasserlauf gilt als günstiges Omen.225 Für das Luftwandeln oder besser, Versuche dazu gibt es verschiedene Belege aus dem religiösen und profanen Bereich, von denen die Besteigung des Opferpfahls durch den Opferveranstalter und seine Frau beim Vājapeya-Ritus226 und den Seiltrick der Gaukler - beide gehen bekanntlich auf den sibirischen Schamanenflug zurück227 - hier nur beiläufig erwähnt seien. Die älteste Stelle ist wohl RV 10, 136, 3, wo ein langhaariger Muni sagt, er habe in der Ekstase den Wagen der Winde bestiegen. Aus ganz anderen Gründen war der Luftweg für Diebe von Interesse: ein solcher namens Satyaki erlangte in 7 Nächten den dafür erforderlichen Zauberspruch Mahā-rohiņi, indem er bei einer verlassenen Leiche Holz aufscheitete, anzündete und, solange es brannte, auf einem nassen Fell, das er darüber ausgebreitet hatte, auf seiner linken großen Zehe herumging.228 verwendet, d.i. die Dracaena terminalis; ihre langen, breiten, gelben Blätter haben einen süßlichen Geruch, s. T. Henry, Te Umu-Ti, a Raiatean Ceremony: J. Polynesian Soc. 2, 1893, 105 ff. (freundlicher Hinweis von Dr. Chr. Corne, Auckland). 222 Tawney/Penzer, The Ocean of Story II (London 1924) 169. - Für Ceylon siehe z. B. J. Cartman, Hinduism in Ceylon (Colombo 1957) 120f.; vielleicht erinnert die oben zitierte Jataka-Kommentarstelle (Ja I 233, 18 ff.) an einen Feuerlauf; - auf Java habe ich den Feuerlauf in verwässerter Form 1982 selbst noch gesehen; seine Existenz aus Bali bezeugt eine Abbildung in S. Black, Guide to Bali auf deutsch (Singapore 1976) 153. Ferner G. Spitzing, Bali (Köln 1983) 159. - Weitere Literatur in J. J. Meyer, Trilogie (vgl. Anm. 169) I 191; U. Harva, Die religiösen Vorstellungen der altaischen Völker (Helsinki 1938) 462 f.; M. Eliade, Le Chamanisme (Paris 1964) 63; - Kritisches bei D.H. Rawcliffe, The Psychology of the Occult (London 1952) Kap. 17; E. Benz, Ordeal by fire, in: J.M. Kitagawa and others, Myths and Symbols (Essays in Honor of Mircea Eliade. Chicago U.P., 1982) 251. 223 Siehe W.N. Brown, The Indian and Christian Miracles of Walking on the Water (Chicago/ London 1928); N. Klatt, Literarkritische Beiträge zum Problem der christlich-buddhistischen Parallelen, (Köln 1982) 182 ff. 224 E. Chavannes, Cinq cents contes et apologues III (Paris 1934; Nachdruck 1962) 314 ff. - Den Wasserlauf eines Peta auf dem Ganges erwähnt Petavatthu III 1:1 (386), den des Bodhisattva auf der Nairanjanā Mahävastu II 302, 6 (s. z.B. D. Seckel, Jenseits des Bildes (Heidelberg 1976] 16 u. Abb. 18). 225 Jagaddeva, Svapnac I, 90. 226 M. Eliade, Le Chamanisme et les techniques archaïques de l'extase (Paris 1951) 363; A.B. Keith, The Religion and Philosophy of the Veda and Upanishads (Cambridge Mass. 1925) 339. 227 M. Eliade (vgl. Anm. 226) 379 f.; ders., The Two and the One (Chicago U.P. 1982) Kap. iv. 228 Avassaya-Cunni II (Indore 1929) 175, 4f. Saccai (...) anäha-matie citikām kātunam ujjaletta alla-cammam vitaddettä vämenam argutthaenam carkkammati, jāva katthäni jalanti (lies mit Haribhadra, Avaśyaka-Vrtti (Bombay 1917) Fol. 686 a 4 f. anāha-madae ci(t)iyam (...) viyaditta (...) täva carkamai (...)). Page #28 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 254 Willem B. Bollée Unser nächstes Thema bilden die Fußspuren. Sie sind als zurückgebliebener sichtbarer Ausdruck eines vorbeigegangenen Lebewesens mit diesem eng verbunden, und Renou zufolge verdankt das Wort pada seine semantische Entwicklung zu Wort der magischen und liturgischen Bedeutung der Fußspuren.229 Wir betrachten zuerst die Abdrücke als solche, sodann ihre Rolle in der Kontaktmagie und in der Ominologie. Es gab natürlich Experten im Erkennen von Fußstapfen.230 Männerfüße hinterlassen Abdrücke, die tief im Vorderfuß sind, besonders von Jähzornigen,231 Frauen dagegen machen tiefe Fersen.232 Nicht immer haben ältere Frauen größere Füße als jüngere, wie der König und sein Sohn in der 24. Vetālageschichte erfuhren, als sie sich im Walde in die ihnen unbekannten Hinterlasserinnen von Spuren verliebten.233 In der Kontaktmagie will man meistens der Person, der die Fußstapfen gehören, habhaft werden oder ihr etwas antun - selten bewirken, daß sie sich selbst einer Sache bemächtigt. Letzteres liegt in der bekannten MS-Passage 2, 2, 1 vor, in der Leute, die einen vertriebenen König durch Beschwörungsriten wieder in den Besitz seines Reiches bringen wollen, (etwas Staub aus) seine(r) Fußspur nehmen und diese(n) alsdann von der sabhā eines grāmyavādin gegen den Wind herumgehend, ausstreuen.234 Beispiele der erstgenannten Kategorie sind ein spätvedischer, leider nicht spezifizierter Liebeszauber in Mädchenfußstapfen235 und eine Inkantation zur Schädigung eines Feindes, wenn dieser sich gen Süden begibt. Dazu geht man mit einer Axt236 dreimal in der Länge, dreimal in der Breite und schließlich auch diagonal durch die Spur seines linken Fußes und rezitiert dabei zur Ausschaltung von Zauberabwehrmaßnahmen seitens des Opfers237 leise das AV-Lied 2, 12.238 Der Glaube, daß Schädigung der Spur Schädigung des Fußes, der sie machte, bedeutet,239 läßt es oft ratsam erscheinen, sie zu verwischen. Bei den Spuren der sieben 229 L. Renou, Etudes védiques et pāņinéennes I (Paris 1955) 10. 21; s. auch A. Minard, Trois énigmes sur les cent chemins II (Paris 1956) $ 211 a. 230 Ja III 501, 23; IV 221,15; - Kalidāsa, Sakuntalā III 51"; KSS 18, 355. 231 Avaśyaka Cürņi 553, 2 ff.; - Chavannes (vgl. Anm. 106) AS. 124 f. 232 Kālidāsa, Sak. III 7*. Somadeva, KSS 98, 25 f. Siehe W. Rau, Staat und Gesellschaft im Alten Indien (Wiesbaden 1957) 76. 235 SVB 2, 6,9. 236 Siehe aber Caland, Altindisches Zauberritual (vgl. Anm. 292) 162 Anm. 23 zu Kauss 47, 25 ff. 237 U.a. SVB 3, 5, 5 ff. 238 Vgl. Kauss 48, 11, wo Viehdieben die Fußspur aufgerissen und mit AV 5, 17 besprochen wird. Ferner z. B. J. von Negelein, Traumschlüssel des Jagaddeva (Gießen 1912) 361: ,, wenn ein Fußstapfen hinten oder vorne eine Bruchstelle zeigt, so stirbt der betreffende Mensch"; Adbhutasagara 544 Z. 6 et passim. 239 Mir nicht ganz klar ist die Stelle Kauss 36, 36, wo zur Beseitigung eines Nebenbuhlers empfohlen wird, über die Spur eines Impotenten (klība) einen Bogen aus Badhaka-Holz zu zerbrechen, bei dem die adjektivische Bedeutung von bādhaka natürlich mit zu berücksichtigen ist. Diese Passage „presupposes the possibility of transferring the specific quality of a eunuch to the paramour by means of the former's footprint" (J. Gonda, Vedic Ritual (Leiden/Köln 1980] 98), es fehlt aber ein Bezug auf die Person des Nebenbuhlers, indem etwa über dessen Spur der Bogen eines klība zu zerbrechen wäre. Page #29 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 255 Schritten der Brautsleute z. B. geschieht das mit Wasser;240 beim Herüberholen des Feuers vom Ahavanīya tut es der Agnidhra bei den Fußstapfen des Opferpriesters vor ihm mit dem Sphya;241 nach einer Totenverbrennung löschen die Verwandten ihre Spuren mit Schilfrohr o.ä. aus.242 Ein Gottesurteil mittels Fußabdrücke überliefert Kalhaņa, indem er den Gott Vişnu dem König Candrapīda im Traum verkünden läßt, daß derjenige, der nachts dreimal sein Heiligtum umwandelt, der Mörder eines Brahmanen ist, wenn hinter seinen Spuren die des personifizierten Brahmanenmordes erscheinen.243 Für Fußspurzauber in Verbindung mit einem Schwur wie im deutschen Mittelalter kann ich keine indischen Parallelen anbieten.244 Nach den Füßen und den Spuren einige Bemerkungen über die Schuhe, welche laut Vinaya (I 190) aus verschiedenem Material bestanden: Leder, Holz, Gras, Wolle usw. und mit buntem Besatz versehen waren.245 Sind die Mönche vielleicht anfangs barfuß ausgegangen,246 - jedenfalls gehört Fußbekleidung nicht zu den festen Ausrüstungsgegenständen (parikkhāra) — 247 so läßt im Vinaya der Buddha anscheinend doch Ledersandalen248 zu, verbietet jedoch zugleich solche aus anderem Material, entweder, weil dafür Pflanzen sterben müssen249 oder als Luxus 250 Holzschuhe aber, weil damit frühmorgens Insekten getötet werden können und des Lärms wegen, der die Meditation anderer Mönche stört.251 Wie sonst oft wird auch bei der Fußbekleidung brahmanisches Brauchtum Vorbild gewesen sein. Im Jaina-Kanon ist dagegen von Schuhen für Mönche nicht die Rede. Erst später werden sie als für Schwache und Kranke zulässig erklärt, sowie in der Wanderzeit. Acht Formen werden aufgeführt, die dem jeweiligen Zweck entsprechen.252 Obwohl Jaina-Mönche eigentlich nachts nicht aus 240 SankhGS 1, 14, 7. 241 J. Schwab, Das altindische Tieropfer (Erlangen 1886) 32. 242 MānavaGS 2, 1, 12 f. 243 Rājat 4, 103. 244 Siehe H. Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte I: Frühzeit und Mittelalter (Karlsruhe 1962) 35 (freundliche Auskunft von Herrn Prof. Dr. E. Schmitt, Bamberg). 245 Vinaya I 185, 28 ff. Uber mit Klauen versehene Sandalen der Vratyas berichtet BŚS 18, 24 (s. H. W. Hauer, Der Vrätya [Stuttgart 1927] 107. 136). 246 Siehe H. Kern, Manual of Indian Buddhism (Straßburg 1898) 80. 247 Ebd.; als Kleinigkeiten sind sie zusammen mit Nadeln, Scheren, Gürteln etc. im Kloster vorrätig (Vinaya II 177,5). 248 Und zwar einsohlige (Vin I 185, 24 ff.; Ja III 79, 13), denn Laien versuchten mitunter, durch die Sohlendicke ihrer Sandalen größer zu erscheinen, wie Arrian, Indica XVI 5 berichtet: 'Ynodńuata δε λευκού δέρματος φορέoυσι, περιττώς και ταυτα ήσκημένα και τα ίχνη των υποδημάτων αυτoίσι ποικίλα και υψηλά, του μεζονας φαίνεσθαι. 249 Vinaya I 189, 11. 250 Vinaya I 190, 24. 251 Vin I 188, 20 ff. chabbaggiya bhikkhu rattiyā paccusa-samayam paccutthāya katha-pădukāyo abhiruhitvā ajjhokäse carikamanti uccă-sadda (...) kitakam pi akkamitvä märenti bhikkhu pi samadhimhä сäventi (...). Na, bhikkhave, katha-pădukā dharetabbā. - Auffällig ist hier die Erwähnung der kitaka-Tötung. - Vin II 143, 1. 252 BKappaBh IV 3847 ff. Siehe J.C. Jain, Life in Ancient India (Bombay 1947) 147 f. Schuhe sind weder ,,important articles of costume" noch im BKappaBh „prescribed" (Jain). Außerdem sind Page #30 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 256 Willem B. Bollée gehen dürfen, gibt es im BKappaBh hierfür dennoch eine Art Sandalen 253 zum Schutz gegen Dornen usw.254 Keine Schuhe trägt der buddhistische Mönch während des Bettelganges255 und in Anwesenheit eines barfüßigen Lehrers, 256 ersteres angeblich demutshalber, das zweite der Etiquette wegen. Unterwegs hangen sie in einem Beutel an seinem Gürtel, seit es einen Fall gab, wo ein Laienanhänger einen Mönch auf seiner Almosenrunde im Dorf ehrfürchtig grüßte und dabei mit dem Kopf dessen lose am Leibband befestigten Sandalen berührte, wodurch der Mönch sich genierte.257 Ähnliches gilt auch für den Vedaschüler: er darf im Dorfe keine Schuhe tragen258 und sich mit ihnen nicht seinem Lehrer nähern.259 Gautama verbietet ihm sogar Schuhe überhaupt.260 Der Snātaka jedoch braucht bei seiner Rückkehr weiße Schuhe;261 ihm sind Sandalen und Holzschuhe erlaubt.262 Essen, auf dem Abort hocken,263 grüßen und die Götter verehren264 darf er, wenn er sie anhat, allerdings nicht - ja, er darf nicht einmal seine eigenen jarghika wohl eine Art Schaftstiefel', also ,top-boots' und keine ,shoes which covered (...) full shanks, wie von B. Deo, History of Jaina Monachism (Poona 1956) 411 offenbar gedankenlos übernommen. Siehe noch PWB s.v. manda-püla. 253 BKappaBh III 2884 taliyau ratti-gamane kant'-uppaha-tena-sävae a-sähu (...). 254 Malayagiri bemerkt hierzu talikäh - kramanikäs täś ca rătrau gamane kantaka-takşanartham pādesu badhyante. Sartha-vaśād vă panthānam muktvôtpathena gacchatām stena-śvāpada-bhayena va tvaritam gamyamane divâpi badhyante. 255 U.a. Vin II 118, 5; (Waldbewohner) 217, 22. Eine Begründung wird nicht gegeben. Bei den Bettelgangvorschriften 213, 13 ff. und 215, 32 ff. werden keine Schuhe erwähnt. 256 Vin I 187, 28. 257 Vin II 118, 5. Vgl. G. Carstairs, The Twice-Born (vgl. Anm. 2) 79 ,,to be struck on the head by another's shoe conveyed a humiliation out of all proportion to the physical hurt", des Verlustes von punya wegen (J. Abbott, Keys (vgl. Anm. 293] 14). - In diesem Zusammenhang ist auch das Gleichnis der Brahmanin interessant, das Hemacandra Maladhārin in seinem Kommentar zum Visesavasyakabhāşya 928 als Beispiel eines schlechten, weil in den Samsāra führenden Charaktertests (bhāvopakrama) bringt. Eine gut meinende Schwiegermutter rät ihren, wohl frischverheirateten drei Töchtern, ihren Ehemännern, um sie kennenzulernen, an den Kopf zu treten, wenn sie bei ihrer Heimkehr ihnen etwas vorwerfen sollten. So behandelt sagt der Mann der ersten Tochter: „Dein zarter Fuß wird sich wehgetan haben" und reibt ihr ihn. Von ihr meint die Mutter, sie könne zu Hause machen, was sie wolle. Der zweite Mann bemerkt: ,,Frauen von gutem Hause tun so etwas nicht" und läßt es dabei. Er sei wie der erste. Der Mann der Nr. 3 schimpft aber heftig und jagt sie aus dem Hause. Von ihrer Mutter zurückgebracht erhält sie den Rat, ihren Mann durch Aufmerksamkeit wie die höchste Gottheit zu besänftigen. - Winternitz schließlich nennt als Titel einer modernen Streitschrift den ,,Pantoffel ins Gesicht der Bösewichte" (Durjana-mukhapadma-pădukā), wobei pädukā eine Steigerung von capeți ka darstellt (GIL I, 465 Anm. 1). 258 Gobhila GS 3, 1, 25. Nach seiner Initiation (upanayana) erhält er welche (M. Sinclair Stevenson, The Rites of the Twice-Born (vgl. Anm. 125] 40). 259 ĀpastambaDhS 1, 2, 6, 10;- vgl. Dubois (vgl. Anm. 2) 330. 260 GautamaDhS2, 13. 261 MänavaGS 1, 2, 17. 262 ApDhS 1, 2, 8, 2. 263 ApDhs 1, 11, 30, 18. 264 GautamaDhS 9, 45. Page #31 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 257 Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst Schuhe ausziehen.265 Daß er z. B. auch keine Schuhe von anderen benutzt,266 verwundert nicht, tritt er doch in einen neuen Lebensstand, den des Hausvaters, ein, der neue Kleidung usw. erforderlich macht. Die Auffassung von Kleidung als persönlichem Besitz hat sich sodann verallgemeinert.267 Dubois schließlich bemerkt, daß kein Hindu überhaupt je sein eigenes Haus, geschweige denn das eines Fremden mit Lederschuhen an den Füßen betreten soll (op. cit., S. 330). Füße als Werkzeug oder Waffe Nach dem Fuß als Steh- und Gehmittel kommen wir jetzt zu seiner Verwendung als Werkzeug bzw. als Waffe, als verbreitetes Mittel, jemanden zu bezwingen bereits im RV, wo der Dichter den König Asamāti lobend anruft und sagt: „Du hast Deinen Fuß auf die Paņis gesetzt“ (Geldner).268 Mehrfach wird ein Kampf manibus pedibusque erwähnt269 und ebenso natürlich, daß ein Sieger als Zeichen der Besitzergreifung seinen Fuß auf den Kopf seines Gegners stellt,270 obwohl das bei Verwundeten als unehrenhaft gilt.271 Daß es diesen Ausdruck vielleicht ebenfalls im übertragenen Sinne gibt, daran könnte man in einer Itthiparinna-Strophe denken, in der es heißt, daß die Frau einen Mönch, der sein Gelübde gebrochen und sich mit ihr eingelassen hat, auf dem Kopf trampelt,272 denn in Anbetracht des großen Respekts vor Mönchen und der indischen Gefühle hinsichtlich Kopf und Fuß wäre das sonst ohne Zweifel eine schlimme Beleidigung. Eine solche zeigt tatsächlich eine Illustration zum Amaruśataka: eine eifersüchtige Geliebte tritt mit dem Fuß nach dem Kopf ihres reumütigen Liebhabers.273 Tritte nach oder auf andere(n) Körperteile(n) lösen verschiedene Reaktionen aus. So verursachte die Dienerin, die den Brahmanen Cāņakya von seinem Sitz trat, den Untergang der Nanda-Dynastie,274 während die Fußtritte, welche Kīrtisenā von ihrer bösen Schwiegermutter erhielt, eine Reihe von Abenteuern auslösten, die aber ein gutes Ende nahmen.275 Sogar Brahmanen genieren sich nicht, ihre Füße gegeneinander 265 Manusmrti 4, 74. 266 Ebd., 4, 66. 267 Carstairs (vgl. Anm. 2) 79. 268 RV 10, 60, 6 Panin ny akramih. 269 U.a. Räm 3, 4, 7ff. (Rāma und Lakşmana gegen den Riesen Viradha); 3, 51, 40 (der Dämon Rāvana gegen den Geier Jațâyus). 270 Mvu III 31, 4; KSS 20, 190. 271 Mbh 9, 63, 15 d. 272 Süyagada 1, 4, 2, 2 bhikkhum (...) pāy'uddhattu muddhi pahananti. Cf. Údò sódastideoital ,to trample under foot, scorn (Liddell/Scott, A Greek-English Lexicon (Oxford, '1948). 273 Kl. Fischer, Erotik und Askese (vgl. Anm. 142) Abb. 102. - Hier ist also von einem , sanften Regiment der (indischen) Frauen“ (G. Tölle) nicht die Rede. Das gilt auch z. B. von Vasantasenā, wenn sie den ihr zu Füßen liegenden Sakāra wütend an den Kopf tritt, was ihn wiederum gegen sie aufbringt (Mșcchakațika 8, 19). 274 Hemacandra, Par 8, 223. 275 KSS 29,86. Page #32 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 258 Willem B. Bollée als Rachemittel für Beleidigungen einzusetzen.276 Einen bösen Tritt gab ferner eine Prinzessin einem für die Thronfolge auf die Probe gestellten General beim Massieren ihrer Füße in die Brust, warf ihn um und ließ ihn alsdann hinauswerfen (Jātaka VI 38, 20). Die Berührung mit dem Fuß muß nicht immer beabsichtigt sein: bei dem als Vişņu dargestellten Opfer sagt der Adhvaryu entschuldigend , daß ich nicht, O Vişnu, mit meinem Fuß gegen Dich sündige' (VS 2, 8). Andere, nicht mit dem Fuß berührbare Wesen sind Feuer, ein Lehrer, ein Brahmane, eine Kuh, ein Mädchen, ein Greis und ein Kind, 277 und ein Snātaka darf einen Sitz nicht mit dem Fuß an sich ziehen.278 Auf Speisen auftreten tut ferner jemand, der den Verrückten spielt.279 Absichtlich mit dem Fuß berührtes Essen soll ein Brahmane nicht zu sich nehmen (Manu 4, 207). Es werden jedoch nicht immer Tritte als unangenehm empfunden: so erklärt sich Vişņu von der Aufweckung mittels Fußtritt gegen seine Brust durch den Rși Bhrgu hochgeehrt und beglückt und streichelt sogar noch den Fuß des Weisen.280 Auch können Fußtritte ihres Liebhabers die Lust einer Frau vergrößern,281 während solche einer Schönen u.a. den Asoka-Baum zum Blühen bringen,282 denn Frauen haben nach altem Volksglauben fruchtbarkeitsfördernde Kräfte für die Vegetation,283 deren Ver 276 KSS 20, 14. Brahmanen sind aber fußrein (Varāhamihira, BS 74,8). 277 MärkandeyaPur 14,59f.; Vrddhacāņakya 7, 6 in Böhtlingk, Ind. Spr. (2. Aufl.) 4038. 278 GautamaDhs 9,49. 279 KSS 18, 249. 280 Padmapurāņa 5 zitiert von M. Winternitz, GILI (Leipzig 1908) 455. 281 KSS 21, 75. - Für das Frau-kommt-zu-spät-Motiv s. W. Bollée, Kunālajtaka (London 1970) 148 ff. 282 Kālidāsa, Kum 3, 26; Bäna, Hcar (Bombay 1946) 164, 6; Hemacandra, Trişasti 1, 2, 989; Bhāvadevasuri (14. Jh.), Pärśvanātha-caritra VI 796; Sarojini Naidu, „Ashoka Blossom", in: The Broken Wing (London 1926) 64 ,,If a lovely maiden's foot Treads on the Ashoka root, Its branches sway and swell, - So our eastern legends tell, - Into gleaming flower, ..." Die bildliche Darstellung einer solchen Szene findet sich auf der Geländersäule J 55 im Mathurā Museum, s. J. Ph. Vogel, La belle et l'arbre aśoka: BEFEO 9, (1909, 531 f.); A.K. Coomaraswamy, Yakşas (Washington 1928) 35 Abb. 6:3. 283 Siehe u.m. J.G. Frazer, The Golden Bough (Abr. ed. London 1950) 28.- Bei Naidu heißt es in ihrem ,,In a Time of Flowers": ,,The old earth breaks into passionate bloom At the kiss of her (spring's] fleet, gay foot" (in: The Bird of Time (London 1926] 43). - Auf die Identität vom Liebes- und Vegetationsgott Kama mit dem Asoka wies J.J. Meyer in seiner Triologie I (vgl. Anm. 169) 29. 34. 36 et passim hin. Die Berührung mit dem Fuß(lotus) steht hier wohl dem Schlagen mit (grünen) Zweigen u.ä. bei Vegetationsfesten gleich, wodurch die bösen Kräfte von Trägheit und Stockung ausgetrieben und in den so behandelten Lebewesen c.q. Bäumen neue Aktivität hervorgerufen wird (vgl. Meyer ebd. 194 ff.). Page #33 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 284 langen nach Berührung durch ihren Fuß sogar als Schwangerschaftsgelüst bezeichnet wird, wie es indischer Auffassung zufolge auch Pflanzen und Tiere haben können.2 Einige besondere Tätigkeiten mit dem Fuß sind ferner noch das Kratzen der Erde aus Langeweile bzw. Geringschätzung, wie es z. B. Duryodhana über die Ermahnung Maitreyas tut;285 aus Niedergeschlagenheit, wie Devahuti beim Weggang ihres Gatten;2 ;286 oder bei dem Gedanken an Land.287 An Moses erinnert weiter Davadanti, als sie mit den Worten,,wenn mein Geist vom rechten Glauben erfüllt ist, so soll hier reines Wasser mit Wellen (udvici-värya) entstehen" mit ihrer (rechten) Ferse auf die Erde stieß und in der Weise in einem trocknen Flußbett Wasser hervorrief.288 Im Falle von Behexungen ist natürlich der linke Fuß das Werkzeug. Eine auffällige Tätigkeit übt der königliche Yajamana aus, wenn er bei seiner Salbung auf eine Tigerhaut tritt und mit dem rechten Fuß ein Stück Blei zu einem Impotenten, mit der linken ein Stück Kupfer zu einem Barbier stößt.290 Dienen Schuhe in erster Linie der Isolation und dem Schutz - materiellen und magischen - so ist der Schritt zum Apotropäikum ein kleiner. Er findet sich vielleicht bereits im KausS 41, 6, wo jemand Regen herbeizaubern will, indem er einen Hundekopf, einen Widderkopf, (Menschen-)Haar und ein Paar alte Schuhe am Ende eines Bambuspfahles bindet und damit in die Luft schlägt als um einen Dämon zu bekämpfen, während er AV 4, 15 oder 7, 18 rezitiert. Ich neige dazu, diese Interpretation von Zachariae zu bevorzugen," weil die genannten Gegenstände mir eine Art Totali 292 291 259 289 284 Tawney/Penzer (vgl. Anm. 222) I 222; B. Rowland, The Art and Architecture of India (London 1953) Glossary s. v. dohada. 285 Mbh cr. ed. 3, 11, 29. Ein Stock kann hier den Fuß ersetzen, v. Bollée, Kuņālajātaka (vgl. Anm. 132) 104 Anm. zu 39, 22. 286 BhāgavataPur 3, 23:50. 287 VarBrS 51, 13. 288 Hemac Trişaşți 8, 3, 717f. 289 Kauss 47, 4 (vgl. Caland, Zur Exegese und Kritik der rituellen Sutras III: ZDMG 53, 1898, 209. 290 Vide J.C. Heesterman, The Ancient Indian Royal Consecration ('s-Gravenhage 1957) 209. 291 Sva-sira-eṭaka-sirah-keśa-jarad-upānaho (-au) vamśâgre prabadhya yodhayati. Ihr Alter steigert die magische Kraft von Personen und Gegenständen (K. Th. Preuß, Die geistige Kultur der Naturvölker [Leipzig 1914] 31). 292 Th. Zachariae, Zum altindischen Hochzeitsritual: WZKM 17, 1903, 137f. Opera Minora (Wiesbaden 1977) 505 f.; A.B. Keith, The Religion and Philosophy of the Veda and Upanishads (Cambridge Mass. 1925) 389. - Vgl. die Aussendung eines Zauberers bei den Kumaon im westnepalesischen Grenzgebiet zur Bekämpfung des Hageldämons bzw. von Hagelsteinen mit einem Schuh (W. Crooke [vgl. Anm. 173] I 80), denn Geister und Dämonen sollen Angst vor Leder haben (Crooke ebd. II 34), womit wohl auch zusammenhängt, daß jemand im Sirsa-District (250 km NW von Delhi) früher ein von einer plötzlichen Krankheit befallenes Pferd heilen konnte, indem er es nach Auszug seiner Kleidung siebenmal mit seinem Schuh auf den Kopf schlug (W. Crooke, Journal of the Anthropological Institute 49, 1919, 238); hierbei dürfte die Nacktheit des Mannes die Abwehr der Krankheit durch den Schuh noch verstärkt haben. Siehe ferner auch J.M. Campbell, Notes (vgl. Anm. 74) 296 ff. sowie S. C. Mitra, Sorcery in Ancient, Mediaeval and Modern India: JAnthropSoc. Bombay 7, Page #34 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 260 Willem B. Bollée tät der Kampfmittel auszudrücken scheinen – darauf könnte auch ihre Fünfzahl hinweisen 293 - im Gegensatz zu Caland, der die Köpfe und die Schuhe aus Menschenhaar (!) miteinander kämpfen lassen will, wovon ich den Sinn nicht recht sehe. Betrachten wir diese „Abwehreinheit“ genauer, so ist dem Widderkopf darin aufgrund der Beziehung, die das Tier zum post-rgvedischen Regengottaspekt Indras hat,294 wohl eine besondere Funktion zuzuschreiben. Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang vielleicht auch der auf einer Stange befindliche, als Schirm über einer zur Hinrichtung abgeführten Rākṣasi gehaltene Schuh,295 der womöglich die Verhinderung von Befreiungsversuchen bezweckte. Es ist ferner ein gutes Omen, wenn sich jemandem ein Hund nähert mit einem Stück von einem alten Schuh im Munde 296 Schließlich sei noch die Rolle des Schuhmachers bei der Hochzeit in Südindien berührt: er muß dazu nämlich seine Zustimmung geben, wozu er durch ein Betelgeschenk gebeten wird.297 Tierfüße, -spuren Den Menschenfüßen folgen jetzt die Tierfüße, zunächst von wirklichen Tieren, sodann von tiergestaltigen anderen Wesen. Bei den Pfoten von Tieren, besonders solchen, die im Ritual eine Rolle spielen, ist auch die Farbe wichtig. Ein weißfüßiges Pferd wird beim Aśvamedha erwähnt (TS 7, 3, 17, 1), während ein Schaf mit weißen Pfoten als Ahnenopfer alle Wünsche erfüllt (AV 3, 29, 1 ff.). Auspiziös sind ferner eine derartige Ziege298 sowie ein Stier mit einer weißen Pfote.299 Die den Kommentatoren 1905, 347.355.- Anders W. Caland, Altindisches Zauberritual (Amsterdam 1900) 141; V. Henri, La Magie dans l'Inde antique (Paris 1904) 110f. In diesen Bereich fällt auch das Schlagen mit einem Schuh auf die Fußsohle/Ferse als Mittel gegen Cholera, weil die Krankheit dort Krämpfe verursacht, s. H. Yule/A.C. Burnell, Hobson-Jobson (London 1886) Sp. 587b, 588 a und 586b. 293 Uber die fünfteilige Ganzheit siehe u.a. C.H. Tawney/N.M. Penzer, The Ocean of Story I (London 1924) 255; G. J. Held, The Mahābhārata (Amsterdam 1935) 93; Kirfel, Symbolik (vgl. Anm. 44) 97 ff., 150; N. Balbir, Dānâştakakathā (vgl. Anm. 126) 67; Dubois, Hindu Manners (vgl. Anm. 2), 239, E.R. Curtius, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter (Bern/München $1965) 501; J. Abbott, The Keys of Power (London 1934) 295 ff. 294 Siehe z. B. W.B. Bollée, Şadvimśabrāhmaṇa (Utrecht 1956) 18. Implizite Bedeutung haben hier die Widderhörner; ihre doppelte - apotropäische und sich auf die Fruchtbarkeit beziehende - Funktion ist zum richtigen Verständnis dieser Passage zu berücksichtigen. Im übrigen ist bekanntlich der Widder eigentlich das mit Varuņa verbundene Tier. 295 Kathākośa 26, in der Übersetzung von C.H. Tawney (London 1895) 108. Ingeborg Hoffmann gibt das semantisch unklare Wort chittvara mit alte Futterschwinge wieder; s. die Anm. auf S. 266 ihrer Ausgabe (vgl. Anm. 127). 296 J.E. Padfield, The Hindu at Home (Delhi 1975) 256. 297 Th. Zachariae, Opera Minora (vgl. Anm. 292) 712 f. Saraswati, Brahmanic Ritual Traditions (vgl. Anm. 74) erwähnt hierüber nichts. 298 VarBrs 65, 6 (sie darf aber auch schwarze Pfoten haben; die Farbe ist mithin offenbar irrelevant). 299 Ebd. 61, 19; hier ist ebenfalls die Farbe unwichtig. Page #35 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 261 300 zufolge mit den Resten der Opferbutter bestrichenen weißfüßigen (śitipad-) Kühe oder Schafe, die nach einer Inkantation in die Richtung des feindlichen Heeres entlassen werden, sind mit Caland wohl eher als Pfeile mit weißen Federn zu betrachten.30 Auffällig bleibt aber auch dann die Farbe, würde man in einem solchen Ritus doch eher die Verwendung schwarzer Tiere oder Gegenstände erwarten. Einige Male begegnet die Vorschrift, die Füße des Opfertieres zur Entfernung des Übels, das es sich damit zugezogen hat, abzuwaschen.301 Des weiteren wird von dem Tier, das den Pitaras gewidmet ist, der linke Vorderfuß festgebunden. Der Tiger wird als solcher im Rgveda nicht erwähnt, muß gleichwohl in den jüngeren Teilen bekannt gewesen sein, wenn Vyaghrápad tatsächlich der Name des Dichters von RV 9, 97, 16-18 ist. Mit der thematisierten Form Vyaghrapada begegnet im Mbh (cr. ed. 13, 14, 75) ein Rşi im Krta-yuga. Sind dies etwa Spottnamen nach einer Fußabnormalität oder haben die Genannten etwas mit den aus dem SB bekannten Tigermenschen zu tun?302 In Gujerat hängt man sich ferner Tigerkrallen als Apotropäikum um den Hals.303 Von den Vierfüßern zu den Vögeln: als Mittel gegen Angina pectoris, Gelbsucht usw. empfiehlt KauśS (26, 18), drei gelbe Vögel mit einer gelben Schnur an den linken Füßen unter dem Bett des betreffenden Kranken festzubinden und Wasser so über den Patienten auszugießen, daß es von ihm auf die Vögel fließt und diese ihm folglich seine Krankheit abnehmen.304 Für angenehme Aufregung sorgt dagegen ein Gewitter bei Pfauen, die dann vor Freude zu tanzen anfangen.305 Dabei wird freilich,,der Ort, wo die Speise hinaustritt", 306 sichtbar, und darum gelten tanzende Pfauen als der Inbegriff der Schamlosigkeit.307 Ähnlich verhalten diese Vögel sich ferner bei dem Anblick für den König bestimmter vergifteter Speisen, wie aus der Erzählungsliteratur hervorgeht. 308 Bei Hemacandra schließlich finden wir die Unvernunft der Askese im Vedanta mit dem Bild des Rebhuhns karikiert, das aus Angst, hinzufallen, auf einem Fuß tanzt, wie 300 AV 11, 10, 6 (Kuh); KauśS 14, 22 (Schaf; s. Calands Anm. und vgl. 14, 12f.). - Man könnte auch an einen Unglücksvogel mit weißen Pfoten denken; dann wäre die Fußfarbe hier ohne Bedeu tung. 301 AV 9, 5, 3 und KausS 64, 9; W. Caland, Das Vaitānasūtra des Atharvaveda, in: Verh. AdW. XI, 2 (Amsterdam 1910) 30. 302 Siehe J. v. Negelein, Das Pferd im arischen Altertum (Königsberg i. Pr. 1903) 11 Anm. 2; S. C. Mitra, Sorcery (vgl. Anm. 292) 342 ff. (in Orissa, Zentral-Indien, Chota Nagpur etc.); W. Bollée, The Indo-European Sodalities in Ancient India: ZDMG 131, 1, 1981, 173; St. Grof, Topographie des Unbewußten (Stuttgart 1978) 203. 303 R. E. Enthoven, The Folklore of Gujerat: IA 45, 1916 120. 125. 304 Ähnliches geschieht KauśS 32, 17 mit einem Frosch. 305 J.P. Thaker, Peacock: the national bird of India: JOIB 12, 4, 1963, 428 f.; C. Śivaramamurti, Birds and Animals in Indian Sculpture (New Delhi 1974) 28 ff. u. Abb. 81 (Kangra Schule, Ende 18. Jh.); P. Th. Nair, Peacock: the national bird of India (Calcutta 1977) 89 et passim. 306 O. Böhtlingk, Indische Sprüche III (St. Petersburg 1873) Nr. 5051. 307 Mbh cr. ed. 12, 115, 9 etc.; Ja I 207, 16. 308 Sukranīti 1654f.; Hemavijaya, Kathāratnâkara I 6. Erzählung. Page #36 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 262 Willem B. Bollée ein Mann auf einem Bein stehend Askese übt aus Furcht, sonst in die Hölle zu stürzen.3 309 Tierspuren werden bereits im RṚgveda erwähnt, z. B. heißt es in einer Hymne an Agni Vaiśvānara,der (...) Bulle (...) hat den doppelten großen Ton, das wie die Spur der Kuh verborgene (Wort) aufgefunden,310 wozu Geldner bemerkt,,,die verborgene Spur der Kuh ist hier ein Bild für das zu suchende seherische Wort oder den seherischen Gedanken (...). So hat sich in padá aus der Bedeutung,Spur' die von,Wort entwickelt." Normalerweise ist die Kuhspur aber sicht- und verwendbar, z. B. um da Speisereste eines neugeborenen Jungen hineinzulegen - ebenso wie die Spur hier dürfen sie als pars pro toto stehen zur Herstellung einer Verbindung zwischen dem schwachen Kind und dem auspiziösen, magisch kräftigen Tier.331 Caland nimmt auf diese Stelle Bezug in einer Anmerkung zu KauśS 39, 23, wo der Brahman und der Zauberbegünstigte, der die Zauberpuppe trägt, während eines magischen Ritus, um eine Behexung auf den Urheber zurückzuwenden, an einen Ort gehen, an dem sich keine Rinderfußabdrücke befinden. Besondere Bedeutung kommt den Spuren der Somakrayani-Kuh zu: man gießt da Ghi hinein,3 bannt den bösen Geist in sie, indem man sie mit dem Holzschwert (sphya) umkreist313 usw. Die mit Wasser gefüllten Fußstapfen der Kuh sind öfter ein Bild der Vergänglichkeit oder Geringfügigkeit und werden so auch dem Ozean gegenübergestellt," z. B. in einer proverbiellen Redensart für eine Antiklimax,,nach Überquerung des Ozeans in einer (mit Regenwasser gefüllten) Kuhspur ertrinken." In der vedischen Zeit hören wir ebenfalls von Opfern in die Abdrücke von Pferdehufen, denn das Pferd ist Agni.318 Über die Frage, ob man sie als Repräsentanten von Kraft (virya) auch mit Feuer berühren darf, gehen die Autoritäten auseinander.319 Weil ferner das Pferd mit der königlichen Gewalt identifiziert wird (ŚB 13, 2, 2, 15), wundert es nicht, wenn wir von Fürsten lesen, die mit der Stirn den Staub der Pferdespuren eines Mahārājas berühren.320 309 310 RV 4, 5, 3. 311 BaudhGS 2, 1. Hemac Trişaşți 1, 1, 389. 312 SB 3, 3, 1, 4. 313 ApŚS 10, 23, 2. 314 315 316 Milindapanha 287, 13. 317 Hemac Trişaşți 1, 5, 247. - 312 <<317 Anguttara-Nikaya IV 102, 7. 315 Ebd. III 188, 10; Buddhaghosa, Sumangalavilāsini 283, 28. – Im Sa. z.B. Mbh cr. ed. 1, 27, 9. - Vgl. den Pferdefuß im französischen Ausdruck,,un honnête homme ne se trouve pas sous le pied d'un cheval" (P. Imbs, Trésor de la langue française V [Paris 1977] 670 f.), der für etwas ganz Gewöhnliches steht. 318 SB 6, 3, 3, 22 (mit Kreis um die Abdrücke). 319 Ja: ŚB 2, 1, 4, 24; 13, 4, 3, 4 (mit Kreis um die Abdrücke); - nein: TB 1, 1, 5, 9. 320 Bhāsa, Pratijñā-yaugandharāyaṇa, 2. Akt zitiert nach J. Hertel, Jinakīrtis,,Geschichte von Pala und Gopala" (Leipzig 1917) 124. Page #37 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst Erwähnt seien hier wenigstens noch Hufsandalen - das Äquivalent der römischen soleae ferreae - zu Harsas Zeit (1. Hälfte des 7. Jh.), denn Hufbeschlag mit Nägeln hat es m. W. im alten Indien nicht gegeben.32 321 Wolfsspuren haben in die Philosophie Eingang gefunden, und zwar erscheinen sie einmal im Mahabharata als Beispiel eines sinnlosen Diskussionsgegenstandes und. zum andern bei dem Buddhisten Candrakirti, der den Standpunkt eines Materialisten darlegt, der anhand von Fingerabdrücken im Straßensand und ihrer Interpretation durch Leute, die ihre Entstehung nicht beobachtet haben, aber sie dennoch für Wolfsspuren halten, die Ansicht aufzuzwingen versucht, daß in gleicher Weise keine Existenz einer Seele postuliert werden darf, welche doch genauso bislang niemand wahrgenommen hat. 322 263 Saśapada schließlich hat im Sanskrit nicht die Bedeutung,Hasenfuß (Feigling), sondern ‚Hasenspur', d. h.,,etwas, worüber man leicht hinwegkommt" (pwb)." 323 Als Symbol des Unsichtbaren und Geheimen wird bereits im Ṛgveda die Vogelspur verwendet, wenn der Dichter sagt (4, 5, 8): ,Agni bewahrt (als sein Geheimnis) den geliebten Gipfel der Erde, die Spur des Vogels (Geldner).324 Es begegnen ferner imehrmals Spuren von Unglücksvögeln, besonders der Taube, im RV (10, 165, 5),mit einem Vers scheuchet die Taube fort; führet die Kuh herum (...), alle bösen Spuren austilgend' und später,325 Füße tiergestaltiger Wesen Außer echten Tieren kennt Indien auch tiergestaltige Wesen verschiedener Arten, z. B. den sarabha, der in der vedischen Zeit in Verbindung mit der Ziege genannt326 und im Mittelalter mit Gaur und Yak als einhufig beschrieben,327 mithin anscheinend als wirklich existierendes Tier aufgefaßt wird, im Epos jedoch als achtpfotiges Ungeheuer erscheint, das Löwen und Elefanten tötet.328 Ferner das weiße fliegende Pferd Valaha oder Balaha mit Krähenschnabel und muñjagrasartigem Fell, eine Reinkarnation des Bodhisatta oder des Lokeśvara, von dem 250 Kaufleute, die bei einer von Rākṣasīs 321 So spricht Baņa, Hcar (Bombay 1946) 63, 1 von Pferden mit loha-pitha-kathina-khura-mandalaiḥ. Siehe ferner meinen im Druck befindlichen Aufsatz,,Der Küțâgära". - Von versilberten Kuhhufen ist im AgniPur 210, 30 und 32 die Rede; lederne Elefanten,,schuhe" nennt Kautilya 10, 3, 20 (Meyer [vgl. Anm. 23] 569, 26 und 570, 25 f.). 322 Siehe W.B. Bollée, Studien zum Suyagaḍa I (Wiesbaden 1977) 58 Anm. 20. 323 Bāna, Hcar 214, 4f. Der Hase gilt als Maß des Südras und als kleinster Männlichkeitstyp in der Erotik (H. Zimmer, Kunstform und Yoga im indischen Kultbild [Berlin 1926] 158). 324 Vgl. RV 10, 5, 1; 1, 25, 7 an Varuna:,,Der die Spur der Vögel weiß, die in der Luft fliegen (...)", etc. 325 SankhGS 5, 5; BharadvajaGS 2, 32; AśvGS 3, 7, 7 (vgl. Caland, Zauberritual [vgl. Anm. 292] 150 Anm. 2); VārāhaGP 12. 326 AV 9,5,9; ŚB 1, 2, 3, 9. 327 BhagPur (Benares 1952) 3, 10, 22. 328 Mbh cr. ed. 3, 134, 14; 12, 117, 34 und 38. Page #38 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 264 Willem B. Bollée bewohnten Insel gestrandet waren, gerettet wurden (Ja II 129, 10; Mvu III 85, 8).329 Die wohl berühmteste Darstellung hiervon befindet sich in Neak Pean;330 die Legende, welche u.a. das Circe-Motiv enthält, war aber in ganz Süd- und Südostasien beliebt, wie eine neulich vom Museum für indische Kunst in Berlin erworbene und von Lienhard bearbeitete Bilderrolle aus Nepal bezeugt.331 Die Gestalt einiger dieser Wesen wird unterschiedlich angegeben, z. B. die Gandharvas und Kinnaras, in der indischen Literatur als himmlische Sänger gerühmte Wesen, halb Mensch, halb Pferd.332 Die erstgenannten kommen auch als geflügelte Menschen vor,333 die letzteren werden in der außerindischen Kunst als eine Art Sirenen dargestellt, 334 die, wie in Wat Phra Keo als Tempelwächter,335 aber wie in Burma auch auf Pfählen (tagundaings) 336 und als Sargstützen auftreten können. 337 Von den Fabelvögeln seien hier ferner der bhāranda oder bhārunda338 aus dem nördlichen Kuruland, der zwei Köpfe und drei Füße hat, genannt; aber ein achtfüßiger hamsa ist eine mystische Gedankenschöpfung. 339 329 Siehe auch V. Goloubew, Le cheval Balāha: BEFEO 27, 1928, 223 ff. 330 Hervorragendes Farbbild in M. Giteau, Angkor (Stuttgart 1976) Abb. 90 zu S. 150 und 273 f. -H. Marchal, Nouveau Guide d'Angkor (Phnom Penh 1964) 178 f. 331 S. Lienhard, Die Abenteuer des Kaufmanns Simhala - Eine nepalesische Bildrolle aus dem Museum für indische Kunst Berlin. Voraussichtlich als Veröffentlichung des Museums für Indische Kunst Berlin Bd. 7 (1985). 332 Mit Menschenköpfen und Pferdekörpern (B.S. Upadhyaya, India in Kalidasa [Allahabad 1947] 242) oder umgekehrt (ebd. 318; Tawney/Penzer, Ocean of Story. I. [London 1924] 202). Buddhaghosa nennt sie zusammen mit Elefanten und Affen (Sp 255, 15). Mitunter werden sie zu den Gandharvas gezählt (E. W. Hopkins, Epic Mythology [Straßburg 1915) 152), ebenso wie wir bei den Siddhas von einem Aśvapada lesen (Rājat 3, 267). 333 G. Michell, In the Image of Man (London 1982) Abb. 80. 334 U.m. in Anuradhapura, siehe P. Thomas, Epics, Myths and Legends of India (Bombay 121961) Abb. 151 neben einem Gandharva aus Ajanţă, ebenfalls als Vogelmensch, und Härtel/Auboyer, ebd. Abb. 327, b: ein kinnara und eine kinnari rechts und links von einem (Himmels-?)baum, an wessen Fuß mehrere (Wasser-?)gefäße stehen. - Die Beschreibung des Päli-English Dictionary ,a little bird with a head like a man's geht aus den angeführten Stellen nicht eindeutig hervor. Sie singen wunderbar (Ja IV 284, 1 etc.; Setubandha 9, 87), sprechen aber nicht, denn wer (viel, Ja IV 252, 12) redet, lügt (AN I 77,32 kimpurisā; Mp II 151,2 mit kinnarā erklärt). - Auffällig ist, daß kinnaras in einigen Texten anscheinend nicht vorkommen, so z. B. im Dhammapada-Kommentar, wie die kimpuruşas nicht im KSS (s. Tawney/Penzer (vgl. Anm. 223]). - Uber den Ursprung der Vogelmenschvorstellung siehe G.B. Gruber, Historisches und Aktuelles über das Sirenen-Problem in der Medizin: Nova Acta Leopoldina NF. 117, Bd. 17, 1955, 89 ff. bes. 93.98 u. Tafel 1, 4. 335 D.A.C. Davies, Thailand (Tokyo 1970) 29; J. Dittmar, Thailand und Burma (Köln 1981) Farbbild 4. - Für die kinnaras als Parkwächter s. Hopkins (vgl. Anm. 332) 142. 336 M. u. B.Ferrars, Burma (London 21901) 37. 337 Ebd. 194. - Als Verehrer der Pitaras kennt schon das indische Epos die kinnaras, s. Hopkins (vgl. Anm. 332) 32. 338 Aup S 27 (tika 35 b 12) = Tha 9, 3, 693 (tīkā 464b 13). - Im Mbh ist es bisweilen ein Aasgeier, so cr. ed. 6, 8, 11 und 12, 90, 21 (Nīlakantha: grdhra), jedoch 12, 163, 9 als mit einem Menschengesicht versehen beschrieben und zusammen mit bhu-lingas erwähnt. 339 Maitrāyaniya-up 6, 35. Page #39 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 265 Eine andere Art halbanthropomorphe Wesen bilden die Nāgas oder Schlangendämonen, oft als mit mehreren Kobrahauben und Schlangenschwanz statt Füßen versehene Menschen dargestellt.340 Einer von ihnen namens Hastipada muß somit jedoch Elefantenpfoten gehabt haben.341 Den Archidämon im alten Indien, Vstra, erst im Epos als Asura im Sinne von ,böser Geist bezeichnet,342 kennt der Rgveda als fußlosen Drachen (3, 30, 8). Der Asura343 Araru hatte aber vier Füße, 344 der epische Dämon Tripāda offenbar drei.345 Ebenfalls nach einer Fußbesonderheit benannt wurde der König Saudāsa, der Fluchwasser auf seine eigenen Füße verschüttete und, Menschenfresser (rākşasa) geworden, den Namen ,Fleckfuß (Kalmāşa-pāda) führte.346 Rākşasa-Füße gelten natürlich als besonders groß;347 mitunter wird auch ihre Farbe hervorgehoben. So schreibt der JātakaKommentator einem schlechten Yakşa - zumeist sind dies wohlwollende Geister348 - schwarze Hände und Füße zu,349 einem Wasserdämon rote.350 Von Dämonen glaubt 340 Abbildungen z. B. in G. Michell (vgl. Anm. 333) 98 f.; P. Thomas, Epics (vgl. Anm. 334) Abb. 170. - 341 Mbh 1, 31,9. 342 Mbh 1, 59, 32 etc. Asurisch heißt aber Vstras Duplikat Namuci schon ķV 10, 131, 4. 343 MS 4, 1, 10 (S. 13, 8). 344 RV 10, 99, 10. 345 Mbh 9, 45, 65. 346 Ram 7. 65, 31; Ja V 503, 13*. - Siehe z. B. auch F.D.K. Bosch, The Golden Germ ('s-Gravenhage 1960) 208 f. 347 Vasudevahindi ed. Caturvijaya/Punyavijaya. I (Bhavnagar 1930) 135, 20f. tesim maha-ppamanāni payāņi. 348 Sogar der Buddha heißt bekanntlich einmal in einer alten Strophe (MI 386, 31*) „yakkha", vielleicht auch deshalb, weil seine Mutter ihn bei einem Sal-Baum gebar, als sie einen Ast davon ergriffen hatte (anders als bei dem Asoka-Baum trägt hier infolge der Berührung die Frau Frucht). Die Texte (Mvu II 20 usw.), die für den Säl-Baum auch den Plaksa (Feigenbaum) nennen, lassen den Bodhisatta aus der rechten Seite seiner Mutter hervorgehen. So wird der Vorgang z. B. ebenfalls schon in Gandhara im 2. Jh. nach Chr. abgebildet (Craven (vgl. Anm. 128] 89 oben; Kl. Fischer, Zu den erzählenden Gandhāra-Reliefs: AVA-Beiträge 2, 1980, 257 f.). Die Szene zeigt aber ferner eine Figurengruppe aus versilbertem Messing aus Nepal (18. Jh.), welche deshalb von großem Interesse ist, weil der künftige Buddha dort wie ein Sproß aus einer Blattachsel mit hervorgestreckten Armen (vgl. Ja I 53, 2 dve ca hatthe dve ca päde pasaretvā) unter dem rechten Arm der wie eine Sāla-bhanjikā an einem Baum angelehnten Māyā emportaucht - eine wohl seltene Darstellung, obwohl die weibliche Achselhöhle auch sonst schamartige Funktion hat (z. B. Mahānisīhasutta 1, 120, wo Achselhöhle, Oberschenkel, Schoß, Nabel und Raum zwischen den Beinen in einem Atem genannt werden; Ja V 434, 5**). Die Buddhageburt, welche nicht mit dem üblichen Schmutz verbunden gedacht wird, ist hier in buchstäblichem Sinne gehoben, d. h. nach oben verschoben worden. Das Kunstwerk wurde abgebildet in A. Lommel, Indische Kunst. Katalog der Ausstellung des staatlichen Museums für Völkerkunde (München 1958) Titelbild u. S. 72 (Nr. 40) beschrieben. - Für die yakşa-artigen Bodhisatta-Skulpturen in Mathurā s. z.B. O. Viennot, Le culte de l'arbre (vgl. Anm. 109) 127 ff. und auf Ceylon W. Rahula, History of Buddhism in Ceylon (Colombo 1956) Kap. 3. 349 Ja I 273, 18 Silesaloma-yakkho (...) nila-hattha-pădo und ähnlich auf Ceylon der Kõla-sanniyaka (L.D. Barnett, Alphabetical Guide to Sinhalese Folklore from Ballad Sources: IA 45, 1916, 47). 350 Ja I 171, 1. Page #40 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 266 Willem B. Bollée man auch, daß sie rückwärtsgewandte Füße haben.351 Daß sie weiter nicht erdgebunden sind, versteht sich eigentlich von selbst; dennoch erzählt Somadeva über Zauberschuhe des uns schon aus dem Epos als Architekt und Magier der Asuras bekannten Maya, womit dieser sich in der Luft bewegen konnte (KSS 1, 3, 47). Wie andere Lebewesen üben Dämonen ebenfalls Askese auf einem Fuß, so Kālanemi im Rām 6, 82 B.352 Füße ohne Erdberührung: Götterfüße. Schweben Es bleibt jetzt noch der Fuß ohne Erdberührung zu behandeln übrig, wobei auch wieder in Ruhe, d. h. sich im Raum befinden, und Bewegung - fliegen oder schweben - unterschieden wird. Naturgemäß geht es hier zumeist um Götter und mit ihnen diesbezüglich gleichgestellte Wesen. Sofern in Menschengestalt vorgestellt - einige sind bekanntlich erhöhte Sterbliche wie die Rbhus353 und Angiras; 354 man denke ferner an Puruşa ,Mensch, Urriese und Herr der Unsterblichkeit355 - werden ihnen doch Eigenschaften zugeschrieben, die lebende Menschen selten besitzen, z. B. daß sie den Kontakt mit der Erde meiden, 356 was vielleicht schon für Puruşa zutrifft.357 Dieses und andere Merkmale eignen sonst den Toten - aber nur deren grobmateriellen 351 KSS 73, 245 viparitanghribhir Yakşair, Crooke (vgl. Anm. 173) I 238. 262. 270; G.A. Grierson, Bihar Peasant Life (Calcutta 1885) 408; R.E. Enthoven, The Folklore of Gujarat: IA 44, 1915, Suppl. 106; - G. Michell, In the Image of Man (vgl. Anm. 333) Abb. 273 (Basohli, 1710); C. Sivaramamurti, Chitrasūtra of the Vishnudharmottara (New Delhi 1978) Tafel 75 (Kangra Schule, 18. Jh.: aus einem Baum heraustretende Piśācī). - Wie lebendig diese Vorstellung auch heute noch ist, bezeugt die Aussage von Saroj (s. Anm. 154): „Wenn (der Geist der früheren Frau meines Mannes) vor mir ist, so sehe ich sie deutlich. Ihre Augen sind sehr groß. Wenn sie zu mir kommt, hat sie nach hinten verdrehte Füße" (B. Fischer, Indische Stoffbilder (vgl. Anm. 154] 21), aber auch der balinesische Glaube, daß bestimmte Zauberer sich in rückwärts fahrende Motorräder ohne Fahrer verwandeln können (C. McPhee, A House in Bali (New York 1946] 141).- In Sind glaubt man, daß während einer Sonnen- oder Mondfinsternis gezeugte Kinder mit verdrehten Händen und Füßen geboren werden, s. J. Abbott, Keys (vgl. Anm. 293) 267. 352 Abbildung aus dem 19. Jh. in Fischer, Erotik und Askese (vgl. Anm. 142) 17. 353 RV 1, 110, 4. 354 A.B. Keith, The Religion and Philosophy of the Veda and Upanishads (Cambridge Mass. 1925) 223; G. Frazer, The Golden Bough (vgl. Anm. 65) 93 ff. und in Südindien aus neuerer Zeit A. Aiyappam, Deified Men and Humanized Gods: Some Folk Bases of Hindu Theology, in: Agehananda Bhārati (ed.), The Realm of the Extra-Human. Agents and Audiences (The Hague 1976) 139 ff. 355 RV 10, 90, 2. 356 Mbh cr. ed. 3, 54, 23 (wofür s. die Pahāri Zeichnung Nr. 2 mit etwas höher dargestellten Göttern in A.C. Eastman, The Nala-Damayanti (Boston 1959); Hemac Par 8, 400; KSS 28, 61; J. Ch. Jain, The Vasudevahiņdi (Ahmedabad 1977) 235, wo es irrtümlicherweise heißt, daß die Götter eine Fingerbreite über der Erde schweben. Der Text Bd. I S. 135, 20 lautet vielmehr devä kira caturangulam bhumim na chivanti; vgl. infra S. 276. 357 Siehe W. B. Bollée, A Note on Evil and its Conquest from Indra to Buddha, in: The Prajñāpāramitā and Related Systems. (Berkeley 1977) 376. Page #41 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst FFF 267 Abb. 2.,,Puruşa und Prakṛti" oder die ,,Füße der Göttin" mit Mahāpuruşa-lakṣaṇas wie auf dem Buddhafuß (aus: N. Douglas, Tantra Yoga [New Delhi 1971] 45). Körper? Die Inder waren nicht die einzigen, deren Geister sich immer über der Erde befinden, 358 obwohl diesbezügliche Angaben für die Toten wenigstens in der Literatur selten sind.359 Durch die Luft gehen war offenbar das wichtigste Merkmal der Vidyadharas, einer Art im Himalaya beheimateten, dem Gefolge Sivas zugeordneten Luftgenien, die auch als Khe-caras bezeichnet werden.3 360 Betrachten wir zunächst die Füße als solche einiger Götter. 361 Die von Indra und Prajapati waren ursprünglich offenbar flach, und das gleiche mag für die des Puruşa 358 So z. B. die Burjaten, siehe U. Harva, Die religiösen Vorstellungen der altaischen Völker (Helsinki 1938) 262; E. Bozzano, Übersinnliche Erscheinungen bei Naturvölkern (Freiburg/Br. 1975) 17 ff. Vielleicht dürfen hier auch die Göttererscheinungen, aber ebenfalls die des Patroclus, bei Homer genannt werden, die über den Köpfen der Träumer stehen (s. J. Hundt, Der Traumglaube bei Homer (Greifswald 1934) 57. 73 etc.). - Für diesbezügliche Beobachtungen in der Parapsychologie siehe z. B. E. Mattiesen, Das persönliche Überleben des Todes III (Berlin 1939; Nachdr. 1968) 19. 25; C. Green/Ch. McCreery, Apparitions (London 1975) 163; W. Bollée, Zur Typologie der Träume und ihrer Deutung in der älteren indischen Literatur: SII 10, 1983/4. S. 186. 359 Ohne Textquellenangabe, mithin wohl aus eigener ethnologischer Sammlung heißt es bei Crooke,,Bhuts can never sit on the ground, apparently, because, as has been shown already [28 f.], the earth, personified as a goddess, scares away all evil influence" [vgl. Anm. 173] 1237). 360 Z. B. Hemac Trişaşti 8, 3, 58. - Die himmlischen Wesen bewegen sich auf bildlichen Darstellungen oft im sog. Knieflug; s. hierfür z. B. C. Śivarāmamurti, Amaravatī Sculptures in the Madras Government Museum (Madras 1942) Taf. 33, 3 c; S. Lévi, Aux Indes (Paris 181) Abb. 91 (Ellora); A. 95 u. P. Keilhauer, Die Bildsprache des Hinduismus (Köln 1983) 146 Abb. 102 (Mamallapur). 361 Usas wird im RV fußlos genannt (6, 59, 6; 1, 152, 3), ebenso Agni (4, 1, 11) und Savitar (1, 24, 8). Page #42 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 268 Willem B. Bollée gelten, 362 später gewölbt.363 Indras Füße waren ferner hoch (RV 10, 73, 3), während im Mbh (13, 17, 82) Śiva in einer Reihe von Adjektiven mit maha" auch das Epitheton großfüßig beigelegt wird; die des Vişņu sind breit 364 und werden gelegentlich mit verschiedenen Zeichen wie Fisch, Muschel, Halbmond, Svastika usw. abgebildet. 365 अरविवशतलो सामुनी बुनिस्ता शविरहितो मुतिगृवमुष्की करतोचचरणमा श्रीररएकरल Abb. 3. Visnufüße. Rajasthan, 18. Jh. (aus: A. Mookerjee, Kundalini London 1982] 70). 362 Siehe Bollée, A Note on Evil (vgl. Anm. 93) 376. 363 Ebd. 374; vgl. Varāhamihiras Beschreibung königlicher Füße als u.a. mit einer schildkrötenartigen Wölbung versehen (BPS 68,2). 364 Urü-päda (Brahmapur 122, 72). 365 Siehe L. Hansmann/L. Kriss-Rettenbeck, Amulett und Talismann (München 1977) Abb. 616; -- für die Pahāri Malerei s. z. B. A.L. Dahmen-Dallapiccola, Indische Miniaturen (Baden-Baden 1976) Abb. 33; - im Tantrismus: Ph. Rawson, Tantra. The Indian Cult of Ecstasy (London 1973) Abb. 35; A. Mookerjee/M. Khanna, The Tantric Way (London 1977) 82; A. Mookerjee, Kundalini. The Arousal of the Inner Energy (London 1982) 70 f. Page #43 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 269 Die Füße der Apsaras sind schön wie Taubenpfoten366 – vielleicht rot (von Lack oder Henna), wie es von der Göttin Bhramaravāsini in Menschengestalt einmal heißt;367 natürlich-rote Füße schreibt Bāņa (Hcar 8, 9) der Sarasvati zu. Ferner hat Preņi, die Geliebte des Feuergottes, behaarte Sohlen.368 Wie andere Körperteile auch sind die Füße einiger Götter generativ: so gehen bekanntlich aus Purusas 369 bzw. Prajāpatis, 370 Brahmās371 oder Vişnus 372 Füßen die Sudras, der niedrigste der vier Stände hervor. Das Vişnupurāņa (1, 5, 49) läßt die Tiere aus Prajāpatis Füßen entstehen, während in einer Interpolation im Harivamsa das gleiche von Naras und Kinnaras aus den Füßen Brahmās gesagt wird. 373 Aus dem Nagel der linken großen Zehe Vişņus entsprang der Ganges;374 dem Brahmāpur (119, 9 ff.) zufolge quillt aus des Gottes Füßen der Brahmamayi (Godāvarī) Fluß hervor. Werden schon die Füße der Könige um Schutz angefleht, so gilt das erst recht natürlich von denen der Götter, besonders Vişņu und Siva in Gebetsstrophen am Anfang literarischer Werke,375 aber ebenso z. B. Yama, wenn ein Spion im Mudrārākşasa (1, 17) sagt: „(Nur) vor Yamas Füßen verneigt Euch! (denn) was bedarf es noch anderer Götter, wo er doch denjenigen, die außer ihm noch weitere anbeten, das pulsende Leben nimmt.“ Die Füße Brahmas werden im Brahmapādastotra verehrt. Manche Devotees malen sich ferner die Füße Vişnus als ürdhva-pundra oder -tilaka in Form eines U mit senkrechtem Strich in der Mitte auf die Stirn.376 Wie St. Peter in 366 Jätaka II 93, 5 und 7; Dhp-a I 119, 26; - Divy 300 (185, 30 in der Ausg. Mithila 1959) sind Tauben (päravata) Symbol der Leidenschaft (rāga) und im AgniPur 244, 1 haben ideale Frauen Taubenaugen voller Begierde (matta-pārāvatêkşana). Siehe auch J. E. van Lohuizen de Leeuw, The worst of Evils at Bodh Gaya, in: Festschrift G. Tucci (im Druck). Jedes der vier im dort referierten chinesischen Jätaka auftretenden Tiere hält die Eigenschaft für die Hauptursache des Leidens, welche mit ihm assoziiert wird, so die Taube die Liebe, die Giftschlange den Zorn usw. Ferner H. van Skyhawk, Bhakti-yoga and the Gșhastha-sadhaka (...) in: M. Thiel-Horstmann (ed.), Bhakti in Current Research, 1979-1982 (Berlin 1983) 348 ff. 367 Kalhana, Räjat 3, 415; von Lakşmi: Bäna, Hcar 74, 3. 368 JB 2, 270 (Caland S 151) lomaśau hâsya adhastat pädāv äsatuh. Wie Caland Anm. 45 bemerkt, sei diese Eigenschaft sonst nirgends erwähnt. 369 RV 10, 90, 12. 370 JB I 69 (Caland S 8). 371 Manu 1 31; 87. 372 Brahmapur 56, 23 (v. S. Sheth, Religion and Society in the Brahma Purana (New Delhi 1979) 181). 373 Harivamśa 11794, nicht mehr in der cr. ed. 374 VişnuPur 2, 8, 111; Lilāśuka, Krşna-karņâmsta 3, 85; Gitagovinda 1,5; Kālidāsa spricht von Entstehung aus der Zehe (Kum 6, 70), aus dem Fußwaschwasser (Kum 10, 31) oder nennt sie schlicht Vişnupadi (Kum 10, 50). Eine bildliche Darstellung findet sich bei einem kleinen Teich nahe Kallikote (Ganjam, Orissa) in St. G..Darian, The Ganges in Myth and History (Honolulu 1978) 28. 375 Wie z. B. Vişnu: Dandin im Segensspruch des Dasákumaracarita; Bhattanäräyana am Anfang des Venisamhära; Liläśuka, ebd. 1, 16; 2, 110; 3, 10 und 15; - Siva: Kalidasa, Rtusamhära, 1. Einführungsstrophe. 376 PWB s.v.; A. Keilhauer, Hinduismus (Stuttgart 1979) 167; J.N. Bhattacharya, Hindu castes and sects (Calcutta 1896; Nachdr. ebd. 1973) 411f., Kirfel, Symbolik (vgl. Anm. 44) 90. Page #44 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 270 Willem B. Bollée Rom 377 wird in Bombay die Statue des Jagannāth Sankarseth von den Gläubigen an der großen Zehe geküßt.378 Hier sei nebenbei bemerkt, daß aus Demutsgründen die Göttergestalt von den Zehen an aufwärts dargestellt, die von Menschen dagegen vom Kopfhaar nach unten.379 Hinsichtlich ihrer Männer haben die Götterfrauen dieselbe Angewohnheit wie ihre Pendants auf dieser Erde, indem sie ihnen gelegentlich die Füße bzw. Waden streicheln, wie ein Relief in Deogarh mit dem ruhenden Vişņu und der an seinem Fußende sitzenden Bhūdevī zeigt.380 Obwohl im folgenden die Füße nur implizit auftreten, sei hier dennoch eine Hemacandra-Stelle mitgeteilt,381 in der eine Frau zwischen den Beinen eines Yaksa hindurchgeht, um ihre Reinheit zu beweisen,382 und die bei allen Unterschieden doch etwas an die eingangs erwähnte Jätaka-Passage erinnert, wo ein Caņņāla droht, einen Brahmanen zwischen die Füße zu nehmen (oben S. 228). Wie die Menschen üben schließlich die Götter ebenfalls auf einem Fuß 'stehend Askese, so Mahādeva383 und die Göttinnen Surabhi 384 und Pārvati.385 Der Gott der bewegende Füße und des Gehens par excellence ist natürlich Vişnu,386 377 „Es wird nicht der Fuß geküßt, weil die Statue auf einem hohen Postament steht, sondern sie steht auf einem solchen, damit man bequem den Fuß küssen kann" - H. Lamer/E. Bux/W. Schöne, Wörterbuch der Antike mit Berücksichtigung ihres Fortwirkens (Stuttgart '1952) 229 f. (freundlicher Hinweis von Frau G. Schmitt/Bamberg). 378 J. M. Campbell, Notes (vgl. Anm. 74): IA 24, 1895, 293. 379 Mallinätha ad Kālidāsa, Kum 1, 33. 380 Sehr schöne Abbildung in C. Śivarāmamurti, Indien (Freiburg 21978) Abb. 1. Dieser Autor datiert das Relief ins 5. Jh., während H. Munsterberg, Art of India and Southeast Asia (New York 1970) 77 es ins 6. Jh. stellt. - Vgl. Kālidāsa, Raghuvamsa 10, 8 (freundlicher Hinweis von Herrn Prof. Kl. Fischer/Bonn). - Kompositorische Hinweise für solche Abbildungen gibt das Vişnudh. Pur. 3, 85, 6f. stri-rūpa-dharini kşoņi kāryā tat-pada-madhya-gā tat-kara-sthârghri-yugalo devah karyo (...) ,die Erde in Frauengestalt soll man in die Mitte des Raumes zwischen seinen Füßen hinstellen (und) die beiden Füße des Gottes als in ihren Händen befindlich. 381 Parisistaparvan 2, 535 Sobhana-Yakşasya janghantar nissarāmy und 542 taj-janghayor antas tvaritam nirjagama sā. 382 Ein Yakşa als Keuschheitswächter kommt u.a. Ja IV 107 ff. vor; siehe ferner J. J. Meyer, Trilogie (vgl. Anm. 169) I 4; J. Goto Sakamoto, Les stances en mätrachandas dans le Jätaka pali (Thesis Paris III 1982) 102 ff. Nach Abschluß dieses Artikels erhielt ich Frau A. Mettes Beitrag für das Pt. Kailash Chand Shastri Felicitation Volume (Rewa (M.P.) 1980) 549-559 ,,The Tale of the Elephant Driver in its Avaśyaka Version"; s. hier bes. S. 551. 383 In Ekteśvar befindet sich der Tempel von Śiva Ekapāda mit entsprechendem einfüßigem Kultbild (P.C. Roy Choudhury, Temples (vgl. Anm. 159] 118). 384 Mbh cr. ed. 12, 314, 22 bzw. 13, 82, 28. . 385 Vettam Mani, Puranic Encyclopaedia (Delhi 1979) 577 B unten; abgebildet ist sie in T.A. Gopinath Rao, Elements of Hindu Iconography II (Madras 1914-16; Nachdr. Benares 1971) Abb. 120. 386 RV 7, 100, 1 ff. et passim; Mbh 12, 301, 1; 14, 42, 33. Reliefs von diesem Mythos gibt es z. B. in Bädāmi (6. Jh.) und Räjīm (Anf. 8. Jh.), s. Härtel/Auboyer (vgl. Anm. 390) Abb. 56 bzw. 60. Page #45 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 271 Abb. 4. Ajâikapada Bhairava (aus: N. Douglas, Tantra Yoga (New Delhi 1971] 28). seiner drei Schritte im All wegen, womit er den Göttern und anderen Wesen Bewegungsraum schafft.387 Er geht schnell,388 während der Planetengott Saturn seinen Namen Sanaiścara seinem langsamen Gang verdankt.389 387 Bes. RV 8, 52, 3; 1, 154 u. 155. 388 RV 7, 40, 5. 389 Mbh 12, 337, 52 etc. Andere Namen für ihn sind Pañju, Manda, Sani und Sauri. Siehe z. B. noch P. Thomas, Epics (vgl. Anm. 334) 120. Page #46 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 272 Willem B. Bollée Der Tanz der Himmlischen ist ferner ein beliebtes Thema in der bildenden Kunst, wie die Darstellungen des kosmischen Tänzers Siva 390 und die Apsaras-Reliefs391 vor allem zeigen; es tanzen gelegentlich aber auch andere Götter wie Krsna auf der KāliyaSchlange,392 Gaņeśa,393 Gajântaka,394 Hevajra39s etc. Obwohl Götterfüße theoretisch also die Erde nicht berühren, gibt es davon dort doch eine Reihe Abdrücke, u.a. den Badeplatz Brahmapada 396 und den Vişnupada in Gayā,397 wo 1508 der Philosoph Caitanya seine erste mystische Vision hatte, als er mit dem Weltentsager und Sankara-Jünger īśvara Purī zusammentraf,398 sowie die 390 U.a. H. Härtel/J. Auboyer, Indien und Südost-Asien (Propyläen-Kunstgeschichte Bd. 16, Berlin 1971) Abb. 86 (Hampi, 12. Jh.); H. Munsterberg (vgl. Anm. 380) 130 f. Tanzt Siva hier im Süden auf einem Bein, so wird er anderswo und in der älteren Zeit mehrfach auf zwei Füßen dargestellt, z. B. in Eļūrā und in Rājasthān (Härtel/Auboyer, Indien und Südost-Asien Abb. 65 bzw. 67b). - Siehe auch C. Sivaramamurti, Națarāja in Art, thought and literature (New Delhi 1974); A.K. Coomaraswamy, The Dance of Shiva (London 1958) 66 ff. Der letztgenannte Gelehrte gibt (ebd. 71) uns aus Tamil-Quellen auch die Symbolik von Sivas Tanz wieder; sofern hier von Interesse heißt es dort ,,the foot held aloft gives release" und ,,Thy sacred foot, planted on the ground, gives an abode to the tired soul struggling in the toils of casualty. It is Thy lifted foot that grants eternal bliss to those that approach Thee.“ Für die Bedeutung des gehobenen Fußes s. auch supra Anm. 127. 391 Bereits in Bhārhut (2. Jh. v. Chr.), s. Sivarāmamūrti, Națarājā (vgl. Anm. 390) 21; ferner z. B. als Malerei im Bệhadīśvara-Tempel in Tanjāvūr (11. Jh., siehe T.N. Ramacandran, Find of tempera painting in Sītābhinji, District Keonjhār, Orissa: Artibus Asiae 14, 1951, 5-25; Abb. IX; P. Banerjee, Apsaras in Indian Dance (New Delhi 1982); - in Angkor: M. Giteau, Angkor (Stuttgart 1976) Abb. 79. 137; S. Thierry, Les Khmers (Paris 1970) 157 ff. 392 F. Huxley, The Dragon (London 1979) Abb. 83 (Südindien, Chola-Periode 10–11. Jh.); D. Barrett/B. Gray, Die indische Malerei (Genève 1963/Stuttgart 1980) 141. Bei dem letzten Bild sind die auffälligen, chinesisch anmutenden Holz-Sandalen des Krsna und der kleinen weißhäutigen, gekrönten Figur in der oberen Bildhälfte rechts zu beachten. Ähnliche Schuhe hat Krşņa auf der Abb. S. 144 an, wo er zur Musik zweier Gopis tanzt, sowie z. B. auf den Buchminiaturen 8 und 15 aus Basohli und Bundi in A.L. Dahmen-Dallapiccola, Indische Miniaturen (Baden-Baden 1976). Diese cappals sind oftmals für die Götter reserviert, denn wir finden sie ebenfalls bei Siva Bhiksâțana in Tiruvalanjuli (17. Jh.), abgebildet in C. Sivarāmamūrti, South Indian Paintings (New Delhi 1968) 130, Abb. 82 und zur selben Zeit in Cidambaram (Sivarāmamūrti ebd. 126 f. Abb. 78 f.) sowie bei Siva Virabhadra in Karnatak (19. Jh.), wofür siehe P. Jayakar, The Earthen Drum (New Delhi, o. J. [1981?]) 149 Abb. 132. Auf einer Moghulminiatur (um 1700) trägt sie aber eine vornehme Dame (Prinzessin?), siehe E. Waldschmidt, Indologentagung 1959 (Göttingen 1960) Taf. 5 gegenüber S. 104, beschrieben - ohne Erwähnung der goldenen cappals - auf S. 284. - Sandalen anderer Art - und zwar aus Leder und sehr groß - tragen Götter wie Mailār/Khandobā und Murukan, um ihre Füße auf der Jagd zu schützen, s. G.-D. Sontheimer, Dasarā at Devaragudda. Ritual and Play in the cult of Mailār/Khandobā (South Asian Digest of Regional Writing 10, Heidelberg 1981-84) 12. 393 Härtel/Auboyer (vgl. Anm. 390) Abb. 95 a (Hampi ca. 1500). 394 Sivaramamurti, Indien (vgl. Anm. 102) Abb. 647 (Perūr, 16. Jh.). 395 Giteau (vgl. Anm. 43) Abb. 11 (Banteay Kdei, um 1200). 396 VarāhaPur 147, 36. 397 Siehe P. V. Kane, History of Dharmaśāstra IV (Poona 21973) 646 ff. - Ein pāda-nyāsôdbhavam Hareh tirtham in Kaśmir erwähnt Somadeva, KSS 73, 95. 398 N.J. Hein, Caitanya's Ecstasies and the Theology of the Name, in: B.L. Smith (ed.), Hinduism. Studies in the History of Religions 33 (Leiden 1976) 17. Page #47 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 273 Abb. 5. Bhagavata-Purāņa: Krsna bezwingt die Schlange Käliya. Bundi-Schule, um 1640 (aus: D. Bar rett/B. Gray, Indische Malerei [Genève 1980) 141). Page #48 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 274 Willem B. Bollée Abb.6. Ragamālā: Vasanta-rägini. Bündi-Schule, um 1660 (aus: D. Barrett/B. Gray, Indische Malerei [Geneve 1980) 144). pādukā des Lehrers von Göttern und Menschen in einem Tempel am Dattatreya Ghāț,399 um nur einige Beispiele zu nennen. Weiter zeichnet die Fußspur Krşņas eine Schlange und macht sie dadurch heilig, so daß diese Tiere vor Angriffen der GarudaVögel geschützt sind; deswegen auch töten Hindus Schlangen nicht.400 Als Objekt der Verehrung macht schließlich Bāņa die Fußabdrücke Śivas sprichwörtlich.401 399 H. Rau, Indien (Stuttgart 1978) 349.- Für die padukās von Khandoba in Phaltan siehe G.D. Sontheimer, „Hero and Sati Stones of Mahārāștra" in: S. Settar/G.D. Sontheimer (Hrsg.), Memorial Stones (Dharwad/Heidelberg 1982) 273 Abb. 23, wo die Füße von zwei Widderköpfen und zwei Menschenköpfen umgeben sind. Das gleiche im Khandoba Tempel in Jejuri (Abb. 21) und in einer yoni im K. Tempel in Akluj (Abb. 22). 400 W. Ruben, Krsna (Istanbul 1944) 90. 401 Hcar 141, 11 f. Eine paduka-puja lehrt z. B. Garuda Pur 25. Page #49 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 275 Abb.7 A.B. Die Sandalen des Mailār/Rudra Ekavrātya und seiner Frau Mallavva in Devaragudda (Copyright G.D. Sontheimer, Heidelberg). S. supra, Anm. 392. Handelt es sich beim Vorangegangenen um (Spuren der) nackte(n) Füße, so sehen wir den Gott Sürya im N. Indiens häufig gestiefelt abgebildet, 402 als Erinnerung an die 402 J. M. Rosenfield, The Dynastic Art of the Kushans (Berkeley 1967) 189 Abb. 43 (Kankäli Tila, Mathura, um 100 n. Chr.); H. v. Stietencron, Indische Sonnenpriester (Wiesbaden 1966) 256; J. Page #50 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 276 Willem B. Bollée Kuşāņas, die seinem Kult neuen Auftrieb gaben (cf. oben, S. 242), und in Verbindung mit einer mythologischen Überlieferung, derzufolge die Füße der Sonne so sehr strahlen, daß sie sub poenā von Lepra und Hölle weder gemalt noch in Tempeln abgebildet werden dürfen.403 Der Fußstaub des Sonnengottes hat MārkPur 107, 9 zufolge eine reinigende Wirkung. Der Gebrauch des Fußes als Werkzeug und Waffe ist auch den Göttern vertraut: Indra trennt mit einem Fußtritt den Kopf des Dämons Namuci ab 404 und, weil Yama die Mitfrau seiner Mutter treten wollte, verfluchte diese ihn, daß ihm der Fuß abfalle.405 Ferner drückte Siva, als der Dämon Rāvana versuchte, den Kailāsa-Berg zu heben, letzteren mit seiner großen Zehe nieder;406 beim Tanz steht er mit einem Fuß auf dem Dämon Muyalaka.407 Dann seien hier noch einige Stellen aufgeführt, wo das Schweben von Heiligen erwähnt wird. So sagt das Mahāvastu (1 308, 13), daß die Buddhafüße vier Finger über der Erde gehen, trotzdem aber darin Abdrücke mit einem Rad zurücklassen und in einer Jātaka-Strophe (IV 383, 8*) heißt es vom Bodhisatta, er bewege sich durch den Luftraum.408 Fliegende Mönche werden verschiedentlich genannt409 und, wo die Auboyer, Afghanistan und seine Kunst (Prag 1968) 98; K.N. Puri/KI. Fischer, 5000 Jahre Kunst aus Indien, Essen 1959. Kat. Nr. 265 (Konārak, 12 Jh.); S.M. Gupta, Surya the Sun God (Bombay 1977) Abb. 10 (Mārtānda, Kasmir 6. Jh.), 25 (Calcutta, 5. Jh.), 13 (Kolal, Afghanistan) usw. Für den gestiefelten Mitra im südlichen Nisa-Tempel in Konārak siehe A. Boner/S. R. Sarmā/R. P. Däs, New Light on the Sun Temple of Koņārka (Benares 1972) Abb. 41 a. 403 Citreşv ayatanesu ca na kvacit kārayet pādau Deva-devasya (Matsya Pur 11, (30-)33). In demselben Text 261, 4 heißen die Füße der Sonne strahlend. Samjñā, die Frau des Sürya, hatte sich darüber beklagt, daß ihr Mann so heiß sei und der ließ sich alsdann von seinem Schwiegervater Viśvakarman seine Glut beschneiden (MārkandeyaPur 78, 41, wo aber von den Füßen nicht die Rede ist). - Mbh 13, 96, 6 und 14 ist es Sürya, der Jamadagni Sandalen (und einen Sonnenschirm) schenkt und diese damit bei den Menschen einführt. - Als überhaupt fußlos wird RV 1, 24, 8 der Sonnengott Savitar bezeichnet, der dort von Varuņa ein Paar bekommt. - Diese alte Beschäftigung mit der fußlosen Bewegung der Sonne geht vielleicht auf die Kinderfrage zurück „And how can the sun move all day without any feet?", wie bei Mulk Raj Anand, Seven Summers (New Delhi: Orient Paperbacks, o. J.) 162 (Kap. 6). 404 VS 10, 14; ŚB 5, 4, 1,9. 405 Brahmapur 6, 23 ff.; MatsyaPur 11, 11; BhavisyaPur 1, 47, 14 ff. 406 Bāņa, Hcar 196, 22; - V. Ions, Indian Mythology (vgl. Anm. 65) 114. 407 A.K. Coomaraswamy, The Dance of Siva (New Delhi 1976) 70. 408 Vom Buddha selbst z. B. Ja V 413, 29; Mvu III 114, 16; Buddhaghosa, Vism 144, 17 nennt fliegen als Fähigkeit der khiņāsavā. - Das Śrāvasti-Wunder, bei dem der Buddha durch die Luft schreitet (u.a. Ja IV 264 ff.), findet sich abgebildet in Sanchi, s. z. B. J. Naudou, Le Bouddha (Paris 1973) 154. 167. Er schwebt hier in der Gestalt eines waagerechten Steinblocks über dem Mangobaum. - Siehe ferner z. B. E. Waldschmidt, ,,Wundertätige Mönche in der Ostturkestanischen Hinayāna Kunst": Ost-Asiatische Zs. (Berlin) 16, 1930, 3–9; Coomaraswamy, Selected Papers I (vgl. Anm. 127) 457. - Für die Bedeutung des Fliegens von Erlösten außerhalb der populären Erzählungsliteratur siehe M. Eliade, Mythes, rêves et mystères (Paris 1957) Kap. VI; ders., The Two and The One (Chicago U.P. 1979) 120; ders., Rites and Symbols of Initiation (N. Y. 1975 [1958]) 78. 101 ,,flight proves that one has transcended the human condition, has arisen above it, by transmuting it through Page #51 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 277 entsprechende iddhi fehlt, wird ihr gelegentlich nachgeholfen, um den Kontakt mit der Erde zu vermeiden. So läßt König Lidaiya von Sukhodaya bei dem Besuch des Sangharājā von Ceylon Tücher der fünf Farben auf die Straße ausbreiten.410 Unfreiwillig schließlich erheben sich bei Ringkämpfern u. U. die Füße von der Erde. 411 Schlußbetrachtung Wenn wir jetzt zu unsrem Ausgangspunkt - den Aussagen von Otto und Carstairs – zurückschauen, läßt meiner Ansicht nach das vorgelegte Beispielmaterial, das sowohl die „religiöse Bildersprache“ als auch Sitte und Bräuche umfaßt, wie es implizit Otto ebenfalls tat, höchstens den Schluß zu, daß der Fuß (bzw. die Füße) im indischen Denken eine größere Rolle auch hinsichtlich Gefühlsintensität, wie Carstairs sagt, spielt als bei uns, von einer solchen als „gradezu eine dritte Hand“ ist allerdings kaum die Rede, wobei natürlich der Religionsunterschied mitberücksichtigt werden muß. Der Segen - aus spätlatein signum im Sinne von ,Kreuzeszeichen - möge dies verdeutlichen. Das nächste Sanskritäquivalent - āśis ,der zum Wohl eines Anderen ausgesprochene Wunsch (PWB) - ist an sich häufig, bei dem jedoch eine ,,Gestikulation“ (Fuß des Guru usw. sich auf den Kopf stellen; - Otto, supra) wenigstens in der Literatur m. W. selten ausgedrückt wird.412 Ich nenne zwei späte Beispiele. Bei Hemacandra äußern zwei Jainasādhus einen Heilwunsch für den König Sanatkumāra, wobei sie die rechte Hand heben,413 und bei Krşņadāsa (16. Jh.) umarmt Caitanya den Bhavananda an excess of spirituality". - Es sei hier ferner der Abstieg des Bodhisatta auf einer Edelsteinleiter aus dem Trayastrimśa-Himmel auf die Erde, um den Weg der Menschen zu gehen, erwähnt, der sich Dhp-a III 225, 3 ff. und auch auf Reliefs findet, wofür siehe J. E. v. Lohuizen-De Leeuw, The ,,Scythian" Period (Leiden 1949) 80 ff.; dies., New Evidence with regard to the Origin of the Buddha Image: in H. Härtel (Hrsg.), South Asian Archaeology 1979 (Berlin 1981) 391 Abb. 20 (Gāyatri Tīlā, Mathurā); D. Seckel, Jenseits des Bildes (vgl. Anm. 27) 16 Abb. 26 (Bhärhut). 409 Kanonisch Vin II 110f. etc., wo Pindola Bhāradvāja vom Buddha des Mißbrauchs seiner paranormalen Eigenschaften für unwürdige Zwecke wegen getadelt wird; - später u.a. Sihalavatthu (Colombo 1959) S. 34, 15; 91, 18; 138, 28; 169, 13 f. und 21; Buddhaghosa, Samantapāsādikā 633, 10; Jātaka-Stellen behandelt Coomaraswamy, Selected Papers I (vgl. Anm. 127) 457; -Asvaghoşa, Buddhacarita 5, 21; - durch ein Tempeldach zum Himmel: Kalhana, Rājat III 374 und Anm. zu 378; - im Jaina-Siddhanta: W. Schubring, Lehre der Jainas (vgl. Anm. 63) 200; später z. B. Hemac Trişaşti 1, 3, 233; 8, 3, 240. - Gelegentlich wird ein Teppich o.ä. benutzt: Dīpavamsa I 60 ff.; Ja V 315, 22; Hemac, Parisistaparvan (ed. Jacobi; ?Calcutta 1932) XII 321 f. 410 G. Coedès, Documents sur la dynastie de Sukhodaya: BEFEO 17, 2, 1917, 15. 411 Siehe W.B. Bollée, The Indo-European Sodalities in Ancient India: ZDMG 131, 1, 1981, 182 und für eine Abbildung M. Hallade, Indien (vgl. Anm. 64), 7. 412 Ähnliches dürfte von mangala ,Glück, Heil, Segen (PWB) usw. gelten. 413 Trişastio 9, 1,90 uddakșina-karau tau tam āśasamsatur aśişă. Page #52 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 278 Willem B. Bollée und berührt darauf die Köpfe seiner Söhne mit seinen Füßen, 414 was hier wohl als Gunstbeweis aufzufassen ist und besonders der Bhakti-Bewegung zu eignen scheint. Von Gestikulation, und zwar mit den Händen, ist eher die Rede bei dem Gegenteil der Segnung, dem Fluch, der in einer Handvoll Wasser als Trägerin auf den Verfluchten geworfen wird. 415 Es bleibt jetzt noch die Frage zu beantworten, warum in Indien und im weiteren Südostasien dem Fuß bzw. den Füßen soviel mehr Bedeutung beigemessen wird als in unsrer Kultur. Nur Ruben scheint sich darüber Gedanken gemacht zu haben, indem er die Fußsohle für einen möglichen Seelensitz hält (v. supra, S. 240). Hier sei vielleicht auch an Susruta erinnert, demzufolge es zwei Stellen (marma) in der Fußsohle gibt, deren Verwundung tödlich ist (sarīrasthāna 6, 32 f.).416 Durch ihre Füße haben die Wesen, besonders der Mensch durch seine Fußsohle, ihre Stütze, Basis, Halt usw. auf bzw. in der Erde. In dieser Hinsicht sind sie wichtiger als die Hände, somit wohl auch eher gefährdet, was mit erklären könnte, warum man jemandem seine Füße nicht zuwenden soll: man würde sie u. U. einem bösen Blick aussetzen. Das gilt speziell für die Fußsohlen, die den natürlichen Übergang zwischen der Erde und was sich auf ihr befindet darstellen, 417 und Übergänge sind immer Angriffsflächen für böse Mächte. 418 Die Füße, wiederum vor allem die Fußsohlen, sind auch darin wichtiger als die Hände, in dem mit ihnen viel mehr assoziiert wird: man denke an die Mahāpuruşa-Füße, namentlich in der bildenden Kunst, welche neben den Predigten und Lehrreden in einer weitgehend illiteraten Gesellschaft die Religionswahrheiten vermittelt. Der Fuß des stehenden oder aufrecht gehenden, d. h. voll funktionsfähigen Menschen *19 (im Gegensatz zu Kindern, Kranken oder Toten) verbindet diesen mit der Erde, auf der seine (Wieder)geburt im Samsāra beruht; so gesehen könnte dann die Askese auf einem Fuß den Versuch darstellen, diese Bindung aufzugeben und erlöst zu werden (supra, S. 242). 414 Caitanya-caritâmsta (ed. Prabhupāda; Vaduz 1981) 10, 60 tāmra putra saba sire dharila carana. - Der sterbende Haridāsa bittet Caitanya, ihm seine Füße auf die Brust zu setzen (O. Stursberg, Das Caitanyacaritâmộta des Krşqadāsa Kavirāja (Thesis Erlangen 1907) 45, während Sanātana Caitanyas Füße auf seinen Kopf haben möchte und den Guru bittet, dabei zu sagen ,,Das, was ich dich gelehrt habe, werde dir klar" (ebd. 31). 415 Jätaka V 87, 23(siehe CPD s.v. asitta-matta); Rām 7, 26, 53; Bāņa, Hcar 10, 7, BhagPur IX 9,23 usw. 416 Möglicherweise sind Ferse und große Zehe gemeint, die in der esoterischen Hindu-Tradition „contain subtle channels second only in importance to the nādis of the spine" (A. Mookerjee, Kundalini, The Arousal of the Inner Energy (London 1982] 71). 417 Oft erwähnt, s. meine Studien (vgl. Anm. 194) I'141; Sihalavatthu 20:2 etc. 418 Jayadeva, Gīta-govinda 7, 15, 6 bezeichnet die von Krşņa an den Füßen einer Gopi vorgenommene (Schutz-?)bemalung als bahir apavaranam. 419 Siehe Bollée, A Note on Evil (vgl. Anm. 93) 377. Wie wichtig dieses menschliche Unterscheidungsmerkmal den Indern ist, geht aus ihrer Bezeichnung für Tier, u.a. sa. tiryañc, päli tiracchāna (-gata) hervor. Page #53 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 279 Bereits das AitĀr (2, 1, 4, 1) von Stella Kramrisch zitiert 420 - kennt ferner die Vorstellung, daß das Brahman als prāṇa, d. h.,(Lebens) hauch; Leben' (PWB) über die Fußspitzen in den Körper eindringt und, wie sie wohl aus tantristischer Quelle zufügt: "this inflation swells them to a great extent before Prāņa proceeds and equally distributes itself through the limbs while it ascends the high road of the Suşumnā." Auch die folgende, von Perera mitgeteilte Anschauung in Ceylon ist in diesem Zusammenhang von Interesse: "The principle of life (kalāva) that is in man rises with the new moon and travels every month from the left foot to the head and down again on the right side; its movement is reversed in a woman, where it goes up the right side and comes down the left; it resides every day in a particular place, an injury to which causes death. The course it takes is the big toe, sole of the foot, calf, knee cap, yoni or lingam, stomach, pap, armpit, neck, throat, lip, cheek, eye, part of the head and down the other part of the head, eye, cheek etc."421 Bei kalāva (~ sa. kalā) handelt es sich nicht um ein Lebensprinzip, sondern um einen 'supposed influence of the moon on the human body'.422 Auffällig ist, daß diese ,,Mondkraft“ von den Zehen an nach oben wirkt, also auch wieder über die Füße Zutritt zum Körper findet.423 Auf unsere Frage nach der Anwesenheit einer besonderen Macht oder Seele in den Füßen, wie es z. B. Onians für eine procreative power/substance/life soul/spermatic soul in unserem klassischen Altertum herauszuarbeiten versucht hat," 424 lassen die 420 S. Kramrisch, Emblems of the Universal Being: Journal of the Indian Society of Oriental Art 3, 1934/4, 1936, 160 (Anm. 2 lies: AitĀr statt AitUp.). 421 A. A. Perera, Glimpses of Singhalese social life: IA 32, 1903, 434. - Ein ähnlicher,,Einfluß“ der Mondkraft liegt wohl auf der Insel Bali vor bei dem,,asmara wanita (Erweckung des geschlechtlichen Begehrens der Frau), worunter man eine bestimmte Körperstelle versteht, deren Berührung die Begierde der Frau erregt. Diese wechselt täglich ihren Sitz entsprechend den einzelnen Monatstagen. Ein kluger Mann kennt diese Stellen, sie sind am 1. Tage des Monats die rechte große Zehe, am 2. Tage d. M. die Fußsohle (...), am 15. Tage des Monats die Stirn. Vom 16. bis zum 30. Tage kehrt man in umgekehrter Reihenfolge zurück, doch folgt man zum Schlusse dem linken Bein bis zur großen Zehe. Wenn der Mann am richtigen Tage die betreffende Stelle sanft streichelt, und mit dem Mädchen spricht, so gerät es in sexuelle Erregung (...)" (W. Weck, Heilkunde und Volkstum auf Bali [Stuttgart 1937] 127). 422 Ch. Carter, A Sinhalese-English Dictionary (Colombo 1924). - Siche für den Mondeinfluß im allgemeinen z. B. Suśruta I21, 6. 423 Über den Glauben hieran schrieb mir Professor N.A. Jayavickrama am 5.4.1983,,even the most sophisticated Sinhalese who has been trained to spurn native lore will think twice before he undergoes a surgical operation on a part of the body with the visa-kalava falling on it or near it on the day of the operation. I do not know of any literature on this." Siehe auch z. B. F. Nowotny, Eine durch Miniaturen erläuterte Doctrina mystica aus Srinagar ('s-Gravenhage 1958) 54. 424 R.B. Onians, Origins of European Thought (Cambridge 21954) 246. 524ff. Onians weist in diesem Zusammenhang op. cit., S. 529 auf die Schamgefühle italienischer und spanischer Damen hinsichtlich ihrer Füße hin. Den dort angeführten Belegen kann ich dank der Aufmerksamkeit von Herrn Dr. N. Rivero Salavert folgendes Zitat aus Ch. de Montesquieus Lettres persanes Nr. 78 zufügen:,,Ils [die Spanier] permettent à leurs femmes de paroître avec le sein découvert; mais ils ne veulent pas qu'on leur voie le talon, et qu' on les prenne par le bout des pieds." Ferner siehe A.D. Page #54 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 280 Willem B. Bollée obigen vagen und heterogenen Andeutungen keine klare Antwort zu. Vielleicht können aber tantristische 25 oder Hathayoga-Quellen, zu denen ich keinen Zugang habe, 426 Aufschluß geben, denn zwar bewegt in den klassischen Beschreibungen die erwachende Kundalini sich vom unteren Wirbelsäulenende aufwärts, die Erfahrung zeigt jedoch Abweichungen hiervon. So erzählt z. B. Rāmakrşņa, daß ihm etwas mit einem prickelnden Gefühl von den Füßen bis in den Kopf aufstieg. 427 Ähnliches erwähnt der amerikanische Arzt Sannella von mehreren Fällen aus seiner Praxis, *28 und die Erscheinung wird von den Laborexperimenten seines Kollegen Bentov bestätigt,429 der im übrigen, sicherlich in Unkenntnis der obigen singhalesischen Vorstellung, feststellt, daß “The process most frequently begins on the left side and ascends in a sequential manner from foot, leg, hip, to involve completely the left side of the body, including the face” (ebda., S. 87).430 Die Unterschiede zwischen Theorie und Praxis dürften von den traditionellen Darstellungen des Kundalini-yoga, besonders auf alten Rollbildern, die hier ihre große Bedeutung neben den Texten beweisen, aufgelöst werden, denn die Tiefen des Unbewußten werden dort im allgemeinen durch die Riesenschlange Seșa wiedergegeben - einen Archetypus, der aus den Urgewässern aufsteigt.431 Kossoff, El pie desnudo: Cervantes y Lope, in: A.D. Kossoff/J. Amor y Vázques (edd.), Homenaje a William L. Fichter (Madrid 1971) 381-386; J.M. Díez Borque, Sociología de la comedia espagnola en el siglo XVII (Madrid 1976) 44 ff. (freundlicher Hinweis von Herrn Prof. M. Tietz/Bochum). Hier liegt also eine Verschiebung nach unten vor. - Die (unfreiwillige) Entblößung des Frauenfußes vor Männern war offenbar keineswegs komisch, wie es die der männlichen Femora vor jedermann in unserem Mittelalter war (E.R. Curtius, Europäische Literatur und lateinischen Mittelalter (München $1965] 433). 425 Siehe z. B. A. Bhārati, Great Tradition and Little Traditions (Varanasi 1978) 166 mit Zitat ohne Nachweis von F. Nowotny, Das Pūjāvidhinirüpaņà des Trimalla: IIJ 1, 1957, 115. 426 Die beigefügten Abbildungen mögen hier als Ersatz für Textstellen dienen, welche außerhalb Indiens schwer zu finden sind (Dr. Ajit Mookerjee brieflich). 427 A. Mookerjee, Kundalini (vgl. Anm. 416) 83. 428 L. Sannella, Kundalini - Psychosis or Transcendence? (San Francisco "1978) S. 25. 38. 42 u. bes. 46. 429 Ebd. 52. 87 ,the symptom-sign of this 'sensory-motor cortex syndrome', or what has been characterized as the kundalini process in ancient literature can be quite variable and sporadic. Its complete presentation usually begins as a transient paraesthesia of the toes or ankle with numbness and tingling. Occasionally, there is diminished sensitivity to touch or pain, or even partial paralysis of the foot or leg." - Bereits A.L. Basham meinte in seinem The Wonder that was India (London 1954) 327, daß ,,The ancient mystical physiology of India needs further study, not only by professional Indologists, but by open-minded biologists and psychologists, who may reveal the true secret of the yogi.“ 430 In diesem Zusammenhang sei hier noch darauf hingewiesen, daß im Siddhayoga besonders der große Zeh des Gurufußes verehrt wird, s. Sannella (vgl. Anm. 428) 52. 431 Mookerjee (vgl. Anm. 427) 83. Page #55 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 281 Ferner existieren moglicherweise ahnliche Vorstellungen wie in der ,,Reflexologie"432 - der Lehre von den Beziehungen von Handen und Fussen zum ganzen Korper - und Akupressur auch in Indien. Jedenfalls sind die Vorstellungen der Inder hinsichtlich der Fusse sehr alt: ihre Spuren finden sich vielerorts bereits in Abdrucken aus dem Neolithikum.433 Anschrift: Prof. Dr. W.B. Bollee, Oberer Stephansberg 63, D-8600 Bamberg 432 Siehe z. B. H. Fitzgerald/E.F. Bowers, Zone Therapy (Columbus Ohio 1917); E. Ingham, Stories the Feet can tell (New York 1952 [1938]) (freundliche Auskunft von Frau E. Dawson und Rev. F.J. Fox SVD, Liverpool). 433 R. Heine-Geldern, Die Megalithe Sudostasiens und ihre Bedeutung fur die Klarung der Megalithenfrage in Europa und Asien: Anthropos 23, 1928, 289.