Book Title: Traditionell Indische Vorstellungen Uber Die Fuse In Literatur und Kunst
Author(s): Fur Klaus Fischer
Publisher: Fur Klaus Fischer
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Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst Schuhe ausziehen.265 Daß er z. B. auch keine Schuhe von anderen benutzt,266 verwundert nicht, tritt er doch in einen neuen Lebensstand, den des Hausvaters, ein, der neue Kleidung usw. erforderlich macht. Die Auffassung von Kleidung als persönlichem Besitz hat sich sodann verallgemeinert.267 Dubois schließlich bemerkt, daß kein Hindu überhaupt je sein eigenes Haus, geschweige denn das eines Fremden mit Lederschuhen an den Füßen betreten soll (op. cit., S. 330).
Füße als Werkzeug oder Waffe Nach dem Fuß als Steh- und Gehmittel kommen wir jetzt zu seiner Verwendung als Werkzeug bzw. als Waffe, als verbreitetes Mittel, jemanden zu bezwingen bereits im RV, wo der Dichter den König Asamāti lobend anruft und sagt: „Du hast Deinen Fuß auf die Paņis gesetzt“ (Geldner).268 Mehrfach wird ein Kampf manibus pedibusque erwähnt269 und ebenso natürlich, daß ein Sieger als Zeichen der Besitzergreifung seinen Fuß auf den Kopf seines Gegners stellt,270 obwohl das bei Verwundeten als unehrenhaft gilt.271 Daß es diesen Ausdruck vielleicht ebenfalls im übertragenen Sinne gibt, daran könnte man in einer Itthiparinna-Strophe denken, in der es heißt, daß die Frau einen Mönch, der sein Gelübde gebrochen und sich mit ihr eingelassen hat, auf dem Kopf trampelt,272 denn in Anbetracht des großen Respekts vor Mönchen und der indischen Gefühle hinsichtlich Kopf und Fuß wäre das sonst ohne Zweifel eine schlimme Beleidigung. Eine solche zeigt tatsächlich eine Illustration zum Amaruśataka: eine eifersüchtige Geliebte tritt mit dem Fuß nach dem Kopf ihres reumütigen Liebhabers.273
Tritte nach oder auf andere(n) Körperteile(n) lösen verschiedene Reaktionen aus. So verursachte die Dienerin, die den Brahmanen Cāņakya von seinem Sitz trat, den Untergang der Nanda-Dynastie,274 während die Fußtritte, welche Kīrtisenā von ihrer bösen Schwiegermutter erhielt, eine Reihe von Abenteuern auslösten, die aber ein gutes Ende nahmen.275 Sogar Brahmanen genieren sich nicht, ihre Füße gegeneinander
265 Manusmrti 4, 74. 266 Ebd., 4, 66. 267 Carstairs (vgl. Anm. 2) 79. 268 RV 10, 60, 6 Panin ny akramih.
269 U.a. Räm 3, 4, 7ff. (Rāma und Lakşmana gegen den Riesen Viradha); 3, 51, 40 (der Dämon Rāvana gegen den Geier Jațâyus).
270 Mvu III 31, 4; KSS 20, 190. 271 Mbh 9, 63, 15 d.
272 Süyagada 1, 4, 2, 2 bhikkhum (...) pāy'uddhattu muddhi pahananti. Cf. Údò sódastideoital ,to trample under foot, scorn (Liddell/Scott, A Greek-English Lexicon (Oxford, '1948).
273 Kl. Fischer, Erotik und Askese (vgl. Anm. 142) Abb. 102. - Hier ist also von einem , sanften Regiment der (indischen) Frauen“ (G. Tölle) nicht die Rede. Das gilt auch z. B. von Vasantasenā, wenn sie den ihr zu Füßen liegenden Sakāra wütend an den Kopf tritt, was ihn wiederum gegen sie aufbringt (Mșcchakațika 8, 19).
274 Hemacandra, Par 8, 223. 275 KSS 29,86.