Book Title: Traditionell Indische Vorstellungen Uber Die Fuse In Literatur und Kunst
Author(s): Fur Klaus Fischer
Publisher: Fur Klaus Fischer
View full book text
________________
Traditionell-indische Vorstellungen über die Füße in Literatur und Kunst 249 kann seinen Gästen selber die Füße waschen oder es zweien Śūdras überlassen;184 im KSS nehmen es bei königlichen Reisenden einmal Sklavinnen vor (18, 113). Die Fußwaschung gilt nicht nur der Entfernung des Wegstaubes, sondern Crooke zufolge vor allem der Beseitigung eventueller fremder Geister. 185 In diese Richtung ist vielleicht auch der Grund der Vorschrift zu suchen, wonach Jaina-Mönche vor Betreten des Dorfes zum Almosengang sich die Füße abreiben müssen - der Sadhu darf sich ja nicht waschen 186 -, obwohl der Kommentator Droņa sie damit begründet, daß der Staub an den Füßen entweder ganz oder teilweise belebt sei, der Staub im Dorf aber sicherlich frei von Leben.187 Zum Schluß sei hier noch das Auftreten der Fußwaschung als Märchenmotiv gestreift, das schon im 5. Jh. v. Chr. mit dem Namen Skiron verbunden ist. 188 Dieser Skiron war bekanntlich ein Räuber, der am Isthmus von Korinth Reisende seine Füße waschen ließ, um sie dabei mit einem Tritt ins Meer zu stürzen.189 In der indischen Version ist es der Dakoit Mandiya, der seiner Schwester befiehlt, dem Bettler Müladeva, den er seine Beute von einem Einbruch in seine Höhle hat schleppen lassen, die Füße zu waschen und ihn dabei in den Brunnen zu werfen. 190
Baden tut man oft mehrmals am Tage; man soll jedoch nach alter Tradition sich nicht mit nassen Füßen schlafen legen.191 So essen soll jemandem hingegen ein langes Leben bescheren.192 Für die chinesische Jātaka-Uberlieferung, derzufolge man ein Schlangendämon (nāga) werden kann, wenn man Wasser unter die Füße bekommt, habe ich keine indische Quelle gefunden.193 Ein Fußbecken figuriert ferner im Svabhāva-vāda als Beispiel für die Lehre der natürlichen Veranlagung als Ursache der Ungleichheit der Menschen, wird es doch aus derselben Sorte Stein wie z. B. ein Rudrabild gefertigt. 194
184 ApDhS 2, 3, 9. Hierüber gehen die Auffassungen gleichwohl auseinander: laut BaudhGS 1, 2, 23 tun es in der Regel Gastgeber und Gastgeberin beide, aber ebd. 21 heißt es, ein Brahmane soll den rechten Fuß, ein Śūdra den linken waschen. JB I 69 gilt die Fußwaschung als ein Sūdra-Lebensunterhalt. Weitere Stellen bei J. Gonda, Vedic Ritual (Leiden/Köln 1980) 330, der unter Hinweis auf einen Kauss 42, 6 erwähnten Ritus zur Bewirkung von Eintracht, welcher an zwei Personen mit befeuchteten Füßen zu vollziehen ist, die Vermutung geäußert, die feierliche Handlung diene in beiden Fällen weniger der physischen Reinigung als der Entfernung von Feindseligkeit usw. Es ist aber auch zu berücksichtigen, daß die Straße nicht nur von (fuß)reinen Wesen wie Brahmanen benutzt wird (N.C. Chaudhuri, Hinduism (London 1979] 205 f.).
185 Crooke (vgl. Anm. 173) 1 242; vgl. Campbell, Notes on the Spirit Basis of Belief and Custom: IA 27, 1898, 158
186 W. Schubring, Die Lehre der Jainas (Berlin 1935) 168.
187 Ohanijjutti 433, s. À. Mette, Pind'esana, AdW Mainz. Abh. d. geistes- u. soz.-wiss. Kl. 1973 Nr. 11 (Wiesbaden 1974) 63.
188 Siehe Liddell/Scott, Greek-English Lexicon (Oxford 1940) s. v.
189 H. J. Rose, A Handbook of Greek Mythology (London *1953) 264; W.H. Roscher, Lexikon der griechischen und römischen Mythologie (Leipzig 1909 ff.) s. v. Skīron.
190 H. Jacobi, Ausgewählte Erzählungen (vgl. Anm. 65) 66,2 f. 191 BhagPur 6, 18, 51 und 60: Varahamihira, BS 53, 124. 192 Manu 4,76 = Mbh 13, 107, 29. 193 E. Chavannes, Cinq cents contes (vgl. Anm. 106) No 207.
Siche W.B. Bollée, Studien zum Süyagada I (Wiesbaden 1977) 66.