Book Title: Traditionell Indische Vorstellungen Uber Die Fuse In Literatur und Kunst
Author(s): Fur Klaus Fischer
Publisher: Fur Klaus Fischer
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Willem B. Bollée
Ehrung vornimmt.142 Bei Männern deuten Füße wie Getreideschwingen auf Armut und Kummer,1 143 rotbraune Füße verursachen den Untergang der Familie, solche in der Farbe von gebranntem Ton führen zu Brahmanenmord, gelbe Füße zu Umgang mit verbotenen Frauen." 144
Der Gebrauch des Fußes ließe sich nach seiner Funktion als Stütze oder ohne Spezifizierung; als Gehmittel, und als Werkzeug oder Waffe einteilen, das zweite nach ,,unbeschuht" oder nicht angegeben" und ,,mit Schuhwerk versehen"; schließlich trennen wir noch die nackten Füße als solche von den Spuren, die sie hinterlassen.
Die Füße als Stehmittel145 dienen dem Inder vorzüglich zum Zwecke der Askese, und zwar beide bei dem käyôtsarga der Jaina-Mönche - einer Übung, bei der man leicht vorübergebeugt mit steif nach unten gehaltenen Armen stehend verharrt - oder auch als stante pede à l'indienne nur einer.146 Letzterer Fall begegnet ebenfalls im Epos, 147 um dadurch die Götter für sich zu gewinnen148 oder z. B. einen Sohn zu erlangen. Die Askese quält nicht nur denjenigen, der sie ausführt, sondern auch die Götter, die in dieser Weise zur Wunscherfüllung gezwungen werden. Campbell Oman photographierte ferner bei Lahore einen Bairagi auf einem Bein bei der Sonnenanbe
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tung.
Von anderen Vorstellungen in dieser Rubrik sei zunächst die Fußgeburt in medizinischem Sinne (es gibt auch eine mythologische) genannt. 151 Galt sie in unsrem Alter
142 Vielleicht schon Suyagada 1, 4, 2, 5 erwähnt. - Der linke Fuß ist zuerst zu schminken (Kalidāsa, Kum 4, 19). Siehe auch Kl. Fischer, Erotik und Askese im Kult und Kunst der Inder (Köln 1979) 52, 198 Abb. 99.
143 Vgl. GarudaP 65, 3.
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Varahamihira, BS 68, 3. Die Farbe kasaya ist so unbestimmt,roth, dunkelroth; gelbroth'; sie kann von Mäusen, best. Schlangen und von menschlichem Samen gebraucht werden (PWB), daß eine Beziehung hier schwer festzustellen ist, was entsprechend auch für die anderen Farben gilt. Gelb wird freilich gelegentlich mit Liebe assoziiert; gelb ist auch das 2. cakra im Linga (F. Nowotny, Eine durch Miniaturen erläuterte Doctrina mystica aus Srinagar ['s-Gravenhage 1958] 28 f.).
145 Der Fuß als pratiṣṭhā des Menschen: AV 10, 2, 1; SB 8, 7, 2, 17.
146 Abgebildet z. B. in Kl. Fischer, Erotik und Askese (vgl. Anm. 142) 225. Diese mit dem Anstarren der Sonne verbundene Exerzitie ist Jainanonnen untersagt (W. Schubring, Das Kalpa-Sūtra [Leipzig 1905] 33 [5, 22]).
147 Mbh cr. ed. 13, 27, 39; Ram 7, 10, 6.
148 Mbh 13, 14, 86 steht Upamanyu tausend Jahre auf seiner linken Fußspitze, um Śiva für sich einzunehmen, und in Mamallapuram sieht man den Asketen Bhagiratha sich ähnlich betätigen, damit der Ganges auf die Erde herabströme und sie mit seinen Gewässern fruchtbar mache (s. Craven [vgl. Anm. 128] 145 f.; R. Singh, Ganga. Sacred River of India [Hongkong 1974] 23).
149 Mbh 13, 82, 25.
150 J.C. Oman, The Mystics, Ascetics and Saints of India [London 1905] 231f.
151 Die Fußgeburt ist die erste der acht schwierigen Geburten (müḍdha-garbha), s. R. F. G. Müller, Eigenwertungen in altindischer Medizin: Nova Acta Leopoldina NF. 138 Bd. 20 (Leipzig 1958) 51. Zur Einschätzung der ungefähren Häufigkeit der Erscheinung überhaupt, deren Auftreten bei Frühgeburten und Mehrlingsschwangerschaften begünstigt wird, sei hier noch erwähnt, daß gegenwärtig in der Bundesrepublik die Zahl der Fußgeburten sich auf etwa 1% beläuft; davon sind 0,4% unvollkom