Book Title: Zur Advaitischen Theorie Der Objekterkenntnis
Author(s): Lambert Schmithausen
Publisher: Lambert Schmithausen

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Page 4
________________ 332 LAMBERT SCHMITHAUSEN verfärbt wird (vgl. YBh 98, 3ff. u. 356, 5). Diese Verfärbung des Inneren Sinnes durch das Objekt wird von Sankara in seinem Kommentar zum Yogabhāsyam als Transformation des Inneren Sinnes in die Gestalt des äußeren (Gegenstandes) (cittam bähyäkāreņa pariņamamānam, YV 347, 8f.; vgl. auch YV 19, 9f.) interpretiert. Die dieser Deutung zugrundeliegende Auffassung ist auch für das (spätere ? 10) Sāmkhya belegbar 11; dort wird jedoch im allgemeinen auch eine Transformation der äußeren Sinne 1%, gelegentlich anscheinend nur eine solche 13, angenommen. Wenn die äußeren Gegenstände auf diese Weise auf die Lichtsubstanz des Inneren Sinnes übergegangen (buddhisattvopārūdhäh, YBh 172, 6), d. h. in Gestalt der durch sie bewirkten Verfärbung oder Transformation in den Inneren Sinn hineingelangt sind, werden sie Objekt der Schau (drśyāḥ, ib.) der Geistseele, die scheinbar auf den sich wandelnden Spiegel des Inneren Sinnes übergeht (pratisamkrānteva, YBh 354, 10f.) und auf diese Weise auch ihrerseits den Inneren Sinn verfärbt (uparañj-) 14 und scheinbar geistig (cetanam iva, vgl. YBh 356, 5) macht, andererseits aber auch selbst scheinbar die Tätigkeit des Erkennens ausübt (vgl. YBh 354, 11 u. 355, 2f.). Im Sāmkhya 10 Diese Auffassung, daß die Tätigkeit (vrttih) des Inneren Sinnes (bzw. der Inneren Sinne) in der Annahme der Form des Gegenstandes bestehe, scheint nicht von Anfang an vorausgesetzt werden zu können. Auffällig ist, daß im ältesten der von Jinendrabuddhiḥ wiedergegebenen Kommentare zu Vrsaganas Şaştitantram (s. E. FRAUWALLNER, Die Erkenntnislehre des klassischen Sāmkhyasystems. WZKSO 2, 1958, p. 19ff.; im folgenden zitiert als FRAUWALLNER, Erkenntnislehre) von einer Annahme der Form des Gegenstandes durch die Psyche überhaupt nicht die Rede ist, während der zweite Kommentar sie nur für die äußeren Sinne bezeugt (8. FRAUWALLNER, ib., pp. 21, 15ff. u. 23, 12 ff.). Statt der Vorstellung einer realen Transformation des Inneren Sinnes in die Form des Objektes kommt auch die Lehre vor, daß sich das Objekt im Inneren Sinn spiegelt (buddhidarpaņārūdham artha pratibimbakam, vgl. c, Absatz 3), womit, angesichts der Anwendung der gleichen Vorstellung auf die Geistseele, offenbar keine wirkliche Transformation gemeint ist; die eine solche implizierende Tätigkeit (vrttih) des Inneren Sinnes fällt also hier wohl kaum mit der Abbildung des Objektes zusammen. Auf diesem Hintergrund kann auch die Lehre des YBh von der Verfärbung des Inneren Sinnes durch die Objekte nicht ohne weiteres mit der Interpretation Sankaras im Sinne der Transformation des Inneren Sinnes in die Form des Objektes gleichgesetzt werden. 11 Vgl. etwa Tattvasamgrahah v. 296: visayakärä buddhir ... vivartate; YD 97, 2f.: antahkaranam apy upăttavisayendriyopanipătāt tadrūpāpattau ... satyām... 12 Vgl. etwa die Anm. 19 zitierte Erklärung zu dem Sâmkhya-Vers Vyom 521, 19f., oder Syädvādaratnākaraḥ 233, 10ff.: ... indriyavrttih prathamato visayakāreņa parinamate. tato manovsttidvāreņa buddhivyttih... samkrāntavisayākārā .... 13 Vgl. Anm. 10, aber auch Formulierungen wie NM 24, 6f. (visayākārapariņatendriyādivrttyanu pātini buddhivșttih). 14 Vgl. YS IV, 23; ferner den Vyom 521, 28 ff. zitierten Sāmkhya-Vers: „Die Geistseele (puruṣaḥ) bewirkt, ohne dabei eine Veränderung zu erleiden, daß der ungeistige Innere Sinn (manah) ihre (= der Geistseele) Erscheinungsform annimmt (svanirbhāsam karoti), (u. zw.) durch die bloße Nähe, wie (yathā ist am Versende zu ergänzen !) ein daneben liegender (Gegenstand) (upādhih) einen Kristall (verfärbt)." Die Bezeichnung des vom Geist verfärbten Inneren Sinnes als ,,manah" zeigt, daß nur ein Innerer Sinn vorausgesetzt ist; es könnte sich also gut um einen Vers Vindhyavāsins handeln.

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