Book Title: Zur Advaitischen Theorie Der Objekterkenntnis
Author(s): Lambert Schmithausen
Publisher: Lambert Schmithausen

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Page 3
________________ Zur advaitischen Theorie der Objekterkenntnis 331 endlichen Erkennen gesetzt, sondern diesem vorausgesetzt sei, insbesondere in zeitlicher Hinsicht bereits vor der auf es bezüglichen Erkenntnis fertig existiere. Die das Objekt (bzw. die Welt als Inbegriff der Objekte) schaffende Instanz ist somit nicht das gewöhnliche Erkennen der unerlösten Geistigkeit, des Jivaḥ, sondern etwas anderes, etwa das (von der unerlösten Geistigkeit durch eine illusorische Trennung verschiedene) Brahman bzw. der Weltenherr (Isvarah), oder auch eine untergründige Seite der unerlösten Geistigkeit selbst 5. Bei der genaueren Analyse des Prozesses der Erkenntnis des vorausgesetzten Objektes setzt das Advaita - soweit wir sehen können, wiederum seit Sankara 6 - die Psychologie des Sāmkhya, genauer noch des sāmkhyistischen Yoga voraus; diese Entlehnung ist jedoch zugleich mit wesentlichen Änderungen verbunden, u. zw. nicht nur bezüglich des Subjektes e, sondern, in der Zeit nach Sankara, auch – und damit soll sich der vorliegende Aufsatz in erster Linie befassen - bezüglich der Art und Weise des Erkanntwerdens des Objektes. Um diese Änderungen aufzeigen zu können, bedarf es zunächst einer kurzen Skizze der die Ausgangsbasis bildenden Auffassung des Sāmkhya und vor allem des Yoga vom Prozeß der Objekterkenntnis. 3. a) Die den Erkenntnisprozeß berührenden metaphysischen Voraussetzungen des Sāmkhya-Yoga sind folgende: Zunächst, auf der einen Seite, als Subjekte eine Vielzahl von absolut unveränderlichen und untätigen reinen Geistseelen, auf der anderen Seite Objekte, die aus der Urmaterie hervorgegangen sind und den Subjekten als reale gegenüberstehen, sie aber in keiner Weise unmittelbar affizieren können. Für das Zustandekommen wechselnden Erkennens bestimmter Objekte muß daher ein vermittelndes Prinzip hinzutreten: die Psyche, zerlegbar in die fünf äußeren Sinne und den Inneren Sinn, welch letzterer teils als einfach (mit wechselnder Terminologie, insbes. cittam, manah und buddhiḥ) angesetzt wird?, teils als drei Wesenheiten (buddhiḥ, ahamkāraḥ und manaḥ, die aber nicht unbedingt in jedem Fall alle drei am Erkenntnisprozeß beteiligt sein müssen 8 umfassend. Die Psyche ist ebenfalls ein Produkt der Urmaterie und gehört somit auf die Seite des Ungeistigen, Objektiven. b) Erkenntnis eines bestimmten Objektes findet nun, nach der Auffassung des Yoga, in der Weise statt, daß der Innere Sinn vermittels der Sinnesorgane von den äußeren Objekten verfärbt wird (... cittasya bāhyavastūparāgāt, YBh 19, 2; viņayenoparaktam cittam, YBh 346, 8), wie ein an sich farbloser Kristall durch einen neben oder hinter ihm befindlichen farbigen Gegenstand 5 Vgl. den vorl. Aufs., II B, 3. Theorie. 6 Vgl. P. HACKERS Beitrag zum vorliegenden Band. ? Z. B. im Yoga und bei Vindhyavāsin (GPh I, pp. 411 u. 401f.). 8 Vgl. YD 139, 6ff. 9 Z. B. in der Sāmkhyakārikā (vv. 33 u. 35).

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