Book Title: Zur Advaitischen Theorie Der Objekterkenntnis
Author(s): Lambert Schmithausen
Publisher: Lambert Schmithausen

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Page 31
________________ Zur advaitischen Theorie der Objekterkenntnis 359 wissen (tūlājñānāni, ASi 487, 10) anzusetzen, die jeweils bestimmte, durch ein bestimmtes Objekt abgegrenzte „Stellen" der Geistigkeit verhüllen und durch die entsprechende Erkenntnis vernichtet werden. Ein Problem ergab sich jedoch dadurch, daß derselbe Gegenstand wieder aus der Wahrnehmung verschwindet und von neuem erkannt werden muß. Wenn nun jede Erkenntnis ein (Teil-)Nichtwissen vernichten soll, mußte man viele Nichtwissen ein und desselben Gegenstandes (bzw. der ihm unterliegenden Geistigkeit) annehmen. Dabei gab es zwei Möglichkeiten: Entweder wird angenommen, daß immer wieder neue Nichtwissen des betreffenden Gegenstandes entstehen (SLS 160, 9ff.), oder aber ein und derselbe Gegenstand ist gleichzeitig von einer Vielzahl anfangloser Nichtwissen verhüllt, wobei aber immer nur eines dieser Nichtwissen durch einen bestimmten Erkenntnisakt vernichtet wird, während die übrigen bestehen bleiben, den betreffenden Gegenstand aber, solange die Erkenntnis andauert, nicht verhüllen. Um dies letztere zu erklären, verwies man auf das Nochnichtsein (prāgabhāvah) von Erkenntnis, welches der Nyāya lehrte und bei dem sich das gleiche Problem stellte (SLS 162, 5ff.; ASi 487, 22-488, 1), und nahm entweder an, daß immer nur ein Nichtwissen aktuell verhüllend wirke und nach seiner Vernichtung und dem Aufhören der betreffenden Erkenntnis durch das nächste ersetzt werde (SLS 163, 7ff.), oder aber, daß jede Erkenntnis neben der Vernichtung eines Nichtwissens auch noch die Verhüllungskraft der übrigen unterdrücke (SLS 165, 5ff.; ASi 487, 20ff.). d) Zum Abschluß sei noch kurz auf den Versuch eingegangen, mit Hilfe einer Differenzierung der Lehre von der Verhüllung und ihrer Überwältigung den Unterschied von unmittelbarer (a parokşam) und mittelbarer (paroksam) Erkenntnis zu erklären. Man postulierte zu diesem Zweck zwei verschiedenartige Verhüllungen einer bestimmten Objekt-Geistigkeit: die eine hat ihren Sitz an der ObjektGeistigkeit, die andere an der Subjekt-Geistigkeit (SLS 174, 12-14). Letztere bewirkt, daß das Objekt für das betreffende Subjekt überhaupt nicht existiert (= daß dieses gar nichts von ihm weiß), erstere hingegen, daß es ihm nicht (in seiner unmittelbaren, leibhaftigen Konkretheit) erscheint (SBi 65, 3f.). Da eine bestimmte Verhüllung nur beseitigt werden kann durch eine Erkenntnis (= Transformation des Inneren Sinnes), die mit ihr räumlich kongruiert (vgl. VTV 266, 1), kann die am Objekt selbst befindliche Verhüllung nur durch ein Hinaustreten des Inneren Sinnes, das pormalerweise durch die Sinnesorgane vermittelt ist, also nur bei der Wahrnehmung, erfolgen. Die Beseitigung der am Subjekt befindlichen Verhüllung des Objektes hingegen ist auch ohne ein Hinaustreten des Inneren Sinnes, also auf Grund indirekter Erkenntnismittel wie Schlußfolgerung, möglich (SLS 174, 16–175, 2). Daß diese Lehre in Madhusūdanas Siddhāntabinduḥ unter der Voraussetzung, die dem Objekt unterliegende Geistigkeit sei Brahma-Geistigkeit

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