Book Title: Zur Advaitischen Theorie Der Objekterkenntnis
Author(s): Lambert Schmithausen
Publisher: Lambert Schmithausen

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Page 24
________________ 352 LAMBERT SCHMITHAUSEN darin, diese Anregung unter Auswertung der metaphysischen Voraussetzungen des Advaita zu einer ihrem Vorbild an Plausibilität zweifellos weit überlegenen Theorie fortgebildet zu haben: Die Möglichkeit des unmittelbaren Erkanntwerdens des Objektes selbst ergibt sich dadurch, daß dieses nicht mehr, wie in der 1. Theorie, bloß als vorausgesetztes, sondern als von einer Geistigkeit vorausgesetztes und somit immer schon vom Geist durchstrahltes, bewußtes, erkanntes gefaßt und sein Bewußtwerden für das unerlöste Subjekt als Partizipation an jenem immer schon wirklichen Bewußt-sein verstanden wird. Aus der Sicht der inneradvaitischen Entwicklung kommt Padmapādas Theorie das Verdienst zu, eine Synthese des (möglicherweise von Dharmakirti angeregten 47) Grundsatzes der Brahmasiddhiḥ, die Beziehung von Subjekt und Objekt sei nur möglich, wenn beide wesenhaft eins sind (indem das Objekt eine (Realumwandlung oder) Scheinentfaltung des Subjektes ist) (BSi 7, 23 ff.), und der vom späteren Sankara betonten Auffassung, das Objekt sei dem (endlichen) Erkennen als ein äußeres vorausgesetzt, zustandegebracht zu haben. 3. Nach der advaitischen Tradition hat die zum Objekt hinausgehende Transformation des Inneren Sinnes in der 2. Theorie den Zweck, die (an sich immer schon bestehende, aber durch das illusorische Eingeschränktsein des Jivaḥ auf den Inneren Sinn nicht manifeste) Nichtverschiedenheit der JivaGeistigkeit von der dem Objekt unterliegenden und es beleuchtenden Geistigkeit zu manifestieren (ASI 479, 3: jivacaitanyasya vişayaprakāśakatadadhisthānacaitanyābhedābhivyaktyarthā; SLS 146, 1f.: vişayacaitanyābhedābhivyaktyartha-) 48. Das Problem, das sich die advaitische Tradition stellt, ist, wie diese Manifestation der Nichtverschiedenheit angesichts des Aufgespaltenseins von Jivah und Brahma in spiegelbildliche und urbildliche Geistigkeit möglich ist. Als Ausgangspunkt mag wieder der Siddhāntaleśasamgrahaḥ (p. 152, 6ff.). dienen. a) Die erste Deutung des SLS (152, 7-153, 2) repräsentiert die auch in der Grundquelle vorliegende naive Nichtbeachtung der genannten Differenz, wohl auf Grund der Tatsache, daß die Bezeichnung des Jivaḥ als Spiegelbild ursprünglich, wie gesagt, wohl nur ein Vergleich war. Die erste Deutung - die auch dem Wahrnehmungsabschnitt der Vedāntaparibhāşā (vgl. VeP 12, 1 ff.) zugrundeliegt – geht somit von einer einheitlichen, gleichförmigen Geistigkeit aus, die lediglich durch verschiedene (illusorische) Begrenzungen (avacchedaḥ) (scheinbar) in Subjekt und Objekt aufgespalten ist. Vermittels 47 Vgl. Pramāņavārttikam III, 330 ab: tasyās carthāntare vedye durghatau vedyavedakau. 48 Gelegentlich findet sich die weniger deutliche, auch auf die 1. Theorie anwendbare Ausdrucksweise, daß die Transformation des Inneren Sinnes den Zweck der (Herstellung einer) Beziehung (sambandhah) habe (z. B. VeP 144, 3), und diese Beziehung kann dann wiederum als ,,Verfärbung“ (der Jiva-Geistigkeit) (uparāgah) bezeichnet werden (z. B. VivBh 315, 17f.; SBi 59, 1-3).

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