Book Title: Zur Advaitischen Theorie Der Objekterkenntnis
Author(s): Lambert Schmithausen
Publisher: Lambert Schmithausen

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Page 9
________________ Zur advaitischen Theorie der Objekterkenntnis 337 Zweite Theorie (Viv 308, 15–310, 2 u. 315, 1-316, 3) «) Der Jivaḥ ist, im Gegensatz zur 1. Theorie, nicht allverbreitet, sondern begrenzt, endlich (paricchinnah), indem er durch den Inneren Sinn abgegrenzt ist (antaḥkaraṇāvacchinnaḥ) und ein Spiegelbild (in diesem) darstellt (pratibimba-sthānīyaḥ) (309, 1 u. 315, 1). Er kann daher nicht alles erkennen (315, 1), sondern nur dasjenige Objekt, welches mit dem ihn konstituierenden Inneren Sinn vermittels einer entsprechenden Transformation (pariņāmaḥ) eben dieses Inneren Sinnes (vgl. 315, 2) in Kontakt steht (samsrstam) (309, 1f.), wohingegen das Brahma, das das Urbild dieses Spiegelbildes darstellt (bimbasthānīyam), da es allverbreitet (sarvagatam) ist, alles erkennen kann (309, 2f.). B) Die Erkenntnis des mit dem Inneren Sinn verbundenen Objektes durch den Jivaḥ vollzieht sich, genauer analysiert, folgendermaßen: Die Verbindung oder Vermischung (samsargaḥ) der Transformation des Inneren Sinnes [der, wie gesagt, die den Jivaḥ konstituierende (illusorische) Begrenzung (avacchedanimittam) darstellt] mit dem Objekt (vgl. 315, 2), das als eine (illusorische) Begrenzung der urbildlichen Geistigkeit zu begreifen ist (vgl. 309, 5f.), bedeutet eine gegenseitige Durchdringung oder Überlagerung (parasparānvayah) dieser beiden Begrenzungen (309, 7f.). Durch dieses Sichaufheben der illusorischen Abgrenzungen findet auch die Entfremdung der ihnen zugrundeliegenden „Geistigkeiten" ein Ende: Die vom Objekt abgegrenzte Brahma-Geistigkeit manifestiert sich dem Jivah (315, 2f.) in ihrer an sich immer schon bestehenden Ungetrenntheit von ihm (vgl. 310, 1f.) und verschmilzt mit der Geistigkeit des Jivaḥ (vgl. 309, 8: ubhayāvacchinnam ... caitanyam anyonyasams?stam, u. 315, 3: vişayāvacchinnasya caitanyasya jivacaitanyatā), und das hat zur Folge, daß der Jivaḥ auch an dem für jene Geistigkeit bestehenden Bewußtsein des Objektes partizipiert. 7) Wäre für die Manifestation oder unmittelbar-anschauliche Erkenntnis von etwas durch den Jivaḥ der Kontakt mit dem bloßen Inneren Sinn als solchem (antahkarana-svarūpa-mātram, 316, 1) ausreichend, so müßten auch die diesem anhaftenden Entitäten Verdienst (dharmaḥ) und Schuld (adharmaḥ) unmittelbar-anschaulich erkannt werden (316, 1f.), oder auch das allverbreitete und somit auch den Inneren Sinn durchdringende Brahma, seine Allwissenheit und seine Identität mit dem Jivaḥ (309, 9-310, 2). Um derartige unerwünschte Konsequenzen zu vermeiden, ist die obige Lehre dahin zu präzisieren, daß die Manifestation von etwas für den Jivaḥ grundsätzlich nur dann erfolgt, wenn es mit dem entsprechend transformierten Inneren Sinn in Kontakt steht (vgl. 315, 3-316,1). Dies gilt auch für die Manifestation des Jivaḥ selbst, für das Selbstbewußtsein des Jivah (als Jivah): auch dieses findet nur statt, wenn der Innere Sinn die die Form des Jivaḥ tragende Transformation „ich“ (jīvākārāhamvrttiḥ) angenommen hat (316, 2); fehlt diese Transformation, so verfällt der Jivaḥ in Tiefschlaf (316, 3) und bleibt unbewußt. 22 Festschrift -- Frauwallner

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