Book Title: Zur Advaitischen Theorie Der Objekterkenntnis
Author(s): Lambert Schmithausen
Publisher: Lambert Schmithausen

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Page 13
________________ Zur advaitischen Theorie der Objekterkenntnis 341 sein müsse. Auf den Inneren Sinn übergehen muß lediglich die an sich beziehungslos neben den Dingen herbestehende Geistseele (Viv 312, 5), deren Geistigkeit sich auf diese Weise gleichsam verfängt und so auch anderes beleuchtet. c) In dieser Auffassung, daß nicht bloß eine Repräsentation des Objektes im Inneren Sinn, sondern das Objekt an sich selbst erkannt werde, -sei sie nun von Anfang an mit dieser Theorie verbunden oder Prakāśātmans Interpretation oder, im äußersten Falle, das Werk der nachfolgenden advaitischen Tradition (s. unter 3) -, liegt der in unserem Zusammenhang relevante Unterschied zwischen dieser advaitischen Theorie und der in Samkhya und Yoga vorherrschende Lehre. Es handelt sich hier zweifellos um eine Auswirkung der durch Dignāga und Dharmakirti ausgelösten Reaktion der „realistischen“ Schulen auf den buddhistischen „Sākāravādaḥ", d. h. die Lehre, daß die - hier als durch sich selbst geistig gefaßte - jeweilige Erkenntnis das Bild ihres Gegenstandes trage und ihn nur in Gestalt dieses Bildes erkenne; eine Lehre, die bei den Buddhisten mit der Annahme verbunden war, daß zahlreiche Erkenntnisinhalte überhaupt nur eine ideelle Existenz hätten, und die häufig sogar zu einem totalen Idealismus, in dem die Existenz erkenntnisäußerer Dinge überhaupt geleugnet wurde, gesteigert wurde. Dieser Auffassung setzten die realistischen Schulen – insbesondere Nyāya und Mimāmsā – die Ansicht entgegen, daß die Erkenntnis formlos (nirākārā) oder transparent (svacchā) sei und einen Inhalt (im wesentlichen) nur in Gestalt des unmittelbar erkannten realen Gegenstandes selbst erhalte. Von diesem Standpunkt aus war natürlich die Auffassung des Yoga und späteren Sāmkhya suspekt; denn sie beinhaltete eine bloß indirekte Erkenntnis der äußeren Objekte vermittels einer Repräsentation in der jeweils einem einzelnen Subjekt zugeordneten, also insofern „subjektiven“) Psyche und unterschied sich damit, auch wenn man die durchgängige Adäquatheit dieser „subjektiven" Repräsentation herausstellte 28, doch im Prinzip nicht allzu sehr vom buddhistischen „Sākāravādah" 29, war also zur erkenntnistheoretischen Fundierung einer objektiven, erkenntnisäußeren Welt ungeeignet. Die Existenz einer äußeren, dem subjektiven Erkennen vorausgesetzten Welt (wenn auch einer illusorischen) wurde aber, wie gesagt, auch von den meisten Advaitins anerkannt, und es lag daher nahe, das aus dem Sāmkhya-Yoga übernommene Erkenntnismodell unter dem Einfluß der Auffassung der nunmehr erkenntnistheoretisch führenden Schulen Nyāya und Mimāmsā im Sinne einer direkten Wahrnehmung der äußeren Gegenstände umzuformen, und ein solcher Versuch scheint in der hier besprochenen Theorie vorzuliegen. Dabei ist es vielleicht nicht ohne Interesse, daß auch im Nyāya das Bewußt 28 Vgl. etwa YV 28, 23f. 20 Vgl. NM 24, 17: sākārajñanavādāc ca (statt -dāms ca) nātīvaisa višięyate tvatpakşah.

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