Book Title: Zur Advaitischen Theorie Der Objekterkenntnis
Author(s): Lambert Schmithausen
Publisher: Lambert Schmithausen

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Page 21
________________ Zur advaitischen Theorie der Objekterkenntnis 349 allverbreitet. Damit ist die unerwünschte Konsequenz, daß er eigentlich alles erkennen müßte, im Ansatz vermieden. a) Nach dem Abschnitt a der Darstellung der 2. Theorie [der im wesentlichen auf dem Anfang des einschlägigen Teiles des Pūrvapakşaḥ (Viv 309, 1-5) fußt] scheint es, als ob der Jivaḥ durch eine bloße Ausdehnung seiner Begrenzung - des Inneren Sinnes – zum Objekt hin dieses erkennen könne, so wie es vom Brahma heißt, daß es auf Grund seiner Allverbreitetheit alles erkenne. b) Der Abschnitt ß (nach Pūrvapakşaḥ 309, 5ff. und Uttarapakşaḥ 315, 2–3) zeigt jedoch, daß dies nicht gemeint ist 42. Hier heißt es vielmehr, daß eine Erkenntnis des Objektes durch den Jivah unmöglich sei, da die vom Objekt begrenzte Geistigkeit (vişayāvacchinnacaitanyam) Brahma-Geistigkeit sei und somit keine Verbindung (anuşangah) des durch den Inneren Sinn begrenzten Jivaḥ mit dem Objekt bestehe (Viv 309, 5ff.). Damit dürfte gemeint sein, daß der Jivah mit seiner eigenen Erkenntnis grundsätzlich nicht über den ihn konstituierenden Inneren Sinn hinauskommt, daß er also (zum mindesten soweit er auf sich selbst angewiesen ist) auch im Falle eines Kontaktes der Transformation des ihn konstituierenden Inneren Sinnes mit dem Objekt, und selbst im Falle einer Überlagerung des Objektes durch sie, immer nur den Abdruck des Objektes im Inneren Sinn erkennen kann, also nur eine Repräsentation, die, wie eng sie sich auch immer an das Objekt anschmiegt, doch nie dieses selbst ist. Bei der 1. Theorie, für die die JivaGeistigkeit allverbreitet ist und somit auch das Objekt durchdringt, konnte demgegenüber - am deutlichsten wird dies in der unter 3b referierten Deutung - durch den Kontakt 43 mit der Transformation des Inneren Sinnes eine Erkenntnis des Objektes selbst durch die es durchdringende Jiva-Geistigkeit ausgelöst werden. In der 2. Theorie hingegen durchdringt nur die BrahmaGeistigkeit das Objekt. Eine direkte Erkenntnis des Objektes selbst durch den Jivaḥ kann daher nur dadurch erreicht werden, daß er irgendwie an der Erkenntnis des Objektes durch die Brahma-Geistigkeit partizipiert, und dies ist ja auch tatsächlich der Weg, den die 2. Theorie einschlägt. 2. Der Ursprung der 2. Theorie ist ohne Zweifel bei Padmapāda zu suchen, auch wenn die Darstellung im einzelnen nicht für eine unmittelbare Beziehung spricht, zumal Prakāgātman den einschlägigen Text der Pañcapādikā anders, nämlich im Sinne der 3. Theorie, interpretiert (vgl. z. B. Viv 307, 8ff.). a) Bei Padmapāda findet sich zunächst die Auffassung des Jivaḥ als Spiegelbild der urbildlichen Brahma-Geistigkeit im Inneren Sinn (vgl. HACKER, Schüler Sankaras, p. 139). Dabei ist zu beachten, daß hiermit für Padmapāda 42 Die Möglichkeit, hier zwei Entwicklungsstufen zu unterscheiden, scheidet m. E. auf Grund des unter 2 über die Herkunft dieser Theorie Gesagten aus. 43 Von einer Überlagerung, wie sie sich für die 2. Theorie aus Viv 309, 8 ergibt, scheint im Rahmen der 1. Theorie nicht die Rede zu sein.

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