Book Title: Buddhismus Und Natur Author(s): L Schmithausen Publisher: L Schmithausen View full book textPage 7
________________ den Vögel sind keine wirklichen Tiere, sondern vom Buddha Amitābha auf übernormale Weise künstlich hervorgezaubert (nirmita)29. Bäume und Blumen gibt es in Fülle, aber auch sie sind zumeist aus Edelsteinen30; der Durchmesser mancher Edelsteinlotusse mißt sich in Meilen1. Dornen und „Unkraut" pflegen in diesen Paradiesen zu fehlen32 Das Glückliche Land ist - offenkundig33 - geprägt von dem Bild einer idealen Umwelt, wie es sich der zivilisierte Mensch damals machte. Dieses Bild wählt - ähnlich wie die moderne Zivilisation - die für den Menschen angenehmen Seiten der Natur aus. Alles, was ihm gefährlich, unbequem oder häßlich vorkommt, wird weggelassen. Blumen und Bäume möchte man ebensowenig missen wie Singvögel, aber für Kerbtiere, Wildkräuter und dergleichen ist im Glücklichen Land ebensowenig Platz wie in vielen heutigen Parks und Gärten (nur daß es im Glücklichen Land ohne Gift und Motormäher abgeht und daß man nachempfinden kann, daß die Menschen damals die wohl noch vorherrschende34 Wildnis als bedrohlich und dichte Besiedlung als beruhigend empfanden35, während heute umgekehrt die Menschheit die letzten Reste der Wildnis bedroht und in Überbevölkerung erstickt). Es ist aber nicht nur die Abneigung des sich noch von der Wildnis bedroht fühlenden Menschen gegen diese, die sich in einer solchen Paradiesvorstellung ebenso artikuliert wie etwa in dem häufigen Vergleich des Umherirrens (samsāra) in immer neuen Existenzen mit einem Urwald und seinen Gefahren36. Es haben hier vielmehr deutlich auch Momente der buddhistischen Daseinsanalyse und Spiritualität gestaltend mitgewirkt. Zum einen sollen die buddhistischen Paradiese der buddhistischen Spiritualität der Loslösung dienen", und dafür erschien offenbar die ruhige, milde (und sterile) Schönheit von Sukhāvatī geeigneter als etwa die wuchernde, sinnenbetörende und gefährliche Pracht des tropischen Urwaldes. Die verklärten, entsinnlichten, von erotischen Elementen weitgehend gereinigten38 Freuden Sukhāvatīs wecken weder Gier noch Streit; sie sollen vielmehr die innere Ruhe fördern und die Versenkung in die Wahrheiten der buddhistischen Daseinsanalyse (die allerdings durch die Verhältnisse in Sukhāvatī ganz und gar nicht sinnfällig gemacht wird). Denn – und dies ist ein zweiter Punkt - Paradiese wie das Glückliche Land sollen Gefilde ohne (seelisches und körperliches) Leid sein39. Dies ist der eigentliche Grund dafür, daß die Natur als Ort der Plage und des Daseinskampfes, des ständigen Sterbens und Geborenwerdens, aus ihnen verbannt ist. Ebendeshalb fehlen insbesondere die Tiere, deren Existenz 106Page Navigation
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