Book Title: Buddhismus Und Natur
Author(s): L Schmithausen
Publisher: L Schmithausen

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Page 5
________________ den, ist seit jeher zur Ruhe gekommen (ādiśānta) und von sich aus immer schon verloschen (prakstyā nirusta)14. Das Verlöschen des Daseins, das Nirvāṇa, ist also an sich immer schon gegeben und ist das eigentliche Wesen allen Daseins15; man muß das bloß realisieren. Das Nirvāņa ist auf diese Weise der Welt und damit auch der Natur nähergerückt. Aber nicht in dem Sinne, daß es ihr als Natur nun mehr Raum gäbe als im älteren Buddhismus. Im Gegenteil: Das Nirvāṇa, das früher irgendwie jenşeits der Natur war, ist im Großen Fahrzeug gewissermaßen in sie eingedrungen und macht sie von innen heraus zu einer seit jeher nichtigen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn, wie es gelegentlich geschieht, das mit dem Nirvāņa identische wahre Wesen der Welt positiver verstanden wird: als eine Art „höchstes Sein" 16 oder - unter dem Einfluß der buddhistischen Ethik (vgl. S. 110 ff.) – gar als das mit zahllosen unvorstellbaren „Vorzügen" ausgestattete metaphysische Wesen des Buddha17. Denn dieses ,höchste Sein“ durchdringt zwar alle Erscheinungen und kann als Buddhatum - zumindest soweit die Erscheinungen Lebewesen sind sogar rettend auf sie wirken. Aber die Erscheinungen, also auch die Natur und die natürlichen Einzelwesen, können als solche niemals in das höchste Sein“ eindringen, existieren dort auch nicht etwa in Form von „Ideen“ oder dergleichen, und sind auch nicht seine Schöpfung. In einigen Richtungen des esoterischen und des ostasiatischen Buddhismus mag das anders sein. In der japanischen Shingon-Schule z. B. wird das Verhältnis von wahrer Wirklichkeit (= metaphysischem Buddha) und Erscheinungen strikt als Identität ausgelegt18. Auf diese Weise müßte die Natur in der wahren Wirklichkeit einbegriffen sein und im Erlösungszustand erhalten bleiben. Ich muß es aber Berufeneren überlassen, dies zu verifizieren. In einer ganz anderen Weise sind die Voraussetzungen für ein Fortbestehen einer - auch erkenntnismäßigen - Beziehung zur Welt im endgültigen Erlösungszustand bei der indischen Mahāyāna-Schule der Yogācāras gegeben 19. Insbesondere spätere Vertreter dieser Richtung verstehen den endgültigen Erlösungszustand im Falle des Buddha als eine Kombination von Einswerden mit der allgegenwärtigen wahren Wirklichkeit und Beibehaltung eines Komplexes reiner Bewußtseinsformen, wobei letztere - im Interesse eines bewußten Wirkens zum Heile der Lebewesen, also im Sinne der buddhistischen Ethik – auch bewußte Wahrnehmung der natürlichen Welt einschließen. Es ist aber einschränkend 104

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