Book Title: Buddhismus Und Natur
Author(s): L Schmithausen
Publisher: L Schmithausen

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Page 24
________________ worden und samenlos sind bzw. ihre Samen schon ausgeworfen haben146. In den Lehrreden - vor allem in alten Versen - heißt es des öfteren ausdrücklich, daß man „beweglichen (tasa) und unbeweglichen (thavara) Lebewesen" keinen Schaden zufügen bzw. Wohlwollen entgegenbringen und Schutz gewähren solle147. Dabei sind mit den „,unbeweglichen Lebewesen" ohne jeden Zweifel ursprünglich - wie in den Jaina-Texten148 Pflanzen usw. gemeint. Wahrscheinlich hat der Urbuddhismus diesen Glauben oder doch entsprechende Verhaltensformen einfach mit übernommen und erst später, im Zuge einer schärferen Reflexion über den Begriff des Lebewesens, die Grenze enger gezogen und die Pflanzen und Elemente aus dem Kreis der Lebewesen ausgeschieden - aus welchen Motiven auch immer149. Nachdem diese Entscheidung gefallen war, mußten natürlich die Aussagen und Vorschriften, die eine Beseeltheit von Pflanzen usw. voraussetzen, neu interpretiert werden. Das Zerschneiden usw. der für den Verzehr des Mönches bestimmten Früchte wird - indem es etwa bei einem Haufen Körner genügt, ein einziges Korn zu ritzen zu einem rein formelhaften Akt, dessen ursprüngliche Tötungsfunktion offenbar gar nicht mehr bewußt ist 150. Die beweglichen und unbeweglichen Lebewesen" werden respektive als diejenigen Lebewesen, die noch mit Begierde behaftet sind, und diejenigen, welche von der Begierde befreit sind (also Arhats), gedeutet 151. Das Verbot der Beschädigung von Pflanzen usw. wird mehrfach damit begründet, daß die Leute glauben, Pflanzen seien Lebewesen, deshalb an einer Beschädigung von Pflanzen durch die Mönche Anstoß nehmen und sich dadurch von der buddhistischen Lehre abkehren könnten152 - ein Argument, das in unserer Gesellschaft, die ja zum überwiegenden Teil gerade nicht glaubt, daß Pflanzen Lebewesen eigenen Rechts sind, eher den gegenteiligen Effekt hätte. Eine andere Erklärung begründet das Verbot mit dem mythologischen Argument, daß Pflanzen, insbesondere Bäume, oft Wohnsitz von Gottheiten oder Lokalgeistern sind, die man nicht obdachlos machen soll 153. Die in unserem Zusammenhang interessanteste Begründung des Verbotes der Beschädigung von Kräutern und Bäumen aber ist die, daß sie Wohnung, d. h. Lebensraum, für zahllose Tiere sind 154, ein ökologisches Argument also, dessen Schlüssigkeit auch heute kaum bestritten werden kann und das übrigens auch auf Erde, Wasser und Luft anwendbar wäre. 123

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