Book Title: Buddhismus Und Natur
Author(s): L Schmithausen
Publisher: L Schmithausen

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Page 15
________________ b: We von Sen Indet, abe dafür Stichworte wie tierquälerische Massentierhaltung („KZ-Hühner“), Tierversuche, Biotopzerstörung und Umweltvergiftung (man nehme nur ölverpestete Meeresvögel oder mit Geschwüren und Geschwulsten bedeckte Elbfische!). Hier wird doch, wenn überhaupt, nur das Leid von Individuen einer einzigen Spezies - des Menschen - (und vielleicht noch einiger weniger Nutznießer) vermindert, aber eben auf Kosten anderer Arten und der ihnen zugehörigen Individuen. Aber sehen wir einmal von den tierquälerischen Aspekten der modernen Zivilisation ab: Wäre angesichts der Tatsache, daß das Dasein der Tiere im Buddhismus81 als besonders leidhaft - leidvoller als das der Menschen – gilt, ihre im Idealfall schmerzfreie) Tötung und Ausrottung, etwa auf dem kalten Wege der Lebensraumzerstörung, nicht letztlich sogar eine Wohltat für sie selbst? Eine solche Auffassung soll tatsächlich von den gelegentlich erwähnten sogenannten Samsāramocakas82 vertreten worden sein. Der Name bedeutet „Leute, die [Tiere oder auch Kranke durch Tötung) aus dem Dasein (zumindest aus der betreffenden schlechten Existenz) befreien". Im allgemeinen sind damit wohl kaum Buddhisten gemeint, obgleich es im 11. Jh. in China eine vulgärbuddhistische (?) Bewegung gegeben zu haben scheint, deren Anhänger mit der Begründung, man tue ihnen damit einen Gefallen, daß man sie vom leidvollen Dasein befreie, sogar Menschen umgebracht haben83. Hinzuweisen wäre in diesem Zusammenhang auch auf das vor allem aus Tibet bekannte tantrische Ritual der Tötung und zugleich Erlösung (sgrol ba) von Dämonen oder (Religions-)Feinden, bei dem, aus Mitleid, deren Körper rituell getötet, ihre Seele aber erlöst wird83a. Und schon im traditionellen Vinaya, der kanonischen Sammlung zur Ordenszucht, wird berichtet, daß sich Mönche, die zuviel über die Ekelhaftigkeit des Körpers meditiert hatten und des Daseins überdrüssig geworden waren, das Leben nahmen bzw. sich von einem Mitbruder umbringen ließen 84. Auch der Fall, daß ein Mönch einem erkrankten Mitbruder aus Mitleid zur Selbsttötung rät, wird angedeutet85. . Unter solchen Gesichtspunkten könnte auch im Falle der Tiere aus der besonderen Leidhaftigkeit tierischer Existenz geradezu die moralische Verpflichtung abgeleitet werden, daß man Tiere töten oder, noch besser, diese unangenehme Existenzform überhaupt unmöglich machen sollte und daß die Durchführung eines solchen Zieles auf dem kalten Wege der Lebensraumzerstörung als eine besonders humane Lösung emphatisch befürwortet werden müsse. 114

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