Book Title: Buddhismus Und Natur
Author(s): L Schmithausen
Publisher: L Schmithausen

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Page 17
________________ für die betreffende Tierart zuständigen „Tierherrn" usw.89 irgendwie zu besänftigen. Dabei ist m. E. nicht bloß Angst vor der Rache der Tierseele oder des Tierherrn als Motiv anzusetzen, sondern auch Scheu oder Respekt vor dem Leben und ein Bewußtsein der Verwandtschaft mit allem90, und auch ein Gespür für das ökologische Gleichgewicht, ohne daß diese Aspekte im Bewußtsein jener Menschen bereits scharf voneinander differenziert sein müßten. Eher dürfte es sich um ein komplexes Gefühl handeln, dessen Komponenten nur für uns auseinanderfallen. In vorbuddhistischen Texten ist ferner die Idee der verkehrten Welt belegt - eines Jenseits, in dem alles gerade umgekehrt ist wie im Diesseits. Die getöteten Tiere etwa zerhacken und verzehren dort den, der sie in dieser Welt getötet und gegessen hat"1. Die vedischen Ritualisten glaubten, dem mit Hilfe ritueller Verrichtungen oder „meta-ritualistischer" Konzeptionen entgegenwirken zu können. Die Angst vor der Vergeltung ist daher für sie gebannt. Sie wird aber wieder lebendig, wenn das Ritual aus irgendwelchen Gründen nicht anwendbar ist oder der Glaube an seine Kraft nachläßt. Die Asketen, die das Ritual aufgeben oder sogar verwerfen, können somit - ebenso wie der Veda-Schüler, der das Ritual noch nicht vollziehen kann93 - dem Schicksal, ihrerseits von dem Getöteten oder Verletzten getötet oder verletzt zu werden (sei es im Jenseits oder, gewissermaßen antizipatorisch, schon im Diesseits), nur entgehen, wenn sie jegliches Töten und Verletzen strikt unterlassen 94. Dies ist zumindest eine Wurzel für das generelle Verbot von Tötung und überhaupt Gewalttätigkeit in der ganzen indischen Asketentradition. . Dieses Verbot ist im Buddhismus (ebenso wie im Jinismus und Hinduismus) in die Karma-Lehre integriert worden, d. h., Töten von Lebewesen gilt als eine schlechte Tat, die eine unangenehme Wiedergeburt zur Folge hat. Töten und Gewalttätigkeit widersprechen außerdem der sittlichen Reinheit", die - analog der rituellen Reinheit als Voraussetzung für den Erfolg des Rituals - eine Grundvoraussetzung für den Erfolg der spirituellen Bemühungen des Asketen ist. Schließlich erscheinen Nichttöten und Gewaltlosigkeit schon im alten Buddhismus häufig als Ausdruck der bereits behandelten Haltung des Mitgefühls mit allen Lebewesen98. In späteren Texten kann das Nichtverletzen (ahimsā) sogar rein psychologisch gedeutet und mit dem Mitleid identifiziert werden". Diese Verbindung des Nichtverletzens mit dem Mitgefühl läßt sich m. E. aus der Angst vor der Rache oder Rückwirkung nicht ableiten, wohl aber aus dem oben ebenfalls erwähnten Moment der Scheu, von der in der Tat in diesem Zu 116

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