Book Title: Buddhismus Und Natur
Author(s): L Schmithausen
Publisher: L Schmithausen

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Page 19
________________ ganz andere Ziele ausgerichteter Tätigkeiten sind (z. B. die Zerstörung der Wälder durch Stoffe wie Schwefeldioxid oder Stickoxide, die ja nur ein ungewolltes Nebenprodukt der Stromerzeugung bzw. des Autofahrens sind). In solchen Überlegungen wird die Problematik einer ganz auf die Absicht abhebenden Ethik deutlich, und es zeigt sich, daß gerade eine auf die Natur bezogene Ethik auch schädliche Handlungen berücksichtigen muß, die nicht in böser Absicht, sondern aus Fahrlässigkeit oder mangelnder Kenntnis der Folgen begangen werden. In der Kasuistik des Vinaya finden sich in der Tat Beispiele dafür, daß auch solche Handlungen als Vergehen gewertet werden - wenngleich als minder schlimme denn absichtlich und in Kenntnis der Folgen begangene - oder das Achtsamkeit zur Pflicht gemacht wird. So macht sich z. B. ein Mönch, der offenbar in guter Absicht, aber ohne ausreichende Sachkenntnis) einer Frau eine empfängnisbewirkende oder empfängnisverhütende Arznei verabreicht, zwar, wenn die Frau daran stirbt, nicht eines unwiderruflichen Ausschluß aus dem Orden nach sich ziehenden Mordvergehens schuldig - vorausgesetzt, daß ihn seine Fahrlässigkeit reut -, wohl aber eines minderen Vergehens (dukkata) 109. Das gleiche gilt für einen Mönch, der sich auf eine Bank setzt, ohne zu bemerken, daß dort ein in ein Tuch eingewickelter Säugling liegt, und diesen dabei erdrückt110. In diesem Falle wird den Mönchen ausdrücklich zur Pflicht gemacht, daß sie prüfen sollen, wo sie sich hinsetzen. Die Betonung der Absicht in der buddhistischen Ethik bedeutet also keineswegs, daß jede Form von Fahrlässigkeit oder unbeabsichtigter Schädigung entschuldigt wäre, zumal dann nicht, wenn die Schädigung bereits abzusehen ist. Unter diesen Umständen bin ich davon überzeugt, daß der Buddha, lebte er heute, angesichts der giftigen Abgase, der unverhältnismäßig vielen, auch bei äußerster Vorsicht unvermeidlichen Unfallopfer unter Igeln, Kröten usw. und der zahllosen an Sommertagen an den Windschutzscheiben zerquetschten Insekten den Mönchen und Nonnen das Autofahren ebenso verbieten würde, wie er seinerzeit das Umherziehen während der Regenzeit untersagt hat, weil dabei allzuleicht Kleintiere zertreten werden111 Auch zu Problemen wie Tierversuchen oder tierquälerischer Nutztierhaltung liefert das Gebot des Nichtverletzens, so scheint es, die eindeutige Entscheidung, die der buddhistischen Daseinsanalyse nicht zu entneh 118

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