Book Title: Buddhismus Und Natur
Author(s): L Schmithausen
Publisher: L Schmithausen

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Page 13
________________ gene Person beschränken könnte. Daraus folgt, daß die Beseitigung allen Leides gleichrangig ist. Typischer für das Mahāyāna aber sind Begründungen, die bei der alle Erscheinungen und somit auch alle Lebewesen durchziehenden wahren Wirklichkeit ansetzen: Wenn die wahre Wirklichkeit - die Leerheit oder das höchste Sein“ – sowohl das wahre Wesen des Übenden selbst wie auch das aller anderen Lebewesen ist, so ergibt sich – und dies wird vor allem dann manifest, wenn der Übende diese wahre Wirklichkeit in der mystischen Schau unmittelbar erfahren hat -, daß ihm, von diesem wahren Wesenskern her betrachtet, alle anderen Lebewesen ebenso nahestehen wie die eigene Person. Er macht dann keinen Unterschied mehr zwischen sich und anderen, betrachtet alle übrigen Lebewesen als dem eigenen Ich gleich (svaparasamatā, sarvasattveşv ātmasamacittată u.ä.), und daraus ergibt sich ein alle Lebewesen umfassendes Wohlwollen und Mitleid75. Wird der wahre Wesenskern in allen Lebewesen, wie es in manchen Texten geschieht, als immer schon latent in diesen Lebewesen vorhandene Buddhaschaft verstanden, so folgt daraus, daß man sich allen Lebewesen gegenüber ebenso respektvoll verhalten muß wie gegenüber dem Buddha selbst?6. Diese ethischen Konsequenzen sind nun aber auch für das Verhältnis zur Natur relevant, weil zu den Lebewesen zumindest auch die Tiere gehören. Auch sie sind somit Gegenstand des allumfassenden Wohlwollens und Mitleids”, allerdings immer nur als empfindende Einzelwesen, nicht als Vertreter bestimmter Tierarten. Im Falle des allen Lebewesen aufgrund der in ihnen verborgenen Buddhaschaft entgegenzubringenden Respektes wäre, genau genommen, das Tier nicht einmal als einzelnes Lebewesen, sondern nur als „Behälter" oder Hülle der „übernatürlichen“ Wesenheit der Buddhaschaft Gegenstand dieses Respektes. Insofern aber die Buddhaschaft in dem Lebewesen steckt und, vorerst zumindest, nicht herauslösbar ist, partizipiert die Hülle - das einzelne Tier - an dem Respekt, welcher der in ihr verborgenen Buddhaschaft entgegengebracht wird. 112

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