Book Title: Buddhismus Und Natur Author(s): L Schmithausen Publisher: L Schmithausen View full book textPage 9
________________ „Berge, Meere, Flüsse und Erde ...: sie alle sind vergänglich und somit) befallen (nämlich vom Übel der ontologischen Leidhaftigkeit). Wohin, Gemüt, kannst du dich [da noch] wenden und glücklich genießen?" In einem anderen Text44 wird dem unter einem Baum Meditierenden die Betrachtung der Blätter empfohlen, da ihre raschen Veränderungen dem Aufkommen des Bewußtseins von der Vergänglichkeit förderlich seien. Im Rahmen der Meditation über den Tod dient die Beobachtung des jahreszeitlichen Wandels in der Natur der Wahrnehmung der Vergänglichkeit in der Außenwelt45. Das heutige großflächige Verschwinden natürlicher Lebensräume, das beschleunigte Aussterben ganzer Tier- und Pflanzenarten kann somit, selbst unter der - buddhistischerseits allerdings problematischen – Voraussetzung eines Eigenwertes der natürlichen Vielfalt, aus der Sicht der buddhistischen Daseinsanalyse eigentlich nicht beklagt, sondern nur als eine besonders krasse Bestätigung der buddhistischen Einsicht in die universale Vergänglichkeit gleichmütig hingenommen werden. Genauso gleichmütig müßte der Buddhist aber auch den Errungenschaften und Versprechungen des äußeren, technologischen Fortschritts gegenüberstehen, da auch dieser am wesenhaft unbefriedigenden Charakter der Welt, an deren Vergänglichkeit und Veränderlichkeit, nichts ändern kann. Natürlich könnte man fragen, ob der Buddhismus, wenn er nun einmal damit konfrontiert wird, solchen äußeren Fortschritt nicht doch bejahen könnte für den Fall, daß durch ihn wenigstens eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Heil bzw. die dazu führende spirituelle Praxis erzielt würde. Dies wird man aber kaum behaupten können. Der sogenannte Fortschritt ist z. B. mit einer ungeheuren Zunahme des Strebens nach materiellem Besitz verbunden. Maximierung von Besitz und Konsum ist geradezu konstitutiv für ihn - in krassem Widerspruch zum altbuddhistischen Ideal der Besitz- und Bedürfnislosigkeit 46. Auch für den zentralen Bereich der Meditation und Versenkung dürfte die verlärmte und verpestete Atmosphäre unserer Industriegesellschaft, in der Düsenjäger, Kraftfahrzeuge, Transistorradios und Motorsägen auch den allerletzten ruhigen Winkel heimsuchen, kaum besonders günstig sein“7. Den Mönchen des alten Buddhismus jedenfalls ist für ihre Meditationsübungen im allgemeinen die Einsamkeit geeigneter erschienen als die (damals gewiß noch vergleichsweise erträglichen) Städte und 108Page Navigation
1 ... 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34