Book Title: Buddhismus Und Natur
Author(s): L Schmithausen
Publisher: L Schmithausen

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Page 10
________________ Siedlungen mit ihrer Unruhe und ihren Ablenkungen. Nicht das spirituelle Vervollkommnung in einem Dorf oder einer Stadt unerreichbar wäre 8. Aber als typische Meditationsplätze nennen die Texte doch vorzugsweise Orte wie die Wildnis (aranya), den Fuß eines Baumes oder eine Höhle im Gebirge49. So manche Textstelle preist die Vorzüge und das Glück des Einsiedlerlebens50. „Allein leben wir in der Wildnis, wie ein im Wald weggeworfenes Stück Holz. Viele beneiden mich darum, wie die Höllenbewohner Wesen, die in den Himmel kommen [beneiden)." Einsamkeit, Ruhe und Schönheit der natürlichen Umgebung fördern die Meditations1. Vor allem Personen, die durch übermäßiges Üben der Leichenbetrachtung in Depression verfallen sind, wird u. a. die Betrachtung lieblicher Gärten, Haine und Gewässer empfohlen 52. Insbesondere in den Liedern der Ehrwürdigen“ (Theragāthā) finden sich Verse, die geradezu ein Genießen der Naturschönheiten zum Ausdruck zu bringen scheinen53: „Diese Berge mit ihren klaren Gewässern und breiten Felsen, die von Affen und Gazellen aufgesucht werden und mit triefendem (?) Moos bedeckt sind, die entzücken mich." Solche Stellen, die der Natur einen ästhetischen Wert zuerkennen, finden sich aber in den kanonischen Texten des indischen Buddhismus nicht gerade häufig. Sie erinnern eher an den tibetischen Mystiker und Dichter Milaraspa54 und an den ostasiatischen, insbesondere den Zen-Buddhismus55. Im indischen Buddhismus geht es, wenn als Ort für die Meditation die freie Natur empfohlen wird, meist nur um Ruhe und Einsamkeit, und nicht um ein Naturerlebnis. Gelegentlich wird angedeutet, daß zumindest das Leben in der Wildnis auch seine Beschwerlichkeiten hat, daß die Natur etwa in Gestalt von stechenden Insekten ausgesprochen störend sein kann 56 bzw. eine vollkommene Versenkung sich dadurch auszeichnet, daß der Meditierende durch Naturgewalten wie Blitz und Donner nicht gestört oder in Schrecken versetzt wirds. Genausowenig - und dies gilt besonders für Personen, die zu geistiger Unruhe neigen58 - darf er sich aber auch von den Naturschönheiten ablenken lassen und ästhetischen Kontemplationen hingeben59. Von daher erweisen sich gerade diejenigen Verse der „Lieder der Ehrwürdigen“, welche auf den ersten Blick bloß Freude an der Schönheit der natürlichen 109

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