Book Title: Wirklichkeit Und Begriff Bei Dharmakirti
Author(s): Ernst Steinkellner
Publisher: Ernst Steinkellner

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Page 4
________________ 182 ERNST STEINKELLNER auf. Im Rahmen dieser beiden Themen haben wir also damit zu rechnen, daß auch im Bedeutungsfeld unseres Wortes Akzente erscheinen, die erst von Dharmakirti gesetzt oder unterstrichen worden sind. Anders im Kontext der Kausalitäts- und Augenblicklichkeitslehre: Hier steht Dharmakirti noch deutlich in der Tradition der Sautrāntika-Ontologie. Wenn er auch schon dazu ansetzt, in dieser Tradition weiterzudenken, die Neuformulierung der Augenblicklichkeit im Lichte der von ihm geschaffenen Logik findet sich erst im Pramāņaviniscayaḥund die entsprechende Darstellung der Kausalitätstheorie gar erst im noch späteren Hetubinduḥ8. Ich gehe also zunächst von jenen Sätzen aus, in denen Aussagen über die Wirklichkeit gemacht werderr oder mit solchen Aussagen argumentiert wird 8 a. I. WIRKLICHKEIT „Dasjenige Ding ist im höchsten Sinne seiend, welches geeignet ist, einen Zweck zu erfüllen, denn die Geeignetheit, einen Zweck zu erfüllen, ? Vgl. meinen Artikel: Die Entwicklung des Kşaņikatvānumānam bei Dharmakirti. Beiträge zur Geistesgeschichte Indiens, Festschrift f. E. Frauwallner, Wien 1968, 361-377. 8 Vgl. HB II, Kapitel III. 8a Die syntaktischen Bindungen und der Kontext werden bei den Belegen nur soweit berücksichtigt, als sie in irgendeiner Weise bestimmend sind. In den meisten Fällen gebe ich nur das für das vorliegende Problem Wesentliche an. Zum Begriff der arthakriyā vgl. M. NAGATOMI, Arthakriyā. ALB 31-32 (1967/68) 52—72. NAGATOMI stellt in diesem Artikel die zwei Bedeutungen des Ausdrucks dar, die erkenntnistheoretische „the fulfilment of a human purpose“ und die ontologische „causal power", und wendet sich gegen die von T. VETTER (Erkenntnisprobleme. 13 u. a.) versuchte Übersetzung mit „Erfüllen eines Zweckes" in der Meinung, diese Übersetzung könne nur die erkenntnistheoretische Bedeutung von arthakriyā ausdrücken. Ich meine aber, daß diese Übersetzung durchaus geeignet scheint, beide Bedeutungen des Ausdrucks wiederzugeben, die erkenntnistheoretische wie die ontologische, obwohl sie, wie NAGATOMI zuzugestehen wäre, primär die erkenntnistheoretische Bedeutung des Ausdrucks vermittelt. Die Dinge „erfüllen einen Zweck“ durch ihr Wirken (kriyā), sofern der Mensch eine solche Zweckerfüllung von ihnen erwartet (arthah); sie (arthah) erfüllen einen Zweck (keriyā) aber auch — im Sinne ihres Zugewandtseins auf ein Ziel – unabhängig von dieser Erwartung des Menschen. Nimmt man also die kleine Undeutlichkeit in Kauf, daß ,,Zweck" im rein ontologi. schen Kontext den Sinn von ,,Ziel" hat, scheint es wohl am besten, für das Deutsche bei der Übersetzung ,,Erfüllen eines Zweckes" zu bleiben. Damit würde die von Dharmakirti sicher beabsichtigte Doppeldeutigkeit des Ausdrucks vor allem im ontologischen Kontext (vgl. auch NAGATOMI,

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