Book Title: Wirklichkeit Und Begriff Bei Dharmakirti
Author(s): Ernst Steinkellner
Publisher: Ernst Steinkellner

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Page 19
________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 197 Dingen erwirbt. Bei bestimmten Vorstellungen zeigt sich aber in der Praxis, daß sie gar keinen Bezug zur Wirklichkeit haben. Von solchen Vorstellungen geleitet, trifft man auf kein Wirkliches, dessen Svabhāva eine Beurteilung erlauben würde. Ihr Gegenstand ist daher auch nicht als eine,,Sonderung von anderen" im Sinne einer Sonderung bestimmter Dinge von anderen Dingen zu bestimmen, sondern, da er sich von allen Dingen unterscheidet, als ,,Sonderung an sich" (mukhyo vivekaḥ) 62. Diese ,,Sonderung an sich" besteht in der gemeinsamen Verschiedenheit von allem Seienden und ist als solche der Begriff des Nichtseienden 63. Vorstellungen, die sich auf Nichtseiendes stützen, und Wörter, die es bezeichnen, haben daher, weil Nichtseiendes keinen Svabhava hat, keine inhaltlich bestimmten Begriffe zum Gegenstand, sondern sind vielmehr als Repräsentanten der reinen avidya-Natur der anfanglosen Vorstellungen zu betrachten. 5. Vorstellung und Begriff Damit haben wir auch die Basis für eine genauere Bestimmung des Verhältnisses von Vorstellung und Begriff bei Dharmakirti gewonnen. Jede Vorstellung stellt eine Beschaffenheit (dharmaḥ) dar, die Symbol für ein Wirkliches sein kann, auf welches sie sich stützt, oder für ein Unwirkliches. Stützt sich die Vorstellung auf Wirkliches, dann ist sie als bestimmte Beschaffenheit Begriff (svabhavaḥ). Jeder Begriff ist also Vorstellung, aber nicht jede Vorstellung ist als Begriff anzusehen 64. Und diese Begriffe sind das bestimmte Allgemeine, das vom Einzelding (svalakṣaṇam) ausgesagt wird 65 ̧ 62 PVSV 92, 21. Karnakagomin (PVSVT 347, 21f.) paraphrasiert vivekaḥ durch anyāpohaḥ, sagt aber dazu: „Das andere aber ist das Objekt von Wörtern wie.,Kuh usw.. [Das Fehlen (vivekaḥ)] wird in übertragenem Sinne,Sondering' (apohaḥ) genannt, weil es eine Sonderung begründet, und ist bestimmt als ein Freisein von allem Seienden." (anyas tu gavādisabdavisayaḥ. apohanimittatvad apoha ity upacaritaḥ sarvabhavavirahalakṣaṇaḥ.) 63,,Das Nichtseiende aber ist ja gerade als ein Fehlen (vivekaḥ) bestimmt, weil es irgendeine Gestalt, die man zur [Erkenntnis-]Ursache machen könnte, nicht gibt und weil es, wenn es eine solche [Gestalt] gäbe, kein Nichtseiendes sein könnte durch das Vorhandensein einer solchen [Gestalt] ist nämlich das Seiende bestimmt. Deshalb ist gerade dieses [Nichtseiende] das eigentliche Fehlen (mukhyo vivekaḥ)." (abhavas tu vivekalaksana eva nimittikartavyasya kasyacid rūpasyābhāvāt, tadbhāve 'bhāvāyogāt. tadbhāvalakṣaṇatvād bhāvasya. tasmad ayam eva sa mukhyo vivekaḥ. PVSV 92, 19-21.) Vgl. auch E. FRAUWALLNER, Beiträge zur Apohalehre I. WZKM 40 (1933) 93f. 64 Vgl. VETTER, Erkenntnisprobleme. 51. 65 VETTER, Erkenntnisprobleme. 48.

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