Book Title: Wirklichkeit Und Begriff Bei Dharmakirti
Author(s): Ernst Steinkellner
Publisher: Ernst Steinkellner

Previous | Next

Page 23
________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 201 3. svabhāva pratibandhaḥ Auf der Schlußfolgerung gründet die richtige Entscheidung darüber, ob einem Begriff Wirklichkeit (arthaḥ) entspricht oder nicht (anarthaḥ)79. Nur die Schlußfolgerung kann also falsche Begriffe durch richtige ersetzen 80, denn die Wahrnehmung kann die außerhalb ihres Bereiches liegenden falschen Begriffe nicht mehr korrigieren. Und die Schlußfolgerung ist nach der Definition Dignāgas 81, die auch für Dharmakīrti gilt 82, „Erkenntnis von etwas durch ein mit den drei Formen ausgestattetes Anzeichen". Anzeichen (lingam), logischer Grund (hetuh) ist nach PV I v.1=3 eine Beschaffenheit des Gegenstandes der Schlußfolgerung (pakşadharmaḥ), wobei der Gegenstand von Dharmakīrti als Beschaffenheitsträger (dharmi) verstanden wird (PVSV 1, 12): Schlußfolgerung ist demnach die Erkenntnis eines nicht oder falsch erkannten Begriffes durch einen bekannten Begriff. Um als richtige Erkenntnis (pramānam) auftreten zu können, muß die Schlußfolgerung jedoch grundsätzlich zwei Voraussetzungen machen. Erstens muß der bekannte Begriff, der logische Grund, richtig bestimmt worden sein. Die Vorstellung, welche eine Schlußfolgerung begründen kann, darf also nicht irrig sein. Nach dem, was oben 83 gesagt wurde, scheint diese Voraussetzung nicht erfüllbar oder es würde sich, wollte man auch hier zur Gewinnung einer richtigen Bestimmung des Begriffes das Mittel der Schlußfolgerung einsetzen, ein Regressus ad infinitum ergeben. Dharmakirti vermeidet diesen Regressus durch seinen tadekārthabhedavidhipratişedhajijñāsāyām tad eva vastu pratikşiptabhedāntarena dharmaśabdena samcodya buddhes tathāpratibhāsanād vyatiriktam dharmam ivāviseşenā param asya svabhāvam dharmitayā vyavasthāpya pradaréyate. PVSV 44, 6—10. Vgl. auch VETTER, Erkenntnisprobleme. 57.) 79 arthānarthavivecanasyānumānāśrayatvāt, PVSV 1, 8. Auf die Implikationen, welche die Wörter arthaḥ und anarthaḥ in sich bergen, brauche ich hier nicht weiter einzugehen. Vgl. dazu vor allem PVSVT 4, 29—8, 16. 80 Vgl. FRAUWALLNER, Beiträge zur Apohalehre I. WZKM 39 (1932) 252: „Damit ist allerdings vorausgesetzt, daß jeder Schlußfolgerung ein Irrtum vorangeht. Das ist aber auch tatsächlich der Fall, selbst dort, wo es auf den ersten Blick nicht den Anschein hat. Wenn man nämlich an irgendeiner Stelle Rauch sieht und daraus auf das Vorhandensein von Feuer schließt, so ist das nur möglich, weil man zuerst das Vorhandensein des Feuers nicht erkannt hat, also in einem Irrtum befangen war; denn nur derjenige, der etwas nicht erkannt hat oder über etwas im Zweifel war, wird es durch Schlußfolgerung zu erkennen suchen.“ (Vgl. PVSV 27, 15ff.) 81 trirūpäl lingad arthadȚk. Pramāṇasamuccayaḥ II v. 1b (zitiert in Pramāņavārttikavșttiḥ, Poona 1938ff., Appendix, 516, 7 u. a.). 82 Dharmakirti gibt in PV I und der Svavrttiḥ keine Definition der Schlußfolgerung, greift aber im 2. Kapitel des Pramāņaviniscayaḥ (Peking ed. f. 265 a 8f.) wieder auf die Dignāga-Definition zurück. 83 p. 193f. 14 WZRSA XV

Loading...

Page Navigation
1 ... 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33