Book Title: Wirklichkeit Und Begriff Bei Dharmakirti
Author(s): Ernst Steinkellner
Publisher: Ernst Steinkellner

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Page 20
________________ 198 ERNST STEINKELLNER Die wesentliche Struktur dieser Begriffslehre stellt Dharmakirti in den Versen PV I 40-42 42-44 dar, wenn er sagt: ,,Weil alle Dinge, da sie ihrem Svabhāva nach in ihrem je eigenen Svabhava bestehen, von Gleichartigem 66 und Andersartigem verschieden sind, bildet man verschiedene Gattungsbegriffe (jätiḥ), die sich auf die Verschiedenheit stützen, welche den Dingen den jeweils [anderen] gegenüber zukommt, und die diese besonderen [Verschiedenheiten] erfassen. Die besondere [Verschiedenheit], die durch die eine Bestimmung 67 (dharmaḥ) erkannt wird, kann daher nicht auch durch eine andere als diese [erkannt werden]. Daher gibt es die Unterscheidung (bhinna vyavasthitiḥ) [dieser Bestimmungen, obwohl das Ding, auf dessen Verschiedenheiten sie sich stützen, unteilbar ist] 68" III. SVABHAVA ALS LOGISCHER GRUND 1. Schlußfolgerung Es hat sich gezeigt, daß die Vorstellung, sofern sie Begriff ist, mit der Wirklichkeit in Beziehung steht und daher für das Handeln richtungweisend sein kann, daß sie aber auch aus ihrer Irrtumsnatur heraus diese Funktion nur beschränkt erfüllen kann. Auch die Tatsache, daß die Wahrnehmungserkenntnis die Dinge mit allen ihren Eigenschaften vermittelt 69, schließt die Möglichkeit des Vorstellungsirrtums nicht aus 70. 66 svabhava- ist überall gut belegt, doch hat schon FRAUWALLNER (Beiträge zur Apohalehre I, WZKM 39, 1932, 248, Anm. 2) darauf hingewiesen, daß die tibetischen Versionen neben svabhava- (ran-dnos) auch sabhava- (mthun-dnos, Peking ed.) bezeugen. Dazu kommt auch mthun-dnos bei Sakyamati (Pramāṇavārttikaṭikā, Pek. ed., Vol. 131, f. 69a8). Die Interpretation ist eindeutig durch PVSV 25, 14 (sajātiyābhimatat) bestimmt. Die Lesart mthun-dños ist also sinngemäß richtiger. Eine Konjektur gegen alle Überlieferung und die anderen tibetischen Versionen möchte ich daraufhin nicht vorschlagen. Dennoch bleibt nicht einsichtig, warum Dharmakirti an dieser Stelle svabhäva- schreibt. 67 dharmena wird durch nämna paraphrasiert (PVSV 25, 24). 68 sarve bhāvāḥ svabhävena svasvabhāvavyavasthiteḥ | svabhavaparabhāvābhyam yasmad vyāvṛttibhäginaḥ || tasmad yato yato 'rthänām vyāvṛttis tannibandhanaḥ | jatibhedaḥ prakalpyante tadviseṣavagahinaḥ || tasmād yo yena dharmena viseṣaḥ sampratiyate | na sa sakyas tato 'nyena tena bhinna vyavasthitiḥ ||. 69 ekasyārthasyabhavasya pratyakṣasya sataḥ svayam | v. 43 ab = 45 ab. 70,,Daher ist, wenn ein Ding wahrgenommen wurde, jede Eigenschaft [des Dinges ebenso] wahrgenommen. Wegen des Irrtums [der Vorstellung aber] wird keine [von ihnen eindeutig] bestimmt." (tasmad dṛṣṭasya bhavasya dṛṣṭa evakhilo gunaḥ | bhrānter niściyate neti. v. 45a-c-47a-c.)

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