Book Title: Wirklichkeit Und Begriff Bei Dharmakirti
Author(s): Ernst Steinkellner
Publisher: Ernst Steinkellner

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Page 15
________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 193 In beiden Fällen ist es der Svabhāva der Dinge, auf den sich Vorstellungen und Wörter stützen 54. Gegenstand der Vorstellung und damit Bedeutung des Wortes ist der Svabhāva aber nicht in seiner wirklichen Besonderheit, sondern in seiner unwirklichen Gleichheit, die als Resultat der Bestimmung seiner Wirksamkeit durch die Vorstellung aufzufassen ist. Der Svabhāva der Dinge, welcher auf Grund des Verfahrens der Beurteilung ihrer gemeinsamen Verschiedenheit von anderen unter dem Aspekt der Gleichheit vorgestellt und mit einem Wort bezeichnet werden kann, ist also das, was wir im System Dharmakīrtis als Begriff verstehen können, und das Feststellen der Verschiedenheiten wäre der wesentliche Charakter seiner Begriffsbildung. 3. Irrtum Die Genauigkeit oder Wahrheit des Begriffs, der die Vorstellung als ihr Gegenstand bestimmt, hängt von der Erfahrung ab. Jede Anreicherung der Vorstellung durch die Wahrnehmung läßt die Gleichheiten der besonderen Dinge immer besser erkennen: der Umfang der Begriffe wird durch die wachsende Erfahrung kleiner. Weil die Dinge niemals in allen Aspekten ihrer Wirksamkeit beurteilt werden können – nur ein Allwissender könnte es —, bleibt der Begriff notwendig immer unvollständig. Die Begriffe unterscheiden sich, gemäß den Erfahrungen, die wir mit den Dingen machen, nur in ihrer stärkeren oder geringeren Genauigkeit. Falschheit und Wahrheit der Begriffe sind also keine absoluten Werte, sondern zu ihrer Brauchbarkeit relative. Ein Begriff ist dann falsch, wenn er auf ein Ding übertragen Man bezeichnet daher diese besonderen Dinge ihrer Wirkung nach jeweils als ,,Topf“. Andererseits stellen wir aber auch fest, daß dieselben Dinge bestimmte gleiche Ursachen haben, z. B. die Beinühung des. Töpfers, Tonerde, Feuer usw., die ihrerseits, obwohl sie im Einzelfall natürlich auch verschieden sind, der Wirkung nach gleich sind. Durch diese gleichen Ursachen unterscheiden sie sich dann von anderen Dingen, welche nicht durch diese Ursachen hervorgebracht wurden. Und dieser Unterschied der Ursache nach erlaubt die Bezeichnung derselben Dinge als „durch Bemühung veranlaßt", „tönern“, „gebrannt". 54 „Durch Herausstellung einer Vielheit solcher Unterschiede bildet man die verschiedenen Wörter und den Unterschied von Beweisendem und zu Beweisendem, um durch die verschiedenen Vorstellungs-]Bilder von Beschaffenheiten, die sich auf den Svabhāva des [besonderen Dinges] gründen, den Svabhāva dieses [Dinges] zu erkennen.“ (tathābhūtabhedabāhulyacodanayā vacanabhedaḥ sādhyasādhanabhedaś ca tatsvabhāvasamaśrayair dharmapratibhāsabhedais tatsvabhāvapratipattaye kriyata iti. PVSV 44, 12–14.)

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