Book Title: Zum Problem Des Gottesbeweises In Der Indischen Philosophie
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

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Page 4
________________ 4 Gerhard Oberhammer Erkennen [usw.], wie jede andere Substanz. Dann ist er also, da er Erkennen besitzt, eine Seele besonderer Art? Nein, er ist keine Seele besonderer Art, weil hinsichtlich der Eigenschaften ein Unterschied besteht (gunabhedat). Denn wie die [Elemente] Erde usw. wegen des Unterschiedes hinsichtlich der Eigenschaften keine Seelen sind, so ist auch dieser aus eben diesem Grunde - Gott der Herr ist nämlich hinsichtlich der Eigenschaften unterschieden - nicht eine Seele besonderer Art." 9) Pakṣilasvāmin ordnet also Gott als ,,Seele" in die Kategorientafel ein 10), während ihn Uddyotakara als Substanz sui generis betrachtet 11). Mit Hilfe dieser doppelten Bestimmung von Gottes Wesen lässt sich der Gottes Begriff des Nyaya weiter auslegen: Von beiden Nyaya-Denkern wird zunächst einmal unmissverständlich das ,,Anderssein" Gottes ausgedrückt. Pakṣilasvāmin unterscheidet die Seele,,Gott" von den anderen Seelen, indem er ihr gewisse Eigenschaften zuschreibt und gewisse Eigenschaften aberkennt. Uddyotakara, der bereits in den Begriffen der klassischen Metaphysik des Nyaya denkt, zieht aus der Verschiedenheit der Eigenschaften die logische Konsequenz: Da Gott Träger von Eigenschaften ist, muss er zur Kategorie der Substanz gehören. Realitäten aber, welche als Substanzen erkannt werden, sind in ihrem Substanz-Sein lediglich durch den Besitz bestimmter, wesenstypischer Eigenschaften modifiziert, in sich sind sie nichts anderes als Substanz, nämlich ein Seiendes, sofern es Träger von Eigenschaften ist. Wenn daher eine Substanz andere Eigenschaften besitzt, muss sie auch eine andere Substanz sein. Daher kann Gott, der Eigenschaften besitzt, welche als solche weder den Seelen, noch den anderen Substanzen zukommen, nur eine Substanz eigener Art sein. 12) — 9) NV p. 464, 7-11. 10) Dies stimmt mit der Gotteslehre des samkhyistischen Yoga überein, in der Gott folgend definiert ist:,,Gott der Herr ist jene besondere Seele (puruşah), welche unberührt ist von den Befleckungen, den Werken, ihrer Reifung und den Dispositionen dazu," Yogasutram, I, 24. II) NV p. 464, 7-11. Vgl. TSP I, p. 40: „Mit 'andere' meint er [nämlich Sāntarakṣita] die Naiyāyikas. Unter diesen sagen einige, dass die allwissende Gottheit, die Urheber der ganzen Welt ist, eine Seele besonderer Art ist, welche besondere Eigenschaften besitzt; andere sagen, dass sie eine andere Substanz und nicht eine Seele ist, weil sie unterschiedene Eigenschaften besitzt, wird doch angenommen, dass ihre Erkenntnis ewig, und einheitlich ist und alles zum Gegenstand hat." 12) Gegenüber der Lehre, dass Gott eine besondere Seele sei, setzt sich diese Lehre jedoch nicht allgemein durch.

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