Book Title: Zum Problem Des Gottesbeweises In Der Indischen Philosophie
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

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Page 9
________________ Der Gottesbeweis in der Indischen Philosophie möglichte, doch musste er dafür in Kauf nehmen, dass die Schlussfolgerung in ihrer Anwendbarkeit beschränkt wurde. Nach der Theorie Dignāgas lässt sich nämlich ein logischer Schluss nur in jenen Fällen als logisch schlüssig nachweisen, in denen eine begrifflich vermittelte Erkenntnis hinsichtlich eines oder mehrer Fälle einer Klasse von Seiendem gewinnen werden soll. Unter „Klasse" ist hier jene Gruppe von Seiendem verstanden, die dadurch zustande kommt, dass allen in ihr enthaltenen Seienden die in der betreffenden Schlussfolgerung als beweisende und zu beweisende Eigenschaft verwendete Eigenschaften zukommen. Wo aber eine solche begrifflich vermittelte Erkenntnis für die Gesamtklasse oder für einen nicht zu einer solchen Klasse gehörenden Einzelfall gewonnen werden soll, kann ein logischer Grund grundsätzlich nicht als schlüssig nachgewiesen werden. Damit kann aber nach Dignāgas Theorie des logischen Grundes weder eine Erkenntnis des Seienden in seiner Seinsstruktur noch auch von Realitäten wie Gott, Seele usw. gewonnen werden. Dies haben offenbar auch Uddyotakara und andere Nyāya-Denker erkannt, denn sie veränderten Dignāgas Formalisierungsschema etwas und versuchten so, auch metaphysische Schlüsse in ihrer Gültigkeit nachzuweisen. 17) Da jedoch die Logik des Nyāya noch nicht genügend entwickelt war, um eigene Wege zu gehen, musste sie grundsätzlich mit dem Schema Dignāgas arbeiten. Auf diese Weise wurde vor allem durch die daran anschliessende gegnerische Polemik die Problematik des Gottesbeweises zum erstenmal Gegenstand der philosophischen Erörterung. Diese Problematik war im wesentlichen dadurch begründet, dass der Gottesbegriff des Nyāya im Grunde dem Begriff eines zwar ausgezeichneten, aber letzlich eben doch nur „gegenständlich" existierenden Seienden entsprach, und andererseits der Nyāya genötigt war, den Gottesbeweis nach einem Beweisschema zu führen, das aus der Analyse von Schlüssen gewonnen war, die dem Bereich des faktisch Seienden angehörten. 17) So lehrt zum Beispiel Uddyotakara selbst, dass ein logischer Grund auch mit nur zwei Merkmalen logische Gültigkeit besitze. Zur Diskussion dieser Formen logischer Gründe innerhalb der Nyāya-Schule vgl. den Aufsatz des Verfassers: On the Sources in Jayanta Bhatta and Uddyotakara, WZKSO Bd 6 (1962) p. 121 ff. und E. Steinkellner: Augenblicklichkeitsbeweis und Gottesbeweis bei Sankarasvāmin. Dissertation Wien 1963, p. 69-72.

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