Book Title: Zum Problem Des Gottesbeweises In Der Indischen Philosophie
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

Previous | Next

Page 21
________________ Der Gottesbeweis in der Indischen Philosophie 21 tuierte, und man dann nicht mehr aus einer bestimmten Wirkung ihre bestimmte Ursache erschliessen könnte, damit aber auch nicht Gott selbst als Ursache der Welt. Denn wenn man etwas anderes als jene [Gegebenheiten), bei deren Existenz etwas existiert, als dessen Ursache annimmt, dann ergibt sich nirgends ein Festliegen der Ursachen." Dieses Argument trifft die Gottesvorstellung des Nyāya entscheidend, insofern der Nyāya Gott als eine seiende Ursache einer Umwandlung raumzeitlicher Gegebenheiten auffasst und als solche zu beweisen sucht, wodurch Gott aber nicht von den natürlichen” Ursachen der Dinge unterschieden wird. Zwar scheint der Gedanke, dass Gott die veranlassende Ursache der Welt ist, diesem Einwand die Schärfe zu nehmen, doch bleibt bei Beibehaltung des Gottesbegriffs des Nyāya die grundsätzliche Schwierigkeit bestehen, dass die Annahme Gottes als „seiende" Ursache der Welt im Sinne der Forderung nach „Verifizierbarkeit" des Kausalverhältnisses, eine petitio principii ist. Denn das Wesen der Welt steht mit dieser in keiner wesensnotwendigen Beziehung, sondern in einer faktischen, die aber erst nachgewiesen werden müsste. Es scheint nämlich Wirkungen zu geben, die nicht durch eine erkennende Ursache hervorgerufen werden, wie zum Beispiel Gräser, Bäume usw., welche alle ihre spezifischen Ursachen haben, die zu deren Produktion genügend sind. Um mit Recht Gott als Ursache der Welt anzunehmen, müsste man wenigstens nachweisen, dass das Begriffssystem der Kausalitätslehre des Nyāya, welches unverkennbar aus der Analyse des freien Schaffens des Menschen gewonnen ist, notwendig auf jedes WirkungUrsache-Sein anzuwenden ist und daher jede Wirkung einer veranlassenden Ursache bedarf. Selbst dann aber würde daraus nicht folgen, dass diese veranlassende Ursache Gott ist, d.h. ein einziges, ewiges und allwissendes Wesen, das Herr des Alls sei. 32) Nähme man ausser 32) Dies wendet z. B. der mit Dharmakirti ungefähr zeitgenössische Mandana Miśra in seinem Vidhivivekaḥ ein: ,,Wenn auch erwiesen wäre, dass alles, was Zusammensetzung etc. besitzt, eine mit Erkenntnis versehene Ursache hat, wodurch soll durch 'Zusammensetzung' etc. erwiesen sein, dass es sich um einen einzigen Urheber handelt?" Vidhivivekaḥ śrīmad-Acārya-Mandanamiśra-viracitaḥ pūjyapādaśrimad-Vācaspatimiśra-nirmitayā Nyāyakaņikākhyayā samalankstaḥ etc. Kāśyām 1907, p. 210. – Tatsächlich könnte man sich vorstellen, dass die geistigen Wesen in der Welt durch ihr karma selbst veranlassende Ursache der neuen Weltperiode wären, oder dass mehrere göttliche Wesen im Sinne des Polytheismus veranlassende Ursache des Weltprozesses wären.

Loading...

Page Navigation
1 ... 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34