Book Title: Zum Problem Des Gottesbeweises In Der Indischen Philosophie Author(s): Gerhard Oberhammer Publisher: Gerhard OberhammerPage 22
________________ 22 Gerhard Oberhammer dem an, dass jede Wirkung einer veranlassenden Ursache bedürfe, so würde daraus ein,,naturphilosophischer Okkasionalismus" folgen, insofern dann jedes ,,Wirkung-Ursache-Sein" im physikalisch-chemischen Bereich Gott als veranlassende Ursache benötigte. Denn es würde nicht deutlich sein, warum Gott nur am Beginn der Welt als veranlassende Ursache nötig wäre, wenn eine solche Ursache bei jeder Wirkung gegeben sein müsste. Ein solcher Okkasionalismus wurde vom Nyaya jedoch nie entwickelt, soweit sich aus der spärlich erhaltenen Literatur des Systems schliessen lässt. III Dharmakirtis Kritik an der logischen Möglichkeit des Gottesbeweises, über welche die gegnerische Polemik in diesem Punkte nie wesentlich hinausgekommen ist, beschäftigte den Nyaya noch Jahrhunderte später. In der philosophischen Auseinandersetzung mit dieser Kritik wendete sich der Nyaya hauptsächlich dem Problem des Gottesbeweises zu, während die Rechtfertigung des Begriffes eines ewigen Schöpfergottes nie zu einer vollentwickelten Theodizee wurde, sondern in gewissen Ansätzen stecken blieb. 33) Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die Kritik Dharmakirtis am Begriff eines Schöpfergottes ihre volle Schärfe nur unter Voraussetzung seines Kausalitätsbegriffes und der buddhistischen Lehre vom,,Sein" der Dinge als kausal bedingter Sukzession vergänglicher Gegebenheiten (pratītyasamut padaḥ, kṣanabhangavādaḥ) erhält. Beides wurde aber vom Nyāya abgelehnt. Ausführlich beschäftigte sich aber der Nyaya mit dem Nachweis der logischen Möglichkeit des Gottesbeweises. Diese Rechtfertigung. wurde grundsätzlich möglich, indem der Nyāya der Allgemeinvorstellung (kalpana) Dharmakirtis allgemeine, objektive Seinsstrukturen (sāmānyam) gegenüberstellte, und den logischen Nexus in der Schlussfolgerung nicht wie Dharmakirti in einer empirisch-methodisch,,verifizierbaren" Beziehung zwischen realen Gegebenheiten sah, sondern in einer wesensnotwendigen Beziehung dieser objektiven Seinsstrukturen. Als dritter Schritt der vorliegenden typologischen Studie soll 33) So entwickelt noch vor Dharmakirti Uddyotakara seine Lehre, dass Gott kraft seiner Natur (tatsvabhavyat) wirke, und er daher ein Wesen habe, zu dessen Natur das Wirken gehöre (pravṛttisvabhavakam tattattvam). Gott wirke nur deshalb nicht ständig, weil er infolge seines Erkennens den Zeitpunkt abwarte, an dem alle notwendigen Mitursachen gegeben sind. NV p. 492, 17 ff.Page Navigation
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