Book Title: Zum Problem Des Gottesbeweises In Der Indischen Philosophie
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

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Page 5
________________ Der Gottesbeweis in der Indischen Philosophie Neben diesem „Anderssein" Gottes steht aber eine radikale Gleichheit Gottes mit anderem Seienden. Wenn nämlich Paksilasvāmin Gott als Seele bestimmt, die durch den Besitz bestimmter Eigenschaften von anderen Seelen unterschieden ist, so ist der damit gelehrte Unterschied lediglich ein Unterschied zwischen Seelen. Der Gottesbegriff Paksilasvāmins transzendiert den Begriff der Seele in keiner Weise. Für Paksilasvāmin gehört Gott zu einer bestimmten Kategorie des Seienden, er ist nur der durch besondere Eigenschaften ausgezeichnete Spezialfall einer Gruppe von Seiendem, nämlich der Seelen. Dass diese Interpretation von Paksilasvāmins Gottesbegriff richtig ist, und der Denktradition seiner Schule entsprecht, zeigt die Auffassung Uddyotakaras, welche zweihundert Jahre später und individuell geprägt denselben Typus des Gottesbegriffes erkennen lässt. Zwar hat Uddyotakara das „Anderssein" Gottes deutlicher formuliert als Paksilasvāmin, doch überschreitet auch er trotz dieser Betonung des ,,Andersseins” nicht den Raum des Seienden, um so dem Gottesbegriff einen Unterschied des Seins zu sichern. Auch für Uddyotakara bleibt Gott letzlich ein durch besondere Eigenschaften ausgezeichneter Spezialfall einer Gruppe von Seiendem, nämlich der Substanzen. Ist aber durch die Lehre, dass Gott eine Substanz eigener Art ist, die einzig, allwissend und ewig ist, nicht ein derartiger Unterschied zum Seienden aufgedeckt, dass Gott eben doch von jedem weltimmanenten Seienden zu unterscheiden ist, da er weder in eine andere Kategorie als jener der Substanz eingeordnet werden kann, noch auch innerhalb dieser Kategorie etwas seinesgleichen besitzt? Um diese Frage zu beantworten, ob nicht doch implicite eine Transzendenz Gottes vom Nyāya gelehrt wird, muss untersucht werden, wie sich der hier verwendete Substanzbegriff zum Seinsbegriff verhält. Dazu ist von dem Umstand auszugehen, dass der Nyāya die Existenz ewiger Substanzen kennt, wie etwa die der Atome, der Seele usw., welche von Gott, der „veranlassenden Ursache" zur Erschaffung der Welt gebraucht werden. Diese Substanzen sind, da ihnen jeweils bestimmte typische Eigenschaften, bzw. ein bestimmtes durch diese Eigenschaften unterschiedenes Substanzsein (dravyatvam) zukommt 13), in ihrer Seinsaktualität, so wie jedes Seiende, begrenzt. Da sich bei Ud 13) So bestimmt Prasastapāda, ein Vaiseşika-Denker der Zeit Uddyotakaras die Charakteristika der Substanz wie folgt: ,,Den neun [Sustanzen] nämlich

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