Book Title: Zur Genese Des Buddhismus In Seinem Geschichtlichen Context
Author(s): Johannes Bronkhorst
Publisher: Johannes Bronkhorst

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Page 6
________________ wohl nur, weil man ausschließlich mit ihrer Hilfe die Befreiung erreichen kann. Es scheint mir ebenfalls unrichtig zu behaupten, der Buddha- und seine Schüler - habe der Uberzeugung nachgestrebt, befreit zu sein. Man kann als Forscher natürlich dazu neigen kundzutun, daß man nicht an die buddhistische Befreiung glaubt und daß es sich im Falle des Buddha und seiner Schüler bestenfalls nur um eine (falsche) Überzeugung gehandelt haben kann. Doch rechtfertigt eine derartige Neigung nicht die Behauptung der Buddha und seine Schüler hätten nur so einer Überzeugung nachgestrebt. Dies ist sicher falsch, weil die Texte ganz klar besagen, daß sie der Befreiung und nicht der Uberzeugung, befreit zu sein, nachstreben. Viele Christen streben danach, den Himmel zu erreichen, und würden sicher nicht mit der Behauptung einverstanden sein, sie suchten nur die Uberzeugung, den Himmel zu erreichen. eine Form von Gewalttätigkeit völlig fehlt. Hauptkennzeichen der wahr. scheinlich authentisch buddhistischen Versenkung sind Gleichmut und Aufmerksamkeit während Befriedigung, Wohlbehagen usw. sich als Begleiterscheinungen einstellen. Die Lehre des Buddha unterschied sich anscheinend von den anderen asketischen Bewegungen seiner Zeit noch in anderer Hinsicht: Die buddhistische Befreiung fand zu Lebzeiten statt, die Befreiung der nicht-buddhistischen Asketen erst beim Tode. Dies hat damit zu tun, daß die buddhistische Befreiung eine geistige, d. h. psychische Umwandlung war, während die nicht-buddhistischen Asketen der endgültigen Immobilisierung nachstrebten. (Die Idee einer Befreiung bei Lebzeiten ist mehr bei denen zu Hause, die die Erkenntnis der wahren, nicht-aktiven Natur des Selbstes als befreiende Einsicht anerkennen; sie setzt sich in der Literatur aber nur ziemlich langsam durch.") Die Beobachtung über die psychische Umwandlung als Ziel der Buddha. lehre ist übrigens nicht ohne Wichtigkeit in einem Treffen, wo der Buddhismus als Religion besprochen wird. War der Buddhismus des Buddha eine Religion? Die frühen abendländischen Forscher haben den Buddhismus öfters vielmehr als eine Art Philosophie betrachtet. Darin hatten sie sicher unrecht. Andere Forscher neigen hingegen dazu, die schamanistischen oder mythologischen Elemente im alten Buddhismus zu entdecken." Hier ist es wichtig, den möglicherweise vorhandenen Unterschied zwi Falls wir jetzt versuchen festzustellen, wie die Lehre des Buddha sich aller Wahrscheinlichkeit nach von den wichtigsten anderen Lehren seiner Zeit unterschieden hat, müssen wir von den Übereinstimmungen ausgehen. Sowohl der Buddhismus wie die meisten anderen asketischen Bewegungen jener Zeit gingen vom Glauben an die durch Werke bedingte Wiedergeburt aus. Beide sahen den Kreislauf von Wiedergeburten als außerst unbefriedigend an und suchten einen Ausweg, d. h. die Befreiung. Vielleicht betonte der Buddhismus relativ stark das Leiden und das Ziel, vom Leiden befreit zu werden. Ein anderer wichtiger Unterschied war, daß der Buddhismus die Werke nicht konkret-physisch auffaßte, sondern dem Durst und der Absicht viel Gewicht beimaß. Der Buddhismus und die anderen Bewegungen jener Zeit lehrten Wege, d. h. Methoden, um die Befreiung zu erreichen. Hier nahm der Buddha, wie es scheint, eine Sonderstelle ein, weil er die Methoden der anderen Bewegungen zurückwies. Die anderen Bewegungen lehrten hauptsächlich zwei Wege: einen asketischen und einen erkenntnismäßigen. Der Buddha lehnte die nach Unbeweglichkeit strebenden Methoden der asketischen Strömungen ebenso ab, wie die von anderen gelehrte Erkenntnis des wahren (untätigen) Wesens des Selbstes. An ihrer Statt lehrte er Aufmerksamkeit und Bewußtheit, gefolgt von einer Reihe von Versenkungsstufen. Diese Versenkungsstufen sind nicht mehr oder weniger gewaltsame Versuche, alle geistige Aktivität zu unterdrücken, wie sie in den nichtbuddhistischen Bewegungen unternommen wurden. Ganz im Gegenteil, die kanonischen Beschreibungen vermitteln den Eindruck, daß dabei irgend Vgl.J. F. Sprockhoff Vorbereitung der Vorstellung von der Erlösung bei Lebzeiten in den Upanisaden, in: Wiener Zeitschrift für die Kunde Südasiens 6 (1962) 151-178; W. Slaje, Nihsreyasam im alten Nyaya, in: Wiener Zeitschrift für die Kunde Südasiens 30 (1986) 163-177; G. Oberhammer La Délivrance, dès cette vie (livanmukti Publications de l'Institut de Civilisation Indienne; 61), Paris 1994; P. Schreiner. Nårāyaniya-Studiun (Purana Research Publi. cations; 6), Wiesbaden 1997, 178, W. Slaje (vgl. ders, Vom Moksoplya-Sastra zum Yogavasistha Mahārāmāyana Osterreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse, Sitzungsberichte; 6091, Wien 1994, 69) glaubt, daß geschichtlich gesehen die Möglichkeit eines tieferen Zusammenhanges des jivanmukti Gedankens mit dem sopadhises. nirvana des Buddhismus erwagenswert ist. # Der Buddhismus wurde zum Beispiel als eine Entwicklung aus der Samkhya-Philoso phie oder einfach als eine Dharma-Theorie betrachtet: siehe . W. de Jong A Brief History of Buddhist Studies in Europe and America, Varanasi 1976,32; H. von Glasenapp, Zur Geschichte der buddhistischen Dharma-Theorie, in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesell. schaft 92 (N.F. 17) (1938) 383-420 Neudruck in: Von Buddha zu Gandhi, Aufsätze zur Geschichte der Religionen Indiens von Helmuth von Glasenapp, Wiesbaden 1962, 47-801. Zu früheren europäischen Vorstellungen über den Buddha als Philosoph siehe R.-P. Droit Le culte du néant. Les philosophes et le Bouddha, Paris 1997,61. "Siehe). W. de Jongs Bemerkungen la. a. O. Anm. 10 28 f.) Über den Gegensatz zwi. schen der mythologischen Methode des Emile Senart und der rationalistischen Methode des Hermann Oldenberg Bud buddhistischen 1938) 383-420 IN Helmuth von Glasens Philosoph sieh 200 201

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