Book Title: Zur Genese Des Buddhismus In Seinem Geschichtlichen Context
Author(s): Johannes Bronkhorst
Publisher: Johannes Bronkhorst
View full book text
________________
dieses oder jenes vielleicht weniger gefällt. So etwa, wenn sie die Bedeutung der Einsicht, prajna, für das Erwachen hervorheben im Unterschied zu den Bemühungen, in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Versenkung, samadhi, zu betonen, wie dies durch Herrn Vetter geschieht. Darin sehe ich weniger einen Konflikt als eine Bereicherung. Finden sich doch beide Wege bereits in der Tradition und wird nun in dieser oder jener Hinsicht aufgrund neuerer Forschungen die eine oder andere Ansicht noch deutlicher herausgearbeitet, vielleicht auch kritisiert oder korrigiert. Warum sollte es einen traditionellen Buddhisten maßgeblich irritieren, wenn ich aufgrund meiner Forschungen herausfinde, daß die brahmavihāras (siehe oben S. 69 f.) ein alter Erlösungsweg waren? Bringt dies nicht aufs Ganze gesehen eine Bereicherung mit sich? Ich habe jedenfalls in dem, was die moderne Wissenschaft erarbeitet hat, bislang nichts entdecken können, was der buddhistischen Lehre einfachhin widersprechen würde, mit ihr also unvereinbar wäre. Nihom Man kann in diesem Zusammenhang auch auf die Idee von kausalya (Geschicklichkeit im Umgang mit Vermittlungsstrategien hinweisen, die sich am ehesten im Mahāyāna-Buddhismus vertreten findet: daß es letzten Endes nicht von Belang ist, ob es einen historischen Buddha überhaupt gegeben hat. Damit wäre es auch nicht so wichtig, ob und wieweit der Glaube der Buddhisten im Westen heute mit dem identisch ist, was der Buddhismus ursprünglich gelehrt hat.
Religion ohne einen inneren, psychischen Vorgang vorstellen? Hat man im Westen immer wieder behauptet, der Buddhismus sei im Grunde genommen keine Religion, sondern eben nur eine Psychologie, so hat man dabei vielleicht seine eigene Religion gar nicht richtig verstanden. Pöhlmann Damit ist natürlich unlösbar die Frage verbunden, die gestern schon angesprochen worden ist Ivgl. oben S. 111-114): Was ist überhaupt Religion? Nach dem, was Herr Bronkhorst auch unter Hinweis auf den Begriff der Psychotherapie gesagt hat, konnte man den Eindruck gewinnen, daß für den Buddha u. U. doch die psychologischen Aspekte im Vordergund standen, die von ihm gelehrte psychische Umwandlung - und erst seine Anhänger diese Lehre dann theologisiert haben. Wurde m. a. W. das eigentliche Anliegen des Buddha durch seine Anhänger verändert, ähnlich wie man- wenn auch inhaltlich in ganz anderer Weise - in bezug auf das Christentum gerne davon gesprochen hat, daß Jesus das Reich Gottes verkündet hat, gekommen sei aber die Kirche? Schmithausen Die psychische Umwandlung - die gezielte Umwandlung negativer psychischer Faktoren in positive bzw. deren Ausschaltung - spielt ohne Zweifel von Anfang an eine große Rolle. Etwas anderes aber ist es, wenn man sagt, das sei alles, das nirvana oder die Befreiung sei eine rein diesseitige. Es gibt ja im Kanon tatsächlich eine alte Textgruppe (den Athakavagga), die diesen Eindruck erweckt und ganz auf die Erlangung eines Zustandes innerer Ruhe in diesem Leben ausgerichtet ist. Ich gehe aber davon aus, daß man diesen Zustand als irreversibel betrachtet hat. Herr Vetter versteht ihn ohnehin als eine mystische Tran
Religion oder Psychologie?
Mitterhöfer Im Referat wurde auch die Frage: Buddhismus - Religion oder Psychologie, angesprochen. Einerseits, so hieß es, sei der Buddhismus nicht mit Psychologie zu verwechseln, anderseits wurde darauf hingewiesen, daß die alten Texte von einer psychischen Umwandlung sprechen. Kann man Religion und Psychologie überhaupt trennen, kann man sich eine
Ders., Zur religiösen Hermeneutik buddhistischer Texte, in: G Oberhammer (Hrse 1 Beiträge zur Hermeneutik indischer und abendländischer Religionstraditionen Beiträge zur
Kultur- und Geistesgeschichte Asiens; 6), Wien 1991, 187. Vgl. auch T. Vetter. Some Remarks on Older Parts of the Suttanipata, in: D. Seyfort Ruegg - L. Schmithausen (Hrsg.). Earliest Buddhism and Madhyamaka, Leiden 1990, 42-52.
214
215