Book Title: Zur Genese Des Buddhismus In Seinem Geschichtlichen Context
Author(s): Johannes Bronkhorst
Publisher: Johannes Bronkhorst

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Page 18
________________ Indien geschah, aus dieser vedischen Literatur abzuleiten. Es ist freilich keineswegs selbstverständlich, daß die vedischen Bewohner nicht die einzigen Bewohner Indiens waren. In einer genauen philologischen Analyse habe ich schon vor einiger Zeit nachzuweisen versucht, daß es neben der vedischen Tradition in Indien eine andere Tradition gab, in der die Vorstellungen von der Wiedergeburt und dem karman entstanden sind, daß also das, was wir in den Upanişaden finden, ent- im besonderen lehnt worden ist, wie es auch die vedischen Texte sel. karman-Begriff ber eingestehen. Denn es ist gerade die vedische Tra- liegt das dition - die sich immer in den Upanişaden, wo diese Proprium neuen Lehren verkündet werden, als authentisch prasentiert in der einem Brahmanen gesagt wird: Ihr Brahmanen, ihr wußtet dies nicht - aber andere, die ksatriyas genannt werden, die wußten das schon und darum hatten sie immer die Macht (Chandogya-Upanişad 5,3,7). Das heißt, daß die betreffenden Texte selbst, in ihrem eigenen Stil, eingestehen, daß es hier um Vorstellungen geht, die sie nicht selbst entwickelt haben, sondern die sie entliehen haben. Auch wenn es hier unterschiedliche Meinungen gibt und Gelehrte, die das alles aus der vedischen Religion abzuleiten suchen, bin ich fest davon überzeugt daß es neben der vedischen Tradition diese anderen Traditionen gab, die ich mit dem Begriff der SramanaTradition in Verbindung bringe, aus der heraus diese anderen Traditionen in der Zeit vor dem Buddhismus hervorgegangen sind. Die meisten jinismus-Forscher stimmen darin überein, daß es den Jinismus bereits in Form einer älteren Tradition innerhalb dieser SramanaBewegung gegeben hat. Historisch gesehen ist dieser Bewegung dem vedischen Traditionsgut gegenüber ohne Zweifel eine Eigenständigkeit einzuräumen. Bestreitet daher beispielsweise der Buddhismus be stimmte Ideen, die wir heute in der vedischen Literatur finden, dann beweist das nicht ohne weiteres, daß der Buddha die Upanisaden etwa gekannt hätte. Es weist eher darauf hin, daß diese Ideen, die damals verbreitet waren, Eingang gefunden hatten in die vedischen Texte und daß der Buddha sie vielleicht in einer anderen Form gekannt hat. Das alles läßt sich nicht mit großer Sicherheit sagen, es spricht jedoch so manches dafür. Steinkellner Greift man das karman-Verständnis in dem von Herrn Bronkhorst erwähnten Sinne als Proprium heraus - ohne dabei weiter auf die Frage nach dem Verhältnis des, Buddhismus des Buddha' (von dem Herr Vetter ja meint, daß sich dort der karman Begriff erkennbar entwickelt hat) zu dem älteren Buddhismus' einzugehen - läßt sich m. E. zeigen, daß sich zunächst der in der vedischen Kultur verankerte karman-Begriff, grob gesprochen, als, Handeln im Ritual beschreiben läßt, daß sich im weiteren der mit dem Jinismus zu verbindende karman-Begriff in Richtung der Vorstellung von einer feinstofflichen Belastung darstellt und demgegenüber der karman-Begriff des älteren Buddhismus schließlich eine ganz entscheidende Wendung bzw. Neubetonung erfahren hat, die man auch als ethische Veränderung im Verständnis dieses Begriffes bezeichnen kann: insofern der Begriff, so verstanden, nicht so sehr, Handeln' meint, als vielmehr Denken' oder, wie Herr Bronkhorst sagte, Absicht'; m. a. W. letztendlich das Denken die Tat (das karman) ist, nicht dic Tat selbst. Das scheint mir das Entscheidende zu sein, das habe ich immer für ein ganz wichtiges Proprium des Buddhismus gehalten. Bin ich mit dieser Auffassung zu spät angesiedelt oder kann man das dem älteren Buddhismus wenigstens schon zumuten? Bronkhorst Tatsächlich ist diese ethische, oder wie ich persönlich lieber sagen würde, diese psychische bzw. psychologische Vorstellung das, was nach mei Eigenständigkeit der sramanaTradition Vgl.. Bronkhorst, The Two Sources of Indian Asceticism, Delhi'1998. 225 224

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