Book Title: Zur Genese Des Buddhismus In Seinem Geschichtlichen Context
Author(s): Johannes Bronkhorst
Publisher: Johannes Bronkhorst

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Page 28
________________ dere den Glauben an die durch das Handeln, durch karman bedingte Wiedergeburt. Doch hat er, wie es scheint, diese alte Lehre bei ihrer Übernahme abgeändert. Vielleicht haben das auch andere Traditionen gemacht. Solange wir dafür aber keinerlei Beweise haben, gehe ich davon aus, daß es der Buddhismus war, der dies als Novum eingeführt hat. Das Novum wiederum sehe ich, wie schon gesagt, in der Psychologisierung des karman-Begriffes. Wenn auch viele vorziehen, dieses neue Element im Sinne einer Ethisierung zu verstehen, ziehe ich doch den anderen Begriff vor, den der Psychologisierung, weil der buddhistische Erlösungsweg ein psychischer Weg ist, weil es in allem darum gegangen ist, das Mentale, das Psychische richtig zu formen. Gut ist daher auf dem buddhistischen Weg nicht etwas, weil es ethisch ist, sondern weil es in die Psyche hinein wirkt. Es gilt also nicht, den Anderen zu lieben, weil es ethisch ist, sondern weil es dazu hilft, das Ziel - die psychische Anderung, in der die Erlösung beschlossen ist - zu erreichen. Obwohl der Unterschied nicht allzu groß scheint, spreche ich daher bezüglich dessen, worauf es am buddhistischen Erlösungsweg ankommt, lieber von etwas Psychischem, weil der Begriff des Ethischen eher den Eindruck erweckt, daß es um etwas objektiv Gutes geht. Tatsächlich geht es aber um das, was subjektiv gut ist, um etwas, das im Sinne des Erlösungszieles wirksam wird. Holt man wieder Immobilisierungspraktiken in den Buddhismus herein, dann hat das wohl keinen Nut- zen für den psychischen Erlösungsweg des Buddha, sie sind eher Antwort auf eine physische karman-Vorstellung. Ist mit karman ein physisches Handeln gemeint, dann ist ein physisches Aufhören mit dem Handeln eine Antwort darauf. Herr Vetter hat schon darauf hingewiesen, daß es nicht klar ist, ob der Buddha dem ältesten Buddhismus zufolge ein Selbst anerkannt hat oder nicht. Die meisten späteren Buddhisten sehen in der Nicht-Selbst- oder anātman-Lehre vielleicht ein Proprium des Buddhismus. Es wäre dies also möglicherweise ein Proprium, das vielleicht durch den Buddha selber gar nicht anerkannt wurde. Wie hat man aber diese anātman-Lehre näherhin ver. standen? Bei den Nichtbuddhisten war das Selbst, der atman, wichtig für die Befreiung, weil das Selbst nicht handelt. So in den Upanisaden, von wo diese Anschauung wohl entlehnt worden ist, und anderswo. Immer wieder wird das eine betont, daß das Selbst nicht handelt. Daher ist die Erkenntnis des Selbstes hilfreich oder sogar ausreichend, um Erlösung zu erlangen, weil man entdeckt, daß man im Wesen, im Selbst nie etwas getan hat. Einen wesentlichen Aspekt dieser zentralen Befreiungsideologie bildet demnach die Entdeckung, daß der Körper, der Geist, die Gedanken der Menschen nicht ihr Selbst sind. Das alles findet sich genauso im Buddhismus, nur daß das, was jenseits von all dem liegt, nicht Selbst genannt wird. Man nennt es vielmehr anatman, das Nicht-Selbst. Zu allem, was man als zugehörig zur menschlichen Person bezeichnen kann, wie Körper, Vernunft, Gefühl u. a., sagt man, daß es nicht das Selbst sei - ob man nun in diesem Selbst eine Entität sieht oder nicht. In jedem Fall ist das, was tätig ist, nicht das Selbst. Diese Einsicht, die in der zweiten Predigt' des Buddha klar ausgesprochen ist (z. B. Vin l: 13f), führt zur Befreiung. Und die Fünf, die das verstanden haben, erreichen unmittelbar die Befreiung. Frohnhofen Inwieweit wurde der Buddhismus im Lauf der Zeit vom Brahmanentum absorbiert? Inwieweit spielt er in der späteren Entwicklung Indiens eine eigenständige Rolle und hat insbesondere auf die Sozialgeschichte Indiens Einfluß genommen? Bronkhorst Für den Bereich der theoretischen, dogmatischen Entwicklungen wird man nicht sagen können, daß der Buddhismus absorbiert worden wäre. Obwohl man damit rechnen muß, daß er verschiedene Elemente aus dem Brahmanismus oder anderswoher in Immobilisierung keine Antwort vom Einfluß des Brahmanentums Folgen für die Nicht-SelbstTheorie 244 245

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