Book Title: Buddhismus Und Natur
Author(s): L Schmithausen
Publisher: L Schmithausen

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Page 2
________________ den, während der esoterische Buddhismus (Tantrismus) und außerindische Entwicklungen nur gelegentlich angedeutet werden können. Drittens sei ausdrücklich festgestellt, daß die Frage des Verhältnisses des Menschen zur Natur für uns heute eine Dimension hat, die sie für frühere Kulturen kaum haben konnte: die der Zerstörung bzw. akuten Bedrohung des gesamten irdischen Ökosystems durch menschliches Fehlverhalten. Vor eine solche Situation sah sich die buddhistische Tradition ebensowenig gestellt wie die mittelalterliche christliche, und wenn ich einschlägige Aussagen und Verhaltensweisen der buddhistischen Tradition vor diesen Hintergrund stelle, so gehe ich damit über ein rein ideengeschichtliches Aufarbeiten hinaus. Aber ich konfrontiere den Buddhismus auf diese Weise doch nur mit einer Problematik, vor die ihn, als eine in der Gegenwart fortexistierende Religion, die Wirklichkeit schon längst gestellt hat. Es ist ja bekannt, daß sich, wie allenthalben, so auch in den buddhistischen Ländern, die Mentalität und Praxis der modernen westlichen Zivilisation, für die die ganze Natur bloß Ressource, bloß Ausbeutungsobjekt für menschliche Belange, ist, entweder bereits durchgesetzt hat oder doch im Begriff ist, dies zu tun. Der Buddhismus muß sich deshalb, wie andere Religionen, die Frage gefallen lassen, ob er diese Entwicklung begünstigt, vielleicht sogar mitzuverantworten hat oder ob er, zumindest in seiner traditionellen Form, eine entgegengesetzte Haltung repräsentiert und somit, gegebenenfalls durch verstärkte und selbstbewußtere Rückbesinnung auf die eigenen Prinzipien, zur Bewältigung der gegenwärtigen Fehlentwicklung beitragen könnte. Viertens sei zugestanden, daß der vorliegende Beitrag nicht ohne persönliche Betroffenheit verfaßt wurde - eine Betroffenheit, für die ich keinen besseren Ausdruck wüßte als die folgenden Worte eines Omaha-Indianers": „In meinen jungen Jahren war das Land schön. In den Flußauen wuchs der Wald: ... Ahorne, Ulmen, Eichen ... und viele Arten mehr. Da wuchsen im Unterholz Reben und Büsche, und noch eine Stufe tiefer gediehen viele gute Kräuter und Blumen ..., und überall sangen die Vögel. Wo ich auch ging, erblickte ich die mannigfaltigsten Formen des Lebens ... Aber nun ist das Gesicht des Landes verwandelt und voller Trauer. Die lebenden Wesen sind dahin. Ich sehe das Land verwüstet, und mich drückt unsäglicher Kummer.“ Ich versuche im folgenden zu ermitteln, welche Konsequenzen sich aus den Prinzipien der buddhistischen Daseinsanalyse und aus den Grundsät 101

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