Book Title: Sprachtheorie Und Philosophie Im Mhabhasyam Des Patanjali
Author(s): Erich Frauwallner
Publisher: Erich Frauwallner

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Page 5
________________ Aus diesem Abschnitt wollen wir zunächst ein Stück betrachten, bei dem sich die Verwendung einer fremden Quelle mit Sicherheit nachweisen läßt, nämlich den Anfang von § 3, der Widerlegung der Lehre Vyādi's. Hier verläuft die Darlegung im einzelnen folgender. maßen. Vyādi hatte seine Lehre, daß das einzelne Ding Gegenstand des Wortes ist, damit begründet, daß nur so Geschlecht und Zahl beim Wort gerechtfertigt seien, weil Geschlecht und Zahl nur den einzelnen Dingen zukommen; denn die eine ewige Form kennt weder Geschlecht noch Zahl. Darauf antwortet der Verfechter der Lehre Vājapyāyana’s: Auch wenn die Form Gegenstand des Wortes ist, läßt sich Geschlecht und Zahl rechtfertigen, weil der einen Form die Eigenschaften der Männlichkeit, Weiblichkeit und Sächlichkeit, sowie der Einzahl, Zweizahl und Mehrzahl anhaften. Der Gegner erwidert: Der Form kann nicht bald die Einzahl, bald die Zweizahl, bald die Mehrzahl anhaften, weil sonst die Lehre, daß die Form eins und ewig ist, hinfällig würde. Darauf modifiziert der Verfechter der Lehre Vājapyāyana's seine Behauptung: Nicht weil bald die Einzahl, bald die Zweizahl und bald die Mehrzahl der Form anhaftet, sondern weil man bald die eine, bald die andere ausdrücken will, ist die Verwendung der Zahl berechtigt. Aber der Gegner hält an seinem Einwand fest. Nun ändert plötzlich der Verfechter der Lehre Vājapyāyana's seinen Standpunkt. Er gibt seine erste Behauptung vollständig auf. Nicht nur die Verwendung der Zahl läßt sich so nicht rechtfertigen, sondern auch die Verwendung des Geschlechtes, weil mit der Form ein und dasselbe Geschlecht dauernd verbunden ist. Er stellt daher, um den erwähnten Schwierigkeiten zu begegnen, eine eigene Lehre vom Geschlecht auf, welche im Gegensatz zur gewöhnlichen Auffassung für die Grammatik gültig ist. Danach ist das Merkmal der Weiblichkeit das Anschwellen (samstyānam) (bei der Schwangerschaft), das Merkmal der Männlichkeit das Zeugen (prasavah). Beides beruht letzten Endes auf den ewig wechselnden Elementeigenschaften (gunāḥ) und kommt daher allen Dingen zu. Das grammatische Geschlecht gründet sich darauf, daß man an einem Ding dieses oder jenes zum Ausdruck bringen will. An diese Recht

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