Book Title: Sprachtheorie Und Philosophie Im Mhabhasyam Des Patanjali
Author(s): Erich Frauwallner
Publisher: Erich Frauwallner

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Page 17
________________ Quellen beibehalten zu haben scheint. Bei unserem Abschnitt macht es geradezu den Eindruck, wie wenn sich seine Tätigkeit nur auf das Zusammenfügen der alten Materialien und das Hinzusetzen einiger redaktioneller und kommentarieller Bemerkungen beschränkt hätte. Ja, man möchte fast sagen, er habe mit Kleister und Schere gearbeitet. Ich habe, wie ich anfangs sagte, ein Beispiel aus dem Mahābhāsyam als Probe analysiert. Das Gleiche, was sich hier ergeben hat, gilt aber meiner Überzeugung nach auch sonst in weitestem Maße, zum mindesten soweit es sich um sprachtheoretische und philosophische Partien handelt. Sollte sich das bestätigen, so würde es für die Beurteilung Patañjali's die weitestgehenden. Folgen haben. Seine Lei. stung würde im wesentlichen kompilatorisch sein und seine Persön. lichkeit würde ganz in den Hintergrund treten, während das Haupt. gewicht auf die von ihm verwendeten Quellen fiele. Und es wäre die wichtigste Aufgabe, von diesen Quellen ein möglichst klares Bild zu gewinnen. Diese Auffassung Patañjali's widerspricht allerdings stark dem · herkömmlichen Urteil und der hohen Wertschätzung, deren er sich erfreut. Das herkömmliche Urteil scheint mir aber überhaupt revisionsbedürftig. Es stammt noch aus einer Zeit, in der von der wissenschaftlichen und philosophischen Literatur der Inder sehr wenig bekannt war. Beurteilen wir Patañjali nach unserem heutigen Wissen, so schneidet er wesentlich ungünstiger ab. Ich möchte seine Arbeit, soweit ich die Dinge überblicke, am ehesten etwa mit dem buddhistischen Mahāvibhāṣāśāstram vergleichen. Dort finden wir das gleiche Aneinanderreihen verschiedener Lehren, das häufige Fehlen einer eigenen Stellungnahme und die gleiche kommentarielle Spitzfindigkeit und Breite. Daß Patañjali in weitem Maße mit altem Material arbeitet, 'hat übrigens schon ein so gewissenhafter und vorsichtiger Forscher wie F. Kielhorn angenommen 10). Unser Ergebnis führt nur die Erkenntnis Kielhorns weiter. Allerdings führt es dazu, in Patañjali fast nur mehr einen Kompilator zu sehen. Jeden 10) Indian Antiquary 15/1886, S. 228-233. 107

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