Book Title: Anmerkunjen Zu Einer Buddhistichen Texttradition Parlokasiddhi
Author(s): Ernst Steinkellner
Publisher: Ernst Steinkellner

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Page 2
________________ 80 wohl vor der Mitte des 11. Jahrhunderts vermauerten Bibliothek 3 auch eine der größten Sammlungen der literarischen Kultur Zentralasiens4. Neben den vielen tausenden chinesischen Texten nehmen die tibetischen Handschriften mengenmäßig die zweite Stelle ein; daneben finden sich z. B. im Pariser Fonds Pelliot alttürkische, soghdische, khotansakische, Sanskrit-Handschriften und sogar ein hebräisches Fragment. Die tibetischen Handschriften sind von besonderer Bedeutung nicht nur als solche, sondern auch für die tibetische Sprachgeschichte, weil es sich um Abschriften des 8. bis 11. Jahrhunderts in alttibetischer Sprache handelt, bei denen die im frühen 9. Jahrhundert durchgeführte zentraltibetische Orthographie- und Terminologie-Reform nicht berücksichtigt worden ist. Sie stellen damit neben den zentraltibetischen Inschriften das einzige große Korpus des ältesten tibetischen Schrifttums dar. Man hat natürlich diese Bibliothek in den ersten Jahrzehnten nach ihrer Auffindung vor allem nach ,,Schätzen“ durchsucht. Dabei wurde viel Sensationelles gefunden und bearbeitet. Aber schon 1966 betrachtete FUJIEDA die Zeit des ,,treasure-seeking“ als abgeschlossen. Das stimmt sicher für die Methode der Bearbeitung dieser Sammlungen; „Schätze“ aber gibt es offenbar immer noch, wenigstens auf dem Gebiete der religiös-philosophischen Literatur. Der Text, den ich heute kurz vorstellen möchte, ist so ein ,,Schatz". Er trägt den Titel 'Jig-rten pha-rol sgrub/bsgrub-pha, das ist * Paralokasiddhi auf Sanskrit, das heißt „Nachweis der anderen Welt". Als Autor ist ein bisher unbekannter Prajñāsena angegeben. Der Text ist in seiner Art einzig, und ich hoffe, daß ich ihn in absehbarer Zeit mit der Lösung wenigstens einiger der lehrreichen 3 Für die Vermauerung wurden verschiedene Gründe angeführt: der Angriff der Tanguten in 1035 (P. PELLIOT, Une bibliothèque médiévale retrouvée au Kangou, BÉFEO 8, 1908, 506), oder es handle sich um ein ,,deposit of sacred waste" (M. A. STEIN, Serindia II, 820). Zum Zeitpunkt der Vermauerung vor oder während 1035 und zur Erklärung des Vorhandenseins späterer Manuskripte in der Bibliothek" zuletzt A. RÓNA-TAS, A brief note on the chronology of the Tun-huang collections, AOH 21, 1968, 313-316. 4 Einen allgemeinen Überblick über Forschungsstand und Probleme vermittelt FUJIEDA AKIRA, The Tunhuang Manuscripts. A General Description, Zinbun, Memoirs of the Research Institute for Humanistic Studies - Kyoto University, 9, 1966, 1-32; 10, 1969, 17–39. Vgl. ferner PAUL DEMIÉVILLE, Récents travaux sur Touen-Houang, Toung Pao 56, 1970, 1—95; und JA 269, 1981, fasc. 1 et 2 (Numéro spécial, Actes du Colloque international: Manuscrits et inscriptions de Haute Asie du Ve au XIe siècle). 5 Ibid. (1966), 1.

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