Book Title: Anmerkunjen Zu Einer Buddhistichen Texttradition Parlokasiddhi
Author(s): Ernst Steinkellner
Publisher: Ernst Steinkellner
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dition sehr früh Methoden der Widerlegung der Möglichkeit einer Wiedergeburt und des Vorhandenseins einer Seele entwickelt hat. In den kanonischen Schriften der Buddhisten und der Jainas sind die grausigen Experimente des Königs Pāyāsi/Paesi überliefert 20, die den Nachweis erbringen sollten, daß es keine Seele und daher keine Wiedergeburt gibt. Gegen die buddhistische Position, die ja eine Seele ebenfalls leugnete, wurde dann auch der Nachweis entwickelt, daß die Reihe der Erkenntnismomente nicht ununterbrochen andauern und sich nicht von einem Dasein in ein anderes Dasein fortsetzen könne21
Die apologetische Reaktion der Buddhisten ist zunächst eher praktischer Natur und wird beispielhaft vorgeführt durch die mutigen Versuche buddhistischer Mönche, verschiedene königliche Wüteriche von ihrem grausamen philosophischen Treiben dadurch abzuhalten, daß sie sie durch Parabeln oder -- noch besser — durch Wundertaten vom Vorhandensein einer Vergeltungsmöglichkeit überzeugen 22.
. Schließlich wird aber auch mit Argumenten begründet, daß Untaten Folgen haben. Sie sollen die Notwendigkeit der Wiedergeburt und damit die mögliche Vergeltung aller Untaten darlegen 23. Erst relativ spät ist uns eine sekundäre Fassung solcher Argumente in der Paraloka kathā aus dem Kapitel XXIX der Jāta kamālā24 des berühmten Dichters Āryasura, 4. Jahrhundert nach Chr., erhalten. Sie werden übrigens dem König von einem aus dem BrahmanHimmel herabgestiegenen Gott vorgetragen. Der in dieser Paralokakathā vorliegende Nachweis der anderen Welt wird auf zweifache Weise geführt 25: durch Argumentation (yukti), die sich auf die Erkenntnismittel Wahrnehmung und Schlußfolgerung stützt; und durch vertiefende Auseinandersetzung (parikṣā) mit den von der
20 Dīghanikāya XXIII; vgl. E. FRAUWALLNER, loc. cit., 297 ff. 21 Diese Argumente sind erst verhältnismäßig spät belegbar (vgl. ibid., 305), aber
sicher schon alt. 22 Vgl. die Parabeln des Kumāra Kassapa im Pāyāsi Suttanta (Dighanikāya
XXIII) oder das Verhalten des Mönches in der Geschichte von Asokas Henker
Candagirika (Divyāvadāna XXVI). 23 Spätestens hier wird deutlich, daß die Kluft zwischen der Leugnung eines die
Früchte der Taten erntenden Selbstes und der Annahme, daß das Gesetz der Tatvergeltung auch ohne ein betroffenes Selbst die Schicksale regelt, in der
Praxis der Predigt nicht leicht zu überspringen gewesen sein wird. 24 193, 20—195, 2 (ed. KERN). 25 193, 22 f. ; ich folge dabei der Erklärung von Dharmakirtis Tīkā (Peking Edition
5651, 362 a 5).