Book Title: Anmerkunjen Zu Einer Buddhistichen Texttradition Parlokasiddhi
Author(s): Ernst Steinkellner
Publisher: Ernst Steinkellner

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Page 7
________________ 85 Wortes (*tirthe vidyate *tīrthika iti,,,in der Furt befindet er sich, so heißt er t.") (SIMONSSON p. 276) ist nach Panini 4. 3. 53 (tatra bhavaḥ) ganz gewöhnlich. Die beigegebene, von den tibetischen Redaktoren entworfene Erklärung der Übersetzung durch mustegs-can ist zwar nicht ganz einleuchtend, doch ist durch das Wort stegs,,Brett, Stütze", das als ,,in den See des Nirvāṇa führende Brücke" verstanden wird, immerhin der semantische Zusammenhang mit der indischen Etymologie erhalten. Die Erklärung des Wortes durch unsere Glosse gibt sich hingegen ganz dem traditionellen Geist der schematisierenden Beurteilung der Andersgläubigen verpflichtet, wenn sie sagt:,,,mustegs-can heißen sie, weil sie sich (in ihren Lehren) an die beiden Extreme (mu) von ewig (rtag) und vernichtet (chad) halten." Diese Erklärung bezieht sich also auf das alte Schema von den beiden Extremen der abzulehnenden nichtbuddhistischen Lehrpositionen. Das ist an und für sich keine schlechte Erklärung, sie beruht aber auf einer grob äußerlichen Identifizierung der tibetischen Silben (8)teg(s) und (r)tag, sowie can und chad, und kann natürlich nicht von einer ursprünglich indischen Erklärung herge leitet werden. Diese und andere Beobachtungen erweisen die Glossen klar als tibetische Schöpfung, und ich sehe keinen Grund, der dagegen spricht, daß sie vom Schreiber dieses Teils der Sammelhandschrift selbst stammen und der Schreiber der Handschrift auf diese Weise mündlich erhaltene Erklärungen notiert hat. Im Falle des Grundtextes sind es vor allem formale Gründe, die dafür sprechen, daß wir es mit einem tibetischen Originalwerk zu tun haben. So fehlt z. B. eine kurze Einleitung, die Gegenstand, Anlaß und Nutzen des Werkes angibt. So etwas kann gewöhnlich überhaupt nur fehlen, wenn das Werk sofort mit der Darstellung einer gegnerischen Auffassung (parvapaksa) beginnt, die widerlegt werden soll. Aber auch das ist hier nicht der Fall. Vielmehr beginnt das Werk und das ist für indischen Brauch ganz ungewöhnlich mit einer kurzen Einführung der wenigstens teilweise anerkannten Lehren (siddhänta). Erst dann folgen die gegnerischen Möglichkeiten (purvapaksa) und die in einer Untersuchung dieser Lehren bestehende Widerlegung (dasana). Schließlich ist das System der Darstellung der gegnerischen Positionen in einer Weise in Unordnung, wie es von der gelehrten indischen Tradition der in Frage kommenden Zeit nicht erwartet werden kann.

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