Book Title: Anmerkunjen Zu Einer Buddhistichen Texttradition Parlokasiddhi
Author(s): Ernst Steinkellner
Publisher: Ernst Steinkellner

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Page 8
________________ 86 Kurz, im einzelnen nicht zwingende, im ganzen aber doch deutliche Hinweise darauf, daß auch der Grundtext keine Übersetzung aus dem Sanskrit ist, sondern ein tibetisches Original 15, Nun aber zurück zur erwähnten,,Tradition unseres Textes". Als solche möchte ich im besonderen diejenige Tradition bezeichnen, in der einzelne Argumente und zusammenhängende Argumentationen für die Existenz einer,,anderen Welt", der Wiedergeburt also, entwickelt worden sind. Auf diese Argumente selbst kann ich heute nicht eingehen, das wäre ein eigener Vortrag. Sie sind übrigens nicht besonders überraschend und stützen sich einerseits auf die Beobachtung von offenbar nicht erlernten Fähigkeiten und Kenntnissen bei Neugeborenen, von unerklärlichen Unterschieden bei Geschwistern mit gleicher Ernährung usw.; andererseits wird vor allem gezeigt, daß Bewußtsein, Erkenntnis, nicht aus ewigen Ursachen wie Gott usw. entstehen kann und auch nicht aus Nichterkenntnisartigem wie aus den Elementen. Um nun die Entwicklung dieser Argumentationstradition deutlich werden zu lassen, muß ihr Milieu kurz skizziert werden. Ich vereinfache dabei grob, was systematisch wie historisch entschieden differenzierter ist. Ich kann mich aber auf die vereinfachenden Schemata stützen, wie sie in den doxographischen Werken der Buddhisten selbst für die Beschreibung der unterschiedlichen Positionen entworfen worden sind. Diese Positionen sind in ihren wesentlichen Zügen bereits für die Zeit des Auftretens des Buddha Sākyamuni zu erkennen. Sie charakterisieren die verschiedenen Lösungen, die man für die alles bewegenden alten Fragen nach der Quelle des Lebens und nach dem. Schicksal nach dem Tode, und nach dem, der all dies trägt, gefunden hat. Noch aus der spätvedischen Periode ererbt ist die Anschauung vom Dasein der Lebewesen als anfanglose Abfolge von Geburt und Tod und wieder Geburt, als von Ewigkeit her bestehende Wanderung im Kreislauf von Werden und Sterben, für die auch ein Ende normalerweise nicht anzunehmen ist. Immer wieder gelebt zu haben, und immer wieder sterben zu müssen, war dem Inder eine erschreckende Wirklichkeit; und die Idee der Wiedergeburt war 15 Eine genaue Darlegung dieser Argumente wird die Einleitung zur geplanten Ausgabe enthalten.

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