Book Title: Meditation Und Mystik Im Yoga Des Patanjali
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

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Page 8
________________ demnach jener allgemeine Habitus der Indifferenz, der sich in der Meditation besondert zu jener existenziellen Bereitschaft sich jeden Inhalts endlichen Bewußtseins zu entäußern. Wenn daher von drei Phasen gesprochen wurde, in die sich die dynamische Struktur der Meditation auslegt, so kann dies nunmehr näher bestimmt werden. Ziel der yogischen Meditation und damit Quelle ihrer Dynamik ist die Erlangung jenes Zustandes, in dem das absolute Bewußtsein (drastā) in der ihm eigenen Form gegeben ist 16, und diesem Ziele dient die Stillegung (nirodhaḥ) der Bewußtseinsvorgänge. Jedoch kann diese nur dann realisiert werden, wenn das Denkorgan nicht beständig neue Vorgänge im Bewußtsein hervorruft, sondern in einem Zustand der Fixiertheit (sthitih) gehalten wird. Dazu dient der Vorgang der Übung (abhyāsaḥ). Andererseits kann die Dynamik der Meditation nur dann auf die Stillegung der Bewußtseinsvorgänge hintendieren, wenn sich das Denkorgan nicht mit einem existenziellen Begehren an bestimmte Inhalte des Bewußtseins klammert, sondern bereit ist, sich in vollkommener Begierdelosigkeit (vairāgyam) 17 dieser Inhalte zu entäußern. Der Dynamik der Meditation entsprechend muß daher diese Dreiheit 16 YS I, 2-3. 17 Diese „Begierdelosigkeit“, welche von den Sūtren als „Bewußtsein der Beherrschung“ im Sinne eines „Nicht-Festhalten-Wollens“ verstanden wurde, wird in ihrer höchsten Form vom Kommentator phänomenologisch als eine „ruhige Heiterkeit des Erkennens“ (jñānaprasādamātram) bestimmt (YBh p. 45, 3). Es scheint wahrscheinlich, daß sich in diesem Gedanken bereits eine Modifizierung des ursprünglichen Stillegungs-Yoga im Sinne des Aneignungs-Yoga andeutet. Denn als Grund für diese höchste Form der Begierdelosigkeit wird der puruşadarsanābhyāsaḥ angegeben, der hier offenbar als ein übendes Aneignen des Puruşa-Begriffes zu verstehen ist und nicht als abhyāsah im Sinne des Stillegungs-Yoga. Denn diesem abhyāsah könnte die Erkenntnis des puruṣaḥ (puruşadarsanam) gar nicht als Objekt gegeben sein, weil er es in Verbindung mit dem vairāgyam ist, der diese Schau des puruṣaḥ erst herbeiführen soll. Selbst wenn der Yogin vor der Meditation als vorgängiges Wissen eine theoretische Kenntnis des puruṣaḥ besitzt, so ist diese im Zuge des samprajñātasamadhiḥ auf Grund seiner stillegenden Dynamik geschwunden. Außerdem würde sich ein Widerspruch mit der Bestimmung der letzten Stufe des samprajñātasamadhiḥ ergeben, der ausdrücklich als asmitāmātrah, als nur noch Einheits-Bewußtsein der Ich-heit, bestimmt wird und von dem es ausdrücklich heißt, daß in ihm die Wonne (ānandaḥ) der vorletzten Stufe geschwunden sei. 105

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