Book Title: Meditation Und Mystik Im Yoga Des Patanjali
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

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Page 10
________________ auch noch der letzte in der Erkenntnis erkennbare Inhalt, nämlich die Ich-heit, und aus der Versenkung mit unterscheidender Erkenntnis wird die Versenkung ohne unterscheidende Erkenntnis (asamprajñātasamādhiḥ), der kein Bewußtseinsinhalt mehr als Stütze eignet (nirbijasamādhiḥ). Da nun die Versenkung ohne unterscheidende Erkenntnis keinen Bewußtseinsinhalt mehr besitzt, ist die Frage nicht müßig, worin sich dann diese Versenkung vom Zustand des traumlosen Schlafes unterscheidet. In YS I 10 definiert Patañjali den Schlaf als jenen Bewußtseinsvorgang, der die Vorstellung des Nicht-Seins als Stütze hat. Der Schlaf ist demnach ein Bewußtseinsvorgang (vṛttiḥ) und muß als solcher, nach Meinung des Kommentators,,,wie alle anderen Vorstellungen in der Versenkung zum Stillstand gebracht werden" 20. Die Versenkung ohne unterscheidende Erkenntnis ist aber andererseits gerade jener Zustand, in dem jeder Bewußtseinsvorgang zum Stillstand gekommen ist. Über diese grundsätzliche Unterscheidung hinaus liegt aber noch ein weiterer bezeichnender Unterschied vor, der das Wesen der Versenkung ohne unterscheidende Erkenntnis zu verdeutlichen imstande ist. Der Schlaf wurde als jener Bewußtseinsvorgang bestimmt, der die Vorstellung des Nichtseins zum Inhalt hat. Bildlich gesprochen könnte man also sagen, daß in ihm die Vorstellung des Nicht-Seins das Bewußtsein des Subjektes verstellt, sodaß dieses als nicht vorhanden erscheint. Anders verhält es sich mit der Versenkung ohne unterscheidende Erkenntnis. Diese enthält nach Patanjali im Gegensatz zum Schlaf nicht nur keinen Bewußtseinsinhalt mehr, sondern tritt außerdem,,im Anschluß an die Übung der Erlöschens-Vorstellung ein" 21. Muß man den Terminus,,Übung" (abhyāsaḥ), wie es richtig scheint, terminologisch 22 verstehen, dann kann gesagt werden, daß die Versenkung ohne unterscheidende Erkenntnis eintritt, wenn die Erlöschens-Vorstellung als einziger Inhalt des Meditationsvorganges,,fixiert" wurde, welches Fixieren, wie der Kommentator sagt, die höchste Form der 20 YBh p. 38, 9-10. 21 YS I 18. 22 Vgl. Anm. 13. 107

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