Book Title: Meditation Und Mystik Im Yoga Des Patanjali
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

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Page 12
________________ möglich zu sein, immer schon ausgegriffen haben muß auf das Sein schlechthin. Vielleicht darf hier ein altes Axiom indischer Dialektik zur Verdeutlichung erwähnt werden, welches besagt, daß sich eine Untersuchung niemals auf einen Gegenstand richtet, der bereits erkannt ist, noch auch auf einen solchen, der noch gänzlich unerkannt ist. Vielmehr richtet sich eine Untersuchung auf einen Gegenstand, den man vage bereits in irgendeiner Weise erkannt hat und über den man nun im Zweifel ist. Wenn man daher nach einem Seienden fragt, ob es sei, und was es sei, wenn man erkennt, daß es ist, und was es ist, so setzt Frage wie Erkenntnis voraus, daß man irgendwie bereits weiß, was Sein ist. Es muß daher das Sein immer schon in irgendeiner Weise der Erkenntnis des Menschen erschlossen sein. Nun zeigt sich, daß die menschliche Erkenntnis dieses Sein, obwohl es immer schon gewußt wird, nicht zum Gegenstand haben kann wie ein beliebiges Seiendes. Das Sein ist nur soweit Gegenstand der menschlichen Erkenntnis, als es in der Transzendenz der Erkenntnis als,,Horizont" für die Erkenntnis von Seiendem gegeben ist. Gerade deshalb kann es aber niemals selbst Gegenstand der Erkenntnis im eigentlichen Sinne werden. Es kann vom Menschen immer nur soweit erkannt und gewußt werden, als es in der Erkenntnis von Seiendem als deren,,Formalobjekt" mitgewußt wird, und in einer transzendentalen Reduktion von dieser Erkenntnis abgehoben wird. Apriori läßt sich jedoch die Möglichkeit nicht ausschließen, daß dieses Sein, zwar nicht Gegenstand der Erkenntnis werden kann, daß es aber doch durch das ThematischMachen der Transzendenz in der Meditation in irgendeiner Weise erfahren werden kann. Eine solche Erfahrung müßte man dann als eine Art Mystik bestimmen, da in ihr das Sein, wenn auch in leerster Abstraktheit, so doch direkt begegnen würde 25. Diese Möglichkeit ist nun nicht nur nicht auszuschließen, sondern scheint im Yoga des Patanjali tatsächlich vorzuliegen. Die Versenkung ohne unterscheidende Erkenntnis scheint sich 25 Die hier vorgelegten Gedanken beruhen auf Ausführungen K. Rahners in seinem Werk: Hörer des Wortes. München 11941. Derselbe: Das Dynamische in der Kirche (Quaestiones Disputatae Bd. 5) Freiburg 1958, bes. p. 124ff. 109

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